Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung. keine rückwirkende Anwendung der ab 1.1.2003 verkürzten Sperrzeitdauer. Geltungszeitraumprinzip. intertemporales Recht. sperrzeitbegründendes Ereignis. Verfassungsmäßigkeit. besondere Härte. zumutbare Beschäftigung. erzielbares Nettoeinkommen- sozialgerichtliches Verfahren. Entscheidungskompetenz durch Einzelrichter
Leitsatz (amtlich)
Die Sperrzeit richtet sich nach dem Recht, das im Zeitpunkt des sie begründenden Ereignisses gegolten hat; unerheblich ist, wenn die Verwaltung erst unter Geltung des neuen Rechts entschieden hat oder dass die Sperrzeit zum Teil in diesen Zeitraum fällt (Fortführung von BSG vom 6.5.2009 - B 11 AL 10/08 R = SozR 4-4300 § 144 Nr 19).
Orientierungssatz
1. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Anwendbarkeit alten Rechts bestehen nicht.
2. In der Anwendung des damals geltenden Rechts liegt kein Fall besonderer Härte iS von § 144 Abs 3 SGB 3 vor.
3. Zur Zumutbarkeit einer Beschäftigung gem § 121 Abs 3 S 3 SGB 3.
4. Die Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Senat auf den Berichterstatter gem § 155 Abs 3 und 4 SGG ist jedenfalls in den Fällen zulässig, in denen keine Zulassung der Revision veranlasst ist, weil einer ständigen Rechtsprechung gefolgt werden soll oder wenn sich das Urteil des LSG auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung oder bereits beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Parallelfälle bezieht.
Normenkette
SGB III § 144 Abs. 1 Nr. 2 Fassung: 2001-12-10, Abs. 2 S. 1 Fassung: 2001-12-10, Abs. 3 S. 1 Fassung: 2001-12-10, Abs. 1 S. 1 Nr. 2 Fassung: 2002-12-23, Abs. 4 Nr. 1 Buchst. c Fassung: 2002-12-23, § 198 S. 4 Fassung: 1999-12-22, § 121 Abs. 3 S. 3 Fassung: 1999-07-21; BGB § 138; SGG § 155 Abs. 3-4; GG Art 3 Abs. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 11. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über eine zwölfwöchige Sperrzeit und deren Rechtsfolgen.
Die 1961 geborene Klägerin bezog ab 1.8.2001 bis zur Erschöpfung des Anspruchs Arbeitslosengeld (Alg). Danach bewilligte ihr die Beklagte Arbeitslosenhilfe (Alhi) vom 27.7.2002 bis 26.7.2003 (Bescheid vom 15.8.2002).
Zum 24.10.2002 erhielt sie von der Beklagten ein Stellenangebot als Produktionshelferin bei der H. GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber); der Stundenlohn sollte hiernach 5,37 Euro betragen. Beim Vorstellungsgespräch erklärte sie, dass sie sich statt des angebotenen Stundenlohns 8 bis 9 Euro pro Stunde vorstelle und noch das Ergebnis zweier weiterer Bewerbungen abwarten wolle, weshalb sie sich erst ab dem 18.11.2002 zu einer Arbeitsaufnahme imstande sehe. Daraufhin stellte die Beklagte den Eintritt einer zwölfwöchigen Sperrzeit mit der Folge des Ruhens des Alhi-Anspruchs vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 fest, minderte die Anspruchsdauer um 84 Tage, hob die Leistungsbewilligung rückwirkend ab 25.10.2002 auf und forderte zu Unrecht erbrachte Leistungen für den Zeitraum vom 25.10.2002 bis 30.11.2002 in Höhe von insgesamt 825,45 Euro (Alhi in Höhe von 712,99 Euro; Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von 112,46 Euro) zurück (Bescheid vom 12.12.2002; Widerspruchsbescheid vom 15.1.2003).
Das Sozialgericht (SG) hat den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert, dass die Sperrzeit nur drei Wochen betrage und den Erstattungsbetrag entsprechend (auf 468,05 Euro) herabgesetzt; im Übrigen hat es die Klage abgewiesen (Urteil vom 13.12.2006). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG geändert, die Klage in vollem Umfang abgewiesen und die Anschlussberufung der Klägerin zurückgewiesen. Die Klägerin habe die Arbeitsaufnahme ohne wichtigen Grund abgelehnt; deswegen habe die Beklagte noch unter der Geltung alten Rechts zu Recht eine zwölfwöchige Sperrzeit festgestellt mit der Folge, dass sich der Anspruch der Klägerin auf Alhi um 84 Tage mindere und nach § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X) iVm § 330 Abs 3 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) die Bewilligung von Alhi zurückzunehmen gewesen sei. Auch die Rückforderung erbrachter Alhi-Leistungen zuzüglich gezahlter Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 sei rechtmäßig.
