Gegenstand des Verfahrens sind die Aufhebung der Bewilligung von Kg ab 1. Januar 1994 sowie die Rückforderung des für die Monate Januar bis Juli 1994 bereits gezahlten Kg in einer Gesamthöhe von DM 910,- durch die Bescheide vom 14. Juli 1994 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1994. Es handelt sich um eine reine Anfechtungsklage, die im Erfolgsfalle nach Aufhebung der angefochtenen Bescheide den Beklagten ohne weiteres zur Weiterzahlung des Kg verpflichten würde; der Antrag des Klägers, den Beklagten entsprechend zu verurteilen, ist deshalb entbehrlich und als deklaratorisch auszulegen. Mangels Einlegung der Revision bzw Anschlußrevision durch den Beklagten hinsichtlich der Aufrechnung des zurückgeforderten Kg mit laufenden Kg-Zahlungen ist diese nicht Gegenstand des Revisionsverfahrens geworden.
Die Vorinstanzen haben die angefochtenen Bescheide zu Recht bestätigt.
Nach § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit gegenüber den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen bei seinem Erlaß eine wesentliche Änderung eingetreten ist. Hinsichtlich der Bewilligung von Kg für den Kläger bezüglich seiner Tochter T…, eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung, war gegenüber den Verhältnissen bei dessen Erlaß durch das 1. SKWPG eine wesentliche rechtliche Änderung eingetreten: Nach § 2 Abs 2 Satz 2 und 3 BKGG 1994 waren bei der Zahlung von Kg solche Kinder nicht (mehr) zu berücksichtigen, denen aus dem Ausbildungsverhältnis oder einer Erwerbstätigkeit Bruttobezüge in Höhe von wenigstens DM 750,- monatlich zustanden oder nur deswegen nicht zugestanden haben, weil das Kind auf einen Teil der vereinbarten Bruttobezüge verzichtet hat (Satz 2), und entsprechend, wenn dem Kind Lohnersatzleistungen oder als Ausbildungshilfe gewährte Zuschüsse von Unternehmen, aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten, von wenigstens DM 610,- monatlich zugestanden haben (Satz 3). Diese Voraussetzungen lagen beim Kläger bezüglich seiner Tochter T… vor, da diese bei Inkrafttreten des BKGG 1994 (Januar 1994) ein Begabtenstipendium in Höhe von DM 950,- monatlich erhielt und damit die Grenze von DM 610,- überschritt.
Die Auffassung des Klägers, die bayerischen Begabtenstipendien stellten keine “als Ausbildungshilfe gewährten Zuschüsse von Unternehmen, aus öffentlichen Mitteln oder von Förderungseinrichtungen, die hierfür öffentliche Mittel erhalten” iS von § 2 Abs 2 Satz 3 BKGG 1994 dar oder könnten zumindest vom Bundesgesetzgeber nicht gemeint gewesen sein, ist unzutreffend. Richtig ist, daß bei der erstmaligen Einführung der Berücksichtigung von Kindeseinkommen durch Art 44 des Gesetzes zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 18. Dezember 1975 (BGBl I, 3091) nur Kinder einbezogen waren, denen aus dem Ausbildungsverhältnis “Bruttobezüge” oder “Unterhalts-” bzw “Übergangsgeld” zustand. Auch im Zwölften Gesetz zur Änderung des BKGG vom 30. Juni 1989 (BGBl I, 1294) war nur von einem Kind die Rede, dem “mit Rücksicht auf die Ausbildung Unterhaltsgeld oder Übergangsgeld von wenigstens DM 610,- zusteht oder nur deswegen nicht zusteht, weil das Kind über anrechnungsfähiges Einkommen verfügt”. Hingegen ließ bei der Änderung durch das 1. SKWPG der uneingeschränkte Wortlaut (“als Ausbildungshilfe gewährte Zuschüsse”) erkennen, daß nicht mehr nur Unterhalts- und Übergangsgelder, sondern auch die staatlichen oder privaten Ausbildungshilfen berücksichtigt werden sollten, wie der Senats bereits in seinem Urteil vom 28. Mai 1997 (14/10 RKg 27/95 ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫) ausgeführt