Beteiligte
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 29. Januar 1998 und das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 21. Februar 1996 aufgehoben.
Die Beklagte wird unter Änderung der Bescheide vom 30. April 1992, 30. Januar 1993, des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1994 und des Bescheides vom 30. März 1994 verpflichtet, bei der Berechnung der Rente des Klägers die Zeit vom 1. Juli 1980 bis zum 28. Dezember 1982 als Ausfallzeit rentensteigernd zu berücksichtigen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits in allen drei Rechtszügen zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die rentensteigernde Berücksichtigung einer Ausfallzeit im Zeitraum vom 1. Juli 1980 bis 28. Dezember 1982 bei der Berechnung der Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit.
Der am 8. Februar 1932 geborene Kläger war bis zum 15. September 1989 im schlesischen Steinkohlenbergbau als Monteur, Schweißer und Schlosser versicherungspflichtig beschäftigt. Seit dem 18. Dezember 1989 lebt er in der Bundesrepublik Deutschland und ist Inhaber des Vertriebenenausweises A.
Bis zum 2. Januar 1980 war er im Steinkohlenbergwerk „S. -G. ” als Schweißer unter Tage tätig. Anschließend bezog er Krankengeld. Aufgrund seines Rentenantrags stufte ihn die Ärztekommission für Invalidität und Beschäftigung wegen „allgemeiner Erkrankung”, aber auch wegen der „Berufskrankheit Lärmschwerhörigkeit” in die Invalidengruppe der „Kategorie III” ein. Mit Einstellung des Krankengeldes wurde dem Kläger vom 1. Juli 1980 an eine entsprechende Rente bewilligt. Ab 29. Dezember 1982 war der Kläger wieder als Schlosser und Schweißer über Tage in seinem früheren Betrieb versicherungspflichtig beschäftigt.
Auf den Antrag des Klägers vom 7. Februar 1990 bewilligte die Beklagte ab 1. März 1990 Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit (Bescheide vom 30. April 1992 und vom 30. Januar 1993; Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1994), die sie ab 1. März 1992 in eine Altersrente für Schwerbehinderte, Berufsunfähige oder Erwerbsunfähige umwandelte (Bescheid vom 30. März 1994). Bei der Rentenberechnung berücksichtigte sie die Zeit des Krankengeldbezugs in Polen als Ausfallzeit. Die Zeit des anschließenden Bezugs der polnischen Invalidenrente der Kategorie III bis zur Wiederaufnahme der Tätigkeit ließ sie hingegen unberücksichtigt.
Im Klageverfahren hat der Kläger geltend gemacht, ab 1. Juli 1980 arbeitsunfähig und gleichzeitig arbeitslos gewesen zu sein. Krankheitsbedingt habe er nicht mehr unter Tage arbeiten dürfen. Erst ab 29. Dezember 1982 habe ihm sein bisheriger Arbeitgeber einen leidensgerechten Arbeitsplatz als Schlosser über Tage anbieten können. Das Sozialgericht (SG) Kiel hat die Klage abgewiesen: Die umstrittene Zeit könne nicht als Ausfallzeit berücksichtigt werden. Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit habe nicht vorgelegen, weil der Kläger stets in der Lage gewesen sei, eine gleichwertige Tätigkeit auszuüben. Arbeitsunfähigkeit sei auch nicht allein wegen des Bezugs der Invalidenrente anzunehmen. Eine Wertung als Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit scheitere, weil der Kläger sich nicht bei einem deutschen Arbeitsamt arbeitslos gemeldet habe.