Die Klägerin hat die vom Senat zugelassene Revision eingelegt und zu deren Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Voraussetzungen für die Feststellungen einer Sperrzeit (auch) von drei Wochen lägen nicht vor. Das Arbeits- und Vermittlungsangebot der Beklagten habe nicht den Grundsätzen einer sachgerechten Arbeitsvermittlung entsprochen; denn das Lohnangebot von 5,37 bzw 6 Euro brutto pro Stunde bei einer tariflichen 35-Stunden-Woche hätte monatlich nur 814 bzw 910 Euro betragen, sodass bei möglicherweise wechselnden Einsatzorten mit entsprechendem Fahrkostenaufwand der Klägerin das erzielbare monatliche Nettoeinkommen nicht höher gewesen wäre als ihr Anspruch auf Alhi. Selbst wenn aber eine Sperrzeit eingetreten sei, dürfe diese statt 12 nur drei Wochen betragen, weil sonst ein gleichheitswidriger Zustand gegenüber solchen Versicherten bestünde, die den Sperrzeittatbestand (erst) ab 1.1.2003 verwirklichten. Zumindest biete die vorliegende Fallgestaltung ausreichend Argumente für eine von Amts wegen vorzunehmende Prüfung einer besonderen Härte. Als Verfahrensmangel hat die Klägerin außerdem geltend gemacht, das Gericht sei nicht vorschriftsmäßig besetzt gewesen; die Entscheidung durch den bestellten Berichterstatter sei ermessens- und verfahrensfehlerhaft erfolgt.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 11.2.2011 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 13.12.2006 zurückzuweisen sowie auf ihre Anschlussberufung das Urteil des SG Frankfurt am Main vom 13.12.2006 abzuändern und den Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 2.5.2012 hat sie den angefochtenen Bescheid dahingehend geändert, dass die darin verfügte Minderung der Dauer des Anspruchs auf Alhi um 84 Tage aufgehoben wird.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet (§ 170 Abs 1 S 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫). Das LSG ist zutreffend von der Zulässigkeit der Berufung der Beklagten ausgegangen (zu 1), der gerügte Verfahrensfehler liegt nicht vor (zu 2) und das LSG hat ohne Rechtsfehler erkannt, dass der angefochtene Bescheid der Beklagten rechtmäßig ist (zu 3).
1. Gegenstand der erhobenen Anfechtungsklage ist der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003, mit dem die Beklagte den Eintritt einer Sperrzeit von 12 Wochen, beginnend ab 25.10.2002, festgestellt, Leistungen in Höhe von 825,45 Euro zurückgefordert und die rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung durch den Bescheid vom 15.8.2002 verfügt hat. Mit dem Berufungsbegehren der Beklagten, keine Leistungen für weitere neun Wochen erbringen zu müssen, wird der Wert des Beschwerdegegenstands nach § 144 Abs 1 S 1 Nr 1 SGG in der bis zum 31.3.2008 gültigen Fassung (alte Fassung - aF) iHv 500 Euro (12 Wochen - 3 Wochen = 9 Wochen x 7 Tage x 19,27 Euro täglich = 1214,01 Euro) überschritten.
2. Entgegen der Rüge der Klägerin konnte das LSG durch den Berichterstatter entscheiden. Die formellen Voraussetzungen des § 155 Abs 3 und 4 SGG für eine Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats sind erfüllt.
Zwar entscheidet das LSG gemäß § 33 S 1 SGG regelmäßig in der Besetzung mit einem Vorsitzenden, zwei weiteren Berufsrichtern und zwei ehrenamtlichen Richtern und die Mitwirkung der ehrenamtlichen Richter an der Entscheidung zählt zu den tragenden Grundsätzen des sozialgerichtlichen Verfahrens (BSGE 7, 230, 234 = SozR Nr 1 zu § 108 SGG; BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 14). Gemäß § 155 Abs 3 SGG (in Kraft seit 1.3.1993) kann der Vorsitzende im Einverständnis der Beteiligten anstelle des Senats entscheiden; ist ein Berichterstatter bestellt, so entscheidet nach Abs 4 der Vorschrift dieser anstelle des Vorsitzenden.