hat; in einem weiteren Urteil vom gleichen Tage hat der Senat sogar die zum Wegfall des Kindergeldes führende Anrechnung berufsfördernder Leistungen des Beklagten für Behinderte nach § 56 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) gebilligt (14/10 RKg 38/95 ≪nicht veröffentlicht≫). Diese Auslegung läßt sich mit den Gesetzesmaterialien des 1. SKWPG belegen: Schon zur Einkommensanrechnung nach Satz 2 wurde von einer “umfassenderen Berücksichtigung eigenen Einkommens des Kindes” gesprochen (BT-Drucks 12/5502, S 44), und zu den Ausbildungshilfen nach S 3 hieß es: “Ausbildungsförderung und Lohnersatzleistungen entlasten Eltern in gleicher Weise wie Ausbildungsvergütungen und Erwerbseinkommen des Kindes” (BT-Drucks aaO S 45 – Hervorhebung nur hier). Das spricht dafür, daß auch Ausbildungshilfen umfassend berücksichtigt und Begabtenstipendien miteinbezogen werden sollten. Das 1. SKWPG hatte außerdem eine tiefgreifende Haushaltskonsolidierung zum Ziel (BT-Drucks aaO S 19 ff), was ebenfalls gegen die Auffassung steht, trotz des uneingeschränkten und Ausnahmen nicht vorsehenden Wortlauts könne die Berücksichtigung von Begabtenstipendien vom Gesetzgeber nicht beabsichtigt gewesen sein.
Die gesetzliche Änderung des Kg-Rechts stellt keinen Verstoß gegen den Gleichheitssatz des Art 3 GG, das Eigentumsgrundrecht des Art 14 GG, das Schutzgebot für Ehe und Familie aus Art 6 GG oder das Prinzip des Vertrauensschutzes gemäß Art 20 GG dar. Grundsätzlich liegt es – auch unter dem Blickwinkel der Art 3 und 6 GG – im Ermessen des Gesetzgebers, ob und in welcher Weise er einen Familienlastenausgleich durch Gewährung von Kg verwirklicht (BVerfGE 69, 272, 301; 72, 9, 18 f; BSG SozR 5870 § 2 Nr 42). Wenn der Gesetzgeber wegen der finanziellen Entlastung der Eltern durch ein Stipendium die Berechtigung zum Kg entfallen läßt, so überschreitet er damit nicht die ihm zustehende Regelungsbefugnis. Seine Gestaltungsfreiheit erlaubt es ihm vielmehr auch, bei Vorhandensein einer Kg-Regelung bestimmte Anspruchsvoraussetzungen zu ändern oder ganz wegfallen zu lassen, soweit er damit nicht in andere Grundrechte des Berechtigten eingreift (BSG aaO). In dem Wegfall bestimmter Ansprüche nach dem BKGG liegt kein gegen Art 14 GG verstoßender Eingriff. Die Gewährung von Familienlastenausgleichsleistungen wie Kg schafft für den Berechtigten keine eigentumsbegründenden oder eigentumsähnlichen Rechte, wie etwa diejenigen, die Versicherte durch die Entrichtung von Beiträgen zur Rentenversicherung erlangen. Kg wird den Berechtigten vielmehr aus allgemeinen Haushaltsmitteln gewährt. Unter dem Blickwinkel des Vertrauensschutzes ist maßgeblich, daß die gesetzliche Regelung nicht rückwirkend erfolgte. Grundsätzlich kann der Bürger nicht darauf vertrauen, daß eine für ihn günstige Regelung in alle Zukunft bestehenbleibt; vielmehr ist eine Abwägung zwischen dem Vertrauen des Einzelnen in den Fortbestand der für ihn günstigen Rechtslage und der Bedeutung des gesetzgeberischen Anliegens für das Wohl der Allgemeinheit geboten (BVerfGE 70, 69, 84; 67, 1, 15). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat dem gesetzgeberischen Motiv der entschlossenen, kurzfristigen Haushaltssanierung (vgl dazu hier: BT-Drucks 12/5502, 1, 19) selbst dort das größere Gewicht beigemessen, wo es um eine Weiterfinanzierung des Studienabschlusses ging (BVerfGE 70, 69, 85). Von daher bestehen auch im vorliegenden Fall keine Bedenken gegenüber einem sofortigen Greifen der Regelung ohne Übergangslösung (vgl zum Ganzen bereits Urteil des Senats vom 28. Mai 1997, 14/10 RKg 27/95 ≪zur Veröffentlichung vorgesehen≫).
