Verfahrensgang
SG Gießen (Entscheidung vom 30.01.2018; Aktenzeichen S 18 SO 114/17) |
Hessisches LSG (Urteil vom 27.11.2019; Aktenzeichen L 4 SO 129/18) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 27. November 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen und einen Rechtsanwalt beizuordnen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im bezeichneten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Außergerichtliche Kosten des Beschwerdeverfahrens sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Im Streit ist die Erstattung von Renovierungskosten.
Der Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen der Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung nach dem Vierten Kapitel des Sozialgesetzbuchs Zwölftes Buch - Sozialhilfe - (SGB XII). Nach einem Küchenbrand beantragte er beim Beklagten die Übernahme der Kosten für die Anschaffung von Elektrogeräten (ua Toaster, Eierkocher, Brotschneidemaschine), was der Beklagte ablehnte (Bescheid vom 21.7.2017; Widerspruchsbescheid vom 8.9.2017). Gesondert beantragte er ein Darlehen in Höhe von 300 Euro für die Renovierung seines Wohn- und Schlafzimmers, da diese Räume wegen der Rauchbildung vom Küchenbrand mitbetroffen seien. Nach einem Hausbesuch lehnte der Beklagte den Antrag ab (Bescheid vom 11.8.2017; Widerspruchsbescheid vom 8.9.2017). Die gegen beide Widerspruchsbescheide erhobene Klage ist erfolglos geblieben, wobei das Sozialgericht (SG) Gießen versehentlich lediglich über den Bescheid vom 21.7.2017 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 8.9.2017 (Elektrogeräte) entschieden hat (Gerichtsbescheid vom 30.1.2018). Das Hessische Landessozialgericht (LSG) hat im Berufungsverfahren (L 4 SO 46/18) nach Übertragung auf die Berichterstatterin (Beschluss vom 12.6.2018) und Anhörung des Klägers das Verfahren betreffend die Renovierungskosten abgetrennt (Beschluss vom 25.7.2018), unter dem neuem Aktenzeichen L 4 SO 129/18 fortgeführt und die Berufung des Klägers, der zuletzt die Erstattung von 300 Euro Renovierungskosten begehrte, zurückgewiesen (Urteil vom 27.11.2019). Zur Begründung hat das LSG ua ausgeführt, das auf Kostenerstattung gerichtete Begehren des Klägers scheitere jedenfalls daran, dass er die behaupteten Aufwendungen weder substantiiert dargelegt noch die behaupteten Kosten durch Rechnungen, Quittungen oder sonstige Belege nachgewiesen habe, mithin die behaupteten Kosten nicht nachgewiesen seien.
Der Kläger hat gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG beim Bundessozialgericht (BSG) sinngemäß Beschwerde eingelegt und die Bewilligung von Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragt.
II
Der Antrag auf Bewilligung von PKH ist nicht begründet. PKH ist nur zu bewilligen, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint (§ 73a Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫ iVm § 114 Zivilprozessordnung ≪ZPO≫); daran fehlt es hier. Denn es ist nicht ersichtlich, dass ein zugelassener Prozessbevollmächtigter die Beschwerde erfolgreich begründen könnte. Hinreichende Aussicht auf Erfolg wäre nur zu bejahen, wenn einer der drei in § 160 Abs 2 SGG abschließend aufgeführten Zulassungsgründe durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten (§ 73 Abs 4 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte; denn nur diese Gründe können zur Zulassung der Revision führen. Die Revision darf danach nur zugelassen werden, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG), das Urteil von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) oder ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG).
Der Rechtssache kommt nach Aktenlage keine grundsätzliche Bedeutung zu (§ 160 Abs 2 Nr 1 SGG). Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Im Zusammenhang mit den, mit dem Begehren des Klägers auf Berücksichtigung von Bedarfen für seine Wohnung aufgeworfenen Fragen, liegt gefestigte Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG zur hier naheliegenden (Erst-)Ausstattung (vgl § 31 SGB XII), auch nach Wohnungsbrand, vor (vgl BSG vom 19.9.2008 - B 14 AS 64/07 R - BSGE 101, 268 = SozR 4-4200 § 23 Nr 2, RdNr 17; BSG vom 23.5.2013 - B 4 AS 79/12 R - SozR 4-4200 § 24 Nr 5 RdNr 14; vgl auch Blüggel in jurisPK-SGB XII, 3. Aufl 2020, § 31 RdNr 24 mwN). Der erkennende Senat hat sich dieser Rechtsprechung für den Bereich des SGB XII angeschlossen (vgl BSG vom 10.7.2017 - B 8 SO 31/17 B - juris RdNr 5 mwN; BSG vom 6.6.2019 - B 8 SO 80/18 B - juris RdNr 7 mwN). Auch zur Frage der Durchführung von - ggf nach mietvertraglicher Verpflichtung - erforderlichen Schönheitsreparaturen und Renovierungsmaßnahmen (§ 42a iVm § 35 SGB XII) liegt gefestigte Rechtsprechung vor (vgl BSG vom 18.9.2014 - B 14 AS 48/13 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 79; BSG vom 16.12.2008 - B 4 AS 49/07 R - BSGE 102, 194 = SozR 4-4200 § 22 Nr 16, RdNr 24 ff; BSG vom 24.11.2011 - B 14 AS 15/11 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 53 RdNr 17; BSG vom 19.3.2008 - B 11b AS 31/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 10). Insoweit gilt im Rahmen des § 35 SGB XII nichts anderes; der rechtlichen Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft nach der Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG hat sich der erkennende Senat wegen der gleichen Rechtslage im SGB XII ebenfalls angeschlossen (vgl BSG vom 23.3.2010 - B 8 SO 24/08 R - SozR 4-3500 § 29 Nr 1 RdNr 14 mwN; BSG vom 24.2.2016 - B 8 SO 88/15 B - juris RdNr 7).
