Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 15. Januar 2020 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen zu tragen.
Der Streitwert wird auf 5184,07 Euro festgesetzt.
Gründe
I
Die Klägerin ist eine Berufsausübungsgemeinschaft (BAG), der ein zur vertragsärztlichen und zugleich zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassener Facharzt für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (MKG-Chirurg) sowie weitere zur vertragszahnärztlichen Versorgung zugelassene Zahnärzte angehören. Sie wendet sich gegen die sachlich-rechnerische Richtigstellung ihrer Honorarabrechnung für das Quartal 2/2013, soweit diese auf Streichungen der Nr 2255 ("Freie Verpflanzung eines Knochens oder von Knochenteilen ≪Knochenspäne≫") der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ; zur Anwendbarkeit der GOÄ vgl Nr 3 der Allgemeinen Bestimmungen des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs für zahnärztliche Leistungen ≪BEMA-Z≫) beruht.
Die beklagte KZÄV nahm in insgesamt 106 konservierend-chirurgischen Behandlungsfällen eine quartalsgleiche sachlich-rechnerische Berichtigung wegen verschiedener Gebührennummern vor, ua auch der Nr 2255 GOÄ, da keine Indikation hierfür erkennbar sei (Bescheid vom 19.9.2013). Den hiergegen eingelegten Widerspruch der Klägerin, in dem diese geltend machte, das Knochendeckelverfahren sei ein allgemein anerkanntes Verfahren als Zugang zur Wurzelspitze oder zur Kieferhöhle, wies die Beklagte zurück: Die Nr 2255 GOÄ sei innerhalb eines operativen Eingriffs nur bei nicht ortsgleicher Entnahme und Implantationsstelle des Knochenmaterials abrechenbar. Bei Anwendung der Knochendeckelmethode für den Zugang bei der Wurzelspitzenresektion unterer Molare sei die Nr 2254 GOÄ (Implantation von Knochen) anwendbar; insofern wandelte die Beklagte in den betreffenden Behandlungsfällen die Nr 2255 GOÄ in die Nr 2254 GOÄ um (Widerspruchsbescheid vom 18.11.2014). Klage und Berufung blieben - bezogen auf die Absetzungen der Nr 2255 GOÄ - ohne Erfolg (Urteil des SG vom 28.10.2015, Urteil des LSG vom 15.1.2020). Das LSG hat insoweit ausgeführt, dass die Klägerin den Leistungstatbestand mit ihrer Behandlungsweise nicht erfüllt habe, da lediglich die ortsgleiche Entnahme und Rückverlagerung/Replantation eines Knochendeckels dokumentiert sei. Der Wortlaut der Legende gehe jedoch von einer "Verpflanzung" eines Knochens oder von Knochenteilen aus, also von einem Vorgang, bei dem etwas an eine andere Stelle gepflanzt werde.
Mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG macht die Klägerin die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache (Zulassungsgrund gemäß § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) geltend.
II
1. Die Beschwerde der Klägerin bleibt ohne Erfolg. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache liegen nicht vor. Die grundsätzliche Bedeutung einer Rechtssache setzt eine Rechtsfrage voraus, die in dem angestrebten Revisionsverfahren klärungsfähig (entscheidungserheblich) sowie klärungsbedürftig und über den Einzelfall hinaus von Bedeutung ist (stRspr; vgl zB BSG Beschluss vom 29.11.2006 - B 6 KA 23/06 B - SozR 4-1500 § 153 Nr 3 RdNr 13 mwN; BSG Beschluss vom 28.10.2015 - B 6 KA 12/15 B - SozR 4-2500 § 116 Nr 11 RdNr 5). Die Klärungsbedürftigkeit fehlt, wenn die aufgeworfene Frage bereits geklärt ist und/oder wenn sich die Antwort ohne Weiteres aus den Rechtsvorschriften und/oder aus schon vorliegender Rechtsprechung klar ergibt (BSG Beschluss vom 11.10.2017 - B 6 KA 29/17 B - juris RdNr 4). Klärungsfähigkeit ist nicht gegeben, wenn die aufgeworfene Rechtsfrage nicht im Revisionsverfahren zur Entscheidung anstünde oder die Rechtsfrage aufgrund besonderer Gestaltung des Rechtsstreits einer verallgemeinerungsfähigen Beantwortung nicht zugänglich ist (vgl BSG Beschluss vom 13.2.2019 - B 6 KA 17/18 B - juris RdNr 7).
