Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulässigkeit des Rechtswegs. Sozialgerichtsbarkeit. Klagerecht. Leistungsanbieter (hier: Arzneimittelhersteller). Anspruch auf Änderung der Richtlinien
Orientierungssatz
1. Die Entscheidung über einen Rechtsstreit zwischen einem Arzneimittelhersteller und dem Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen zur Aufhebung bzw Änderung oder Ergänzung der Arzneimittelrichtlinien (hier Nr 21h) obliegt den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (vgl BSG vom 20.9.1988 - 6 RKa 3/88 = BSGE 64, 78), da es sich um eine Angelegenheit des Kassenarztrechts handelt.
2. Die Klage gegen eine Maßnahme (hier: Nr 21h AMRL) der gemeinsamen Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen ist allein als echte Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig.
3. Einen Anspruch auf Änderung, Aufhebung oder Ergänzung der AMRL (hier: Nr 21h) kann ein Arzneimittelhersteller nicht aus einem besonderen Rechtsverhältnis im System der gesetzlichen Krankenversicherung wie etwa aus einer Mitgliedschaft, Zulassung, Beteiligung, Ermächtigung oder einem Vertrag ableiten.
4. Einen Anspruch auf Aufhebung bzw auf Änderung oder Ergänzung der Nr 21h AMRL kann ein Arzneimittelhersteller auch nicht aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) oder aus der Gewährleistung des Eigentums (Art 14 Abs 1 S 1 GG) in seiner Ausprägung als Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb herleiten.
Normenkette
SGG § 54 Abs 5; RVO § 182f Abs 1 Fassung: 1982-12-20, § 368p Abs 1 S 1 Fassung: 1974-08-07; SGB 5 § 34 Abs 1 Nr 1 Fassung: 1988-12-20, § 92 Abs 1 S 2 Nr 6 Fassung: 1988-12-20; AMRL Nr 21h Fassung: 1989-11-09; SGB 5 § 34 Abs 2 Fassung: 1988-12-20; SGB 5 § 34 Abs 3 Fassung: 1988-12-20; RVO § 182f Abs 2 Nr 1 Fassung: 1988-12-20; RVO § 182f Abs 3 Fassung: 1982-12-20; SGG § 51 Abs 2 S 1 Nr 2 Fassung: 1988-12-20; GG Art 12 Abs 1 Fassung: 1968-06-24; GG Art 14 Abs 1 S 1 Fassung: 1949-05-23
Verfahrensgang
Tatbestand
Streitig ist die Verordnungsfähigkeit des von der Klägerin hergestellten Hustensaftes "Expectorans Solucampher" im Rahmen der kassenärztlichen Versorgung.
In den ab 1. Januar 1979 geltenden Arzneimittelrichtlinien (AMR) des Beklagten (Bundesanzeiger Nr 235 Beilage 30/78) hatte die Nr 21 h) folgende Fassung: "Da sie entweder keine Arzneimittel sind oder ihre Verordnung den Bestimmungen des § 368e Reichsversicherungsordnung (RVO) widerspricht, dürfen zu Lasten der Krankenkassen nicht oder nur unter den nachstehenden Voraussetzungen verordnet werden: ... h) Arzneimittel, bei denen die Gefahr besteht, daß sie wegen
ihrer wohlschmeckenden Zubereitungsform als Ersatz für Süßigkeiten genossen werden. Die Verordnung von Saftzubereitungen ist bei Erwachsenen, von Ausnahmen abgesehen, nicht zulässig."
Nr 21 h) AMR wurde mit Wirkung vom 6. Oktober 1982 (Bundesanzeiger 1982 Nr 185 S 3) wie folgt geändert: "h) Saftzubereitungen für Erwachsene, von im Patienten begründeten Ausnahmen abgesehen."
Hustensaftes von 1978 bis 1980 infolge der AMR von jährlich 12 Millionen auf etwa 4 Millionen DM zurück.
