Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesamtvertrag. Regionalisierung der Vergütungsvereinbarungen. Gesamtvergütung. Budgetierung. Kostenerstattungsleistungen. nicht budgetierte Leistungen
Leitsatz (amtlich)
Zu den gesetzlichen Grenzen der Befugnisse der Gesamtvertragsparteien bei Ermittlung und Festlegung der Gesamtvergütung.
Normenkette
SGB V §§ 13, 82-83, 85
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Dezember 1995 wird zurückgewiesen.
Die Klägerin hat dem Beklagten dessen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) schloß mit den Verbänden der Ersatzkassen (Beigeladene zu 1) und 3)) zur Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahre 1993 die gesamtvertragliche Vereinbarung vom 30. Juli/8. Oktober 1993. In ihr ist geregelt, daß Grundlage der Ermittlung der Gesamtvergütung im Bereich der Kassengruppe West die Gesamtvergütung je Ersatzkasse der vier Quartale des Jahres 1991 ist. Diese wird für vier verschiedene Leistungsbereiche in vier Teilsummen unterteilt, jeweils durch die Zahl der Mitglieder der jeweiligen Quartale des Jahres 1991 geteilt und um die prozentuale Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen je Mitglied aller Krankenkassen der alten Bundesländer der Jahre 1992 und 1993 erhöht. Die so ermittelten Beträge je Mitglied und Quartal werden mit der Mitgliederzahl je Ersatzkasse der jeweiligen Abrechnungsquartale 1993 multipliziert und bilden die Gesamtvergütung. Vorab werden von der Gesamtvergütung die Vergütung für Wegegelder ambulant und stationär, Kostenerstattungen ambulant und für Belegärzte sowie Erstattungen nach besonderen Vereinbarungen abgezogen (Punkt 2.1 und 2.2 des Vertrages). Unter Punkt 4 wird festgelegt, daß die Ersatzkassen die Zahlungen an die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KÄBV) zu leisten haben. Unter Punkt 5 ist bestimmt, daß der Vertrag mit Wirkung vom 1. April 1993 in Kraft tritt und an den zwischen der KÄBV und den Verbänden der Ersatzkassen vereinbarten Überleitungsvertrag vom 25. Februar 1993 anschließt.
Das beklagte Land beanstandete diesen Vertrag gegenüber der Klägerin (Bescheid vom 14. Dezember 1993). Die zu bildenden Gesamtvergütungen seien entgegen der gesetzlichen Regelung des § 85 Abs 3a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht auf den Bereich der Klägerin bezogen, sondern würden vielmehr die von jeder – bundesweit organisierten – Ersatzkasse zu zahlende Vergütung angeben. Da eine Gesamtvergütung für den Bereich der Klägerin nicht festgelegt worden sei, lasse sich dem Vertrag auch nicht entnehmen, mit welcher Gesamtvergütung bei den Ersatzkassen zu rechnen sei. Zudem verstoße die Berücksichtigung der Mitgliederentwicklungen zwischen 1991 und 1993 bei der Feststellung der Gesamtvergütung gegen § 85 Abs 3c Halbs 2 SGB V; ihnen dürfe erst in den Folgejahren Rechnung getragen werden. Die Herausnahme der Vergütung für bestimmte Leistungen aus der Gesamtvergütung verletze ebenfalls geltendes Recht. Nach § 85 Abs 3a Sätze 4 ff SGB V dürften allein die nichtärztlichen Dialyseleistungen, nicht aber weitere Leistungen außerhalb der Gesamtvergütung honoriert werden. Die Einbeziehung der KÄBV in den Zahlungsverkehr bei Abschlags- und Restzahlungen sei unzulässig; die Gesamtvergütung sei vielmehr von den Ersatzkassen direkt an die einzelnen KÄVen zu leisten. Der Vertrag widerspreche des weiteren geltendem Recht, weil er keine Vereinbarung für das erste Quartal 1993 enthalte, sondern insoweit auf den auf Bundesebene getroffenen Übergangsleitungsvertrag zurückgreife. Schließlich erweise sich als rechtswidrig, daß der Vertrag keine Regelung über die Berücksichtigung der Kostenerstattungen nach § 13 Abs 2 SGB V bei der Bildung der Gesamtvergütung enthalte.
