Beteiligte
Tiefbau-Berufsgenossenschaft |
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Sozialgerichts Trier vom 16. April 1997 sowie des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. April 2000 geändert. Die Klage wird auch abgewiesen, soweit sie die Gewährung der Verletztenrente an den Kläger für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 31. August 1989 betrifft.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist der Beginn der Verletztenrente des Klägers. Im Revisionsverfahren umstritten ist insoweit der Zeitraum vom 1. Januar 1985 bis 31. August 1989.
Der im Jahre 1940 geborene Kläger war als Stahlbauschlosser, Fahrer, Verkaufsfahrer und zuletzt vom 1. August 1965 bis 30. September 1976 als Schachtmeister beschäftigt. Danach war er selbständiger Gastwirt. Im November 1981 wurde er stationär wegen einer seit vier Jahren bestehenden „Ermüdung” beider Beine behandelt. Die diagnostizierten Gesundheitsstörungen führte der behandelnde Arzt auf eine depressive Verstimmung zurück. Er schilderte die Angaben des Klägers dahin, daß dieser bei der Arbeit als Schachtmeister ständig Kopfschmerzen gehabt und die Arbeit im Jahre 1976 schließlich aufgegeben habe, weil er immer häufiger ermüdet gewesen sei und immer mehr vergessen habe (Bericht des Prof. Dr. N. vom 2. Dezember 1981). Im September 1989 erstattete der Nervenarzt Dr. B. eine Berufskrankheitenanzeige und äußerte den Verdacht einer Blei- und Lösemittelschädigung. Nach entsprechenden Ermittlungen erkannte die Beklagte mit Bescheid vom 15. Februar 1994 das Vorliegen einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr 1101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) dem Grunde nach an. Nach weiteren Ermittlungen zur Höhe der Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) gewährte die Beklagte dem Kläger mit Bescheid vom 24. Oktober 1994 wegen dieser BK Verletztenrente, unter Berücksichtigung von § 1546 der Reichsversicherungsordnung (RVO) beginnend am 1. September 1989. Als Tag des Versicherungsfalls nahm die Beklagte den 10. November 1981 an. Den auf einen früheren Rentenbeginn gerichteten Widerspruch des Klägers wies sie durch Widerspruchsbescheid vom 28. September 1995 zurück. Zur Begründung führte sie aus, Rechtsunkenntnis als Grund für die verspätete Anmeldung von Entschädigungsansprüchen begründe keine Verhältnisse, die außerhalb des Willens des Antragstellers lägen. Bereits bei der Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit als Schachtmeister zum 30. September 1976 habe der Kläger die Möglichkeit besessen, Entschädigungsansprüche anzumelden.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte ua verurteilt, die Verletztenrente bereits ab 17. November 1981 zu zahlen (Urteil vom 16. April 1997). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG insoweit aufgehoben, als die Beklagte verurteilt worden war, dem Kläger Verletztenrente für die Zeit vom 17. November 1981 bis 31. Dezember 1984 zu gewähren. Im übrigen hat es die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 25. April 2000). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Beklagte habe zu Unrecht gemäß § 1546 Abs 1 Satz 1 RVO den Leistungsbeginn auf den 1. September 1989 festgesetzt, da die verspätete Anmeldung der BK außerhalb des Willens des Klägers gelegen habe. Bei der Prüfung, ob ein Umstand außerhalb des Willens des Antragstellers liege, gälten die gleichen Maßstäbe wie bei der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Die Versäumung einer Frist ohne Verschulden liege vor, wenn der Säumige die ihm zumutbare Sorgfalt habe walten lassen. Das sei der Fall, wenn der Versicherte die Anmeldung der BK aufgrund einer unzutreffenden Diagnose oder Beurteilung des Kausalzusammenhanges durch seinen behandelnden Arzt unterlassen habe. So liege es hier, denn Prof. Dr. N. habe das Beschwerdebild des Klägers kausal fehlerhaft zugeordnet. Allerdings sei die Beklagte nicht verpflichtet, Leistungen vor dem 1. Januar 1985 zu erbringen. Diese Leistungsansprüche seien gemäß § 45 Abs 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch (SGB I) verjährt.