Auf den von der Klägerin gegen die Richtlinien 1980 angestrengten Verwaltungsrechtsstreit hat das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) den Rechtsweg zu den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Sozialgericht (SG) Köln verwiesen. Dieses hat durch Urteil vom 5. November 1986 die Klage mit der Begründung abgewiesen, die Klägerin sei nicht in ihren Rechten verletzt. Die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) durch Urteil vom 25. November 1987 zurückgewiesen, den Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit für unzulässig erklärt und auf den Hilfsantrag der Klägerin den Rechtsstreit an das Landgericht Köln verwiesen. Auf die gegen dieses Urteil eingelegten Revisionen des Beklagten und der Klägerin hat der Senat durch Urteil vom 20. September 1988 (= BSGE 64, 78 = SozR 1500 § 51 Nr 50) das Urteil des LSG aufgehoben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückverwiesen mit der Begründung, der Rechtsweg zur Sozialgerichtsbarkeit sei gegeben und der BMA zum Verfahren beizuladen.
Durch Urteil vom 25. Oktober 1989 hat das LSG die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Köln zurückgewiesen mit der Begründung, die Klägerin werde durch Nr 21 h) AMR nicht in ihren Rechten verletzt. Die Adressaten der Richtlinien seien nicht die Arzneimittelhersteller, denn ihnen werde nicht untersagt, Arzneimittel zu produzieren und sie in den Verkehr zu bringen. Der durch die Richtlinien bewirkte Umsatzrückgang stelle keinen relevanten Eingriff in ein Grundrecht dar. Auch durch Art 12 und 14 Abs 1 Grundgesetz (GG) würden bloße Erwerbschancen, Verdienstmöglichkeiten, Aussichten und Hoffnungen nicht geschützt. Nr 21 h) AMR verstoße auch nicht gegen einfaches Recht. Hinsichtlich der Beurteilung der Wirtschaftlichkeit eines Arzneimittels stehe dem Beklagten beim Erlaß seiner Richtlinien ein normatives Ermessen zu. Dessen Grenzen seien eingehalten. Schließlich habe der Beklagte nicht gegen § 26 des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) verstoßen, denn es fehle an einer rechtswidrigen Behinderung des Wettbewerbs.
Gegen dieses Urteil wendet sich die Klägerin mit ihrer vom LSG zugelassenen Revision. Sie trägt vor, die Verordnungsfähigkeit von Arzneimitteln dürfe nicht durch Richtlinien, sondern nur durch eine aufgrund der Ermächtigung des § 34 Abs 3 Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V) erlassene Verordnung ausgeschlossen werden. Die hier allein interessierende Nr 21 h) AMR sei mit § 92 Abs 2 SGB V unvereinbar. Die Klägerin wendet sich auch gegen die vom LSG allgemein unterstellte Sachkunde des Beklagten, weil hierdurch die gerichtliche Nachprüfung der Richtlinien unzulässig beschränkt werde. Als Exekutivorgan habe der Beklagte kein normatives Ermessen. Mit seinen Richtlinien könne er allenfalls Normkonkretisierungen vornehmen, die die Relativität von Erfahrungssätzen zum Ausdruck bringen müßten. Keinesfalls dürften sie von den Adressaten als Norm angesehen werden. Diesen Anforderungen genügten die Richtlinien des Beklagten nicht.
Die Klägerin beantragt,
1. das angefochtene Urteil zu ändern und nach
ihrem Antrag aus der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 1989 zu entscheiden;
2. hilfsweise:
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Landessozialgericht zurückzuweisen,
3. die Kosten des Verfahrens dem Beklagten
aufzuerlegen.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, der von der Klägerin hergestellte Hustensaft sei unabhängig von den Richtlinien durch § 34 Abs 1 Nr 1 SGB V für über 18 Jahre alte Versicherte und ab 1. Juli 1991 durch § 2 Abs 1 Satz 2 der Verordnung vom 21. Februar 1990 (BGBl I 301) für alle Versicherten von der Verordnungsfähigkeit ausgeschlossen. Durch die Richtlinien werde die Klägerin nur in einer Randzone ihres Rechtes am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb berührt. Dies sei durch das Wirtschaftlichkeitsgebot (§ 12 SGB V) gerechtfertigt. Bei den Richtlinien handele es sich um normkonkretisierende Verwaltungsvorschriften mit gesetzlich geregelter Bindungswirkung, die als typisierende Regelung nur begrenzt überprüfbar seien. Im Unterschied zu den nach § 34 Abs 3 SGB V erlassenen Verordnungen begründeten die Richtlinien keinen absoluten Leistungsausschluß.