Durch die jeweiligen Verfügungen des Vorsitzenden vom 25.6.2007, 2.5.2008, 9.3.2010 und 1.7.2010 war für das Berufungsverfahren ein Berichterstatter bestellt. Mit dessen Entscheidung haben sich die Beteiligten durch schriftliche Erklärungen vom 1. bzw 4.2.2011 ausdrücklich einverstanden erklärt.
Das LSG war auch aus materiell-rechtlichen Gründen nicht gehindert, durch den Berichterstatter zu entscheiden. Zwar ist eine Entscheidung durch den konsentierten Einzelrichter nach § 155 Abs 3, 4 SGG in der Weise begrenzt, als es sich um eine Sache ohne besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art handeln muss. Selbst wenn der Einzelrichter die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zulässt, ist aber ein Verfahrensfehler nicht anzunehmen, wenn er der Sache keine nennenswerte Breitenwirkung beimisst und die Beteiligten ihr Einverständnis mit einer Einzelrichterentscheidung auch für den Fall der Zulassung der Revision erklärt haben (vgl Senatsurteil vom 3.12.2009 - B 11 AL 38/08 R - SozR 4-4300 § 53 Nr 4 RdNr 14; GS SozR 4-1200 § 52 Nr 4 RdNr 7). Erst recht ist die Verlagerung der Entscheidungskompetenz vom Kollegium auf den Berichterstatter jedenfalls in den Fällen zulässig, in denen keine Zulassung der Revision veranlasst ist, weil einer ständigen Rechtsprechung gefolgt werden soll (BSGE 99, 189 = SozR 4-1500 § 155 Nr 2, RdNr 22; BSG SozR 4-1500 § 105 Nr 1 RdNr 15 ff), oder wenn sich das Urteil des LSG auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung oder bereits beim Bundessozialgericht (BSG) anhängige Parallelfälle bezieht (vgl BSG SozR 4-2500 § 33 Nr 24 RdNr 11 f).
So aber liegt der Fall hier. Das LSG verweist in seiner Urteilsbegründung nicht nur auf die Rechtsprechung des erkennenden Senats im Urteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19), wonach die Anwendung des neuen, ab 1.1.2003 geltenden Rechts, allein vom Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses abhängt. Es führt vielmehr zusätzlich aus, dass es seine frühere gegenteilige Rechtsansicht aufgegeben habe, und bezieht sich hierzu auf das eigene Senatsurteil vom 28.1.2011 (L 7 AL 75/09 - Revision anhängig zum Az: B 11 AL 8/11 R). Damit verweist es einerseits auf eine - nunmehr - gefestigte Rechtsprechung des eigenen Senats zur Frage der Sperrzeitdauer in den Fällen vorliegender Art; andererseits bezieht es sich auf eine vorhandene, verfahrensfehlerfrei in vollständiger Senatsbesetzung getroffene Leitentscheidung.
3. Das LSG hat auch rechtsfehlerfrei entschieden, dass der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 in vollem Umfang rechtmäßig ist. Es hat deshalb zu Recht die Anschlussberufung der Klägerin als unbegründet zurückgewiesen.
a) Nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III idF des Gesetzes zur Reform der arbeitsmarktpolitischen Instrumente (Job-AQTIV-Gesetz) vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) tritt eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, wenn der Arbeitslose trotz Belehrung über die Rechtsfolgen eine vom Arbeitsamt unter Benennung des Arbeitgebers und der Art der Tätigkeit angebotene Beschäftigung nicht angenommen oder nicht angetreten hat oder die Anbahnung eines solchen Beschäftigungsverhältnisses, insbesondere das Zustandekommen eines Vorstellungsgesprächs, durch sein Verhalten verhindert (Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung), ohne für sein Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Nach den den Senat bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG hat die schon längerfristig arbeitslose Klägerin von der Beklagten am 10.10.2002 ein Stellenangebot als Produktionshelferin an ihrem Wohnort O. erhalten und ist über die Rechtsfolgen bei Nichtannahme der angebotenen Beschäftigung ohne wichtigen Grund oder Verhinderung der Anbahnung eines Beschäftigungsverhältnisses durch ihr Verhalten belehrt worden. Nach den weiteren - von der Klägerin unwidersprochenen - Feststellungen des LSG hat sie während ihres Vorstellungsgesprächs am 24.10.2002 angegeben, sie wolle erst noch den Ausgang anderer Bewerbungsgespräche abwarten und stehe daher nicht vor dem 18.11.2002 und damit erst mehr als drei Wochen nach dem Bewerbungsgespräch zur Verfügung. Während der angebotene Stundenbruttolohn 5,37 Euro bzw 6 Euro betragen hat, hat sie Lohnvorstellungen in Höhe von 8 bis 9 Euro pro Stunde geäußert.