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte die Verletzung des § 1546 Abs 1 RVO. Der behandelnde Arzt Prof. Dr. N. habe in seinem Bericht vom 2. Dezember 1981 ausgeführt, daß die geklagten Beschwerden „am ehesten im Rahmen eines depressiven Verstimmungszustandes zu interpretieren” seien. Seit vier Jahren klage der Versicherte über diese Beschwerden und habe auch seine Arbeit aufgegeben, weil er die Tätigkeit unter Bleibelastung nicht mehr habe verrichten können. Eine Beurteilung des Kausalzusammenhangs im Sinne der gesetzlichen Unfallversicherung habe Prof. Dr. N. nicht vorgenommen. Der Versicherungsfall einer BK nach der Nr 1101 der Anlage 1 zur BKVO sei damit auf den Zeitpunkt der Aufgabe der Arbeit im Jahre 1976 zu legen, so daß im Zeitpunkt der Untersuchung durch Prof. Dr. N. im November 1981 die Frist des § 1546 Abs 1 Satz 1 RVO bereits abgelaufen gewesen sei. Eine bereits abgelaufene Frist könne aber durch ein später liegendes angebliches Verschulden eines Arztes nicht „aufgehoben” werden. Eine Berücksichtigung des Krankenhausaufenthaltes im Jahre 1981 für den Fristbeginn wäre nur nach den Grundsätzen eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches möglich. Voraussetzung dafür sei, daß ein Verschulden des Arztes vorliege, das dem Versicherungsträger zuzurechnen sei. Ein solches Verschulden sei jedoch in den Urteilsgründen weder dargestellt noch sei es ersichtlich. Aus den in dieser Sache angefertigten Gutachten gehe vielmehr hervor, daß die Diagnose einer Bleiintoxikation mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden sei und eine Detailkenntnis erfordere, die zumal bei dem atypischen Verlauf der Bleivergiftung beim Versicherten nicht von jedem behandelnden Arzt erwartet werden könne. Insofern dürfe die rein symptomatische Behandlung durch Prof. Dr. N. im November 1981 nicht als ein vorwerfbares Verschulden im Sinne des Herstellungsanspruches angesehen werden. Zu diesem Zeitpunkt habe ohne weitere Untersuchungen nicht der begründete Verdacht des Vorliegens einer Bleiintoxikation erhoben werden müssen, zumal seit Aufgabe der belastenden Tätigkeit mehr als vier Jahre vergangen gewesen seien.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des Sozialgerichts Trier vom 16. April 1997 und des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 25. April 2000 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes – SGG –) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Zahlung der Verletztenrente wegen seiner BK für den im Revisionsverfahren noch streitigen Zeitraum vom 1. Januar 1985 bis 31. August 1989. Die anderslautenden vorinstanzlichen Entscheidungen sind zu ändern und die Klage ist auch insoweit abzuweisen.
Der Anspruch des Klägers richtet sich noch nach den vor Inkrafttreten des Siebten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VII) geltenden Vorschriften der RVO, da der Versicherungsfall vor Inkrafttreten des SGB VII am 1. Januar 1997 eingetreten war (Art 36 des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes, §§ 212 ff SGB VII) und die dem § 212 SGB VII folgenden Vorschriften nichts anderes bestimmen. Insbesondere war die Rente nach dem Inkrafttreten des SGB VII nicht iS des § 214 Abs 3 Satz 1 SGB VII erstmals festzusetzen (vgl dazu Urteil des Senats vom 20. Februar 2001 – B 2 U 1/00 R – HVBG-Info 2001, 839). Der streitige Anspruch des Klägers ergibt sich weder aufgrund der Ausnahmeregelung des § 1546 Abs 1 Satz 1 2. Halbsatz RVO (1) noch steht er ihm aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruches zu (2).
1) Nach § 1546 Abs 1 Satz 1 RVO beginnen die Leistungen bei einer später als zwei Jahre nach dem Unfall erfolgten Anmeldung des Anspruchs bei dem Versicherungsträger mit dem Ersten des Antragsmonats, es sei denn, daß die verspätete Anmeldung durch Verhältnisse begründet ist, die außerhalb des Willens des Antragstellers lagen. Nach Satz 2 des § 1546 Abs 1 RVO gilt als Zeitpunkt des Arbeitsunfalles im Sinne der Vorschrift bei einer BK das Ende der sie verursachenden Beschäftigung, wenn die Krankheit oder die MdE während der Beschäftigung des Versicherten in dem Unternehmen eingetreten ist, in dem er zuletzt Arbeiten verrichtet hat, die ihrer Art nach geeignet waren, die BK zu verursachen.
Nach den für den Senat gemäß § 163 SGG bindenden tatsächlichen Feststellungen des LSG ist der maßgebliche Zeitpunkt iS des § 1546 Abs 1 Satz 2 RVO hier am 30. September 1976 mit der Aufgabe der bleibelasteten Tätigkeit als Schachtmeister anzunehmen. Die Zweijahresfrist des § 1546 Abs 1 Satz 1 RVO lief somit unter Anwendung der allgemeinen Fristberechnungsvorschriften des § 26 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) iVm § 188 Abs 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit dem 30. September 1978 ab. Der Anspruch des Klägers wurde erst später, nämlich durch die ärztliche Anzeige einer BK durch Dr. B. im September 1989, angemeldet, so daß Rentenbeginn der „Erste des Antragsmonats” – hier der 1. September 1989 – ist, wie die Beklagte zutreffend angenommen hat.