Die Klägerin formuliert als Rechtsfrage,
"ob die Abrechenbarkeit der Nr. 2255 GOÄ eine nicht ortsgleiche Knochenverpflanzung, also eine nicht ortsgleiche Entnahme und Implantationsstelle voraussetzt."
Der Senat lässt offen, ob die Klägerin damit eine allgemeine Rechtsfrage oder lediglich die Richtigkeit der Entscheidung des LSG in Bezug auf die von ihr angewandte Knochendeckelmethode als Zugang zur Wurzelspitze oder zur Kieferhöhle zur Überprüfung stellt. Insofern ist in der Rechtsprechung des Senats geklärt, dass sich im Regelfall aus der Anwendung der Grundsätze zur Auslegung der Leistungslegende der Bewertungsmaßstäbe im ärztlichen und zahnärztlichen Bereich auf eine konkrete Gebührenziffer eine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache auch dann nicht ergibt, wenn sich das BSG mit dieser konkreten Position noch nicht ausdrücklich befasst hat (vgl zB BSG Beschluss vom 13.12.2000 - B 6 KA 30/00 B - juris RdNr 9; BSG Beschluss vom 12.12.2012 - B 6 KA 31/12 B - juris RdNr 6; BSG Beschluss vom 15.5.2014 - B 6 KA 55/13 B - RdNr 11; BSG Beschluss vom 17.2.2016 - B 6 KA 63/15 B - juris RdNr 4, 6; vgl auch Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 13. Aufl 2020, § 160 RdNr 7a).
Jedenfalls steht die Auslegung der Leistungslegende der Nr 2255 GOÄ für den Fall der hier allein streitigen "Knochendeckelmethode" durch das LSG mit den Grundsätzen der Rechtsprechung des Senats zur Auslegung der vertrags(zahn)ärztlichen Vergütungsbestimmungen so eindeutig im Einklang, dass es insoweit der Durchführung eines Revisionsverfahrens zur Klärung einer grundsätzlich bedeutsamen Rechtsfrage nicht bedarf. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist für die Auslegung vertrags(zahn)ärztlicher Vergütungsbestimmungen in erster Linie der Wortlaut der Regelungen maßgeblich (vgl dazu zB BSG Urteil vom 11.9.2019 - B 6 KA 22/18 R - SozR 4-5531 Nr 01210 Nr 1 RdNr 13 mwN; zuletzt BSG Urteil vom 15.7.2020 - B 6 KA 15/19 R - juris RdNr 21, zur Veröffentlichung in SozR 4 vorgesehen). Das LSG hat hier nachvollziehbar aus dem Wortlaut der Nr 2255 GOÄ, der von einer "Verpflanzung" von Knochen oder Knochenteilen spricht, gefolgert, dass es sich um einen Vorgang handeln muss, bei dem etwas von einer Stelle entnommen und an einer anderen Stelle gepflanzt bzw transplantiert wird (vgl Liebold/Raff/Wissing, BEMA-Z, Stand Januar 2020, Bd 3, GOÄ-Nr 2253-2255, Schnellübersicht zum Kommentar S 3: "Abrechnungsfähig je freier Knochenverpflanzung, also Entnahme und Einpflanzung innerhalb eines operativen Eingriffs bei nicht ortsgleicher Entnahme und Implantationsstelle" sowie S 5 zum häufigsten Anwendungsfall des autologen Knochentransfers: "Hierbei wird eine autologe ≪autogene≫ Knochen≪span-≫entnahme bei dem Patienten durchgeführt und zeitgleich, aber nicht ortsgleich, ein Knochenlager geschaffen, um