Der geltend gemachte Anspruch des Klägers auf Erstattung der Renovierungskosten setzt bei allen denkbaren Anspruchsgrundlagen voraus, dass er die Kosten tatsächlich aufgewendet hat (vgl BSG vom 11.12.2007 - B 8/9b SO 12/06 R - SozR 4-3500 § 21 Nr 1 RdNr 11). Auch zur Frage der Darlegungslast bei bezifferten Erstattungsbegehren liegt diesbezüglich gefestigte Rechtsprechung des BSG vor, wonach derjenige, der einen bezifferten Zahlungsanspruch geltend macht, darlegen muss, wie sich dieser Betrag im Einzelnen zusammensetzt bzw für die behaupteten entstandenen Kosten Nachweise, zB Belege, vorbringen muss (vgl BSG vom 19.12.2018 - B 1 KR 11/17 BH - juris RdNr 8; BSG vom 10.4.2008 - B 3 KR 20/07 R - SozR 4-2500 § 39 Nr 15 RdNr 11). Insoweit hat der Kläger jedoch auf die Verfügung der Berichterstatterin nach § 106a Abs 2 SGG, mit der ihm die Vorlage von Belegen, Rechnungen etc zum Nachweis der behaupteten Kosten aufgegeben war, mitgeteilt, er habe keine Belege.
Soweit der Kläger sinngemäß ausführt, die Entscheidung des LSG sei inhaltlich falsch, da ihm das Geld zustehe, vermag dies die Revisionsinstanz nicht zu eröffnen. Denn Gegenstand der Nichtzulassungsbeschwerde ist nicht, ob das Berufungsgericht in der Sache richtig entschieden hat (BSG vom 26.6.1975 - 12 BJ 12/75 - SozR 1500 § 160a Nr 7).
Nach dem Vorstehenden ist auch nicht erkennbar, dass eine Divergenzrüge (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) mit Aussicht auf Erfolg geltend gemacht werden könnte.
Nach Aktenlage liegt auch kein Verfahrensmangel (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG) vor. Insbesondere hat das LSG den Kläger nicht nur vor der Übertragung auf die Berichterstatterin (§ 153 Abs 5 SGG) angehört (zur Notwendigkeit BSG vom 5.2.2019 - B 8 SO 20/18 BH - juris RdNr 6), sondern auch zum beabsichtigten Heraufholen von Prozessresten, womit der Kläger wie auch der Beklagte sich im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 25.7.2018 ausdrücklich einverstanden erklärt haben (vgl zur Zulässigkeit des Heraufholens von Prozessresten mit Einwilligung der Beteiligten BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, RdNr 27 mwN; BSG vom 21.7.2009 - B 7 AL 49/07 R - BSGE 104, 76 = SozR 4-4300 § 22 Nr 2, RdNr 19; BSG vom 18.9.2019 - B 14 AS 317/18 B - juris RdNr 6). Ob eine Übertragung auf den Berichterstatter bei Heraufholen von Prozessresten auch dann möglich ist, wenn es sich um eine Sache handelt, die nicht nach § 105 SGG durch Gerichtsbescheid hätte entschieden werden können, weil es an den Voraussetzungen des § 105 Abs 1 Satz 1 SGG mangelt, kann offenbleiben, da vorliegend der Sachverhalt geklärt war und die Sache keine besonderen Schwierigkeiten rechtlicher oder tatsächlicher Art aufwies.
Mit der Ablehnung von PKH entfällt zugleich die Beiordnung eines Rechtsanwalts im Rahmen der PKH (§ 73a Abs 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Die eingelegte Beschwerde entspricht nicht den zwingenden gesetzlichen Vorschriften. Der Kläger muss sich vor dem BSG gemäß § 73 Abs 4 SGG durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten vertreten lassen. Er kann eine Prozesshandlung selbst nicht rechtswirksam vornehmen, folglich auch nicht selbst Beschwerde einlegen. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Auch hierauf hat das LSG in der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ausdrücklich hingewiesen.
Die Entscheidung ergeht nach § 160a Abs 4 Satz 1 iVm § 169 Satz 3 SGG ohne Beteiligung der ehrenamtlichen Richter.
Die Kostenentscheidung beruht auf der entsprechenden Anwendung des § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13976029 |