Das Sozialgericht (SG) hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen. Das Landessozialgericht (LSG) hat, nachdem in der mündlichen Verhandlung Teilbereiche für erledigt erklärt worden sind bzw der Beanstandungsbescheid insoweit zurückgenommen worden ist, die weitergehende Berufung der Klägerin zurückgewiesen (Urteil vom 13. Dezember 1995). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, zu Recht sei die vom Vertrag vorgesehene Ermittlung und Verteilung der Gesamtvergütung beanstandet worden. Aus § 83 Abs 1 SGB V idF des Gesundheitsstrukturgesetzes (GSG) ergebe sich, daß der Inhalt der Gesamtverträge einschließlich der Regelungen über die Gesamtvergütung auf der Ebene der regionalen KÄVen auszuhandeln und zu vereinbaren sei. Die Berücksichtigung bundesweiter Gegebenheiten, wie sie der Vereinbarung einer auf alle Bundesländer (West) bezogene Vergütung zugrunde liege, sei nicht zulässig. Dem könne nicht mit Erfolg entgegengehalten werden, daß bei der Umsetzung der normativen Vorgaben praktische Schwierigkeiten hätten entstehen können. Aus der durch das GSG erfolgten Abschaffung der Vertragskompetenz der KÄBV folge auch, daß diese in den Zahlungsverkehr zwischen den Krankenkassen und den KÄVen nicht mehr eingeschaltet werden dürfe. Unzulässig sei weiterhin, daß sich die Vertragspartner für das erste Quartal 1993 der Überleitungsvereinbarung zwischen der KÄBV und den Verbänden der Ersatzkassen angeschlossen hätten. Angesichts der ohne Übergangsvorschrift erfolgten Übertragung der Abschlußbefugnis auf die KÄVen und die Landesverbände der Krankenkassen wäre es zwar an sich möglich gewesen, daß die neuen Partner der Gesamtverträge eine von der KÄBV mit den Bundesverbänden der Krankenkassen abgeschlossene Vereinbarung kraft eigener Kompetenz als Gesamtvertrag vereinbarten. Das sei hier jedoch nicht geschehen. Des weiteren verstoße die Herausrechnung einzelner Leistungen aus der Gesamtvergütung und ihre Vergütung nach Maßgabe der Anforderungen gegen das Gesetz. § 85 Abs 3a Satz 1 SGB V lege keinen engeren Begriff der Gesamtvergütung zugrunde als § 85 Abs 1 Satz 1 SGB V, meine somit ebenfalls die Vergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung. Eine einengende Interpretation des Gesamtvergütungsbegriffs finde weder eine Stütze im Wortlaut des Gesetzes noch in den Materialien. Sie laufe insbesondere der gesetzgeberischen Intention zuwider, durch eine Budgetierung der Gesamtvergütung die Entwicklung der Ausgaben in der ambulanten Versorgung zu stoppen. Aus diesem Grund seien die Vertragspartner auch nicht berechtigt gewesen, die Kostenerstattungsleistungen nach § 13 Abs 2 SGB V aus der Berechnung der Gesamtvergütung herauszunehmen. Schließlich ergebe sich aus Wortlaut und Regelungszusammenhang des § 85 Abs 3 Satz 1 und Satz 2 sowie § 85 Abs 3c SGB V, daß sich die Budgetobergrenze für 1993 durch die Erhöhung der für 1991 ausgegebenen Gesamtvergütung um die Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Jahre 1992 und 1993 errechne. Eine Berücksichtigung der Mitgliederentwicklung sei damit für 1993 nicht vorgesehen und die insoweit vorgenommene Beanstandung des Gesamtvertrages durch den Beklagten rechtmäßig.