den gewonnenen ≪transplantierten≫ Knochen aufzunehmen"). Der Senat muss nicht entscheiden, wie es zu bewerten wäre, wenn etwa im Rahmen der kieferchirurgischen Defektchirurgie (zB nach Unfällen, Tumorentfernungen) die Einpflanzung des entnommenen Knochens oder Knochenspans - zB zusammen mit heterologen oder allogenen Knochen - zwar im gleichen Knochen, aber nicht an der ursprünglichen Stelle erfolgt (hierauf dürften sich auch die von Liebold/Raff/Wissing, aaO, S 8, geäußerten Zweifel beziehen). Denn vorliegend dient die von der Klägerin in den streitigen Behandlungsfällen durchgeführte Knochendeckelmethode allein dem Zugang zur Wurzelspitze oder zur Kieferhöhle, wobei im Unterschied zum konventionellen, den Weg frei fräsenden Zugang ein Knochenblock aus dem Knochen entnommen, während der Operation gelagert und schließlich nach der Operation reponiert wird (vgl Liebold/Raff/Wissing, aaO, S 6). Da in einem solchen Fall die Präparation des Knochendeckels nur eine besondere Ausführung des Zugangsweges zur Wurzelspitze bzw zur Kieferhöhle darstellt, der - neben der Wurzelspitzenresektion (vgl Nr 54a bis c BEMA-Z: Wurzelspitzenresektion a) an einem Frontzahn, b) an einem Seitenzahn, einschließlich der ersten resezierten Wurzelspitze, c) am selben Seitenzahn, sofern durch denselben Zugang erreichbar, je weitere Wurzelspitze; vgl hierzu auch Liebold/Raff/Wissing, aaO, Bd 1, KCH Nr 54, S 8 f zum unterschiedlichen Schwierigkeitsgrad und Zeitaufwand bei der Resektion an Front- oder Seitenzähnen) oder einer Kieferhöhlenrevision (vgl Nr 1485 und 1486 GOÄ: Operative Eröffnungen und Ausräumungen der Kieferhöhle) nicht gesondert abgerechnet werden kann, erscheint es nicht gerechtfertigt, für den durch dieses Operationsverfahren entstehenden Mehraufwand gegenüber der konventionellen Methode die Nr 2255 GOÄ abzurechnen (vgl ausführlich Liebold/Raff/Wissing, aaO, S 7 f; vgl auch zum bei der Wortlautauslegung mitzuberücksichtigenden zahnmedizinischen Ablauf BSG Urteil vom 13.5.1998 - B 6 KA 34/97 R - SozR 3-5555 § 10 Nr 1 S 3 = juris RdNr 16 noch zur alten Fassung der Nr 54 BEMA-Z).
2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm einer entsprechenden Anwendung der §§ 154 ff VwGO. Danach trägt die Klägerin die Kosten des von ihr erfolglos geführten Rechtsmittels (§ 154 Abs 2 VwGO). Eine Erstattung von Kosten der beigeladenen KÄV ist nicht veranlasst, weil diese keinen Antrag gestellt hat (§ 162 Abs 3 VwGO).
3. Die Festsetzung des Streitwerts hat ihre Grundlage in § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm § 63 Abs 2 Satz 1, § 52 Abs 1 und 3, § 47 Abs 1 und 3 GKG. Der Streitwert entspricht der Höhe der Honorarkürzung in den von der Klägerin im Beschwerdeverfahren benannten Behandlungsfällen, in denen eine Absetzung der Nr 2255 GOÄ erfolgt ist.
Fundstellen
Dokument-Index HI14226197 |