Es spricht vieles dafür, dass die Klägerin durch ihr Verhalten im Vorstellungsgespräch am 24.10.2002 die angebotene Beschäftigung konkludent abgelehnt hat; zumindest aber hat sie durch ihr Verhalten die Anbahnung eines zumutbaren Beschäftigungsverhältnisses verhindert, ohne für ihr Verhalten einen wichtigen Grund zu haben.
Einem Arbeitslosen sind grundsätzlich alle seiner Arbeitsfähigkeit entsprechenden Beschäftigungen zumutbar, soweit allgemeine oder personenbezogene Gründe der Zumutbarkeit nicht entgegenstehen; aus allgemeinen Gründen ist eine Beschäftigung insbesondere nicht zumutbar, wenn die Beschäftigung (ua) gegen gesetzliche oder tarifliche Bestimmungen über Arbeitsbedingungen verstößt (§ 121 Abs 1 und 2 SGB III; vgl Senatsurteil vom 8.11.2001 - B 11 AL 31/01 R - SozR 3-4300 § 144 Nr 7 S 8 f zur Leiharbeit). Nach § 121 Abs 3 S 3 SGB III aF iVm § 198 S 4 SGB III in der bis zum 31.12.2004 geltenden Fassung ist einem Arbeitslosen vom siebten Monat der Arbeitslosigkeit an eine Beschäftigung aus personenbezogenen Gründen nur dann nicht zumutbar, wenn das daraus erzielbare Nettoeinkommen unter Berücksichtigung der mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen niedriger ist als die Alhi. Allgemein darf das erzielbare Entgelt nicht sittenwidrig sein (vgl Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 121 RdNr 24, 72, 82, Stand Einzelkommentierung Juni 2004). Letzteres ergibt sich auch aus § 36 Abs 1 SGB III, wonach die Agentur für Arbeit nicht in ein Arbeitsverhältnis vermitteln darf, das gegen ein Gesetz oder die guten Sitten verstößt (vgl hierzu Rixen in Eicher/Schlegel, SGB III, § 36, RdNr 38, RdNr 53 ff, Stand Einzelkommentierung Februar 2007 bzw November 2009, mwN). Eine arbeitsvertragliche Entgeltvereinbarung verstößt nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (≪BAG≫ BAGE 110, 79 = AP Nr 59 zu § 138 BGB) aber erst dann gegen die guten Sitten iS von § 138 Bürgerliches Gesetzbuch, wenn ein auffälliges Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vorliegt (vgl Rixen, aaO, RdNr 54). Anhaltspunkte dafür, dass der angebotene Stundenlohn von 5,37 Euro im Jahr 2002 zu dem Wert der hier in Frage stehenden Tätigkeit einer Produktionshelferin in einem auffälligen Missverhältnis stand, liegen nicht vor; dies behauptet auch die Klägerin nicht. Für das Verhältnis unerheblich ist die im streitigen Zeitraum maßgebliche sozialhilferechtliche Bedarfsbemessung (vgl Rixen, aaO, RdNr 54 mwN).
Das aus der angebotenen Beschäftigung erzielbare Nettoeinkommen überstieg auch die von der Klägerin bezogene Alhi (zur Maßgeblichkeit der gezahlten bzw bezogenen Alhi, vgl ua Estelmann in Eicher/Schlegel, SGB III, § 121 RdNr 72, Stand Einzelkommentierung Juni 2004; Valgolio in Hauck/Noftz, K SGB III, § 121 RdNr 44, 46, Stand Januar 2004). Unerheblich ist dabei, ob der schriftlich angebotene Stundenlohn von 5,37 Euro oder aber ein angeblich mündlich angebotener Stundenlohn von 6 Euro zugrunde gelegt wird. Jedenfalls hätte die Klägerin nach ihrer eigenen, auch vom LSG seiner Entscheidung zugrunde gelegten und rechnerisch nachvollziehbaren Berechnung (berechnet über http://www.steuerlinks.de/lohngehalt/; Abruf am 17.4.2012) bei Berücksichtigung der tariflichen Wochenarbeitszeit von 35 Stunden und einem Stundenlohn von 5,37 Euro einen monatlichen Nettolohn von 645,76 Euro bzw (bei einem Stundenlohn von 6 Euro) iHv 712,72 Euro erzielt. Es bedarf hier keiner abschließenden Entscheidung, ob für den Einkommensvergleich auf die von der Klägerin tatsächlich bezogene Alhi oder auf die ihr dem Grunde nach zustehende Alhi abzustellen ist. Denn selbst wenn nicht auf die tatsächlich gezahlte Alhi iHv 578,10 Euro (30 x 19,27 Euro) abzustellen wäre, sondern auf den Anspruch der Klägerin ohne Partnereinkommen, ergäbe sich kein für sie günstigeres Ergebnis. Auch ausgehend von dem ohne Partnereinkommen zustehenden Betrag der monatlichen Alhi iHv 606,87 Euro (578,10 Euro + 28,77 Euro) ist das erzielbare Nettoeinkommen der Klägerin höher als die Alhi. Der Bescheid über die Bewilligung von Alhi vom 15.8.2002 weist lediglich einen Anrechnungsbetrag aus dem Einkommen des Lebenspartners der Klägerin iHv 6,69 Euro wöchentlich (= im Monat: 6,69 Euro x 4,3 = 28,77 Euro) aus.