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung materiellen Rechts. Bei der Ermittlung und Verteilung der Gesamtvergütung hätten die Vorinstanzen verkannt, daß es aufgrund praktischer Probleme bei der Umstellung der Berechnung und Ermittlung der Gesamtvergütung von Bundes- auf KÄV-Ebene erhebliche Schwierigkeiten gegeben habe. Diese hätten die Gesamtvertragsparteien berechtigt, die beanstandete Regelung zu vereinbaren. Da sich der Gesamtvertrag ohnehin nur auf das Jahr 1993 beziehe, sei die Beanstandung darüber hinaus unverhältnismäßig. Die Herausrechnung bestimmter Positionen, nämlich von Kosten und Wegegeldern, aus der Gesamtvergütung verstoße nicht gegen das Gesetz. Der in § 85 Abs 3a Satz 1 SGB V verwendete Gesamtvergütungsbegriff (Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen) sei enger als der des § 85 Abs 1 SGB V (Gesamtvergütung für die gesamte vertragsärztliche Versorgung). Durch die verwendeten Formulierungen differenziere der Gesetzgeber zwischen der Gesamtvergütung als umfassendem Vergütungsbereich und der Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen. Was unter vertragsärztlichen Leistungen zu verstehen sei, ergebe sich gemäß § 87 Abs 1 SGB V aus dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM). Wegeentschädigungen und Kosten würden aber außerhalb des EBM in ergänzenden Vereinbarungen zwischen den KÄVen und der KÄBV sowie den Verbänden der Ersatzkassen geregelt und stellten sich nicht als Leistungshonorierung für die Vertragsärzte dar. Die bei der Festlegung der Gesamtvergütung weiter beanstandete Berücksichtigung der Mitgliederentwicklung zwischen 1991 und 1993 sei ebenfalls rechtmäßig. Ihre Nichtberücksichtigung hätte zur Folge, daß Kassen mit erheblichen Mitgliederzuwächsen geringere Finanzmittel für die Vergütung der Leistungen zur Verfügung ständen als Kassen mit einem größeren Mitgliederverlust. Ein solcher Wille zur Ungleichbehandlung lasse sich dem Gesetz nicht entnehmen. Entgegen der von den Vorinstanzen vertretenen Auffassung sei es auch zulässig gewesen, im Jahre 1993 die KÄBV in die Abwicklung des Zahlungsverkehrs einzubeziehen. Durch den Anschluß an den auf Bundesebene vereinbarten Überleitungsvertrag erweise sich dieser materiell als ein Gesamtvertrag auf Landesebene iS des § 83 SGB V. Eine Beanstandung sei daher zu Unrecht erfolgt. Schließlich sei auch die Nichtberücksichtigung von Kostenerstattungsleistungen gemäß § 13 Abs 2 SGB V bei der Berechnung der Gesamtvergütung zulässig. Diese seien, wie das LSG selbst ausgeführt habe, nicht Bestandteil der Gesamtvergütung gewesen. Es lasse sich keine praktikable Regelung für den Abzug von Kostenerstattungen aus der Gesamtvergütung finden. Daher sei die Anrechnung der Kostenerstattungen an Versicherte auf die Gesamtvergütung nicht möglich.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 13. Dezember 1995 aufzuheben, das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 11. Januar 1995 abzuändern und den Beanstandungsbescheid des Beklagten vom 14. Dezember 1993 hinsichtlich der Ziffern I.1, I.2, II.1 bezogen auf
- D-01-41-00 Wegegelder ambulant,
- D-01-50-00 Kostenerstattung,
- D-01-89-00 Erstattungen nach besonderer Vereinbarung,
- D-18-41-00 Wegegelder stationär,
- D-18-50-00 Kostenerstattung (Belegärzte),
Ziffer II.2, Ziffer III, Ziffer IV und Ziffer V aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er legt im einzelnen dar, daß der Gesamtvertrag in den beanstandeten Punkten rechtswidrig sei.
Die Beigeladenen zu 1) bis 3) stellen keine Anträge.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist insgesamt nicht begründet.
Der Beklagte hat zunächst zu Recht beanstandet, daß in der gesamtvertraglichen Vereinbarung vom 30. Juli/8. Oktober 1993 nicht eine an die Klägerin zu leistende Gesamtvergütung der Höhe nach festgelegt worden ist, sondern diese sich nur unter Berücksichtigung bundesweiter Gegebenheiten ermitteln läßt. Das steht im Widerspruch zu den gesetzlichen Vorgaben, nach denen die Ermittlung der Gesamtvergütung auf der Ebene der KÄVen zu erfolgen hat, und hat die Rechtswidrigkeit der Regelung zur Folge.