Die Beigeladenen zu 1), 3) bis 7) beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist unbegründet.
Das Urteil des LSG ist nicht zu beanstanden. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Aufhebung bzw auf Änderung oder Ergänzung der Nr 21 h) AMR durch den Beklagten. Die Entscheidung hierüber obliegt den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit (Urteil des Senats vom 20. September 1988, aaO), es handelt sich um eine Angelegenheit des Kassenarztrechts.
Die Klage ist allein als echte Leistungsklage iS des § 54 Abs 5 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zulässig. Eine Anfechtungsklage, ggf kombiniert mit einer Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1, 2, und 4 SGG), scheidet mangels Vorliegens eines Verwaltungsaktes aus. Die Richtlinien des Beklagten sind nach § 92 Abs 7 SGB V Bestandteil der Bundesmantelverträge sowie der Verträge mit den Ersatzkassenverbänden und der Bundesknappschaft (§ 83 Abs 3 und 4 SGB V), für den Arzt als Satzungsrecht nach § 81 Abs 3 Nrn 1 und 2 SGB V verbindlich und schon von daher keine Verwaltungsakte. Auch vor Inkrafttreten des SGB V (1. Januar 1989) mußten die Kassenärztlichen Vereinigungen und die Verbände der Krankenkassen in ihre Satzungen Bestimmungen aufnehmen, nach denen die Richtlinien von ihren Mitgliedern beachtet werden sollen (§ 368p Abs 3 RVO). Eine Feststellungsklage hat die Klägerin nicht erhoben. Im Streit steht eine Maßnahme der (gemeinsamen) Selbstverwaltung der Ärzte und Krankenkassen. Derartige Maßnahmen der Selbstverwaltung, insbesondere der Satzungsgebung, können jedoch Gegenstand der echten Leistungsklage sein (Meyer-Ladewig, SGG, 3. Aufl 1987, § 54 RdNr 42).
Deren Begründetheit setzt voraus, daß auf die mit der Klage begehrte Leistung ein Rechtsanspruch besteht (§ 54 Abs 5 SGG). Dies ist nach den rechtlichen Verhältnissen im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung vor dem Revisionsgericht und somit unter Berücksichtigung der bis zu diesem Zeitpunkt eingetretenen Rechtsänderungen zu beurteilen (vgl BSGE 50, 82, 83 f = SozR 1500 § 54 Nr 40 S 23; Meyer-Ladewig, aaO, § 54 RdNr 34). Damit hat der erkennende Senat, wie dies zutreffend bereits durch das LSG geschehen ist, seiner rechtlichen Beurteilung auch § 182f Abs 2 Nr 1 RVO, nach Klageerhebung eingefügt durch Art 19 Nr 4 des Gesetzes vom 20. Dezember 1982 (BGBl I S 1857), sowie die am 1. Januar 1989 in Kraft getretenen Vorschriften des SGB V zugrunde zu legen. Das aber wirft die Frage auf, ob für die von der Klägerin erhobene Klage ein Rechtsschutzbedürfnis noch vorhanden oder nicht vielmehr entfallen ist. Letzteres gilt ua dann, wenn selbst im Falle eines Erfolges der Klage die Rechtsstellung des Klägers sich weder gegenwärtig noch zukünftig im rechtlichen Ergebnis verbessern würde (vgl BSG SozR 1500 § 53 Nr 2 S 3). Nach § 182f Abs 2 Nr 1 RVO und dem am 1. Januar 1989 (vgl Art 79 Abs 1 des Gesundheits-Reformgesetzes - GRG - vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477) in Kraft getretenen § 34 Abs 1 Nr 1 SGB V sind für Versicherte, die das 16. bzw 18. Lebensjahr vollendet haben, von der Versorgung mit Arzneimitteln solche zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten und grippalen Infekten einschließlich der bei diesen Krankheiten anzuwendenden Schnupfenmittel, Schmerzmittel, hustendämpfenden und hustenlösenden Mittel ausgeschlossen. Hierbei hätte es für die Zeit ab 1. April 1983 bzw ab 1. Januar 1989 auch dann sein Bewenden, wenn die auf Aufhebung bzw auf Änderung oder Ergänzung der Nr 21 h) AMR gerichtete Leistungsklage zum Erfolg führte. Insoweit ist das Fortbestehen eines Rechtsschutzbedürfnisses zweifelhaft.