Auch der von der Revision ins Feld geführte Grundsatz bundesfreundlichen Verhaltens (“Bundestreue”) ist durch die Einbeziehung auch von Begabtenstipendien nicht verletzt. Dieser Grundsatz beruht auf dem Bundesstaatsprinzip des Art 20 Abs 1 GG und begründet konkrete, über die im GG normierten Pflichten hinausgehende, zusätzliche Pflichten der Länder gegenüber dem Bund, aber auch des Bundes gegenüber den Ländern und der Länder untereinander, wozu gegenseitige Information, Abstimmung, Zusammenarbeit, finanzielle und sonstige Unterstützung gehören; der Pflichtenbegründung entspricht eine Beschränkung von Rechten und Kompetenzen, namentlich – worauf die Revision abzielt – das Verbot mißbräuchlicher Kompetenzausübung, etwa in Form einer übermäßigen Beschneidung der Regelungskompetenz der Länder (vgl zum Ganzen BVerfGE 42, 103, 117; 43, 291, 348 f; 61, 149, 205; 81, 310, 337; Isensee in Isensee/Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts, Bd IV, 1990, § 98 RdNrn 151 ff; Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl 1995, Art 20 RdNrn 12 f). Hier geht es aber nicht um eine rechtliche Beschneidung der Regelungskompetenz der Länder, sondern lediglich um Auswirkungen des Kindergeldwegfalls auf den faktischen Wert eines Begabtenstipendiums. Den Ländern blieb die Möglichkeit, durch Kürzung oder Darlehensgewährung der DM 610,-- überschießenden Beträge des Stipendiums die Kg-Gewährung wieder zu ermöglichen, wie es hier später geschehen ist. Die danach noch verbleibende “faktische Entwertung” des Stipendiums ist nicht zwingende Folge der Bundesgesetzgebung, sondern eine Reaktion des Landesgesetzgebers, die in seinem freien Willen lag. Weder war er gezwungen, die frühere Regelung beizubehalten, noch hatte er aber auch das Recht, auf Dauer zu verlangen, daß der Bund als Basis für eine landesrechtliche Begabtenförderung Kg gewährt. Dies wäre vielmehr eine Einschränkung der sozialpolitischen Gestaltungsfreiheit des Bundes auf dem Gebiet des Familienlastenausgleichs gewesen. Damit war die Aufhebung der Kg-Bewilligung für die Zukunft (ab 1. August 1994) gemäß § 48 Abs 1 Satz 1 SGB X gerechtfertigt.
Auch die rückwirkende, für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Juli 1994 erfolgte Aufhebung der KG-Bewilligung sowie die entsprechende Rückforderung von DM 910,- Kg waren rechtmäßig.
Auf die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung sowie Rückforderung von Kg hat das LSG zu Recht nicht die §§ 48 und 50 SGB X, sondern § 44g BKGG 1994 als Spezialvorschrift angewandt. Nach der vom Gesetzgeber gewählten Konstruktion, wonach das Kg ab 1. Januar 1994 nur noch unter dem gesetzlichen Vorbehalt der Rückforderung gezahlt worden ist (§ 44g Abs 1 Satz 1 BKGG 1994) und es eines Bescheides über diesen Vorbehalt gemäß § 44g Abs 4 BKGG 1994 nicht bedurfte, hat ab 1. Januar 1994 materiell nur noch eine vorläufige Zahlung, aber keine endgültige Bewilligung von Kg mehr vorgelegen. Der Bescheid vom 14. Juli 1994 hat dementsprechend den Anspruchswegfall ab 1. Januar 1994 festgestellt, ohne daneben eine ausdrückliche Aufhebung der Kg-Bewilligung im Rahmen der §§ 45, 48 SGB X auszusprechen; der überzahlte Betrag ist gemäß § 44g Abs 3 BKGG 1994 ohne weiteres zurückgefordert worden. Das LSG hat dazu ausgeführt, § 44g BKGG 1994 verstoße mit seiner Abweichung von den allgemeinen Vorschriften der §§ 44 ff SGB X über die Durchbrechung der materiellen Bestandskraft nicht gegen das Willkürverbot des Art 20 Abs 3 GG (Rechtsstaatsprinzip), sondern sei durch den sachlichen Grund gerechtfertigt, daß das Gesetz trotz der nur nach und nach zu bewerkstelligenden Überprüfung gleichmäßig für alle Betroffenen habe umgesetzt werden sollen. Eine derartig einschränkungslose Rechtfertigung wäre jedoch wegen Verstoßes gegen das Rechtsstaatsprinzip (Vertrauensschutz) des Art 20 GG verfassungswidrig. Die Vorschrift muß aber nicht so uneingeschränkt ausgelegt werden. Bei mehreren Möglichkeiten der Auslegung einer Vorschrift ist diejenige Auslegung geboten, die zu einem verfassungsgemäßen Ergebnis führt (BVerfGE 88,145, 166).