Zwar lag bis zum Inkrafttreten des GSG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) zum 1. Januar 1993 im Ersatzkassenbereich die Befugnis, Verträge über die vertragsärztliche Versorgung zu schließen, bei den Verbänden der Ersatzkassen und der KÄBV (§ 83 Abs 3 Sätze 1 und 2 SGB V idF des Gesundheits-Reformgesetzes ≪GRG≫ vom 20. Dezember 1988 – BGBl I 2477). Diese Berechtigung der Vertragspartner, auf Bundesebene die Gesamtverträge – und damit auch die Gesamtvergütung – zu vereinbaren, ist jedoch durch das GSG beseitigt worden. So ist zunächst die – vormalige – Kompetenznorm des § 83 Abs 3 SGB V idF des GRG aufgehoben (Art 1 Nr 41 Buchst b GSG) und § 83 Abs 1 Satz 1 SGB V geändert worden. Die Vorschrift bestimmt nunmehr, daß die KÄVen mit den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen Gesamtverträge mit Wirkung für die beteiligten Krankenkassen über die vertragsärztliche Versorgung schließen. In den Gesamtverträgen ist die Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und ärztlich geleiteten Einrichtungen von den Landesverbänden der Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen mit den KÄVen zu regeln (§ 82 Abs 2 SGB V idF des Art 1 Nr 40 Buchst b GSG). Dementsprechend ist § 82 Abs 3 SGB V idF des GRG, der die Vereinbarung der Vergütung der an der vertragsärztlichen Versorgung der Ersatzkassen teilnehmenden Ärzte der Bundesebene zuwies, ebenfalls gestrichen worden (Art 1 Nr 40 Buchst d GSG). Ergänzend hierzu hat die Übergangsvorschrift des Art 33 § 7 Abs 2 GSG festgelegt, daß – sofern ab 1. Januar 1993 die KÄBVen oder die Spitzenverbände der Krankenkassen keine Abschlußbefugnis haben – an die Stelle der KÄBVen die KÄVen und an die Stelle der Spitzenverbände der Krankenkassen die Landesverbände der Krankenkassen oder die Verbände der Ersatzkassen in die Verträge eintreten. Die vorgenannten Bestimmungen lassen nur den Schluß zu, daß der Abschluß der Gesamtverträge sowie der Vergütungsvereinbarungen für den Gesamtbereich der vertragsärztlichen Versorgung, also einschließlich des Ersatzkassenbereiches, in die Zuständigkeit der einzelnen KÄVen und der jeweiligen Landesverbände der Krankenkassen bzw der Verbände der Ersatzkassen fällt.
Dies entspricht auch der Intention des Gesetzes, wie die Begründung des Gesetzentwurfs zum GSG belegt. In ihr ist ausgeführt (BT-Drucks 12/3608, S 85, zu Nr 39, zu Buchst a), daß die KÄVen in wesentlichen Teilen die Versorgung der Versicherten sicherzustellen hätten. Weiter wird die Notwendigkeit betont, auf der Ebene der KÄVen auch die Vergütungen zu regeln. Diese Aufteilung der Zuständigkeiten zwischen den KÄVen, den KÄBVen, den Landes- und Bundesverbänden der Krankenkassen sowie den Verbänden der Ersatzkassen sei einheitlich und abschließend, so daß Möglichkeiten zur Übertragung von Kompetenzen zwischen den Ebenen obsolet sei. Speziell zur Übertragung der Kompetenz zum Abschluß von Vergütungsvereinbarungen auch im Ersatzkassenbereich auf die regionale Ebene der KÄVen legt die Begründung dar (BT-Drucks 12/3608, S 85, zu Nr 38, zu Buchst b und c), das Nebeneinander von bundesweiten und regionalen Vergütungsverhandlungen für ärztliche und zahnärztliche Leistungen habe sich vor dem Hintergrund einer wettbewerblich orientierten Krankenversicherung als kostentreibend erwiesen. Bei bundesweit einheitlichen Vergütungsverhandlungen könne der Preis für eine Leistung als zentrales Anreiz- und Steuerungsinstrument nicht für eine Feinsteuerung auf der regionalen Ebene eingesetzt werden. Deshalb sei die Abschlußkompetenz auf der regionalen Ebene der KÄV gebündelt worden.
Sowohl nach Wortlaut, Sinn und Zweck als auch nach der Entstehungsgeschichte der einschlägigen Normen sind damit Vereinbarungen über Gesamtvergütungen, für deren Ermittlung auf bundesweite Verhältnisse abgestellt werden muß, ab dem 1. Januar 1993 nicht mehr zulässig. Dem widerspricht, worüber zwischen den Beteiligten kein Streit besteht, im Ergebnis der beanstandete Gesamtvertrag deshalb, weil der Anteil der im Ersatzkassenbereich für die Klägerin anfallenden Gesamtvergütung nicht für diese festgelegt wird, sondern zunächst insgesamt für das gesamte Gebiet der alten Bundesländer ermittelt und danach nach der jeweiligen Mitgliederzahl der Ersatzkassen im Bereich der Klägerin verteilt wird.