Etwas anderes ergibt sich nicht daraus, dass nach § 121 Abs 3 S 3 SGB III die mit der Beschäftigung zusammenhängenden Aufwendungen abzusetzen sind. Absetzbare Fahrkosten wären der Klägerin bei Annahme der angebotenen Beschäftigung nach den Feststellungen des LSG nicht erwachsen, weil sie von ihrem Wohnort aus den Sitz des Arbeitgebers zu Fuß hätte erreichen können und ihr für Fahrten zu auswärtigen Einsatzorten wegen des Bestehens eines Fahrdienstes ebenfalls keine Fahrkosten entstanden wären. Mit der Beschäftigung "zusammenhängende" Aufwendungen sind aber nur solche, die der Klägerin tatsächlich erwachsen wären, weil insoweit auf das Einkommensteuerrecht zurückzugreifen ist (vgl BSGE 63, 237 = SozR 4100 § 138 Nr 19 und zur Definition des Begriffs der Werbungskosten iS des § 138 Abs 2 AFG anhand der Definition des § 9 Abs 1 S 1 EStG: BSGE 45, 60 = SozR 4100 § 138 Nr 2; zu Berechnungsfragen vgl Steinmeyer in Gagel, SGB II/SGB III, § 121 RdNr 76, Stand Einzelkommentierung Januar 2005). Soweit die Klägerin in der Revisionsbegründung angibt, vom Nettolohn wären Fahrkosten zu den entsprechenden, möglicherweise wechselnden Einsatzorten in Abzug zu bringen, handelt es sich nicht um gegen die tatsächlichen Feststellungen des LSG gerichtete "begründete Revisionsgründe" iS des § 163 SGG, sondern um nicht näher substanziierte Behauptungen, die die auf Angaben des potentiellen Arbeitgebers beruhenden Feststellungen des LSG negieren.
Da es sich bei der angebotenen Tätigkeit als Produktionshelferin bei dem Arbeitgeber um ein zumutbares Beschäftigungsverhältnis gehandelt hat, stand der Klägerin für ihr Verhalten beim Vorstellungsgespräch vom 24.10.2002 kein wichtiger Grund zur Seite (vgl Niesel, SGB III, 2. Aufl 2002, § 144 RdNr 55 und 5. Aufl 2010, § 144 RdNr 64). Damit hat die Klägerin die Voraussetzungen für eine Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung nach § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III aF erfüllt.
b) Das LSG hat auch ohne Rechtsfehler entschieden, dass die Beklagte zu Recht eine Sperrzeit von zwölf Wochen festgestellt hat. Denn nach dem vorliegend noch anwendbaren § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III aF tritt in den Fällen der Arbeitsablehnung eine Sperrzeit von zwölf Wochen ein, während § 144 SGB III in der am 1.1.2003 in Kraft getretenen Fassung des Ersten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 23.12.2002 (BGBl I 4607) in Abs 4 Nr 1 Buchst c im Falle der erstmaligen Ablehnung einer Arbeit eine Sperrzeitdauer von nur (noch) drei Wochen vorsieht.