Dies bedarf jedoch nicht der abschließenden Entscheidung. Denn jedenfalls aus sachlich-rechtlichen Gründen steht der Klägerin ein Rechtsanspruch auf die von ihr begehrte Aufhebung bzw Änderung oder Ergänzung der Nr 21 h) AMR nicht zu.
Dabei braucht der Senat im vorliegenden Rechtsstreit nicht auf die von der Revision besonders hervorgehobenen Fragen einzugehen, in welchem Verhältnis die dem Vertreter der Beigeladenen zu 1) in § 34 Abs 2 und 3 SGB V erteilte Verordnungsermächtigung zu der dem Beklagten durch § 92 Abs 1 Sätze 1 und 2 Nr 6 SGB V eingeräumten Richtlinienkompetenz steht (vgl dazu Maaßen, GKV-Kommentar, § 34 SGB V RdNr 3; KassKomm-Hess § 34 SGB V RdNr 8) und insbesondere ob seit dem 1. Januar 1989 als Folge der Verordnungsermächtigung des § 34 Abs 2 und 3 SGB V die Zuständigkeit für den Ausschluß der Verordnungsfähigkeit eines Arzneimittels oder einer speziellen Darreichungsform dieses Arzneimittels ausschließlich beim Vertreter der Beigeladenen zu 1) liegt und es deshalb für eine diesbezügliche Regelung in den vom Beklagten erlassenen AMR an der erforderlichen Ermächtigungsgrundlage fehlt. Selbst wenn diese Meinung der Revision zutreffen sollte, erwächst daraus jedenfalls der Klägerin nicht ein Anspruch auf Aufhebung bzw auf Änderung oder Ergänzung der Nr 21 h) AMR.
Ihren Anspruch kann die Klägerin nicht aus einem besonderen Rechtsverhältnis im System der gesetzlichen Krankenversicherung wie etwa aus einer Mitgliedschaft, Zulassung, Beteiligung, Ermächtigung oder einem Vertrag ableiten. Nach § 2 Abs 1 Satz 1 SGB V stellen die Krankenkassen den Versicherten die Leistungen des Systems der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung. Zur Erfüllung dieses Auftrages bedarf es der Konkretisierung, welche Wirtschaftsgüter beschafft werden müssen oder dürfen. Diesen Auftrag zur Konkretisierung hat der Gesetzgeber in § 92 SGB V (früher § 368p RVO) dem Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen übertragen, der seinerseits die ihm erforderlich erscheinenden Richtlinien erläßt. Die Richtlinien stehen insoweit unter dem Vorbehalt des Gesetzes, als sie den Anspruch des Versicherten auf ausreichende und zweckmäßige Versorgung nicht verkürzen und die Therapiefreiheit des Arztes (vgl § 2 Abs 1 Satz 2 SGB V) nicht unangemessen beeinträchtigen dürfen.