Die Klägerin stellt zwar die Verpflichtung zur Regionalisierung der Vergütungsvereinbarungen nicht in Frage, hält aber die von ihr mit geschlossene gesamtvertragliche Regelung wegen der erheblichen praktischen Probleme bei der Umsetzung der Berechnung der Gesamtvergütung – für den Ersatzkassenbereich lagen für 1991 zunächst keine auf KÄV-Ebene bezogene Daten über die Höhe der von einer Gesamtvergütung erfaßten Honorare vor – für vertretbar und im Ergebnis für rechtmäßig. Die im einzelnen aufgezeigten Gesichtspunkte können indessen die Rechtmäßigkeit der beanstandeten Regelung nicht begründen. Aufgrund der vorhandenen Datenlage war nämlich zumindest eine Annäherung an die Vergütungssumme, der im Jahre 1991 eine Gesamtvergütung der Ersatzkassen im Bereich der Klägerin entsprochen hätte, möglich. Darauf hat der Beklagte bereits im Berufungsverfahren zutreffend hingewiesen. Die Klägerin hat insoweit selbst eingeräumt, daß durchaus hätte festgestellt werden können, welche Anteile die jeweiligen KÄVen an der Gesamtzahlung der Ersatzkassen gehabt hätten. Damit hätte für 1991 ein Status quo je KÄV festgestellt werden können, der als Grundlage für die Ermittlung der Gesamtvergütung in 1993 hätte herangezogen werden können. Da diese Möglichkeit bestanden hat, hätten die so ermittelten Vergütungen der Berechnung der Gesamtvergütung für 1993 zugrunde gelegt werden müssen; denn dieses Vorgehen hätte insgesamt der gesetzlichen Vorgabe, zum 1. Januar 1993 eine regionalisierte Gesamtvergütung zur “Feinsteuerung” der Vergütungen und damit der Leistungsanforderungen zu schaffen, eher entsprochen als das im hier beanstandeten Gesamtvertrag vereinbarte Verfahren.
Die von der Klägerin und den Beigeladenen zu 1) und 3) getroffene Vergütungsvereinbarung ist auch deshalb rechtswidrig, weil bei ihr nicht überprüft werden kann, in welchem Umfang sich die für 1993 zu leistende Gesamtvergütung gegenüber 1991 erhöht hat. Dieses Vorgehen widerspricht den normativen Regelungen des SGB V zur Vereinbarung der Gesamtvergütung für das Jahr 1993. § 85 Abs 3 Sätze 1 und 2 SGB V idF des GSG bestimmen nämlich, daß die nach § 85 Abs 3 SGB V zu vereinbarenden Veränderungen der Gesamtvergütungen als Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen sich ua im Jahr 1993 höchstens um den Vomhundertsatz verändern dürfen, um den sich die nach den §§ 270 und 270a SGB V zu ermittelnden beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen mit Sitz im Bundesgebiet außerhalb des Beitrittsgebiets je Mitglied verändern. Die Veränderungen der Gesamtvergütung im Jahr 1993 sind auf das entsprechend der Zuwachsrate der beitragspflichtigen Einnahmen nach Satz 1 im Jahr 1992 erhöhte Vergütungsvolumen im Jahr 1991 zu beziehen. Die als Budgetierung bezeichnete Beschränkung des Zuwachses der Gesamtvergütung für das Jahr 1993 setzt voraus, daß für das Jahr 1991 eine Gesamtvergütung geleistet worden ist oder, sofern das wie im Ersatzkassenbereich nicht der Fall war, das einer Gesamtvergütung entsprechende Honorarvolumen für den Bereich der jeweiligen KÄV ermittelt wird. Da auf der Grundlage der beanstandeten gesamtvertraglichen Regelung das einer Gesamtvergütung für 1991 entsprechende Honorarvolumen nicht festgelegt worden ist, besteht keine Möglichkeit zu prüfen, ob der durch § 85 Abs 3 Sätze 1 und 2 SGB V begrenzte Vergütungszuwachs eingehalten worden ist. Auch insoweit verstößt die einschlägige Bestimmung des Gesamtvertrages gegen die gesetzlichen Vorgaben.
Der Beklagte hat weiterhin zu Recht beanstandet, daß nach der gesamtvertraglichen Vereinbarung die Abschlags- bzw Restzahlungen ab dem 2. Quartal 1993 an die KÄBV zu erfolgen haben. Die Einbeziehung der KÄBV in den Zahlungs- und Abrechnungsverkehr über die Leistung der Gesamtvergütung steht mit der oben aufgezeigten Verpflichtung zur Regionalisierung der Gesamtvergütung nicht in Einklang. Diese läßt die Zahlung der Vergütung über die KÄBV und damit unter Einschaltung der Bundesebene nicht zu. Auch insoweit ist die gesamtvertragliche Regelung rechtswidrig.
