Entscheidungsstichwort (Thema)
Rentenversicherungsbeitrag. Nachversicherungsfall aufgrund pflichtwidrigem Unterlassen des Beitragsschuldners. Säumniszuschlag. Verjährungseinrede. unzulässige Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs
Leitsatz (redaktionell)
1. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung von Beiträgen und im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge durch Verwaltungsakt einzufordern.
2. Eine Einrede der Verjährung durch den Nachversicherungsschuldner stellt sich als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässige Rechtsausübung dar, wenn der Rentenversicherungsträger erst nach Jahren im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens des Versicherten vom Nachversicherungsfall erfährt, weil der Nachversicherungsschuldner seiner Mitteilungspflicht pflichtwidrig nicht nachgekommen war.
3. Der Sinn und Zweck von Säumniszuschlägen rechtfertigt keine vom Schicksal der Nachversicherungsbeiträge abweichende rechtliche Bewertung der Zulässigkeit der Erhebung einer Verjährungseinrede.
Orientierungssatz
1. Hat ein Rentenversicherungsträger erst nach Jahren im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens des Versicherten vom Nachversicherungsfall erfahren, weil der Nachversicherungsschuldner seiner Mitteilungspflicht pflichtwidrig nicht nachgekommen war, so kann sich der Nachversicherungsschuldner nicht auf die Verjährung der Nachversicherungsbeiträge berufen (Anschluss an BSG vom 27.6.2012 - B 5 R 88/11 R = BSGE 111, 107 = SozR 4-2600 § 233 Nr 2).
2. Der Sinn und Zweck von Säumniszuschlägen rechtfertigt keine vom Schicksal der Nachversicherungsbeiträge abweichende rechtliche Bewertung der Zulässigkeit der Erhebung einer Verjährungseinrede.
Normenkette
SGB 4 § 24; SGB 4 § 25 Abs. 1 Sätze 1-2; BGB § 242
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 17. September 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat auch die Kosten des Revisionsverfahrens zu tragen.
Der Streitwert wird auf 1415,50 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der klagende Freistaat dem beklagten Rentenversicherungsträger (weitere) Säumniszuschläge für verspätet entrichtete Nachversicherungsbeiträge zu zahlen hat.
Die Versicherte stand vom 1.9.1997 bis 31.8.1999 als Beamtin auf Widerruf (Lehramtsanwärterin) im Dienst des Klägers. Anschließend war sie für diesen als angestellte Lehrerin tätig. Die Beklagte, die hiervon erst im Zuge eines Kontenklärungsverfahrens der Versicherten im Sommer 2007 Kenntnis erhielt, fragte wegen der Nachversicherung der ehemaligen Beamtin beim Kläger an. Dieser überwies mit Wertstellung zum 21.9.2007 Nachversicherungsbeiträge in Höhe von 5352,80 Euro.
Im Mai 2008 hörte die Beklagte den Kläger zur Erhebung von Säumniszuschlägen an. Dieser berief sich auf Verjährung. Mit Bescheid vom 30.10.2009 forderte die Beklagte für die Zeit vom 1.12.1999 bis 21.9.2007 Säumniszuschläge in Höhe von 4465 Euro. Die Forderung sei wegen der dreißigjährigen Verjährungsfrist infolge des vorsätzlichen Vorenthaltens der Nachversicherungsbeiträge seitens des Klägers nicht verjährt.
Das SG hat mit Urteil vom 8.11.2012 den angefochtenen Bescheid aufgehoben, soweit die Beklagte Säumniszuschläge in Höhe von mehr als 2707,50 Euro fordert, und die Klage im Übrigen abgewiesen. Vorliegend sei die vierjährige Verjährungsfrist anzuwenden. Der Kläger habe die Nachversicherungsbeiträge nicht vorsätzlich einbehalten. Er habe ausreichende organisatorische Maßnahmen getroffen, um deren unverzügliche Entrichtung sicherzustellen. Die unterlassene Weiterleitung der Besoldungsakte nach Ausscheiden der Versicherten aus dem Beamtenverhältnis an das für die Nachversicherung zuständige Referat begründe lediglich den Vorwurf der Fahrlässigkeit, die der Kläger sich zurechnen lassen müsse. Demnach schulde er die für die Zeit ab dem 1.1.2003 bis zur Schuldentilgung berechneten Säumniszuschläge.
Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG mit Urteil vom 17.9.2014 die Entscheidung des SG geändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Zwar komme vorliegend die vierjährige Verjährungsfrist zur Anwendung mit der Folge, dass ein Teil der Säumniszuschläge verjährt sei. Entgegen der Berechnung des SG beliefen sich die nicht verjährten Säumniszuschläge auf 3049,50 Euro. Der Kläger habe sich bereit erklärt, diesen Betrag zu zahlen. Er sei allerdings verpflichtet, auch die verjährten Säumniszuschläge für die Zeit vom 1.12.1999 bis 31.12.2002 in Höhe von 1415,50 Euro zu entrichten, weil die Erhebung der Einrede der Verjährung gegen Treu und Glauben (§ 242 BGB) verstoße und damit rechtsmissbräuchlich sei.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung des § 25 Abs 1 SGB IV. Revisionsrechtlicher Streitgegenstand sei allein die Erhebung der Einrede der Verjährung hinsichtlich der bereits verjährten Säumniszuschläge. Bezüglich der verjährten Nachversicherungsbeiträge habe er aus Fürsorgegesichtspunkten auf die Verjährungsreinrede verzichtet. Dies gelte jedoch nicht für die Säumniszuschläge. Die Frage der Rechtsmissbräuchlichkeit der Verjährungseinrede sei für Haupt- und Nebenforderung, hier also für Nachversicherungsbeiträge und Säumniszuschläge, gesondert zu prüfen. Im Gegensatz zu Nachversicherungsbeiträgen wirke sich die Einrede der Verjährung bei Säumniszuschlägen nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des Versicherungsschutzes des Nachzuversichernden aus. Die Erhebung von Säumniszuschlägen stehe damit auch nicht im Interesse des einzelnen Beschäftigten. Die Solidargemeinschaft der Versicherten sei durch die Verjährung eines Teils der Säumniszuschläge (bei Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge) nicht in dem Maße belastet, dass die Erhebung der Einrede der Verjährung auch unter Berücksichtigung des fahrlässigen Verhaltens des Klägers rechtsmissbräuchlich sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 17. September 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 30. Oktober 2009 aufzuheben, soweit die Beklagte weitere Säumniszuschläge für die Zeit vom 1. Dezember 1999 bis 31. Dezember 2002 in Höhe von 1415,50 Euro erhoben hat.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Beklagte erklärt, dass sie den Vorwurf gegen den Kläger, dieser habe bei der zunächst unterlassenen Nachentrichtung der Nachversicherungsbeiträge zumindest bedingt vorsätzlich gehandelt, nicht mehr aufrechterhalte.
Im Übrigen hält sie das angefochtene Urteil im Ergebnis für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des klagenden Freistaats ist nicht begründet.
1. Die Klage ist zulässig, ohne dass es vor Erhebung der Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 S 1 Alt 1 SGG) der Durchführung eines Vorverfahrens bedurfte. Der Kläger führt die Klage nämlich als Land iS von § 78 Abs 1 S 2 Nr 3 SGG.
Zu Recht hat die Beklagte die geforderten Säumniszuschläge durch Verwaltungsakt (Bescheid vom 30.10.2009) festgesetzt. Der für die Nachversicherung zuständige Rentenversicherungsträger ist berechtigt, auch gegenüber öffentlich-rechtlichen Arbeitgebern die Nachentrichtung von Beiträgen durch Verwaltungsakt einzufordern. Entsprechendes gilt für im Nachversicherungsverfahren anfallende Säumniszuschläge. Auch diese dürfen gegenüber öffentlich-rechtlichen Trägern durch Verwaltungsakt geltend gemacht werden (vgl Senatsurteile vom 1.7.2010 - B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 14; vom 29.11.2007 - B 13 R 48/06 R - BSGE 99, 227, 228 = SozR 4-2600 § 186 Nr 1, RdNr 14).