Insgesamt enthalten die Richtlinien Handlungsanweisungen an ihre Adressaten, insbesondere die Ärzte. Auf Leistungserbringer wie die Klägerin haben sie nur eine mittelbare tatsächliche Wirkung. Im Kassenarztrecht werden nicht nur Richtlinien im Rahmen des § 92 SGB V erlassen; eine Richtlinienkompetenz gibt es auch nach § 75 Abs 7 SGB V für die Kassenärztliche Bundesvereinigung und nach § 135 Abs 3 SGB V zur Qualitätssicherung der kassenärztlichen Versorgung. Das Netzwerk der Richtlinien dient der Gewährleistung einer qualitätsorientierten, ausreichenden, zweckmäßigen und wirtschaftlichen Versorgung der Versicherten. Für Leistungsanbieter wie die Klägerin, die nicht Adressaten der Richtlinien sind, hat es allenfalls wirtschaftliche Auswirkungen, ohne Rechtspositionen zu begründen oder zu beseitigen. Für die Klägerin haben die Richtlinien des Beklagten keine weitergehende rechtliche Bedeutung als in anderen Bereichen, in denen die öffentliche Verwaltung zur Erfüllung ihrer Aufgaben Richtlinien erläßt, zB der Staat als Dienstherr beim Erlaß von Beihilferichtlinien zur Erfüllung seiner Fürsorgepflicht oder als Träger der Bundeswehr durch den Erlaß von Beschaffungsrichtlinien zur Erfüllung des Verteidigungsauftrages. Auch die private Krankenversicherung kann über ihre allgemeinen Versicherungsbedingungen (Musterbedingungen) Regelungen zur Erstattungsfähigkeit von Aufwendungen für Güter und Dienstleistungen treffen, die mehr oder weniger nachhaltige wirtschaftliche Auswirkungen auf einzelne Leistungsanbieter haben können, ohne daß diese wegen des privatrechtlichen Charakters der Versicherungsbedingungen im Klagewege Einfluß auf deren Inhalt nehmen könnten.
Ihren Anspruch auf Aufhebung bzw auf Änderung oder Ergänzung der Nr 21 h) AMR kann die Klägerin ferner nicht aus dem Grundrecht der Berufsfreiheit (Art 12 Abs 1 GG) oder aus der Gewährleistung des Eigentums (Art 14 Abs 1 Satz 1 GG) in seiner Ausprägung als Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb herleiten. Zwar kann die Klägerin als inländische juristische Person des privaten Rechts (vgl § 13 Abs 1 des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung - GmbHG -) Trägerin dieser Grundrechte sein (Art 19 Abs 3 GG; vgl zu Art 12 Abs 1 GG BVerfGE 74, 129, 148 f; zu Art 14 Abs 1 GG BVerfGE 53, 336, 345, jeweils mwN). Weniger eindeutig ist, ob sie als Nicht-Adressatin der vom Beklagten erlassenen Richtlinien sich diesem ihr nicht übergeordneten Organ der kassenarztrechtlichen Selbstverwaltung gegenüber auf die genannten Grundrechte berufen und unmittelbar daraus den von ihr erhobenen Leistungsanspruch herleiten kann. Das braucht indes nicht vertieft zu werden. Denn jedenfalls wird die Klägerin durch Nr 21 h) AMR weder in ihrer Berufsfreiheit noch in einem Recht am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb tangiert.
Schutzgut des Art 12 GG ist bei juristischen Personen die Freiheit, eine Erwerbszwecken dienende Tätigkeit, insbesondere ein Gewerbe zu betreiben, soweit diese Tätigkeit ihrem Wesen und ihrer Art nach in gleicher Weise von einer juristischen wie von einer natürlichen Person ausgeübt werden kann (vgl BVerfGE 74, 129, 148 f). Das trifft für den Betrieb eines Unternehmens zur Herstellung und zum Vertrieb von Arzneimitteln zu. Die Freiheit der Wahl dieses "Berufes" wird jedoch durch die hier beanstandete Regelung von vornherein nicht berührt. Selbst wenn entsprechend dem Vorbringen der Klägerin aufgrund der Nr 21 h) AMR ihr Umsatz mit der Hustensaftzubereitung "Expectorans Solucampher" erheblich zurückgegangen sein sollte, betrifft dies nur Herstellung und Vertrieb eines einzelnen Arzneimittels und damit eine Tätigkeit, die lediglich als Bestandteil eines umfassenden Berufes ausgeübt