Rechtswidrig ist auch die gesamtvertragliche Regelung unter Punkt 5 des Vertrages, nach der dieser mit Wirkung zum 1. April 1993 in Kraft tritt und sich an den Überleitungsvertrag zwischen der KÄBV und den Verbänden der Ersatzkassen vom 25. Februar 1993 anschließt. Zutreffend hat das Berufungsgericht hierzu ausgeführt, daß die Vertragsparteien mit dieser Regelung für das 1. Quartal 1993 keine eigenständige Maßnahme getroffen, sondern den auf Bundesebene geschlossenen Überleitungsvertrag zugrunde gelegt haben. Das erweist sich als rechtlich unzulässig, weil das Zugrundelegen von auf Bundesebene getroffenen Vereinbarungen der aufgezeigten Verpflichtung zur Regionalisierung der Gesamtverträge und der Vereinbarungen der Gesamtvergütung widerspricht. Es sind auch keine Gründe dafür ersichtlich, weshalb nicht eine im Juli/Oktober 1993 rückwirkend für das Quartal II/93 getroffene gesamtvertragliche Vereinbarung auf das 1. Quartal 1993 hätte erstreckt werden können.
Gleichfalls rechtswidrig ist die in Punkt 2.2 des Gesamtvertrages festgelegte Berechnung der Gesamtvergütung. Hierfür wird für das Jahr 1993 die Entwicklung der Mitgliederzahlen bei den Ersatzkassen zwischen den Jahren 1991 und 1993 dadurch berücksichtigt, daß die je Mitglied und Quartal ermittelten Gesamtvergütungsanteile mit der Mitgliederzahl je Ersatzkasse der jeweiligen Abrechnungsquartale 1993 multipliziert werden. Diese Berechnungsweise verstößt gegen § 85 Abs 3a Sätze 1 und 2 iVm § 85 Abs 3c SGB V (idF durch Art 1 Nr 43 Buchst f GSG). Nach § 85 Abs 3c Halbs 1 SGB V ist die Abweichung der Veränderungsrate bei den beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder “bei der jeweils folgenden Vereinbarung” der Veränderung der Gesamtvergütung zu berücksichtigen. Die Vorschrift trägt dem Umstand Rechnung, daß den Vergütungsvereinbarungen iS des § 85 Abs 3a Satz 1 SGB V ein vom Bundesminister für Gesundheit geschätzter Wert der für das laufende Kalenderjahr zu erwartenden durchschnittlichen Veränderungsrate der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen (§ 270a SGB V) zugrunde liegt. Die Vorschrift will sicherstellen, daß in den Folgevereinbarungen ein nachträglicher Ausgleich im Rahmen der Vergütungsvereinbarung vorgenommen wird, wenn der bei der Vereinbarung der Gesamtvergütung zugrunde gelegte Schätzwert der Grundlohnentwicklung nicht mit dem tatsächlichen Wert übereinstimmt (Begründung Gesetzentwurf zum GSG, BT-Drucks 12/3608 S 88, zu Nr 41, zu Buchst e, zu Abs 3c).
§ 85 Abs 3c Halbs 2 SGB V bestimmt hierzu ergänzend, daß eine Veränderung der Zahl der Mitglieder der beteiligten Krankenkassen “ebenfalls” zu berücksichtigen ist. Halbs 2 aaO schließt mit der Formulierung “ebenfalls zu berücksichtigen” an den Regelungsgehalt des Halbs 1 aaO an, nach der die Berücksichtigung der Veränderungen erst mit den “folgenden Vereinbarungen” vorzunehmen ist. Der Begriff des “ebenfalls zu berücksichtigen” umfaßt damit auch die Berücksichtigung in den folgenden Vereinbarungen. Der zwischen der Klägerin und den Beigeladenen zu 1) und 3) geschlossene Gesamtvertrag für das Jahr 1993 war die erste Vereinbarung einer Gesamtvergütung nach dem Inkrafttreten des GSG, mithin keine Folgevereinbarung, so daß nach der gesetzlichen Regelung Veränderungen bei den Mitgliederzahlen der Krankenkassen nicht zu berücksichtigen waren. Dieses Verständnis der Vorschrift steht in Übereinstimmung mit Sinn und Zweck der durch das GSG vorgenommenen Begrenzung des Anstiegs der Gesamtvergütung. Der mit § 85 Abs 3c Halbs 2 SGB V vorgenommene Ausschluß der zwischen 1991, dem Basisjahr für die Berechnung der Gesamtvergütung, und dem Jahre 1993 eingetretenen Veränderungen bei der Mitgliederzahl steht nämlich im Zusammenhang damit, daß gemäß § 85 Abs 3a Satz 1 und 2 SGB V idF des GSG ausschließlicher Maßstab für eine Erhöhung der Gesamtvergütung in den Jahren 1993 bis 1995 das Vergütungsvolumen des Jahres 1991 zuzüglich der prozentualen Steigerung der beitragspflichtigen Einnahmen der Mitglieder aller Krankenkassen in den Jahren 1992 und 1993 sein sollte. Die die Regelung des § 85 Abs 3a SGB V absichernde Vorschrift des Abs 3c aaO verdeutlicht einerseits, daß Veränderungen bestimmter Umstände bei den Vereinbarungen für die Folgejahre zu berücksichtigen sind, schließt andererseits die Berücksichtigung anderer zwischen 1991 und 1993 eingetretenen Veränderungen im Jahre 1993 aus.
