Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde des Beklagten gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 28. März 2018 - L 11 AS 620/16 - wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
I
Das beklagte Jobcenter ist vom SG unter Berücksichtigung der Tabellenwerte von § 12 WoGG zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % für Januar 2015 bis Februar 2016 zur Zahlung weiterer Leistungen für Unterkunft in Höhe von 968,66 Euro verurteilt worden, weil dessen auf eine Clusteranalyse gestütztes, zwischen verschiedenen Wohnungsmarkttypen unterscheidendes Konzept den Vorgaben zur Ermittlung der abstrakt angemessenen Aufwendungen für die Unterkunft nicht genüge (Gerichtsbescheid vom 16.8.2016). Die Berufung hiergegen hat das LSG zurückgewiesen, weil weder der Beklagte nachvollziehbar dargelegt habe noch sonst erkennbar sei, dass sein Gebiet einen einheitlichen Vergleichsraum bilde (Urteil vom 28.3.2018).
Gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des LSG richtet sich die auf Grundsatzrügen (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 1 SGG) und auf eine Verfahrensrüge (Revisionszulassungsgrund nach § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) gestützte Nichtzulassungsbeschwerde des Beklagten, die mit Schriftsatz vom 18.7.2018 begründet worden ist.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung ist jedenfalls unbegründet und deshalb zurückzuweisen.
Grundsätzliche Bedeutung hat eine Rechtssache nur, wenn sie eine Rechtsfrage aufwirft, die - über den Einzelfall hinaus - aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts einer Klärung durch das Revisionsgericht bedürftig und fähig ist. Nach den aus § 160a Abs 2 Satz 3 SGG sich ergebenden Anforderungen muss ein Beschwerdeführer dazu anhand des anwendbaren Rechts sowie unter Berücksichtigung der höchstrichterlichen Rechtsprechung aufzeigen, welche Frage sich stellt, dass diese Rechtsfrage noch nicht geklärt ist, weshalb deren Klärung aus Gründen der Rechtseinheit oder der Fortbildung des Rechts erforderlich ist und dass das angestrebte Revisionsverfahren eine Klärung dieser Rechtsfragen erwarten lässt (vgl Krasney/Udsching, Handbuch des sozialgerichtlichen Verfahrens, 7. Aufl 2016, IX, RdNr 56 ff).
Den daraus sich ergebenden Begründungsanforderungen genügt das Beschwerdevorbringen zunächst nicht, soweit es die Frage aufwirft, "Darf ein Gericht eigene Feststellungen zum Vergleichsraum treffen, wenn durch den Grundsicherungsträger/Landkreis bereits eine Festlegung des Vergleichsraumes erfolgte oder ist die grundsätzliche Festlegung des Vergleichsraumes des Landkreises durch die Methodenfreiheit gedeckt? Oder: Welche Maßstäbe sind an eine Überprüfung eines durch den Grundsicherungsträger festgelegten Vergleichsraum zu stellen. Ist die gerichtliche Überprüfung der Vergleichsraumfestlegung auf das Vorliegen von ermessensfremden Gesichtspunkten beschränkt?"
Zur Darlegung der Klärungsbedürftigkeit dessen hätte es einer eingehenden Auseinandersetzung mit der ständigen Rechtsprechung des BSG - ohne die nach Vorlage der Beschwerdebegründung ergangenen Entscheidungen vom 30.1.2019 (vgl nur BSG vom 30.1.2019 - B 14 AS 24/18 R - vorgesehen für BSGE sowie SozR 4-4200 § 22 Nr 101) - bedurft, wonach es zwar verschiedene Methoden geben kann, um die aufzuwendende Nettokaltmiete für eine nach Größe und Wohnungsstandard angemessene Wohnung im maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum nach einem schlüssigen Konzept zu ermitteln (vgl nur BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - BSGE 117, 250 = SozR 4-4200 § 22 Nr 81 ≪Dresden≫, RdNr 19 ff), es sich jedoch bei dem Tatbestandsmerkmal "Angemessenheit" um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt (stRspr: vgl BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19 ≪München I≫, RdNr 12; letztens BSG vom 12.12.2017 - B 4 AS 33/16 R - BSGE 125, 29 = SozR 4-4200 § 22 Nr 93 ≪Fortschreibung schlüssiges Konzept≫, RdNr 14), dessen Konkretisierung durch die Verwaltung mithin grundsätzlich gerichtlich voll überprüfbar ist. An einer solchen Auseinandersetzung und darauf aufbauend der Darlegung, inwiefern jenseits von Besonderheiten des Einzelfalls weiterer grundsätzlicher Klärungsbedarf zu den Anforderungen an die gerichtliche Überprüfung einer Vergleichsraumbildung besteht, fehlt es jedoch.