Zutreffend hat das LSG hinsichtlich der Geltung des § 144 Abs 1 Nr 2 SGB III idF des Job-AQTIV-Gesetzes vom 10.12.2001 (BGBl I 3443) auf die Grundsätze des intertemporalen Rechts verwiesen. Danach ist ein Rechtssatz grundsätzlich nur auf solche Sachverhalte anwendbar, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Dementsprechend hat das BSG - worauf der Senat bereits in seinem Urteil vom 27.8.2008 (B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 13 mit zahlreichen Nachweisen) hingewiesen hat - in ständiger Rechtsprechung entschieden, dass sich die Entstehung und der Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche bzw Rechtsverhältnisse nach dem Recht beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat, soweit nicht später in Kraft getretenes Recht etwas anderes bestimmt. Offengelassen hat der Senat in der Entscheidung vom 27.8.2008, inwieweit dieser Grundsatz im Recht des SGB III durch den Grundsatz abgelöst worden ist, dass neues Recht immer schon, aber auch noch den Sachverhalt erfasst, wenn die maßgeblichen Rechtsfolgen in den zeitlichen Geltungsbereich des neuen Rechts fallen (Geltungszeitraumprinzip - s hierzu Senatsurteil vom 6.5.2009 - B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 14; BSG Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 39/08 R - info also 2010, 171; BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12; SozR 4-4100 § 119 Nr 1 RdNr 7 und SozR 4-4300 § 434j Nr 2; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, vor § 422 RdNr 2 ff, Stand: Einzelkommentierung März 2010; Leitherer in Eicher/Schlegel, SGB III, § 335 Nr 37). Denn auch unter Berücksichtigung des Geltungszeitraumprinzips werden bereits vor einer Rechtsänderung eingetretene Rechtswirkungen nicht mehr erfasst; auf bereits eingetretene Rechtsfolgen wirkt das neue Recht nicht zurück (BSG Urteil vom 16.12.2009 - B 7 AL 39/08 R - info also 2010, 171; Eicher in Eicher/Schlegel, SGB III, vor § 422 RdNr 3). Daher entfaltet die Änderung des § 144 SGB III zum 1.1.2003 auch in Anwendung des Geltungszeitraumprinzips keine Wirkung auf den vorliegend zu beurteilenden Sachverhalt.
Unerheblich ist, dass es sich bei der Klage um eine reine Anfechtungsklage handelt, bei der für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines angefochtenen Verwaltungsakts grundsätzlich auf die Sach- und Rechtslage bei Erlass des Bescheids bzw des Widerspruchsbescheids maßgeblich ist. Dies bedeutet jedoch nicht, dass allein wegen des Erlasses des Widerspruchsbescheids erst im Jahr 2003 (am 15.1.2003) das am 1.1.2003 in Kraft getretene Recht anwendbar wäre. Denn der Rückgriff auf die Klageart zur Bestimmung des anzuwendenden Rechts entspricht nach der Rechtsprechung des BSG lediglich einer Faustregel mit praktisch einleuchtenden Ergebnissen bei Verwaltungsakten mit Dauerwirkung, ist im Übrigen aber nicht Ausdruck eines abschließenden Rechtssatzes (vgl Senatsurteile vom 13.3.1997 - 11 RAr 51/96 - SozR 3-4100 § 152 Nr 7 und vom 27.8.2008 - B 11 AL 11/07 R - SozR 4-4300 § 335 Nr 1 RdNr 12 mwN). Die Maßgeblichkeit des Zeitpunkts für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist vielmehr eine Frage des materiellen, nicht des Prozessrechts (BVerwG Buchholz 310 § 113 VwGO Nr 218; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Aufl 2012, § 54 RdNr 32).
Wie der Senat bereits im Urteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 16) ausgeführt hat, ist materiell-rechtlich durch § 144 Abs 2 S 1 SGB III - sowohl aF als auch in der ab 1.1.2003 geltenden Fassung - geregelt, dass die Sperrzeit grundsätzlich mit dem Tag nach dem Ereignis beginnt, das die Sperrzeit begründet. Sperrzeitbegründendes Ereignis für die nach den getroffenen Feststellungen allein in Betracht kommende Sperrzeit wegen Arbeitsablehnung (§ 144 Abs 1 Nr 2 SGB III) ist aber das als Arbeitsablehnung zu wertende Verhalten der Klägerin anlässlich ihres Vorstellungsgesprächs vom 24.10.2002 (vgl zur Bestimmung des sperrzeitbegründenden Ereignisses BSGE 97, 73, 79 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15, RdNr 23). Die Beklagte und ihr folgend auch die Vorinstanzen sind somit zu Recht davon ausgegangen, dass eine Sperrzeit - gleich welcher Dauer - am 25.10.2002 begonnen hat.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG tritt eine Sperrzeit kraft Gesetzes ein und läuft unabhängig vom Bestehen eines Leistungsanspruchs kalendermäßig ab (ua BSGE 84, 225, 229 = SozR 3-4100 § 119 Nr 17; Voelzke in Kasseler Handbuch des Arbeitsförderungsrechts, 2003, § 12 RdNr 376; Henke in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 88, Stand Einzelkommentierung November 2006; Coseriu in Eicher/Schlegel, SGB III, § 144 RdNr 577, Stand Einzelkommentierung Juni 2010). Eine Sperrzeit von zwölf Wochen nach § 144 Abs 1 SGB III aF fällt also kalendermäßig in die Zeit vom 25.10.2002 bis zum 16.1.2003. Damit sind die Rechtsfolgen des sperrzeitbegründenden Verhaltens der Klägerin bereits im Jahre 2002 eingetreten; alle Voraussetzungen für den Eintritt der Sperrzeit mit seinen Folgen lagen bereits im Jahre 2002 vor. Deshalb ist auch für die Beurteilung der Wirkungen und der Folgen der Sperrzeit - wobei hier aufgrund der im Termin vom 2.5.2012 erfolgten Änderung des angefochtenen Bescheids eine Minderung der Anspruchsdauer unterbleibt - allein die Rechtslage maßgeblich, die beim Eintritt des sperrzeitbegründenden Ereignisses gegolten hat.