Entgegen der Auffassung des LSG liegen die Ausnahmevoraussetzungen des § 1546 Abs 1 Satz 1 2. Halbs RVO nicht vor. Danach muß die verspätete Anmeldung durch Verhältnisse begründet sein, die außerhalb des Willens des Antragstellers lagen. Diese Ausnahme ist praktisch identisch mit der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 27 SGB X bzw § 67 Abs 1 SGG, so daß die dortigen Grundsätze entsprechend gelten (BSG Urteil vom 26. Oktober 1998 – B 2 U 26/97 R – HVBG-Info 1998, 3381; KassKomm-Ricke, § 1546 RVO RdNr 7). Die Versäumung einer Frist ohne Verschulden wird angenommen, wenn der Säumige diejenige Sorgfalt angewendet hat, die einem gewissenhaften Prozeßführenden nach den gesamten Umständen nach allgemeiner Verkehrsanschauung vernünftigerweise zuzumuten ist (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 6. Aufl, § 67 RdNr 3 mwN). Nach § 1546 Abs 1 Satz 1 2. Halbs RVO muß der Ausnahmetatbestand (Verhältnisse außerhalb des Willens des Antragstellers) die verspätete Anmeldung des Anspruchs „begründet”, also verursacht haben, so daß er schon vor Ablauf der gesetzlichen Frist von zwei Jahren nach dem Unfall eingetreten sein und ununterbrochen bis zur verspäteten Anmeldung angedauert haben muß.
Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, in die das Gericht ausdrücklich den wesentlichen Inhalt der Akten einbezogen hat, kann nicht angenommen werden, daß der Kläger in bezug auf die Geltendmachung seiner Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung in der gesetzlichen Zweijahresfrist vom 1. Oktober 1976 bis 30. September 1978 die ihm zumutbare Sorgfalt bei der Verfolgung seiner Ansprüche im oben genannten Sinne aufgewendet hat. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß der Kläger bei Beachtung seiner Sorgfaltspflichten durchaus in der Lage war, seine Ansprüche bis zum Ablauf der Frist anzumelden. Nach dem Inhalt der Verwaltungsakten der Beklagten, namentlich dem Arztbericht des Prof. Dr. N. vom 2. Dezember 1981, hatte der Kläger bei seiner Arbeit als Schachtmeister ständig Kopfschmerzen, war immer häufiger ermüdet und hatte immer mehr vergessen. Deshalb hat er diese Arbeit aufgegeben. Bei gehöriger Überlegung hätte dem Kläger in den Jahren 1976 bis 1978 klar werden müssen, daß seine Beschwerden von der Arbeit als Schachtmeister herrühren könnten und er deswegen möglicherweise Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung haben könnte. Es entspricht dem heutigen Kenntnisstand in breiten Kreisen der Bevölkerung und insbesondere in der Arbeitnehmerschaft, daß Arbeit krank machen kann und man deshalb Ansprüche auf Verhütung von Unfällen und Erkrankungen, aber auch auf Entschädigung wegen deren Folgen haben kann. Das war auch schon in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts der Fall. Wer als Arbeitnehmer in der Situation, in der sich der Kläger bei Aufgabe seiner Tätigkeit als Schachtmeister befand, nichts zur Geltendmachung seiner möglichen Ansprüche aus der gesetzlichen Unfallversicherung unternimmt, verletzt insoweit die ihm obliegende Sorgfaltspflicht. Meldet er seine – berechtigten – Entschädigungsansprüche erst nach Ablauf der gesetzlichen Frist von zwei Jahren an, beginnt die Leistung erst mit dem Ersten des Antragsmonats.
Entgegen der Auffassung des LSG ist der Arztbericht des Prof. Dr. N. vom 2. Dezember 1981 insoweit nicht ursächlich für die Versäumung der Zweijahresfrist durch den Kläger, denn diese war schon abgelaufen, als der Kläger von diesem Arzt behandelt und der Bericht erstellt wurde. Zwar kann die unzutreffende Beratung eines Versicherten durch einen behandelnden Arzt zB dahin, daß ein Arbeitsunfall keine Folgen hinterlassen habe oder daß eine Krankheit nicht wahrscheinlich durch berufliche Einflüsse hervorgerufen sei, zur Annahme des Ausnahmetatbestandes des § 1546 Abs 1 Satz 1 2. Halbs RVO führen (BSG SozR Nr 3 zu § 1547 RVO; Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, Stand Juni 1996, § 1546 RdNr 6). Indessen muß diese ärztliche Beratung noch vor Ablauf der Zweijahresfrist erfolgt sein. Geschieht sie – wie im vorliegenden Fall – erst nach deren Ablauf, kann sie die Nichtanmeldung der Ansprüche innerhalb der Frist nicht verursacht („begründet”) haben.