Bei wörtlicher Auslegung des § 44g Abs 3 BKGG 1994 wäre das ab Januar 1994 überzahlte Kg ohne jeden Vertrauensschutz zurückzuzahlen. Eine vergleichbare Rechtsfolge spricht zwar auch die allgemeine Erstattungsvorschrift des § 50 Abs 1 SGB X aus. Das ist dort aber hinzunehmen, weil der erforderliche Vertrauensschutz dadurch gewährleistet wird, daß zuvor der zugrundeliegende Verwaltungsakt aufgehoben werden muß und in diesem Rahmen der erforderliche Vertrauensschutz gewährt wird (vgl insbesondere §§ 45 und 48 SGB X). Die übergangsrechtliche Sonderregelung des § 44g BKGG 1994 schaltet hingegen die allgemeinen Vorschriften über die Aufhebung von Verwaltungsakten aus, ohne Vertrauensschutzgesichtspunkte zu berücksichtigen. Sie bedeutet, daß der Gesetzgeber in bestandskräftige Verwaltungsakte in der Weise eingreift, daß er ihnen “ipso iure”, also ohne ausführenden Änderungsbescheid, die Qualität als Rechtsgrund für die weiterhin erbrachten Leistungen mit der Folge aberkennt, daß die nach der Neuregelung auf diese Weise ohne Rechtsgrund erhaltenen Leistungen ohne Rücksicht auf die Kenntnis des Empfängers zurückzuerstatten wären.
Ein solcher “Selbstvollzug” des Gesetzes ist im Sozialrecht verfassungsrechtlich nur ausnahmsweise zulässig. Gerade in diesem Rechtsgebiet mit seinen besonders schutzbedürftigen, häufig existentiell betroffenen Personenkreisen bedürfen die Rechtspositionen des einzelnen und deren beabsichtigte Veränderung in besonderem Maß der Beachtung der dem Rechtsstaatsprinzip des Art 20 GG entspringenden Grundsätze der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit, weshalb grundsätzlich nicht der Selbstvollzug des Gesetzes, sondern dessen Umsetzung durch Verwaltungsakt unter Anwendung auf den jeweiligen Einzelfall das gebotene Instrument für die Festlegung einer Rechtsposition und deren Veränderung ist. Der Verwaltungsakt dient dabei einerseits dem rechtsstaatlichen und effektiven Gesetzesvollzug, andererseits der Konkretisierung und Sicherung der Rechte des einzelnen. Im Hinblick auf die Vielzahl der das tägliche Leben regelnden Gesetzesvorschriften gewährleistet der Verwaltungsakt die Übersichtlichkeit und Berechenbarkeit der Verwaltung und ist somit Grundlage des Vertrauensschutzes in den Fortbestand einer für den einzelnen günstigen Regelung; der Begünstigte wird damit von eigener Rechtskenntnis entbunden und entlastet. Eine Kompetenz der Organe der Gesetzgebung, unmittelbar durch Gesetz konkrete Rechte und Pflichten bestimmter Bürger zu regeln oder zu verändern und damit entgegen der grundsätzlichen Funktionentrennung (Prinzip der Gewaltenteilung, Art 20 Abs 2 S 2 GG) in den Kernbereich der Verwaltung einzugreifen, muß daher eine seltene Ausnahme bleiben, die einer besonderen Rechtfertigung bedarf (vgl zum Ganzen: BSGE 77, 253, 258 f = BSG SozR 3-8570 § 13 Nr 1; 77, 86, 91 f = SozR 3-5405 Art 59 Nr 1; BSGE 58, 72, 76 = SozR 3870 § 58 Nr 1; BSG SozR 1300 § 48 Nr 57 – jeweils mwN).
Ein derartiger Ausnahmefall kann hier allerdings bejaht werden, weil sich aus den Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 12/5502, 1, 19 bzw 12/5929, 5) ergibt, daß die Regelung den Verfassungsgeboten der Haushaltskonsolidierung (Art 110 Abs 1 Satz 2 GG – vgl dazu Jarass/Pieroth, aaO, Art 110, RdNr 3 mwN) und zugleich der Gleichbehandlung aller Kg-Empfänger (Art 3 GG) dienen sollte. Zudem handelte es sich um eine für alle Empfänger von Ausbildungs-Kg gleichermaßen geltende, also um eine für ein Gesetz typische generelle Regelung. Die Verwirklichung des Rückzahlungsvorbehaltes mit seinen konkreten, individuellen Einzelheiten ist hingegen weiterhin einem Verwaltungsakt vorbehalten geblieben und hier durch den Bescheid vom 14. Juli 1994 auch in Form eines Verwaltungsaktes vollzogen worden, so daß der Rechtsschutz gegen den endgültigen Wegfall des Kg voll gewahrt blieb. Die beabsichtigte sofortige Einsparung von Kg-Zahlungen an durch Kindeseinkommen entlastete Eltern unter Beachtung des Gleichheitsgrundsatzes wäre bei Einhaltung der allgemeinen Vorschrift des § 48 SGB X nicht zu verwirklichen gewesen. Die Gesetzesmaterialien (BT-Drucks 12/5929, 5) führen dazu aus, daß die umfassendere Berücksichtigung eigenen Einkommens der Kinder in vielen Fällen zusätzliche Überprüfungen erfordere, die nicht vor Inkrafttreten der Bestimmungen erledigt werden könnten; deshalb sei aus organisatorischen Gründen wegen der kurzen Vorlaufzeit eine Übergangsvorschrift erforderlich, die vor allem auch für die Vielzahl von Kindergeldstellen des öffentlichen Dienstes eine ausreichende Bearbeitungszeit sicherstelle, ohne die Gleichbehandlung der Kg-Empfänger zu gefährden. Der Schwierigkeit einer raschen Umsetzung hatte der Gesetzgeber in der Vergangenheit dadurch Rechnung getragen, daß das Gesetz zur Verbesserung der Haushaltsstruktur vom 18. Dezember 1975 (BGBl I 3091) allgemein bereits zum 1. Januar 1976, bezüglich der erstmalig vorgeschriebenen Einkommensanrechnung beim Kg aber erst zum 1. Juli 1976 in Kraft getreten war (Art 47 § 2 Nr 4).