Gegen die Anwendung der die Klägerin im Vergleich zu der ab 1.1.2003 geltenden Fassung des § 144 Abs 1 SGB III schlechter stellenden aF sprechen - wie bereits im Senatsurteil vom 6.5.2009 (B 11 AL 10/08 R - SozR 4-4300 § 144 Nr 19 RdNr 21) ausgeführt - auch keine Gründe des Vertrauensschutzes oder sonstige verfassungsrechtliche Erwägungen. Da es Sinn und Zweck der Sperrzeit ist, die Versichertengemeinschaft typisierend gegen Risikofälle zu schützen, deren Eintritt der Versicherte selbst zu vertreten hat (ua BSGE 67, 26, 29 = SozR 3-4100 § 119 Nr 3, S 11; SozR 4-4300 § 144 Nr 7 RdNr 12), ist es auch für den hier zu entscheiden Fall, dass ein Teil der zwölfwöchigen Sperrzeit noch in das Jahr 2003 fällt, nicht unverhältnismäßig oder unangemessen, den Versicherten nach dem Recht zu behandeln, das zur Zeit des den Risikofall herbeiführenden Verhaltens gilt. Eine entsprechende Rechtsfolgenbelehrung hat die Klägerin erhalten. Die Anwendung des § 144 Abs 1 SGB III aF auf den 2002 eingetretenen Sperrzeittatbestand führt - entgegen der Ansicht der Klägerin - für sie ab 1.1.2003 auch nicht zu einem gleichheitswidrigen Zustand, weil die bereits ab 25.10.2002 bestehende Sperrzeit im Jahre 2003 noch annähernd drei Wochen andauerte, während bei Eintritt des die Sperrzeit begründenden Ereignisses erst im Jahre 2003 nur eine Sperrzeit von insgesamt drei Wochen eingetreten wäre. Art 3 Abs 1 Grundgesetz ist schon deshalb nicht tangiert, weil es sich bei Sperrzeitereignissen im Jahr 2002 und im Jahr 2003 um nicht vergleichbare Sachverhaltsgestaltungen handelt.
Soweit die Klägerin davon ausgeht, es "dürften ausreichende Argumente dafür vorhanden sein, von einer besonderen Härte auszugehen", trifft dies ebenfalls nicht zu. Zwar halbiert sich die Sperrzeit nach § 144 Abs 3 S 1 SGB III aF im Fall einer solchen Härte auf sechs Wochen. Die gesetzliche Regelung entzieht sich aber einer generalisierenden Betrachtung; vielmehr ist insoweit eine Bewertung der Gesamtumstände des Einzelfalls vorzunehmen (BSG SozR 3-4300 § 144 Nr 12, S 38), wobei unverschuldete Rechtsirrtümer zu berücksichtigen sind (vgl BSG SozR 3-4100 § 119 Nr 11, S 51; BSG SozR 3-1500 § 144 Nr 12, S 27 f). Es ist aber weder ersichtlich, dass in der Person der Klägerin besondere Umstände vorliegen, die es rechtfertigten, die sie treffenden gesetzlichen Folgen einer Arbeitsablehnung, über die sie entsprechend belehrt worden ist, als besondere Härte anzusehen, noch dass sie einem unverschuldeten Rechtsirrtum über die Rechtsfolgen unterlegen ist. Dies gilt umso mehr, als an die Entschuldbarkeit des Irrtums hohe Anforderungen gestellt werden, die nur erfüllt sind, wenn sich der Arbeitnehmer die Rechtsansicht aufgrund einer (objektiv) sorgfältigen Prüfung - ggf nach Rückfrage bei einer Dienststelle der Beklagten - der Rechtslage gebildet hat.