2. Gegenstand des Verfahrens (§ 95 SGG) ist der Bescheid vom 30.10.2009 nur insoweit, als die Beklagte Säumniszuschläge für die Zeit vom 1.12.1999 bis 31.12.2002 in Höhe von 1415,50 Euro fordert. Revisionsrechtlicher Streitgegenstand ist insofern allein die Erhebung der Verjährungseinrede durch den Kläger. Dies ist zulässig, weil es sich insofern um einen (ab-)trennbaren Streitgegenstand im revisionsrechtlichen Sinne handelt (stRspr, BSG Urteil vom 27.6.2012 - B 5 R 88/11 R - BSGE 111, 107 = SozR 4-2600 § 233 Nr 2, RdNr 12; BSG Urteil vom 27.4.2010 - B 5 R 8/08 R - SozR 4-2600 § 233a Nr 1 RdNr 23; BSG Urteil vom 12.12.2007 - B 12 AL 1/06 R - BSGE 99, 271 = SozR 4-2400 § 27 Nr 3, RdNr 10; BSG Urteil vom 13.9.2006 - B 12 AL 1/05 R - SozR 4-2400 § 27 Nr 2 RdNr 11). Damit steht die Pflicht des Klägers, Säumniszuschläge für den streitgegenständlichen Zeitraum zu zahlen, dem Grunde nach zwischen den Beteiligten fest. Der revisionsgerichtlichen Prüfung unterliegt allein die Durchsetzbarkeit der streitgegenständlichen Säumniszuschläge.
3. Das LSG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, dass der Anspruch der Beklagten auf Zahlung der Säumniszuschläge auch hinsichtlich des streitigen Zeitraums vom 1.12.1999 bis 31.12.2002 durchsetzbar ist.
a) Nach § 25 Abs 1 S 1 SGB IV verjähren Ansprüche auf Beiträge in vier Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Ansprüche auf vorsätzlich vorenthaltene Beiträge verjähren hingegen gemäß § 25 Abs 1 S 2 SGB IV in dreißig Jahren nach Ablauf des Kalenderjahrs, in dem sie fällig geworden sind. Diese Verjährungsfristen finden auch auf Säumniszuschläge Anwendung, die auf Nachversicherungsbeiträge entfallen (vgl Senatsurteile vom 1.7.2010 - B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 33; vom 17.4.2008 - B 13 R 123/07 R - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2, RdNr 24 f).
Der Senat braucht nicht zu entscheiden, ob vorliegend für die Verjährung der noch streitigen Säumniszuschläge die "lange" dreißigjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 S 2 SGB IV oder die "kurze" vierjährige Verjährungsfrist des § 25 Abs 1 S 1 SGB IV Anwendung findet. Selbst wenn man zugunsten des Klägers lediglich die vierjährige Verjährungsfrist annehmen wollte, er also hinsichtlich der Nachentrichtung der Nachversicherungsbeiträge lediglich fährlässig gehandelt haben sollte, ist dieser hinsichtlich der streitbefangenen Säumniszuschläge nicht zur Leistungsverweigerung berechtigt. Zwar waren nach den Feststellungen des LSG bei Begleichung der Beitragsschuld durch den Kläger im September 2007 die von der Beklagten für den Zeitraum vom 1.12.1999 bis 31.12.2002 erhobenen Säumniszuschläge bereits verjährt. Der Kläger kann sich aber nicht auf die Verjährung dieser Säumniszuschläge berufen. Denn eine solche Einrede stellt sich nach dem auch für das öffentliche Recht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) als rechtsmissbräuchlich und damit als unzulässige Rechtsausübung dar.
