Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Unzulässigkeit einer bereits vor dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe erhobenen Anhörungsrüge. Medieninformationen/Terminberichte des BSG
Leitsatz (amtlich)
Eine bereits vor dem Vorliegen der schriftlichen Urteilsgründe erhobene Anhörungsrüge ist unzulässig.
Orientierungssatz
Medieninformationen und Terminberichte sind keine amtlichen Veröffentlichungen des BSG, sondern lediglich Arbeitsunterlagen für die beim Gericht tätigen Presse- und Medienvertreter.
Normenkette
SGG § 178a Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 5, § 132 Abs. 2, § 134 Abs. 2, § 136 Abs. 1, § 153 Abs. 3 S. 1, § 165
Verfahrensgang
Nachgehend
Tenor
Die Anhörungsrüge der Kläger wird als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I. In dem der Anhörungsrüge zugrundeliegenden Rechtsstreit (B 12 KR 15/12 R) hat der Senat nach Durchführung einer mündlichen Verhandlung am 30.9.2015 gemäß § 132 Abs 1 S 1 und 2 SGG ein Urteil verkündet. Nach Verlesen der Urteilsformel hat der Vorsitzende in Anwesenheit der Beteiligten mündlich den wesentlichen Inhalt der Entscheidungsgründe mitgeteilt (§ 132 Abs 2 SGG). Unmittelbar danach veröffentlichte die Pressestelle des BSG eine Medieninformation und am 1.10.2015 einen Terminbericht zu dem Verfahren. Eine schriftliche Urteilsfassung (§ 134 Abs 2, § 136 Abs 1, § 153 Abs 3 S 1, § 165 SGG) liegt noch nicht vor; sie muss - wie den Beteiligten nach der Verkündung mitgeteilt - binnen angemessener Zeit erstellt und den Beteiligten zugestellt (§ 135 SGG) werden.
Die Kläger haben am 12.10.2015 Anhörungsrüge mit dem Antrag erhoben, "die Revision gemäß § 178a Abs. 4 SGG fortzuführen und unverzüglich wieder in die mündliche Verhandlung einzutreten".
II. Die Anhörungsrüge der Kläger ist unzulässig und daher nach § 178a Abs 4 S 1 SGG zu verwerfen.
Nach § 178a Abs 1 S 1 SGG ist auf die Rüge eines durch eine gerichtliche Entscheidung beschwerten Beteiligten das Verfahren fortzuführen, wenn ein Rechtsmittel oder ein anderer Rechtsbehelf gegen die Entscheidung nicht gegeben ist (Nr 1) und das Gericht den Anspruch dieses Beteiligten auf rechtliches Gehör in entscheidungserheblicher Weise verletzt hat (Nr 2). Die Rüge muss nach § 178a Abs 2 S 5 SGG die angegriffene Entscheidung bezeichnen und das Vorliegen der in Abs 1 S 1 Nr 2 genannten Voraussetzungen darlegen. Hieran fehlt es offenkundig. Mangels Vorliegens der mit Gründen versehenen schriftlichen Urteilsfassung kann die Entscheidungserheblichkeit der von den Klägern behaupteten Gehörsverletzung nicht dargelegt werden (vgl allgemein bereits BGH Beschluss vom 15.7.2010 - I ZR 160/07 - Juris RdNr 2). Allein die schriftliche Urteilsfassung ist maßgebend (vgl BSG SozR Nr 159 zu § 162 SGG S D a 45 f mwN; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl 2014, § 132 RdNr 6; Harks in Roos/Wahrendorf, SGG, 2014, § 132 RdNr 21, jeweils mwN). Demgegenüber haben die mündlich mitgeteilten Gründe nur die Bedeutung einer vorläufigen Information (BSG SozR Nr 159 zu § 162 SGG S D a 46 mwN; Harks, aaO, ebenda, mwN). Welche Erwägungen für das Urteil tatsächlich tragend sind, kann den mündlich mitgeteilten Gründen verbindlich ebenso wenig entnommen werden, wie der Medieninformation und dem Terminbericht, auf deren Inhalt sich die Kläger zur Begründung ihrer Anhörungsrüge ebenfalls beziehen. Medieninformationen und Terminberichte sind keine amtlichen Veröffentlichungen des BSG, sondern lediglich Arbeitsunterlagen für die beim Gericht tätigen Presse- und Medienvertreter.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG.
Fundstellen