Die von der Klägerin ohne weitergehende Substantiierung hinsichtlich der Auswirkungen im einzelnen erhobenen Bedenken gegen die Verfassungsmäßigkeit der dargestellten Regelung des § 85 Abs 3c SGB V im Hinblick auf Gleichheitsgesichtspunkte bei der Einnahme- und Ausgabesituation der Ersatzkassen (in diesem Sinne auch Kasseler Komm-Hess, § 85 SGB V RdNr 48) greifen nicht durch. Der Gesetzgeber war berechtigt, angesichts der Zielsetzung des GSG, eine “Sofortbremsung” bei den Ausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung herbeizuführen (vgl BT-Drucks 12/3608, S 69), die Auswirkungen außer acht zu lassen, die sich aufgrund einer für ein Jahr befristeten Nichtberücksichtigung bei den Veränderungen der Mitgliederzahlen von Krankenkassen auf die Höhe der Gesamtvergütung ergeben.
Nach Punkt 2.1 der gesamtvertraglichen Vereinbarung werden bestimmte Leistungen aus der Berechnung der Gesamtvergütung herausgenommen und auf Anforderung – und damit im Ergebnis nicht budgetiert – vergütet. Im Streit sind noch “Wegegelder ambulant und stationär”, “Kostenerstattung ambulant und für Belegärzte” sowie “Erstattungen nach besonderer Vereinbarung”. Es handelt sich um die Erstattung von Kosten, die im Zusammenhang mit der vertragsärztlichen Tätigkeit anfallen. Der Beklagte hat den Gesamtvertrag auch insoweit zu Recht beanstandet, weil die Herausnahme dieser Leistungen aus der budgetierten Gesamtvergütung rechtswidrig ist.
Entgegen der von der Revision vertretenen Auffassung stellt sich der in § 85 Abs 3a SGB V verwendete Begriff der Gesamtvergütung “als Ausgabenvolumen für die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen” nicht als aliud im Verhältnis zu dem in § 85 Abs 1 SGB V enthaltenen Begriff der Gesamtvergütung als einer Vergütung für die “gesamte vertragsärztliche Versorgung” dar. Insbesondere berechtigt die unterschiedliche Formulierung im Gesetz nicht dazu, Leistungen ohne zwingenden Grund aus der Berechnung der Gesamtvergütung herauszunehmen. Das ergibt sich aus folgendem: Das GSG hat den Versuch unternommen, die ständig steigenden Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung auch für den Bereich der ambulanten vertragsärztlichen Versorgung zu begrenzen. Die Begründung des Entwurfs zum GSG (BT-Drucks 12/3608, S 67, zu Buchst 3b) führt dazu aus, daß wesentlichen Ursachen für die Kostensteigerungen eine in ihrem Ausmaß medizinisch nicht begründbare Mengenausweitung sowie ua die Herausnahme eines wachsenden Anteils von Leistungen aus der Deckelung der Gesamtvergütung im Rahmen der Honorarverträge seien. Diese Beurteilung wird im übrigen in dem “Sachstandsbericht 1994” des Sachverständigenrates für die konzertierte Aktion im Gesundheitswesen (1994, S 61, Nr 74) geteilt, in dem dargelegt wird, daß die gegenüber den beitragspflichtigen Einnahmen höheren Wachstumsraten der Ausgaben für die ambulante Versorgung zum Teil mit der Herausnahme von Einzelleistungen und Leistungsgruppen aus der Bindung an die Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen zu erklären sei. Die Begründung des Gesetzentwurfs geht deshalb davon aus, daß die Budgetierung der Ausgaben im ambulanten ärztlichen Bereich für die Gesamtheit der abgerechneten Leistungen gelte, auch wenn sie bisher von der Deckelung ausgenommen waren und als Einzelleistungen vergütet wurden (BT-Drucks 12/3608, S 72, zu Buchst b). Vor dieser Regelungsabsicht entbehrt die Annahme der