b) Der 5. Senat des BSG hat in seinem Urteil vom 27.6.2012 (B 5 R 88/11 R - BSGE 111, 107 = SozR 4-2600 § 233 Nr 2) in einem Fall, in dem der Rentenversicherungsträger - wie auch vorliegend - erst nach Jahren im Rahmen eines Kontenklärungsverfahrens des Versicherten vom Nachversicherungsfall erfahren hatte, weil der Nachversicherungsschuldner (Arbeitgeber) seiner Mitteilungspflicht pflichtwidrig nicht nachgekommen war, entschieden, dass sich der Nachversicherungsschuldner dann nicht auf die Verjährung der Nachversicherungsbeiträge berufen kann. Grundsätzlich sei die Erhebung der Verjährungseinrede zwar auch öffentlich-rechtlichen Trägern gestattet; anders sei dies aber, wenn erst das pflichtwidrige Unterlassen des Nachversicherungsschuldners den Rentenversicherungsträger von der (rechtzeitigen) Geltendmachung seines Beitragsanspruchs abgehalten habe. In einem solchen Fall sei die Erhebung einer Verjährungseinrede hinsichtlich der Nachversicherungsbeiträge ausgeschlossen, weil diese rechtsmissbräuchlich sei. Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat nach eigener Prüfung an.
Entgegen der Auffassung des Klägers kann in einer solchen Fallkonstellation hinsichtlich der Erhebung der Einrede der Verjährung in Bezug auf Säumniszuschläge (Nebenforderung) nichts anderes gelten (vgl bereits Senatsentscheidung vom 1.7.2010 - B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 32 zum Rechtsinstitut der Verwirkung). Denn insoweit teilt die Nebenforderung das Schicksal der Hauptforderung (vgl LSG Baden-Württemberg Urteil vom 9.4.2014 - L 5 R 2239/13 - Juris RdNr 23; Bigge in Eichenhofer/Wenner, Komm zum SGB I, IV, X, 2012, § 24 SGB IV RdNr 5 und 16; zum Gleichlauf der Verjährungsfristen: BSG Urteil vom 8.4.1992 - 10 RAr 5/91 - SozR 3-2400 § 25 Nr 4 S 16).
(1) Der Sinn und Zweck von Säumniszuschlägen rechtfertigt keine vom Schicksal der Nachversicherungsbeiträge abweichende rechtliche Bewertung der Zulässigkeit der Erhebung einer Verjährungseinrede.
Säumniszuschläge nach § 24 SGB IV sanktionieren die verspätete Beitragszahlung des Arbeitgebers, indem einerseits durch die säumnisbedingte Erhöhung des Zahlbetrags zur Sicherstellung eines geordneten Verwaltungsablaufs und der Beschaffung der hierfür benötigten Finanzmittel Druck auf den Schuldner ausgeübt (Senatsentscheidung vom 1.7.2010 - B 13 R 67/09 R - SozR 4-2400 § 24 Nr 5 RdNr 15; BSG Urteil vom 24.1.2003 - B 12 KR 30/00 R - SozR 4-2500 § 266 Nr 4 RdNr 15; BSG Urteil vom 23.10.1987 - 12 RK 11/86 - Juris RdNr 12), andererseits aber auch ein standardisierter Mindestschadensausgleich für den eingetretenen Zinsverlust und Verwaltungsaufwand vorgenommen wird (vgl Senatsentscheidung vom 12.2.2004 - B 13 RJ 28/03 R - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 12; BSG Urteil vom 17.5.2001 - B 12 KR 32/00 R - BSGE 88, 146, 152 = SozR 3-2400 § 24 Nr 4 S 15; BSG Beschluss vom 10.6.2010 - B 2 U 4/10 B - SozR 4-1920 § 43 Nr 1 RdNr 16). Damit soll sichergestellt werden, dass die Sozialleistungsträger die entstandenen Beiträge zum Fälligkeitstermin auch tatsächlich zur Erfüllung ihrer Leistungspflichten zur Verfügung haben, und zudem soll ausgeschlossen werden, dass sich der Beitragsschuldner durch rechtswidriges Verhalten ein "zinsloses" Darlehen verschafft oder durch eine verspätete Beitragszahlung selbst einen Zinsvorteil erlangt (Senatsentscheidung vom 12.2.2004 - B 13 RJ 28/03 R - BSGE 92, 150 = SozR 4-2400 § 24 Nr 2, RdNr 12). In dieser "Doppelfunktion" dienen Säumniszuschläge somit der Funktionsfähigkeit und der finanziellen Stabilität der Sozialversicherung (BSG Urteil vom 29.8.2012 - B 12 KR 3/11 R - BSGE 111, 268 = SozR 4-2400 § 24 Nr 7, RdNr 25; Udsching in Hauck/Noftz, SGB IV, K § 24 RdNr 1, Stand Einzelkommentierung Oktober 2012). Hierbei handelt es sich um einen überragend wichtigen Gemeinwohlbelang und ein legitimes gesetzgeberisches Ziel (vgl BSG Urteil vom 29.8.2012 aaO; BVerfG Urteil vom 10.6.2009 - 1 BvR 706/08 ua - BVerfGE 123, 186, 264 f = SozR 4-2500 § 6 Nr 8 RdNr 233 mwN).
