Verfahrensgang
SG Münster (Entscheidung vom 22.01.2018; Aktenzeichen S 11 VK 21/16) |
LSG Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 15.11.2019; Aktenzeichen L 13 VK 2/19 WA) |
Tenor
Der Antrag des Klägers, ihm für das Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde vor dem Bundessozialgericht gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 15. November 2019 Prozesskostenhilfe zu bewilligen, wird abgelehnt.
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision im vorgenannten Urteil wird als unzulässig verworfen.
Die Beteiligten haben einander für das Beschwerdeverfahren keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Gründe
I
Mit Urteil vom 15.11.2019 - zugestellt an den in Polen lebenden Kläger am 7.1.2020 - hat das LSG festgestellt, dass der Rechtsstreit L 13 VK 2/18 durch die in der öffentlichen Verhandlung am 16.11.2018 erklärte Berufungsrücknahme erledigt ist. In dem Berufungsverfahren L 13 VK 2/18 hatte der Kläger die Gewährung einer Waisenrente nach § 1 Abs 5 iVm § 45 Abs 3 Bundesversorgungsgesetz geltend gemacht.
Mit einem von ihm persönlich unterzeichneten Schreiben vom 29.2.2020, beim BSG eingegangen am 6.3.2020, hat der Kläger Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in diesem Urteil eingelegt und Prozesskostenhilfe (PKH) beantragt.
II
1. Der Antrag des Klägers auf PKH ist abzulehnen.
Gemäß § 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 114 Abs 1 Satz 1 ZPO kann einem Beteiligten, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, für das Verfahren vor dem BSG PKH bewilligt werden, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Hier fehlt es der beabsichtigten Rechtsverfolgung an hinreichender Aussicht auf Erfolg. Es ist nicht zu erkennen, dass einer Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers Erfolg beschieden sein könnte. Daher kommt auch die Beiordnung eines Rechtsanwalts nicht in Betracht (§ 73a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 121 Abs 1 ZPO).
Einzig mögliches Rechtsmittel gegen das angefochtene LSG-Urteil ist die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision. Im Verfahren der Nichtzulassungsbeschwerde geht es aber nicht darum, ob das angefochtene Urteil des LSG inhaltlich richtig oder falsch ist. Vielmehr ist gemäß § 160 Abs 2 SGG die Revision nur zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat (Nr 1), das Urteil des LSG von einer Entscheidung des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes (GmSOGB) oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abweicht und auf dieser Abweichung beruht (Nr 2) oder wenn ein Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (Nr 3). Ein solcher Zulassungsgrund ist nach Prüfung des Streitstoffs unter Berücksichtigung des Vorbringens des Klägers nicht ersichtlich.
Es ist nicht erkennbar, dass eine Zulassung der Revision gegen das von dem Kläger angegriffene Berufungsurteil auf § 160 Abs 2 Nr 1 SGG gestützt werden könnte. Grundsätzliche Bedeutung im Sinne dieser Vorschrift hat eine Rechtssache nur dann, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die allgemeine, über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung besitzt, von der angestrebten Entscheidung der Rechtssache im Revisionsverfahren somit erwartet werden kann, dass sie in einer bisher nicht geschehenen, jedoch das Interesse der Allgemeinheit berührenden Weise die Rechtseinheit herstellen, wahren oder sichern oder die Weiterentwicklung des Rechts fördern wird (stRspr, zB Senatsbeschluss vom 17.6.2019 - B 9 V 19/19 B - juris RdNr 7). Rechtsfragen, die in diesem Sinne grundsätzliche Bedeutung haben könnten, sind hier nicht ersichtlich.
Des Weiteren ist nicht erkennbar, dass der Zulassungsgrund der Divergenz (§ 160 Abs 2 Nr 2 SGG) mit Erfolg geltend gemacht werden könnte. Divergenz bedeutet Widerspruch im Rechtssatz oder - anders ausgedrückt - das Nichtübereinstimmen tragender abstrakter Rechtssätze, die den miteinander zu vergleichenden Entscheidungen zugrunde gelegt worden sind. Sie kommt nur dann in Betracht, wenn das LSG einen tragenden abstrakten Rechtssatz in Abweichung von einem vorhandenen abstrakten Rechtssatz des BSG, des GmSOGB oder des BVerfG aufgestellt hat (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl 2017, § 160 RdNr 13 mwN). Davon kann hier nicht ausgegangen werden, weil sich die angefochtene Entscheidung des LSG ersichtlich an den gesetzlichen Regelungen und der hierzu ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung orientiert hat.
Schließlich lässt sich auch kein Verfahrensmangel feststellen, der gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 SGG zur Zulassung der Revision führen könnte. Das LSG ist zu Recht zu dem Ergebnis gelangt, dass das Berufungsverfahren L 13 VK 2/18 durch die Berufungsrücknahme des rechtskundig vertretenen Klägers im Verhandlungstermin am 16.11.2018 beendet worden ist.
Ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 16.11.2018 hat die damalige Prozessbevollmächtigte des Klägers erklärt: "Namens und in Vollmacht des Klägers nehme ich hiermit die Berufung zurück."
Diese von der damaligen Prozessbevollmächtigten des Klägers abgegebene Erklärung ist eindeutig. Der Kläger muss diese Erklärung gegen sich gelten lassen (§ 73 Abs 6 Satz 7 SGG iVm § 85 Abs 1 Satz 1 ZPO). Als einseitige Prozesshandlung kann eine Berufungsrücknahme weder frei widerrufen noch entsprechend den bürgerlich-rechtlichen Vorschriften (zB wegen Irrtums nach § 119 BGB) angefochten werden (stRspr, zB Senatsurteil vom 24.4.1980 - 9 RV 16/79 - juris RdNr 18; Senatsbeschluss vom 19.3.2002 - B 9 V 75/01 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 24.4.2003 - B 11 AL 33/03 B - juris RdNr 3; BSG Beschluss vom 29.9.2017 - B 13 R 251/14 B - juris RdNr 12).
Damit könnte das Verfahren allenfalls unter den engen Voraussetzungen einer Nichtigkeitsklage iS von § 579 ZPO oder einer Restitutionsklage iS von § 580 ZPO wieder aufgenommen werden (§ 578 ZPO; vgl BSG Beschluss vom 29.9.2017 - B 13 R 251/14 B - juris RdNr 13 mwN); dies setzt jedoch das Vorliegen eines gesetzlichen Wiederaufnahmegrundes (§ 179 Abs 1 und 2 SGG iVm § 579, § 580 ZPO) voraus. Ein solcher ist nicht ersichtlich.
2. Die vom Kläger persönlich erhobene Beschwerde ist bereits deshalb unzulässig, weil sie nicht von einem gemäß § 73 Abs 4 SGG beim BSG zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt worden ist. Schon die Beschwerdeschrift muss von einem nach dieser Vorschrift zugelassenen Prozessbevollmächtigten unterzeichnet sein. Hierauf ist der Kläger in der Rechtsmittelbelehrung der angefochtenen Berufungsentscheidung hingewiesen worden.
Die Verwerfung der unzulässigen Beschwerde erfolgt gemäß § 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm § 169 SGG durch Beschluss ohne Zuziehung der ehrenamtlichen Richter.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung des § 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13909067 |