2) Auch aufgrund eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs kann der Kläger die Zahlung seiner Verletztenrente schon ab 1. Januar 1985 nicht verlangen. Nach dem vom LSG festgestellten Sachverhalt steht dem Kläger ein derartiger Anspruch gegen die Beklagte nicht zu.
Nach der Rechtsprechung des BSG setzt der sozialrechtliche Herstellungsanspruch voraus, daß der Sozialleistungsträger eine gesetzliche oder aus einem bestehenden Sozialrechtsverhältnis folgende Verpflichtung objektiv rechtswidrig verletzt hat, die ihm gerade gegenüber dem Betroffenen oblag. Diese Pflichtverletzung muß als nicht hinwegdenkbare Bedingung – zumindest gleichwertig neben anderen Bedingungen – ursächlich einen Nachteil für den Betroffenen bewirkt haben. Die verletzte Pflicht muß gerade darauf gerichtet sein, den Betroffenen vor den eingetretenen Nachteilen zu bewahren. Die Nachteile müssen durch eine zulässige Amtshandlung beseitigt werden können (BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 2; SozR 3-3200 § 86a Nr 2; SozR 3-2940 § 124 Nr 1; BSGE 83, 30, 34 = SozR 3-5670 § 5 Nr 1, jeweils mwN). Nach der Rechtsprechung des 8. Senats des BSG kann ein Herstellungsanspruch auch gegeben sein, wenn ein Arzt bei begründetem Verdacht einer BK nicht unverzüglich die BK-Anzeige erstattet hat, weil sich die zuständige Berufsgenossenschaft dieses Fehlverhalten des Arztes zurechnen lassen muß (vgl BSGE 83, 30, 35 = SozR aaO). Ob das generell gilt, kann hier dahinstehen, denn die Annahme eines Herstellungsanspruchs des Klägers gegen die Beklagte scheitert hier daran, daß nicht erkennbar ist, daß ein Arzt gegen seine Verpflichtung zur Anzeige einer BK nach § 5 Abs 1 BKVO verstoßen hat. Dies gilt auch und insbesondere für den den Kläger im November 1981 behandelnden Arzt Prof. Dr. N..
Nach § 5 Abs 1 BKVO, der seit dem 1. Januar 1997 durch § 202 Satz 1 SGB VII abgelöst worden ist, ist ein Arzt verpflichtet, dem Träger der Unfallversicherung unverzüglich anzuzeigen, daß bei einem Versicherten eine BK besteht, wenn er den „begründeten Verdacht” hat. Zur Annahme eines begründeten Verdachts sind ernsthafte, konkrete Anhaltspunkte erforderlich. Bloße Vermutungen sind nicht ausreichend, völlige Gewißheit ist nicht notwendig (vgl Schmitt, SGB VII, § 202 RdNr 4; KassKomm-Ricke, § 202 RdNr 3). Nach dem klaren Wortlaut dieser Bestimmung kommt es allein darauf an, daß der Arzt den Verdacht hat, nicht jedoch darauf, ob er ihn hätte haben müssen (vgl Elster, Berufskrankheitenrecht, 2. Aufl Stand August 1994, § 5 BKVO Anm 2). Nach dem Inhalt des Arztberichts des Prof. Dr. N. vom 2. Dezember 1981 hatte dieser Arzt keinen Verdacht, daß eine BK vorliegt, denn er hat trotz der von ihm wiedergegebenen Schilderungen des Klägers über seine Beschwerden und der Hinweise auf deren mögliche berufsbedingte Entstehung die diagnostizierten Gesundheitsstörungen auf eine depressive Verstimmung zurückgeführt. Ob diese Beurteilung zutrifft oder nicht und ob sie, wie die spätere Anerkennung der BK durch die Beklagte nahelegt, möglicherweise sogar in fahrlässiger Art falsch abgegeben worden ist, ist im Rahmen der tatbestandlichen Voraussetzungen des § 5 Abs 1 BKVO ohne Bedeutung.
Nach alledem mußten auf die Revision der Beklagten die Urteile des SG und des LSG geändert und die Klage, auch soweit sie den Rentenzahlungsanspruch für die Zeit vom 1. Januar 1985 bis 31. August 1989 betrifft, abgewiesen werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 600156 |
NJOZ 2001, 1276 |