wird und deren Regelung die eigentliche Berufstätigkeit als Grundlage der Lebensführung unberührt läßt (vgl BVerfGE 68, 272, 281 mwN). Nr 21 h) AMR stellt sich im Verhältnis zu den nicht in das System der kassenärztlichen Versorgung eingebundenen Leistungsanbietern auch nicht als eine Regelung der Berufsausübung dar. Sie hat nicht unmittelbar die berufliche Betätigung dieser Leistungsanbieter zum Gegenstand, sondern richtet sich - wie bereits dargelegt - an einen anderen Adressatenkreis mit der Folge, daß die Klägerin lediglich mittelbar und in tatsächlicher Hinsicht betroffen wird. Allerdings kann der Schutzbereich des Art 12 Abs 1 GG auch durch Regelungen berührt werden, welche infolge ihrer Gestaltung in einem engen Zusammenhang mit der Ausübung eines Berufes stehen und objektiv eine berufsregelnde Tendenz deutlich erkennen lassen (BVerfGE 52, 42, 54 mwN). Das trifft jedoch für Nr 21 h) AMR in seiner Auswirkung auf Unternehmen der pharmazeutischen Industrie nicht zu. Die vom Beklagten erlassenen AMR dienen allein der Durchführung der Aufgaben der gesetzlichen Krankenversicherung. Weder schreibt der Beklagte der Klägerin vor, wie sie ihre Erzeugnisse herzustellen hat, noch schließt er die Verordnungsfähigkeit wegen der Art der Herstellung aus. Er sieht lediglich keine Notwendigkeit, bestimmte Erzeugnisse (Saftzubereitungen), die auch von der Klägerin hergestellt werden, in den Kreis der zu Lasten der Krankenkassen verordnungsfähigen Arzneimittel aufzunehmen. Dies ist keine Frage der Berufsausübung, sondern des unternehmerischen Risikos. Kein Produzent hat einen Rechtsanspruch auf den Verkauf seiner Erzeugnisse, auch dann nicht, wenn durch die Entscheidung eines Kunden, bestimmte Erzeugnisse nicht mehr abzunehmen, ein Umsatzrückgang eintritt. Wollte man einen derartigen (grundrechtlichen) Rechtsanspruch bejahen, so müßte sich dieser auch auf Arbeitnehmer erstrecken, die infolge einer Änderung der rechtlichen oder tatsächlichen Verhältnisse, (hier: Änderung von Richtlinien) ihren Arbeitsplatz verlieren. Nachteiligen wirtschaftlichen Auswirkungen dieser Art für einzelne Unternehmen und ihre Mitarbeiter könnte nur durch eine mehr oder weniger umfassende allgemeine Wirtschaftslenkung begegnet werden, die unsere Rechtsordnung nicht gebietet. Ob die Rechtslage anders zu beurteilen wäre, wenn Richtlinien des Beklagten gezielt die oder einzelne Erzeugnisse der Klägerin diskriminierten, kann auf sich beruhen, weil nicht speziell der in Streit stehende Hustensaft der Klägerin, sondern Saftzubereitungen schlechthin (nicht nur Hustensäfte) von den Richtlinien erfaßt werden.
Art 14 Abs 1 GG ist ebenfalls nicht verletzt. Unterstellt, Schutzgut der Eigentumsgarantie sei auch der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb (zweifelnd BVerfGE 51, 193, 221 f), umfaßt dieser Schutz jedenfalls nicht bloße Umsatz- oder Gewinnchancen sowie tatsächliche Gegebenheiten wie bestehende Geschäftsverbindungen, Kundenstamm oder Marktstellung (BVerfGE 77, 84, 118). Nr 21 h) AMR hat jedoch lediglich zu einer Beeinträchtigung der Umsatz- und Gewinnchancen der Klägerin bezüglich eines der von ihr hergestellten und vertriebenen Produkte geführt.
Weitere Rechtsgrundlagen für den von der Klägerin erhobenen Anspruch sind nicht ersichtlich. Soweit das LSG einen Verstoß der AMR gegen § 26 GWB (zum Rechtsweg bei Verfolgung daraus resultierender Ansprüche vgl BGH NJW 1990, 1531) verneint hat, ist dem die Revision nicht entgegengetreten.
Nach alledem hat die Klägerin keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Aufhebung bzw auf Änderung oder Ergänzung der Nr 21 h) AMR. Dies führt zur Zurückweisung ihrer Revision.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG.
Fundstellen