c) Die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 12.12.2002 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.1.2003 misst sich an § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III. Nach § 48 Abs 1 S 1 und S 2 Nr 4 SGB X iVm § 330 Abs 3 SGB III ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung vom Zeitpunkt einer wesentlichen Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, soweit der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
Der Bescheid der Beklagten vom 12.12.2002 war ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung; er hatte die Bewilligung von Alhi vom 27.7.2002 bis 26.7.2003 zum Gegenstand. Wesentlich iS des § 48 Abs 1 S 1 SGB X ist jede tatsächliche oder rechtliche Änderung, die sich auf Grund oder Höhe der bewilligten Leistung auswirkt (vgl nur BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15 RdNr 15). Hier ist wegen des Eintritts einer Sperrzeit ein Ruhen des Leistungsanspruchs nach § 144 Abs 1 Nr 2, Abs 2 SGB III aF eingetreten. Schließlich sind auch die subjektiven Voraussetzungen des § 48 Abs 1 S 2 Nr 4 SGB X gegeben. Das LSG hat dabei entsprechend der ständigen Rechtsprechung des BSG bei der Beurteilung der groben Fahrlässigkeit einen subjektiven Maßstab angelegt (vgl BSGE 97, 73 = SozR 4-4300 § 144 Nr 15, RdNr 24 mwN). Das Revisionsgericht prüft insoweit lediglich, ob das LSG den Begriff der groben Fahrlässigkeit als solchen verkannt hat sowie, ob es beachtet hat, dass sich die Bösgläubigkeit grundsätzlich auf den zurückzunehmenden Teil des Verwaltungsakts erstrecken muss (vgl ua Senatsurteil vom 25.8.2011 - B 11 AL 30/10 R RdNr 13, zur Veröffentlichung vorgesehen; BSG SozR 4-4300 § 122 Nr 5 RdNr 14 mwN). Insofern ist die Entscheidung des LSG nicht zu beanstanden und entzieht sich die Würdigung der tatsächlichen Feststellungen durch das LSG der revisionsrechtlichen Überprüfung, wenn sie nicht mit zulässigen Verfahrensrügen (zB Verstoß gegen Denkgesetze) angegriffen wird (vgl § 163 SGG), was hier nicht der Fall ist.
Aufgrund der Aufhebung der Leistungsbewilligung war die Beklagte zur Rückforderung der für die Zeit vom 25.10.2002 bis 16.1.2003 geleisteten Alhi verpflichtet. Nach § 50 Abs 1 S 1 SGB X sind bereits erbrachte Leistungen zu erstatten, soweit ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Die rechtmäßige Leistungsaufhebung betraf den vorbezeichneten Zwölf-Wochen-Zeitraum. Die in dieser Zeit erbrachten Leistungen hat die Beklagte zutreffend mit 825,45 Euro beziffert.
Der Rückforderungsbetrag betrifft die bewilligte Alhi in Höhe von 712,99 Euro sowie die während des Zwölf-Wochen-Zeitraums erbrachten Beiträge zur Kranken- und Pflegeversicherung. Rechtsgrundlage für die Erstattung von Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen in Höhe von 112,46 Euro ist § 335 Abs 1, 5 SGB III in der bei Aufhebung der Bewilligung von Alhi gültigen Fassung bis 31.12.2004 (aF), wonach Bezieher von Alhi der Beklagten die von ihr gezahlten Beiträge zur gesetzlichen Krankenversicherung und zur sozialen Pflegeversicherung zu ersetzen haben, soweit die Entscheidung über die Leistung rückwirkend aufgehoben und die Leistung zurückgefordert worden ist. Die Beklagte hat für die Klägerin Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträge in Höhe von 112,46 Euro entrichtet; Anhaltspunkte für eine fehlerhafte Berechnung und/oder Abführung dieser Beiträge bestehen nicht. Die Klägerin hat sich nach den bindenden Feststellungen des LSG auch hinsichtlich dieser Leistungen pflichtwidrig verhalten (vgl BSGE 104, 285 = SozR 4-4300 § 335 Nr 2, RdNr 31 mwN).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
NJW 2012, 10 |
NZA 2013, 82 |
EzA-SD 2012, 16 |
NZS 2012, 5 |
SGb 2012, 334 |
AUR 2012, 255 |
ArbRB 2012, 165 |
Breith. 2013, 160 |
SozSi 2012, 12 |
info-also 2012, 217 |