Vergleichbar liegt es, soweit die Beschwerde als grundsätzlich klärungsbedürftig bezeichnet, "ob die vom Bundessozialgericht aufgestellte Definition des Vergleichsraumes, auf welche sich das zweitinstanzliche Gericht beruft, auch auf Flächenlandkreise Anwendung finden kann. Oder: Stellen die Landkreisgrenzen den Vergleichsraum dar?"; insoweit wäre eine Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des BSG zur Bildung von Vergleichsräumen (vgl für den ländlichen Raum insbesondere etwa BSG vom 16.6.2015 - B 4 AS 44/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 85 ≪Raumschaft Umland Freiburg≫ RdNr 16 f) geboten gewesen, an der es ebenfalls mangelt.
Soweit die Beschwerde schließlich Fragen zum zumutbaren Zeitaufwand bei Pendelzeiten zu einem Arbeitsplatz, zu Anforderungen an Erhebungen zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts sowie zur Bedeutung des sozialen Umfelds dabei formuliert, sind sie jedenfalls nicht (mehr) klärungsfähig. Eine Rechtsfrage ist vom Revisionsgericht klärungsfähig, wenn sie sich ihm auf der Grundlage der Tatsachenfeststellungen der Vorinstanz stellt (vgl letztens nur BSG vom 31.7.2017 - B 1 KR 47/16 B - SozR 4-1500 § 160 Nr 30 RdNr 8). Daran fehlt es, wenn im Fall einer Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht lediglich die bloße Möglichkeit besteht, dass die formulierte Rechtsfrage nach weiterer Sachverhaltsaufklärung entscheidungserheblich werden kann (ebenda RdNr 10).
So ist es hier. Der Nichtzulassungsbeschwerde liegt ein Rechtsstreit über ein Konzept zur Ermittlung abstrakt angemessener Nettokaltmieten zugrunde, in dem aufgrund einer "Clusteranalyse" mehrere Wohnungsmarkttypen mit unterschiedlichen Angemessenheitswerten innerhalb eines Vergleichsraums unterschieden werden. Der erkennende Senat hat zwischenzeitlich entschieden, dass ein solches Konzept nicht die Voraussetzungen für ein schlüssiges Konzept erfüllt (vgl BSG vom 30.1.2019 - B 14 AS 24/18 R - vorgesehen für BSGE sowie SozR 4-4200 § 22 Nr 101, RdNr 34 ff). Zwar hätte das LSG bei einer Zurückverweisung im Anschluss an das angestrebte Revisionsverfahren dem Jobcenter Gelegenheit zu geben, Nachermittlungen zur Vergleichsraumbildung und Erstellung eines schlüssigen Konzepts vorzunehmen und die sich daraus ergebenden Angemessenheitswerte vorzulegen (vgl BSG vom 30.1.2019 - B 14 AS 24/18 R - vorgesehen für BSGE sowie SozR 4-4200 § 22 Nr 101, RdNr 39-40). Ob die formulierten Rechtsfragen zur Erstellung eines schlüssigen Konzepts in einem solchen Fall nach Vorlage eines neuen Konzepts zur Ermittlung abstrakt angemessener Nettokaltmieten erneut entscheidungserheblich werden können, ist im Vorhinein jedoch nicht zu beurteilen.
Die (Verfahrens-)Rüge eines Verstoßes gegen das Amtsermittlungsgebot bzw den Untersuchungsgrundsatz schließlich ist unzulässig. Dieser Verfahrensmangel kann auf eine Verletzung des § 103 SGG (Aufklärung des Sachverhalts von Amts wegen) nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist (§ 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG). Hierzu lässt sich der Beschwerdebegründung nichts entnehmen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung der §§ 183, 193 SGG.
Fundstellen
Dokument-Index HI13656409 |