Klägerin, § 85 Abs 3a SGB V enthalte einen engeren Begriff der Gesamtvergütung als § 85 Abs 1 SGB V und beziehe sich nur auf die im EBM erfaßten vertragsärztlichen Leistungen, jeder Grundlage. Hinzu kommt ein weiterer Gesichtspunkt. § 85 Abs 3a Satz 4 SGB V nimmt ausdrücklich bestimmte Leistungen von der Honorierung innerhalb der Gesamtvergütung aus. Danach werden im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung erbrachte nichtärztliche Dialyseleistungen außerhalb der Gesamtvergütung honoriert. Die aufgrund der Beschlußempfehlung des Ausschusses für Gesundheit in das Gesetz aufgenommene Regelung (BT-Drucks 12/3930, S 27, Buchst e) soll sicherstellen, daß die bisher mit einer Sachkostenpauschale vergüteten nichtärztlichen Dialyseleistungen außerhalb der an die Entwicklung der Grundlohnsumme gekoppelten Gesamtvergütung bezahlt werden (Begründung der Beschlußempfehlung, BT-Drucks 12/3937, S 13, zu Art 1 Nr 41 Buchst d). Im Rückschluß bestätigt diese Regelung die Auffassung, daß andere als dort ausdrücklich genannte Leistungen nicht aus der Berechnung der Gesamtvergütung herausgenommen werden dürfen. Das gilt auch für solche Positionen, bei denen es sich um Begleitleistungen zu ärztlichen Leistungen handelt, selbst wenn sie sich im Zusammenhang mit der ärztlichen Vergütung als reine Durchlaufposten darstellen. Auch sie können nur in dem Umfang höher vergütet werden, in dem die Vergütung nach § 85 Abs 3a Sätze 1 und 2 SGB V steigt.
Der Beklagte hat des weiteren zu Recht beanstandet, daß der Gesamtvertrag bei der Ermittlung der Gesamtvergütung für das Jahr 1993 keine Regelung über die Berücksichtigung der Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V enthält. Nach dieser Vorschrift können bestimmte Mitglieder anstelle der Sach- oder Dienstleistung Kostenerstattung wählen. Der Gesamtvertrag verstößt insoweit gegen die der Vorschrift des § 85 Abs 3a SGB V zu entnehmenden Verpflichtung, der Ermittlung der Gesamtvergütung die Gesamtheit der zu vergütenden vertragsärztlichen Leistungen zugrunde zu legen. Die Klägerin führt gegenüber der Notwendigkeit der Einbeziehung der Kostenerstattungsleistungen bei der Ermittlung der Gesamtvergütung insbesondere praktische Schwierigkeiten an. Zutreffend hat das Berufungsgericht hierzu aufgezeigt, daß die Argumentation der Klägerin die Nichteinbeziehung der Kostenerstattungsleistungen bei der Ermittlung des Umfangs der Gesamtvergütung für 1993 nicht zu rechtfertigen vermag. Das wird durch die weitere Vorgehensweise der an der gesamtvertraglichen Vereinbarung Beteiligten bestätigt. Die Klägerin hat nämlich durch eine mit den Beigeladenen zu 1) und 3) geschlossene gesamtvertragliche Vereinbarung vom 14. September 1995 vereinbart, daß die auf der Grundlage von § 13 Abs 2 SGB V geleisteten Kostenerstattungen in die Gesamtvergütung für das Jahr 1994 eingerechnet werden. Grundlage hierfür ist der im Jahre 1991 für Ersatzkassenversicherte in Niedersachsen geleistete Erstattungsbetrag (Punkt 2.1.1 Buchst a des Vertrages vom 14. September 1995). Vor diesem Hintergrund sind keine nachvollziehbaren Gründe ersichtlich, die gegen die Umsetzung der gesetzlichen Maßnahmen zur Begrenzung des Ausgabenanstieges im Jahre 1993 durch Einbeziehung der Kostenerstattung nach § 13 Abs 2 SGB V bei der Ermittlung der Gesamtvergütung für das Jahr 1993 sprechen.
Nach allem war die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen