Verfahrensgang
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 18. Oktober 2023 wird als unzulässig verworfen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens mit Ausnahme der Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auf 6726,96 Euro festgesetzt.
Gründe
I
In dem der Nichtzulassungsbeschwerde zugrunde liegenden Rechtsstreit streiten die Beteiligten um eine Beitrags- und Umlagennachforderung in Höhe von 6726,96 Euro infolge einer Betriebsprüfung.
Die Klägerin ist eine beim Companies House in Birmingham registrierte Gesellschaft mit beschränkter Haftung englischen Rechts, die in Berlin eine Zweigniederlassung unterhält. Sie hatte den Beigeladenen zu 1. (im Folgenden: Beigeladener) für die Zeit ab 1.10.2012 bis zum 31.3.2014 mit einem Arbeitsentgelt von 100 Euro monatlich als geringfügig Beschäftigten zur Sozialversicherung angemeldet. Das Hauptzollamt gelangte bei einer Prüfung zu dem Ergebnis, dass dem Beigeladenen "offiziell" nur das zur Sozialversicherung angemeldete Festgehalt von 100 Euro monatlich auf sein Konto überwiesen worden sei und er die Differenz zum tatsächlichen Lohn in Höhe von rund 1000 Euro durchschnittlich im Monat als Schwarzlohn in bar erhalten habe. In der Folge forderte die Beklagte von der Klägerin Sozialversicherungsbeiträge und Umlagen in Höhe von 6726,96 Euro inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 2421,50 Euro nach, weil sie den Beigeladenen im Zeitraum Dezember 2012 bis Mai 2013 beschäftigt und ihm mehr Arbeitsentgelt gezahlt habe als zur Sozialversicherung gemeldet worden sei. Hierfür seien Beiträge aufgrund der Versicherungspflicht in der Kranken-, Renten-, Arbeitslosen- und Pflegeversicherung sowie Umlagen nach § 7 AAG zu entrichten(Bescheid vom 28.2.2018, Widerspruchsbescheid vom 1.6.2018) .
Das SG hat die Klage abgewiesen(Urteil vom 23.8.2019) . Das LSG hat die Berufung zurückgewiesen. Die Ermittlungsergebnisse der Zollverwaltung nach dem Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz könnten bei den Betriebsprüfungen der Rentenversicherungsträger übernommen werden. Der Beigeladene habe erheblich höhere Arbeitsentgeltansprüche gegenüber der Klägerin erworben, als sozialversicherungsrechtlich gemeldet worden seien. Dabei komme es nicht darauf an, ob dem Beigeladenen diese höheren Arbeitsentgelte auch ausgezahlt worden seien. Die Klägerin habe von den für den Ausgang des Rechtsstreits ausschlaggebenden Unterlagen im sozialgerichtlichen Verfahren Kenntnis erlangt. Dem "Beweisantrag" der Klägerin habe der Senat nicht folgen müssen, da weder die zu beweisende(n) Tatsache(n) noch die jeweiligen Beweismittel benannt worden seien(Urteil vom 18.10.2023) .
Gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer Beschwerde.
II
Die Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision in der angefochtenen Entscheidung des LSG ist als unzulässig zu verwerfen(§ 160a Abs 4 Satz 1 Halbsatz 2 iVm§ 169 Satz 2 und 3 SGG ) . Die Klägerin hat entgegen § 160a Abs 2 Satz 3 SGG den allein geltend gemachten Zulassungsgrund des Verfahrensmangels(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) nicht hinreichend dargelegt.
1. Ein Verfahrensmangel iS von § 160 Abs 2 Nr 3 SGG ist der Verstoß des Gerichts im Rahmen des prozessualen Vorgehens im unmittelbar vorangehenden Rechtszug. Wird eine Nichtzulassungsbeschwerde darauf gestützt, dass ein Verfahrensmangel vorliege, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen könne(§ 160 Abs 2 Nr 3 SGG ) , müssen bei der Bezeichnung des Verfahrensmangels(§ 160a Abs 2 Satz 3 SGG ) zunächst die den Verfahrensmangel (vermeintlich) begründenden Tatsachen substantiiert dargetan werden. Darüber hinaus ist die Darlegung erforderlich, dass und warum die Entscheidung des LSG, ausgehend von dessen materieller Rechtsansicht, auf dem Mangel beruhen kann, also die Möglichkeit einer Beeinflussung des Urteils besteht. Gemäß § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht auf eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs 1 Satz 1 SGG und auf eine Verletzung des § 103 SGG nur gestützt werden, wenn er sich auf einen Beweisantrag bezieht, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.
Die Klägerin rügt die Verletzung des§ 103 SGG , weil das LSG ihrem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt sei. Sie habe beantragt, "dass der Beigeladene K von dem Gericht selbst vernommen" werde. Stattdessen hätten sich das SG ebenso wie das LSG damit begnügt, den Beigeladenen schriftlich anzuhören und den Akteninhalt auszuwerten. Das Schreiben des Beigeladenen sei insofern aber nicht ergiebig. Es verhalte sich nämlich nicht dazu, ob der Beigeladene für die Klägerin die von der Beklagten geschätzten Mehrstunden tatsächlich erbracht habe. Dem Beigeladenen seien die Aufzeichnungen im sichergestellten Ordner nicht vorgehalten worden, sodass er dazu keine Erklärung habe abgeben können. Der Beigeladene hätte ggf den Vortrag der Klägerin stützen können, dass sich die Eintragungen nicht auf Leistungen bezögen, die für die Klägerin erbracht worden seien. Es sei nicht überflüssig, den Sachverhalt durch Vernehmung des Beigeladenen zu erforschen, zumal auch der Klägerin die Möglichkeit zur Befragung des Beigeladenen hätte gegeben werden müssen.
Das Übergehen eines Beweisantrags ist nur dann ein Verfahrensfehler, wenn das LSG vor seiner Entscheidung darauf hingewiesen wurde, dass der Beteiligte die Amtsermittlungspflicht des Gerichts noch nicht als erfüllt ansieht. Insoweit ist darzulegen, dass ein prozessordnungsgemäßer Beweisantrag, mit dem sowohl das Beweismittel als auch das Beweisthema angegeben und aufgezeigt wurde, über welche Tatsachen im Einzelnen Beweis erhoben werden sollte, in der abschließenden mündlichen Verhandlung bis zuletzt aufrechterhalten oder gestellt worden ist(stRspr; vgl zBBSG Beschluss vom 18.12.2018 - B 12 R 37/18 B - juris RdNr 3 mwN).
Die Klägerin gibt aber nicht an, wann und zu welchem Beweisthema sie die Vernehmung des Beigeladenen im Berufungsverfahren beantragt habe und ob sie diesen Antrag auch in der mündlichen Verhandlung gestellt habe. Damit fehlt es an substantiiertem Vortrag dazu, dass sie einen prozessordnungsgemäßen Antrag bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung aufrechterhalten habe. Soweit das LSG selbst einen "Beweisantrag" der Klägerin im Urteil erwähnt, führt es dazu aus, dass weder die zu beweisenden Tatsachen noch die jeweiligen Beweismittel benannt seien. Auch ein nicht anwaltlich vertretener Beteiligte muss dem Gericht aber deutlich machen, dass er noch Aufklärungsbedarf sieht und nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG darlegen, einen konkreten Beweisantrag zumindest sinngemäß gestellt zu haben(stRspr; vgl zBBSG Beschluss vom 20.12.2023 - B 5 R 81/23 B - juris RdNr 8 mwN) . Es reicht nicht, das Begehren ggf erst im Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren zu konkretisieren.
Im Übrigen legt die Klägerin auch nicht dar, inwiefern nach den dem LSG vorliegenden Beweismitteln Fragen zum tatsächlichen Sachverhalt aus der rechtlichen Sicht des LSG erkennbar offen geblieben sind und damit zu einer weiteren Aufklärung des Sachverhalts zwingende Veranlassung bestanden hat(vglBSG Beschluss vom 19.6.2008 - B 2 U 76/08 B - juris RdNr 7 mwN) .
Mit ihrem Vorbringen, dass sich das LSG mit der schriftlichen Aussage des Beigeladenen begnügt habe, statt ihn persönlich anzuhören, rügt sie sinngemäß auch einen Verstoß gegen den Grundsatz der Unmittelbarkeit der Beweisaufnahme(§ 117 SGG ). Die Verwertung von schriftlichen Aussagen ggf auch aus beigezogenen Akten ist indes nicht unzulässig. Ausnahmen gelten, wenn die inhaltliche Richtigkeit der Aussage substantiiert bestritten wird oder Glaubwürdigkeitsaspekte von Bedeutung sind(BSG Beschluss vom 13.8.2015 - B 9 V 13/15 B - juris RdNr 11 ) . Dies legt die Klägerin jedoch nicht dar, sie trägt vielmehr nur vor, dass die Vernehmung - aus ihrer Sicht - zu weiterer Aufklärung(§ 103 SGG , siehe oben) hätte beitragen können.
Soweit die Klägerin schließlich "Zweifel an den tatsächlichen Feststellungen" des LSG geltend macht, etwa weil keiner der Beteiligten je wegen der angeblichen Schwarzarbeit des Beigeladenen strafrechtlich verurteilt worden sei, keine Bestätigung der Klägerin vorliege, dass die vom Beklagten ermittelten Mehrstunden für die Klägerin erbracht worden seien, und auch nicht feststehe, was und an welchem Bauvorhaben der Klägerin der Beigeladene im Rahmen der behaupteten Mehrtätigkeit "gewirkt" haben solle, wendet sie sich im Kern gegen die Beweiswürdigung des Gerichts. Diese kann aber nach § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 2 SGG mit der Nichtzulassungsbeschwerde weder unmittelbar noch mittelbar angegriffen werden(stRspr; vgl zBBSG Beschluss vom 23.2.2022 - B 9 V 35/21 B - juris RdNr 23 ) . Dass sie die Entscheidung des LSG zB hinsichtlich der Berechnung der Netto- und Bruttogehälter für inhaltlich unrichtig oder für nicht nachvollziehbar hält, eröffnet die Revisionsinstanz ebenfalls nicht(stRspr; vgl zBBSG Beschluss vom 29.10.2019 - B 13 R 129/19 B - juris RdNr 5 mwN) .
2. Von einer weiteren Begründung sieht der Senat ab, weil sie nicht geeignet ist, zur Klärung der Voraussetzungen der Revisionszulassung beizutragen(§ 160a Abs 4 Satz 2 Halbsatz 2 SGG ) .
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 3 SGG iVm§ 154 Abs 2 und 3 VwGO.
4. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a Abs 1 Satz 1 Teilsatz 1 SGG iVm§ 52 Abs 1 und Abs 3 Satz 1,§ 47 Abs 1 Satz 1 und Abs 3 sowie§ 63 Abs 2 Satz 1 GKG .
Fundstellen
Dokument-Index HI16612063 |