Der Umstand, dass sich die Einrede der Verjährung bei Säumniszuschlägen nicht auf das Bestehen oder Nichtbestehen des Versicherungsschutzes des Nachzuversichernden auswirkt, hat entgegen der Ansicht des Klägers nicht zur Folge, dass die Erhebung von Säumniszuschlägen nicht auch im Interesse des einzelnen Versicherten steht. Denn zumindest mittelbar kommt auch die Erhebung von Säumniszuschlägen dem jeweiligen Versicherten zugute, tragen sie doch als sonstige Einnahmen zur Finanzierung der umlagefinanzierten gesetzlichen Rentenversicherung und damit zum Erhalt ihrer Funktionsfähigkeit und Finanzstabilität bei (vgl Schmidt in Kreikebohm, SGB VI, 4. Aufl 2013, § 153 RdNr 10).
(2) Im Übrigen sei darauf hingewiesen, dass dem Einwand der unzulässigen Rechtsausübung wegen Rechtsmissbrauchs der Gedanke zugrunde liegt, dass niemand aus seinem eigenen fehlerhaften Verhalten für sich Vorteile zum Nachteil eines anderen herleiten können soll (vgl A. Guckelberger, Die Verjährung im Öffentlichen Recht, 2004, S 444). Auch vor diesem Hintergrund überzeugt die vom Kläger vorgenommene quantitative Betrachtungsweise nicht, die "Solidargemeinschaft" der Versicherten werde durch die Verjährung eines Teils der entstandenen Säumniszuschläge (bei Entrichtung der Nachversicherungsbeiträge) nicht in einem Maße belastet, dass dies die Einrede der Verjährung unter Berücksichtigung des (fahrlässigen) Verhaltens des Klägers als rechtsmissbräuchlich erscheinen lasse.
(3) Dieses Ergebnis steht auch nicht im Widerspruch zur Entscheidung des Senats vom 17.4.2008 (B 13 R 123/07 R - BSGE 100, 215 = SozR 4-2400 § 25 Nr 2), in der er ausgeführt hat, dass der Beitragsschuldner - trotz Verjährung - grundsätzlich berechtigt sei, auf die Hauptleistung zu zahlen - etwa weil er hierzu nach beamtenrechtlichen Grundsätzen verpflichtet sei -, sich jedoch nur wegen einer Nebenforderung auf Verjährung berufen könne (aaO, RdNr 24). Denn der Senat hat in der vorgenannten Entscheidung mangels ausreichender Feststellungen der Vorinstanz die Rechtssache zurückverweisen müssen und nicht klären können, ob in dieser Sache Säumniszuschläge überhaupt zu erheben und bejahendenfalls, ob diese nicht bereits verjährt waren.
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 SGG, weil die Beteiligten nicht zu den in § 183 SGG genannten Personen gehören. Dem Kläger waren gemäß § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO die Kosten des Revisionsverfahrens aufzuerlegen, weil er mit seinem Rechtsmittel keinen Erfolg hatte. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 S 1 GKG.
Fundstellen
NZS 2016, 231 |
SGb 2016, 31 |
FSt 2016, 900 |