Zwar war es verfassungsrechtlich nicht geboten, daß der Gesetzgeber erneut den Weg wählte, verwaltungsmäßigen Umsetzungsschwierigkeiten durch späteres Inkraftsetzen der Neuregelung Rechnung zu tragen. Eine Rückzahlungsverpflichtung bei im Vertrauen auf den bislang nicht aufgehobenen Verwaltungsakt und auch im übrigen gutgläubig bezogenen Leistungen kann indessen vom Gesetzgeber nicht angeordnet werden, ohne gegen das Rechtsstaatsprinzip zu verstoßen. Der Bürger muß sich darauf verlassen können, daß durch Verwaltungsakt begründete Rechte nicht überraschend mit der Folge entwertet werden, daß er Leistungen zurückzuzahlen hat, die er im Vertrauen auf ihre Rechtmäßigkeit inzwischen verbraucht hat. Dem kann nicht entgegengehalten werden, daß auch § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB X eine rückwirkende Aufhebung eines Verwaltungsakts vorsieht, wenn nach Erlaß des Verwaltungsakts Einkommen erzielt wird, das zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde. Denn diese Vorschrift betrifft den Fall, daß die Änderung der Verhältnisse in der nachträglichen Erzielung von Einkommen besteht; dann ist die rückwirkende Aufhebung gerechtfertigt, weil dem Empfänger nicht Sozialleistungen und Einkommen nebeneinander verbleiben sollen und der Empfänger die Änderung auch regelmäßig bemerkt. Im vorliegenden Fall geht es aber nicht um eine Änderung der Einkommensverhältnisse, sondern um eine Gesetzesänderung; die Einkommenssituation ist unverändert geblieben und brauchte dem Kläger keinen Anlaß zu der Überlegung geben, ob ihm Kg auch ab Januar 1994 noch zustand. Eine rückwirkende Aufhebung der Leistungsbewilligung wäre nach § 48 Abs 1 Satz 2 Nr 4 SGB X nur möglich gewesen, wenn der Kläger gewußt oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewußt hätte, daß der sich aus dem bindenden Verwaltungsakt ergebende Anspruch infolge der Gesetzesänderung weggefallen war.
Der weitgehende Vertrauensschutz, den § 48 SGB X gewährleistet, ist freilich verfassungsrechtlich nicht zwingend geboten (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 13). Verfassungsrechtlichen Mindestanforderungen wird schon dadurch genügt, daß von Gesetzes wegen überhaupt ein schutzwürdiges Vertrauen berücksichtigt und mit den öffentlichen Belangen abgewogen werden kann (BVerfGE 59, 128, 164, 167). Die eine unbedingte Rückzahlung überzahlten Kg anordnende Vorschrift des § 44g Abs 3 BKGG läßt sich in diesem Sinne verfassungskonform einschränkend auslegen. Es ist kein Anhaltspunkt dafür ersichtlich, daß der Gesetzgeber die Regelung ungeachtet des verfassungsrechtlich gebotenen Vertrauensschutzes bewußt so getroffen hat. Es läßt sich überhaupt nicht erkennen, daß verfassungsrechtliche Erwägungen angestellt worden sind. Die Gesetzesänderung ist erst aufgrund der Ausschußberatungen und kurz vor ihrem Inkrafttreten beschlossen worden. Es liegt deshalb die Annahme nahe, daß es an der Zeit für eine gründliche verfassungsrechtliche Prüfung der vorgesehenen Gesetzesänderung gefehlt hat. Weil es an einer bewußten Entscheidung des Gesetzgebers, den Vertrauensschutz des Betroffenen generell hintanzustellen, fehlt und der Wortlaut der Vorschrift einer einschränkenden Interpretation zugänglich ist, ist die Auslegung verfassungskonform dahingehend vorzunehmen, daß eine Rückzahlungspflicht entfällt, wenn der Betroffene von der Gesetzesänderung nichts wußte und auch bei Beachtung der zu verlangenden Sorgfalt nichts wissen konnte. Dabei ist klarstellend darauf hinzuweisen, daß vom betroffenen Bürger nicht erwartet werden kann, die im Gesetzblatt verkündeten Gesetze jeweils zu verfolgen und daraufhin zu prüfen, ob sich daraus Änderungen für ihm bereits bewilligte Leistungen ergeben. Er kann im allgemeinen darauf vertrauen, daß Gesetzesänderungen durch Bescheide umgesetzt werden, zumindest aber, daß er über ihn betreffende Gesetzesänderungen unterrichtet wird.
Hier hat der Beklagte dem Kläger noch im Dezember 1993 mit dem Informationsblatt “Wichtige Hinweise für Kindergeldberechtigte” den wesentlichen Inhalt der Gesetzesänderung und mit der Bezügemitteilung für Januar 1994 einen Rückforderungsvorbehalt “wegen der Änderungen des BKGG” übermittelt. Der Kläger war daher rechtzeitig und hinreichend über die möglichen Auswirkungen der Gesetzesänderung informiert, sein Vertrauen in einen Fortbestand der bestehenden Regelung bereits vor dem 1. Januar 1994 entfallen. Gegenteiliges ist auch von der Revision nicht vorgetragen worden.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.