Das Schleswig-Holsteinische Landessozialgericht (LSG) hat von Dr. T., Arzt für innere Krankheiten und Psychiatrie, ein Gutachten mit späterer Ergänzung über die Beweisfrage eingeholt, ob der Kläger in der umstrittenen Zeit arbeitsunfähig iS der Krankenversicherung gewesen sei, und im Anschluß daran mit Urteil vom 29. Januar 1998 die Berufung zurückgewiesen: Eine krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit habe im streitigen Zeitraum nicht vorgelegen. Die damaligen Gesundheitsstörungen hätten zwar der Fortführung der Untertagetätigkeit entgegengestanden, aber leichte Tätigkeiten über Tage bei Lärmschutz zugelassen. Der Kläger habe in Polen im streitigen Zeitraum weder Krankengeld bezogen noch seien diese Zeiten im polnischen Versicherungsverlauf ausgewiesen. Die Berücksichtigung einer Ausfallzeit wegen Arbeitslosigkeit scheitere am fehlenden Nachweis durch den polnischen Versicherungsträger. Da der Kläger die polnische Invalidenrente ohne Unterbrechung bis zum Zuzug in die Bundesrepublik bezogen habe, könnten diese Zeiten nicht als Rentenbezugszeiten wie bei einer weggefallenen, aber wiedergewährten Knappschaftsrente Berücksichtigung finden. Auch die Anwendung des Fremdrentengesetzes (FRG) führe zu keinem anderen Ergebnis.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 57 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) sowie des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 (Abk Polen RV/UV).
Der Kläger beantragt,
die angefochtenen Urteile aufzuheben und die Beklagte unter Änderung der Bescheide vom 30. April 1992, 30. Januar 1993, des Widerspruchsbescheides vom 22. Februar 1994 und des Bescheides vom 30. März 1994 zu verpflichten, bei der Berechnung der Rente des Klägers die Zeit vom 1. Juli 1980 bis zum 28. Dezember 1982 als Ausfallzeit rentensteigernd zu berücksichtigen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtenen Urteile für zutreffend.
II
Die Revision ist begründet.
Die angefochtenen Bescheide lassen zu Unrecht die Zeit vom 1. Juli 1980 bis zum 28. Dezember 1982 als Ausfallzeit wegen einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit (§ 1 Satz 1 Buchst a FRG, § 14 FRG, § 57 Satz 1 Nr 1 Buchst a RKG) unberücksichtigt. Die weiteren versicherungsrechtlichen Voraussetzungen der sog „Halbdeckung” sind erfüllt (§ 56 Abs 2 RKG).
Entscheidend dafür sind die auf den Kläger als anerkannten Vertriebenen iS des Bundesvertriebenengesetzes (BVFG) jedenfalls auch unmittelbar anzuwendenden Vorschriften des FRG.
Der Kläger fällt einerseits unter den persönlichen Geltungsbereich des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Volksrepublik Polen über Renten- und Unfallversicherung vom 9. Oktober 1975 nebst Regierungsvereinbarung vom selben Tag (Abk Polen RV/UV - BGBl II 1976, 396 und 401), in Bundesrecht transformiert durch Zustimmungsgesetz vom 12. März 1976 (BGBl II 1976, 393), in Kraft getreten am 1. Mai 1976 (BGBl II 1976, 463). Das spätere Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen über soziale Sicherheit vom 8. Dezember 1990 (DPSVA - BGBl II 1991, 743) findet keine Anwendung, weil Zeiten in Polen vor dem 31. Dezember 1990 streitig sind, der Kläger nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) aber im Jahre 1989 in die Bundesrepublik gezogen ist und seitdem hier lebt (Art 27 Abs 1 und 2, jeweils S 1 und 2 DPSVA).
Nach Art 2 Abs 1 des Zustimmungsgesetzes zum Abk Polen RV/UV sind Zeiten, die nach dem polnischen Recht der Rentenversicherung Berücksichtigung finden, gemäß Art 4 Abs 2 Abk Polen RV/UV in demselben zeitlichen Umfang in der deutschen gesetzlichen Rentenversicherung in entsprechender Anwendung des Fremdrenten- und Auslandsrenten-Neuregelungsgesetzes (FANG) vom 25. Februar 1960 (BGBl I 93) – dessen Art 1 das FRG enthält – zu berücksichtigen, solange der Berechtigte im Geltungsbereich des Gesetzes wohnt. Gemäß Art 6 § 4 Abs 2 Satz 1 FANG idF des Art 16 Nr 1 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 ≪RRG 1992≫ vom 18. Dezember 1989 - BGBl I 2261), am 1. Juli 1990 in Kraft getreten (Art 85 Abs 6 RRG 1992), ist das FRG in seiner bis zum 30. Juni 1990 geltenden Fassung anzuwenden, wenn vor dem 1. Juli 1990 ein Anspruch auf Zahlung einer Rente bestand. Dies gilt auch, wenn wie hier um einen solchen Anspruch gestritten wird (BSG vom 13. September 1990, BSGE 67, 214, 218 = SozR 3-6710 Art 4 Nr 1 S 5).
Das FRG gilt im Falle des Klägers andererseits aber auch unmittelbar, da er als Inhaber des Vertriebenenausweises A nach § 1 Buchst a FRG zum berechtigten Personenkreis zählt. Für die Berechnung einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung sind damit die §§ 14 ff FRG einschlägig, sei es entsprechend über das Abk Polen RV/UV, sei es unmittelbar.
Sowohl dem Abkommen mit Polen als auch dem FRG liegt das Eingliederungsprinzip zugrunde (vgl Denkschrift zum Abkommen und zur Vereinbarung BT-Drucks 7/4310 A I, II, zu Art 4 S 15 ff). Die §§ 14 ff FRG sind von dem Rechtsgedanken getragen, daß die in den Geltungsbereich des FRG zuziehenden Berechtigten rentenrechtlich so gestellt werden sollen, als ob sie im Inland beschäftigt gewesen wären und hier ihr Arbeits- und Versicherungsleben zurückgelegt hätten (Senatsurteile vom 29. September 1997 - 8 RKn 16/96 -, Kompaß 1998, 227; 6. August 1992, SozR 3-5050 § 22 Nr 2; 14. Februar 1991, SozR 3-2960 § 59 Nr 1; 18. Dezember 1990, BSGE 68, 87 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 9 mwN). Das gleiche Ziel verfolgt Art 4 Abs 1 und 2 des Abk Polen RV/UV mit der Anordnung, daß der Träger des Staates, in dessen Gebiet der Berechtigte wohnt (hier die Bundesrepublik Deutschland), nach seinen Vorschriften die Rente gewährt und dabei „Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten und diesen gleichgestellte Zeiten im anderen Staat” (hier Polen) so berücksichtigt, als ob sie im Gebiet des ersten Staates (hier also der Bundesrepublik Deutschland) zurückgelegt worden wären.
Ob im vorliegenden Fall in Polen zurückgelegte Zeiten iS des Art 4 Abs 2 des Abk Polen RV/UV die Qualität von Versicherungszeiten, Beschäftigungszeiten oder gleichgestellten Zeiten haben und bei der Rentenberechnung nach deutschem Recht zu berücksichtigen sind, richtet sich nach polnischem innerstaatlichen Recht (sog Abkommenszeiten, BSG vom 7. September 1989, SozR 6710 Art 4 Nr 4; 21. Juni 1989, BSGE 65, 144, 146 = SozR 6710 Art 4 Nr 8; 18. Februar 1992, SozR 3-6710 Art 4 Nr 5 S 18 zu einem Ausnahmefall). Soweit es sich aber nach polnischem Recht nicht um Zeiten dieser Qualität handelt (zB nach polnischem Recht nicht gleichgestellte Ersatz- und Ausfallzeiten), werden diese unter den Voraussetzungen des deutschen innerstaatlichen Rechts bei der Rentenberechnung berücksichtigt (Begründung zu Art 2 des Entwurfs des Zustimmungsgesetzes zum Abkommen nebst Vereinbarung, BT-Drucks 7/4310 S 6). Dies gilt zB für Zeiten der Schul- und Hochschulausbildung (§ 57 Satz 1 Nr 4 Buchst b RKG, vgl Poletzky/LVA Berlin, Sozialversicherungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Polen, 2. Aufl 1990, S 82 zu 7.5.7).
Die Beklagte hat die Zeit des Krankengeldbezuges vom 3. Januar 1980 bis 30. Juni 1980 als vom polnischem Versicherungsträger bestätigte (Abschnitt II Art 4 der Durchführungsvereinbarung zum Abkommen vom 9. Oktober 1975) und nach polnischem Recht (vgl Art 11 Abs 2 Nr 1 des polnischen Gesetzes über die Rentenversorgung der Arbeitnehmer und ihrer Familien vom 14. Dezember 1982 idF vom 30. Januar 1986, abgedruckt in deutscher Übersetzung als Anlage 14, Poletzky/LVA Berlin, aaO, S 241 ff) gleichgestellte „Abkommensausfallzeit” bei der Rentenberechnung entsprechend ihrer Verwaltungsübung (vgl Teil 3 Nr 1.1 des Katalogs der nach dem Abk Polen RV/UV anrechenbaren und nicht anrechenbaren Zeiten, Poletzky/LVA Berlin, aaO, S 565, Anlage 57) berücksichtigt. Ob die nach polnischem Recht vorgeschriebene Beschränkung, eine Zeit der Arbeitsunfähigkeit nur bei Krankengeldbezug anzurechnen, auch bedeutet, daß die anschließende Zeit der Arbeitsunfähigkeit ohne Krankengeldbezug bei der Rentenberechnung nicht mehr als Ausfallzeit nach § 57 Satz 1 Nr 1 Buchst a RKG berücksichtigt werden darf, ob das polnische Recht also auch den Umfang der Anrechenbarkeit einer Ausfallzeit nach deutschem Recht definiert, kann hier dahingestellt bleiben (zur differenzierten Verwaltungsübung vgl Poletzky/LVA Berlin, aaO, S 133).
Denn der Kläger ist Inhaber des Vertriebenenausweises A gemäß § 15 Abs 2 Nr 1 BVFG in der vor dem 1. Januar 1993 geltenden Fassung und zählt damit ungeachtet des Abkommens zum berechtigten Personenkreis des § 1 FRG. Bei einer Rentenberechnung in unmittelbarer Anwendung der Regelungen des FRG sind aber nach § 14 FRG alle Ausfallzeittatbestände nach deutschem Rentenrecht zu berücksichtigen, es sei denn, das FRG selbst trifft abweichende Regelungen. § 29 FRG in der bis zum 31. Dezember 1991 geltenden Fassung enthält keine derartige Einschränkung. Im Gegenteil, Abs 1 aaO erleichtert die Anrechenbarkeit einer Zeit der Arbeitslosigkeit als Ausfallzeit und nach Abs 2 aaO wird „für die Zuordnung von Ausfallzeiten” (Plural) auf die Regelungen für die Ersatzzeiten verwiesen. Das umfaßt mangels besonderer Einschränkungen die Berücksichtigung weiterer Ausfallzeiten bei der Rentenberechnung nach den allgemeinen Rentenvorschriften des innerdeutschen Rechts (≪§ 14 FRG≫ vgl zur einschlägigen FRG-Rechtsprechung BSG vom 8. August 1990, BSGE 67, 171, 173 f = SozR 3-5050 § 15 Nr 2; 9. November 1982, SozR 5050 § 15 Nr 23 S 78). Die Neufassung des § 29 FRG durch Art 15 Nr 17 RRG 1992 erwähnt nunmehr auch die Zeit der Arbeitsunfähigkeit als Anrechnungszeit iS des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI), womit sich aber an der Berücksichtigung von Ausfallzeiten, die vor dem 1. Januar 1992 liegen, nichts ändern soll (so die Begründung zu Art 10 Nr 16 ≪§ 29≫ des Entwurfs, BT-Drucks 11/4124 S 221).
Für den Anspruch des Klägers finden noch die Vorschriften des RKG in der im BGBl III, Gliederungs-Nr 822-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch Art 9 RRG 1992 Anwendung, denn der Rentenantrag auf Knappschaftsrente wegen Erwerbsunfähigkeit wurde bereits vor dem 31. Dezember 1991 gestellt und Leistungen wurden vor dem 1. Januar 1992 gewährt (§ 300 Abs 2 SGB VI). Bei der Ermittlung der anrechnungsfähigen Versicherungsjahre werden die auf die Wartezeit anzurechnenden Versicherungszeiten, die Ausfallzeiten und die Zurechnungszeit zusammengerechnet (§ 56 Abs 1 RKG). Hier relevante Ausfallzeiten sind ua Zeiten, in denen eine knappschaftlich versicherungspflichtige Beschäftigung durch eine infolge Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit unterbrochen worden ist, wenn vor dem 1. Januar 1984 die Arbeitsunfähigkeit mindestens einen Kalendermonat betragen hat und in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 wegen des Bezugs von Krankengeld bzw anderer – hier nicht zutreffender – Leistungen Versicherungspflicht nicht bestanden hat (§ 57 Satz 1 Nr 1 Buchst a RKG).
Entgegen der Ansicht des LSG erfüllt der Kläger diese Voraussetzungen im Zeitraum vom 1. Juli 1980 bis zum 28. Dezember 1982. Das LSG hat den Rechtsbegriff der Arbeitsunfähigkeit (vgl BSG vom 24. Februar 1976, BSGE 41, 201, 203 = SozR 2200 § 182 Nr 12; 7. August 1991, BSGE 69, 180, 182 = SozR 3-2200 § 182 Nr 9 S 37 f; ferner Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Juni 1999, SGB V § 44 RdNrn 53, 132 f) auf der Grundlage seiner bindenden Tatsachenfeststellungen (§ 163 SGG) unzutreffend ausgelegt. Der Begriff der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit als maßgebliche Voraussetzung des Ausfallzeittatbestandes hat dieselbe Bedeutung wie in der Krankenversicherung (Beschluß des Großen Senats des BSG vom 16. Dezember 1981, BSGE 53, 22, 25 ff = SozR 2200 § 1259 Nr 59). Arbeitsunfähig in diesem Sinn ist demnach der Versicherte, der weder seine zuletzt ausgeübte noch eine ähnliche bzw gleichgeartete Beschäftigung oder Tätigkeit infolge Krankheit nicht mehr fortsetzen kann (BSGE aaO; 15. November 1984, BSGE 57, 227 = SozR 2200 § 182 Nr 96; 9. Dezember 1986, BSGE 61, 66, 70 f = SozR 2200 § 182 Nr 104; Urteil vom 7. August 1991, aaO). Ob und auf welche Tätigkeiten der Versicherte zumutbar und eventuell unter Hinnahme einer Lohneinbuße „verwiesen” werden darf, ist zunächst vom Fortbestand des Arbeitsverhältnisses abhängig. Dies beurteilt sich nach arbeitsrechtlichen Grundsätzen. Kündigt der Arbeitgeber nicht und beenden die Vertragspartner das Arbeitsverhältnis nicht aus anderen Gründen, ist von einem fortbestehenden Arbeitsverhältnis auszugehen. Dann aber darf der Versicherte auf Tätigkeiten bei einem anderen Arbeitgeber nicht „verwiesen” werden. Vielmehr sind ihm lediglich ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeiten in demselben Betrieb zuzumuten. Dies wiederum setzt voraus, daß der Arbeitgeber ein darauf gerichtetes konkretes Angebot abgibt, das unter Beachtung des Direktionsrechts arbeitsrechtlich zulässig ist (BSG vom 7. August 1991, BSGE 69, 180, 183 ff = SozR 3-2200 § 182 Nr 9 S 38 ff; vgl ferner Schmidt in Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Stand Juni 1999, SGB V § 44 RdNrn 77 ff; Höfler in KassKomm, Stand Januar 1993, § 44 SGB V RdNrn 10 ff).
Nach den bindenden Feststellungen des LSG ist der Kläger infolge der Lärmschwerhörigkeit und verschiedener chronischer Gesundheitsstörungen im streitigen Zeitraum nicht mehr fähig gewesen, seine zuletzt ausgeübte Tätigkeit als Schweißer unter Tage zu verrichten. Über Tage ist er jedoch unter Lärmschutz als Monteur, Schweißer oder Schlosser arbeitsfähig gewesen. Damit war er auch, ungeachtet des Bezugs einer Invalidenrente der „Kategorie III”, noch nicht erwerbsunfähig (zu den Definitionsmerkmalen der Invalidengruppe III vgl I Art 24 Abs 2 Nrn 1 – 3 des polnischen Gesetzes über die Rentenversorgung vom 14. Dezember 1982, aaO). Diese Tatsachenfeststellungen hat das LSG unter Verwertung des Gutachtens und der Stellungnahme des gerichtlichen Sachverständigen Dr. T. nach Auswertung medizinischer Unterlagen aus Polen getroffen. Sie sind von der Beklagten nicht angegriffen worden. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG haben im streitigen Zeitraum Anhaltspunkte für eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht vorgelegen. Unstreitig ist auch, daß der Arbeitgeber dem Kläger erst zum 29. Dezember 1982 einen leidensgerechten Arbeitsplatz als Schlosser und Schweißer über Tage angeboten hat. An diesem Tag hat der Kläger die Beschäftigung wieder fortgesetzt und die vereinbarte Arbeit verrichtet. Damit ist die krankheitsbedingte Arbeitsunfähigkeit im Anschluß an die Vorerkrankungszeit erst am 29. Dezember 1982 beendet gewesen; denn vor diesem Zeitpunkt hatte ein arbeitsrechtlich zulässiges, konkretes Angebot für eine ähnliche oder gleichgeartete Tätigkeit bei demselben Arbeitgeber nicht vorgelegen.
Diese mehr als einen Kalendermonat anhaltende Arbeitsunfähigkeit des Klägers hat auch eine knappschaftlich versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen. Die in Polen zurückgelegten Beschäftigungszeiten, die der Arbeitsunfähigkeit unmittelbar vorausgegangen bzw nachgefolgt sind, hat die Beklagte im Rentenbescheid vom 30. Januar 1993 wie nach Bundesrecht zurückgelegte Beitragszeiten ausgewiesen. Wie das LSG festgestellt hat, ist der hier streitigen Zeit eine weitere Zeit der krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit vom 3. Januar bis 30. Juni 1980 vorausgegangen, die ihrerseits die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung unterbrochen hat. Diesen Zeitraum hat die Beklagte als Ausfallzeittatbestand anerkannt. Damit liegt eine Aneinanderreihung von Ausfallzeittatbeständen vor, die das Beschäftigungsverhältnis unmittelbar und lückenlos unterbrochen haben (vgl BSG vom 22. September 1981, BSGE 52, 108, 111 = SozR 2200 § 1259 Nr 54 S 142; 14. Oktober 1992, SozR 3-2600 § 252 Nr 2 S 11).
Entgegen der Auffassung des LSG steht dem nicht entgegen, daß der Kläger im streitigen Zeitraum kein Krankengeld erhalten hat. § 57 Satz 1 Nr 1 Buchst a RKG setzt nicht voraus, daß im maßgeblichen Zeitraum Lohnersatzleistungen bezogen worden sind. Zwar legt dies der Wortlaut der Norm zunächst nahe, doch ergibt sich aus der Entstehungsgeschichte der Vorschrift eine andere Bedeutung. § 57 Satz 1 Nr 1 RKG wurde durch Art 3 Nr 19 des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 (HBegleitG 1984) vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) mit Wirkung vom 1. Januar 1984 neu gefaßt. Durch diese Neufassung sollte für die Zeit bis Ende 1983 keine Änderung des bisherigen Rechtszustandes erfolgen. Vor dem 1. Januar 1984 normierte § 57 Abs 1 Satz 1 Nr 1 RKG – in dem hier relevanten Teil – Ausfallzeiten als Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch Arbeitsunfähigkeit unterbrochen worden war. Dies war auch damals nicht an den Bezug von Krankengeld geknüpft. Aus den Gesetzesmaterialien zum HBegleitG 1984 ergibt sich, daß keine Absicht bestand, hiervon abweichend Änderungen für die Zeit vor 1984 vorzunehmen. Erst für Zeiten ab 1984 wurde mit der Vorschrift des – hier nicht einschlägigen – § 57 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst b RKG das neue Erfordernis begründet, daß zu Beginn der Ausfallzeiten Lohnersatzleistungen wie das Krankengeld bezogen worden sein mußten, wofür entsprechende Beiträge nach § 130b Abs 1 RKG an die Rentenversicherung zu zahlen waren (Begründung zum Entwurf des HBegleitG 1984, BT-Drucks 10/335, S 73 f zu § 1259 Reichsversicherungsordnung ≪RVO≫ und S 78 zu § 57 RKG). Mehrmals hat das Bundessozialgericht (BSG) zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 1259 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a RVO entschieden, daß diese Norm in der hier entscheidenden Passage wie folgt zu lesen sei: „Ausfallzeiten iS des § 1258 sind Zeiten, in denen eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit durch eine infolge Krankheit bedingte Arbeitsunfähigkeit … unterbrochen worden ist, wenn a) vor dem 1. Januar 1984 die Arbeitsunfähigkeit begonnen … hat und, sofern in der Zeit vom 1. Oktober 1974 bis zum 31. Dezember 1983 Krankengeld bezogen worden ist, deswegen Versicherungspflicht nicht bestanden hat” (vgl BSG Urteile vom 27. Februar 1990 - 5 RJ 67/88 -, SozSich 1991, 319; 22. April 1992, SozR 3-2200 § 1259 Nr 12 S 52; dem Sinn nach: Urteil vom 14. Oktober 1992, aaO, S 10). Nichts anderes gilt für die Lesart des hier relevanten § 57 Abs 1 Satz 1 Nr 1 Buchst a RKG. Deshalb ist es unschädlich, daß der Kläger nach den Feststellungen des LSG im streitigen Zeitraum kein Krankengeld bezogen hat.
Schließlich liegen auch die Voraussetzungen der sog „Halbdeckung” vor. Ausfallzeiten werden nur dann angerechnet, wenn die Zeit vom Kalendermonat des Eintritts in die Versicherung bis zum Kalendermonat, in dem der Versicherungsfall eingetreten ist, mindestens zur Hälfte, jedoch nicht unter 60 Monaten, mit Beiträgen für eine rentenversicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit belegt ist (§ 56 Abs 2 Halbsatz 1 RKG). Aus dem im Rentenbescheid der Beklagten vom 30. Januar 1993 dargestellten Versicherungsverlauf, der in den vom LSG in Bezug genommenen Verwaltungsakten der Beklagten enthalten ist, ergibt sich, daß der Kläger diese Zeiten bei weitem erfüllt hat.
Es kann somit auch dahingestellt bleiben, ob der Kläger zusätzlich die Ausfallzeittatbestände wegen Arbeitslosigkeit (§ 57 Satz 1 Nr 3 RKG) oder wegen des Bezugs einer der Knappschaftsrente gleichzustellenden polnischen Invalidenrente (§ 57 Satz 1 Nr 5 RKG) erfüllt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen