Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. März 1990 und des Sozialgerichts Mainz vom 31. Mai 1989 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob sich die Beklagte an den Aufwendungen der Klägerin zur Entschädigung einer Berufskrankheit zu beteiligen hat.
Die Klägerin wurde durch Urteil des Sozialgerichts München vom 21. Oktober 1977 (S 22 U 822/74) verurteilt, bei einem im Jahre 1919 geborenen Versicherten eine Berufskrankheit nach Nr 38 – später Nr 3102 (von Tieren auf Menschen übertragbare Krankheiten) – der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) anzuerkennen und ausgehend von einem Versicherungsfall im August 1970 zu entschädigen. Das Bayerische Landessozialgericht wies die Berufung durch Urteil vom 23. November 1983 (L 2/8 U 6/78) zurück. Die Nichtzulassungsbeschwerde der Klägerin blieb erfolglos (Beschluß des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 30. August 1984 – 2 BU 39/84 –). Die Klägerin gewährte dem Versicherten Vollrente und Pflegegeld.
Das LSG hatte festgestellt, daß die Infektion des Versicherten vor dem Jahre 1950 erfolgt sein müsse, und war davon ausgegangen, daß der Versicherte in den Jahren 1938 und 1939 sowie 1948 bis 1951 in Mitgliedsbetrieben der Beklagten beschäftigt gewesen sei. Darauf gestützt forderte die Klägerin die Beklagte im September 1984 auf, den wesentlichen Teil der Entschädigungslast zu übernehmen und sich an den bereits gewährten Leistungen in entsprechendem Umfang zu beteiligen. Die Beklagte lehnte dies ab. Im November 1987 verstarb der Versicherte.
Das Sozialgericht Mainz (SG) hat die Beklagte durch Urteil vom 31. Mai 1989 (S 2 U 4/87) verurteilt, der Klägerin 44 vH der dem Versicherten gewährten Leistungen zu erstatten. Das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz (LSG) hat die Berufung der Beklagten durch Urteil vom 7. März 1990 (L 3 U 98/89) zurückgewiesen. Das LSG hat ausgeführt, Grundlage für den geltend gemachten Anspruch sei § 1739 Reichsversicherungsordnung (RVO). Danach könnten die beteiligten Versicherungsträger die Entschädigungslast unter sich verteilen, wenn sich ein Arbeitsunfall bei einer Beschäftigung ereignet habe, die für mehrere Betriebe oder Tätigkeiten stattgefunden habe und diese bei verschiedenen Versicherungsträgern versichert seien. Vorliegend sei die Berufskrankheit – welche einem Arbeitsunfall gleichgestellt sei – zwar nicht während einer Beschäftigung eingetreten, die gleichzeitig mehreren Betrieben gedient habe, sondern die Klägerin und die Beklagte seien in unterschiedlichen Zeiträumen für Betriebe zuständig gewesen, in denen der Versicherte gearbeitet habe. Eine sinngemäße Anwendung des § 1739 RVO sei jedoch geboten. Der zu entscheidende Fall sei nämlich dadurch gekennzeichnet, daß nicht festgestellt werden könne, welcher Unfallversicherungsträger zuständig sei, weil nicht mehr aufgeklärt werden könne, bei welcher konkreten Tätigkeit für welchen Betrieb die Berufskrankheit eingetreten sei. Es sei unbillig, in diesen Fällen nur dem zuerst in Anspruch genommenen Unfallversicherungsträger die alleinige Entscheidungslast aufzubürden. Nach Art und Weise der Beschäftigung des Versicherten (Metzger) hätte die Infektion in jedem Beschäftigungsbetrieb des Vesicherten zwischen 1939 und 1950 eintreten können. Die Verteilung der Entschädigungslast sei nach den Beschäftigungszeiten während des möglichen Infektionszeitraums vom 26. August 1939 (Inkrafttreten der 4. Verordnung über die Ausdehnung der Unfallversicherung auf Berufskrankheiten vom 29. Januar 1943 – RGBl I S 85) bis Ende 1949 vorzunehmen. Dabei seien Zeiten des Reichsarbeits- und Militärdienstes der Klägerin zuzurechnen. Der Versicherte habe in dem gesamten Zeitraum ca 54 Monate in einem Betrieb gearbeitet, für welche die Beklagte zuständiger Unfallversicherungsträger gewesen sei, gegenüber 69 Monaten, die der Klägerin zuzurechnen seien. Hieraus ergebe sich eine Quotierung der Entschädigungslast von 56 vH zu Lasten der Klägerin und 44 vH zu Lasten der Beklagten. Der Anspruch der Klägerin aus der analogen Anwendung des § 1739 RVO sei weder nach § 111 Sozialgesetzbuch – Verwaltungsverfahren – (SGB X) ausgeschlossen, noch nach § 113 SGB X verjährt. Auch eine rechtsmißbräuchliche Heranziehung der Beklagten liege nicht vor.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung materiellen Rechts. § 1739 RVO sei im vorliegenden Fall nicht entsprechend anwendbar. Es gebe nur einen Zeitpunkt, zu dem sich der Versicherte infiziert haben könne. Dieser liege entweder innerhalb eines versicherungsrechtlich der Klägerin, der Beklagten oder dem Beigeladenen zuzuordnenden Zeitraumes. Allein die Tatsache, daß nicht mehr aufklärbar sei, bei welchem Leistungsträger der Versicherte zum Zeitpunkt der Infektion versichert gewesen sei, rechtfertige eine analoge Anwendung des § 1739 RVO nicht. Die Vorschrift des § 1739 RVO diene nicht zur Befreiung von fälschlich übernommener Entschädigungslast. Eine analoge Anwendung des § 1739 RVO führe zu dem unbilligen Ergebnis, daß sie zu Leistungen verurteilt werde, für die sie möglicherweise nicht zuständig sei, da der tatsächliche Infektionszeitpunkt nicht festgestellt worden sei. Im übrigen entfalte das rechtskräftig gewordene Urteil des LSG vom 23. November 1983 Bindungswirkung auch für die Beteiligten des jetzt anhängigen Verfahrens. In Rechtskraft erwachsen sei daher auch die damalige Feststellung, die vermutliche Ansteckungszeit falle in den Zeitraum einer bei der Klägerin versicherten Berufstätigkeit des Versicherten. Selbst wenn man § 1739 RVO vorliegend analog anwende, wäre der Anspruch wegen § 111 SGB X teilweise ausgeschlossen.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 7. März 1990 sowie das Urteil des Sozialgerichts Mainz vom 31. Mai 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen,
hilfsweise,
die Sache an das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz zurückzuweisen und über folgende Anträge zu entscheiden:
- festzustellen, wann der Infektionszeitpunkt war, insbesondere, ob vor dem maßgeblichen Stichtag des 26. August 1939;
- festzustellen, ob der Infektionszeitpunkt innerhalb der maßgeblichen Frist nach § 54 Bundesversorgungsgesetz (1. Januar 1942 bis 8. Mai 1945) eingetreten ist;
- die hygienischen Zustände und Arbeitsbedingungen bei den verschiedenen Tätigkeiten des Versicherten festzustellen.
Die Klägerin und der Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten die angefochtenen Urteile für zutreffend. Die Klägerin trägt ergänzend vor, der Versicherte habe sich während eines längeren Zeitraumens beruflich bedingt mit der Krankheit infiziert. Während dieses Zeitraumes sei der Versicherte für mehrere Betriebe tätig gewesen, für welche verschiedene Unfallversicherungsträger, nämlich die Beklagte und die Klägerin, zuständig gewesen seien. Damit seien die Voraussetzungen des § 1739 RVO erfüllt. § 1739 sehe im Falle von Berufskrankheiten eine Verteilung der Entschädigungslast auch und gerade dann vor, wenn im nachhinein der Zeitpunkt der Infektion nicht mehr exakt feststellbar sei und die Infektion bei verschiedenen Beschäftigungen eingetreten sein könne. Entsprechendes hätten die Versicherungsträger in der Vereinbarung über die Zuständigkeit und Lastenverteilung bei Berufskrankheiten vom 8. Februar 1973 idF des ersten Nachtrags vom 1. Oktober 1984 vertraglich festgelegt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist begründet.
Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen die Beklagte auf Beteiligung an der Entschädigung der Berufskrankheit des Versicherten.
Zutreffend haben SG und LSG die von der Klägerin erhobene Klage für zulässig erachtet. Der Leistungsklage nach § 54 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) steht nicht entgegen, daß die Klägerin auf die Klage des Versicherten rechtskräftig verurteilt worden ist, die Krankheit des Versicherten als Berufskrankheit zu entschädigen. Nach § 141 SGG binden rechtskräftige Urteile die Beteiligten und ihre Rechtsnachfolger, soweit über den Streitgegenstand entschieden worden ist. Gegenstand der materiellen Rechtskraft ist die Entscheidung des Gerichts, daß sich aus einem bestimmten Tatbestand eine bestimmte Rechtsfolge ergebe (BSGE 13, 181, 184). Daher bindet die Verurteilung der Klägerin als der damals Beigeladenen die nunmehr Beteiligten nur soweit, als über den Anspruch des Versicherten auf Entschädigung entschieden worden ist. Zwar betrifft die Klage, über die im vorliegenden Rechtsstreit zu entscheiden ist, denselben Sachverhalt; aber es wird eine andere Rechtsfolge geltend gemacht, nämlich das Begehren der Klägerin, die Beklagte habe die Entschädigungslast mitzutragen. Es handelt sich somit um einen anderen Streitgegenstand (vgl BSGE 24, 216, 218), was sich auch daraus ergibt, daß die Regelung über die Verteilung der Entschädigungslast dem notwendigen Ausgleich für die einseitige Belastung des Versicherungsträgers dient, der zur Entschädigung des an einer Berufskrankheit erkrankten Versicherten verpflichtet ist. Dem Versicherten gegenüber ist immer nur ein einziger Versicherungsträger leistungspflichtig, auch wenn die unfallbringende oder zu einer Berufskrankheit führende Tätigkeit mehreren, bei verschiedenen Versicherungsträgern versicherten Unternehmen zugute kommt (vgl BSG SozR 2200 § 671 Nr 1 mwN; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 233a I).
Für das Begehren der Klägerin auf Verteilung der Entschädigungslast zwischen ihr und der Beklagten fehlt es jedoch an einer rechtlichen Grundlage.
Zutreffend geht das LSG davon aus, daß insoweit die Vereinbarung der gewerblichen Berufsgenossenschaften und der See-Berufsgenossenschaft über die Zuständigkeit und Lastenverteilung bei Berufskrankheiten vom 8./9. Februar 1973 idF des am 1. August 1990 in Kraft getretenen zweiten Nachtrags (- Vereinbarung – abgedruckt bei Lauterbach/ Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, Anhang Nr 3) nicht einschlägig ist. Die beteiligten Berufsgenossenschaften haben sich bei Abschluß dieser Vereinbarung von dem Gedanken leiten lassen, daß es eine ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Zuständigkeit bei unterschiedlich versicherten Gefährdungszeiten nicht gibt. Im Unterschied zu Arbeitsunfällen werden Berufskrankheiten regelmäßig dadurch verursacht, daß gefährdende Beschäftigungen über bestimmte Zeiträume ausgeübt werden. Die zeitlich andauernde schädliche Einwirkung der gefährdenden Tätigkeit ist in Abgrenzung zum plötzlich eintretenden Arbeitsunfall das Kennzeichen einer Berufskrankheit. Die gefährdende Beschäftigung kann uU über Jahre in verschiedenen Betrieben verrichtet worden sein, bevor erstmals krankhafte Befunde erhoben werden und es zur Anerkennung einer Berufskrankheit kommt. Fallen diese gefährdenden Beschäftigungen in den Zuständigkeitsbereich verschiedener Unfallversicherungsträger, bedarf es nicht nur einer Regelung darüber, welche Berufsgenossenschaft für die Durchführung des Feststellungsverfahrens und die Entschädigung gegenüber dem Versicherten zuständig ist, sondern auch einer Regelung darüber, wie die Entschädigungslast unter den beteiligten Berufsgenossenschaften zu verteilen ist. Es wäre mit dem in der gesetzlichen Unfallversicherung geltenden Prinzip der Beitragsgerechtigkeit nicht zu vereinbaren, in diesem Fall nur die für die Durchführung des Feststellungsverfahrens zuständige Berufsgenossenschaft mit der gesamten Entschädigung zu belasten, obwohl der Versicherte uU in erheblichem Umfang gefährdende Tätigkeiten im Zuständigkeitsbereich anderer Berufsgenossenschaften verrichtet hat. Die Vereinbarung sieht daher in § 8 vor, daß die an der Lastenverteilung beteiligten Berufsgenossenschaften die Aufwendungen grundsätzlich entsprechend dem Verhältnis der auf sie entfallenden gefährdenden Beschäftigungszeiten zur gesamten gefährdenden Beschäftigungszeit zu tragen haben (pro-rata-temporis-Prinzip).
Diese Regelung ist jedoch nur dann gerechtfertigt, wenn tatsächlich eine schädlich auf den Versicherten einwirkende, gefährdende Beschäftigung über einen bestimmten Zeitraum erforderlich ist, um die Berufskrankheit zu verursachen. Das ist bei Berufskrankheiten, die „unfallähnlich” eintreten, nicht der Fall. Diese Erkrankungen werden durch ein zeitlich begrenztes Ereignis hervorgerufen, ohne daß es der längeren Einwirkung durch eine gefährdende Tätigkeit bedarf. Das Ereignis ist einem „Unfall” während der versicherten Tätigkeit vergleichbar. Ein Bedarf für eine besondere Regelung der Lastenverteilung besteht in diesen Fällen nicht. Deshalb schließt § 1 Abs 2 der Vereinbarung ausdrücklich die Anwendung für Berufskrankheiten nach Nrn 3101, 3102, 3103 und 3104 der Anlage 1 zur BKVO (zuletzt geändert durch Verordnung vom 22. März 1988 – BGBl I S 400) aus. Hierbei handelt es sich um Krankheiten, die durch Infektionserreger oder Parasiten hervorgerufen werden und die sämtlich dadurch gekennzeichnet sind, daß sie durch eine einmalige Infektion – vergleichbar einem Arbeitsunfall – hervorgerufen werden. In Ausführung des Urteils des LSG vom 23. November 1985 erkannte die Klägerin bei dem Versicherten das Vorliegen der Berufskrankheit Nr 3102 der Anlage 1 zur BKVO an. Eine Lastenverteilung nach der Vereinbarung kommt daher weder nach dem Wortlaut noch nach Sinn und Zweck der Verordnung in Betracht. Aus § 1 Abs 3 der Vereinbarung folgt entgegen der Ansicht der Klägerin nichts anderes. Nur soweit von der Vereinbarung Berufskrankheiten erfaßt werden, findet nach § 1 Abs 3 die Vereinbarung Anwendung, wenn der Versicherte im Zuständigkeitsbereich mehrerer Berufsgenossenschaften gefährdende Beschäftigung ausgeübt hat. Aus § 1 Abs 3 der Vereinbarung kann nicht geschlossen werden, die Vereinbarung erfasse auch die nach § 1 Abs 2 ausgeschlossenen Berufskrankheiten, soweit die gefährdenden Beschäftigungen im Zuständigkeitsbereich mehrerer Berufsgenossenschaften ausgeübt wurden. Da dies für eine Lastenverteilung nach dieser Vorschrift immer der Fall sein muß, hätte der Ausschluß bestimmter Berufskrankheiten in § 1 Abs 2 – nach der Auffassung der Klägerin -keinerlei Bedeutung.
Die Voraussetzungen für eine Verteilung der Entschädigungslast nach § 1739 RVO liegen ebenfalls nicht vor. Danach können, wenn eine Beschäftigung, bei der sich der Unfall ereignet hat, für mehrere Betriebe oder Tätigkeiten stattgefunden hat, die bei verschiedenen Versicherungsträgern versichert sind, die Beteiligten Versicherungsträger die Entschädigungslast unter sich verteilen. Der dem Versicherten gegenüber leistungspflichtige Versicherungsträger hat unter den sonstigen Voraussetzungen des § 1739 RVO Anspruch auf eine anteilige Übernahme der Entschädigungslast gegen den in Betracht kommenden Versicherungsträger. Das Maß der Beteiligung ist, wenn sich die beteiligten Versicherungsträger nicht einigen, nach Billigkeitsgrundsätzen von den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit zu bestimmen (vgl BSGE 12, 65 ff; BSGE 24, 216 ff; SozR Nr 4 zu § 1739 RVO; SozR 2200 § 1739 Nr 2; BSG Urteil vom 30. August 1984 SozSich 1985, 26). Ebenso wie die Vereinbarung über die Zuständigkeit und Lastenverteilung bei Berufskrankheiten dient die Regelung des § 1739 RVO angesichts der Tatsache, daß dem Versicherten gegenüber für die Durchführung des Feststellungsverfahrens und die Gewährung der Entschädigung immer nur ein einziger Versicherungsträger zuständig ist, dem Ausgleich für die so hervorgerufene einseitige Belastung des leistenden Versicherungsträgers. Ein Versicherungsträger ist daher nur verpflichtet, eine Teillast zu tragen, wenn der Verletzte bei seinem Unfall auch bei ihm versichert war (SozR 2200 § 1739 Nr 2).
Diese Grundsätze sind nicht nur bei Eintritt eines Arbeitsunfalls, sondern auch dann anzuwenden, wenn eine Berufskrankheit „unfallähnlich” verursacht worden ist und deshalb von der Vereinbarung (aaO) nicht erfaßt wird. Allerdings müssen die sonstigen Voraussetzungen des § 1739 RVO – insbesondere die mehreren Betrieben oder Tätigkeiten dienende Beschäftigung – erfüllt sein. Diese Voraussetzung ist nach den nicht angegriffenen und daher den Senat bindenden Feststellungen (§ 163 SGG) des LSG nicht erfüllt. Das Berufungsgericht hat insoweit zwar dargelegt, es sei nicht mehr aufklärbar, bei welchen nacheinanderfolgenden Tätigkeiten für mehrere Betriebe die Berufskrankheit des Versicherten eingetreten sei. Er hat aber ausgeschlossen, daß die Infektion zu einem Zeitpunkt erfolgt sei, zu dem der Versicherte eine Tätigkeit ausgeübt habe, die mehreren Betrieben gleichzeitig gedient habe. Damit handelt es sich vorliegend nicht um einen Fall des § 1739 RVO.
Der Senat folgt auch nicht der Auffassung des LSG, § 1739 RVO sei im vorliegenden Fall sinngemäß anzuwenden. Die Rechtsansicht des LSG findet in der Entscheidung des erkennenden Senats vom 28. Januar 1966 (BSGE 24, 216) keine Stütze. Dieses Urteil betrifft den Fall, daß zwei aufeinanderfolgende Tätigkeiten, für die verschiedene Unfallversicherungsträger zuständig waren, kumulativ für den Eintritt des Arbeitsunfalls ursächlich gewesen sind. Der Senat hat eine analog § 1739 RVO, ausgleichsgebietende Belastung des allein entschädigungspflichtigen Versicherungsträgers angenommen, wenn die unfallbringende Beschäftigung für mehrere Unternehmen nacheinander stattgefunden habe. Allerdings müsse es sich um eine einheitliche Beschäftigung insofern handeln, als von den zeitlich aufeinanderfolgenden Tätigkeiten nicht jede für sich zu einer selbständigen abgrenzbaren Gesundheitsstörung geführt habe (BSGE aaO S 218). Im vorliegenden Fall ist jedoch, die festgestellte Berufskrankheit nicht Folge des jahrelangen Umgangs des Versicherten mit gefährdenden Stoffen (rohes Schweinefleisch), sondern Folge einer einmaligen Infektion. Dies gilt selbst dann, wenn sich der Versicherte im Laufe seines Berufslebens mehrfach infiziert haben sollte. Ursächlich für die Erkrankung wäre auch dann nur eine, nämlich die erste Infektion.
Der hier zu entscheidende Fall ist somit dadurch gekennzeichnet, daß nicht eine kumulative Einwirkung von Tätigkeiten, die bei mehreren Berufsgenossenschaften versichert sind, für den Eintritt der Berufskrankheit ursächlich gewesen ist, sondern daß nach Auffassung des Berufungsgerichts nicht mehr aufklärbar ist, bei welcher Verrichtung die auslösende Infektion erfolgt ist.
Dieser Sachlage wird eine Verteilung der Entschädigungslast nach einer entsprechenden Anwendung des § 1739 RVO nicht gerecht, da feststeht, daß nur ein Versicherungsträger für die Entschädigung zuständig ist und auch die Entschädigungslast endgültig zu tragen hat. Bereits das Reichsversicherungsamt hat entschieden (EuM Bd 17, S 176), daß § 1739 RVO nicht dazu diene, einen Ausgleich für eine fälschlicherweise übernommene Entschädigungslast zu schaffen (ebenso Hanow/Lehmann, Kommentar zur RVO, 4. Aufl, § 1740 Anm 4; Pickel, Das Verwaltungsverfahren, § 1739 Anm 2). Genau dies wäre aber die Folge, wenn vorliegend – unterstellt, die Infektion wäre tatsächlich bei einer Tätigkeit eingetreten, die bei der Beklagten versichert gewesen ist – die Beklagte zu Ausgleichsleistungen verpflichtet würde (vgl Krebs, BG 1959, 154, 155).
Anspruchsgrundlage für das Klagebegehren ist auch nicht § 105 SGB X. Es kann vorliegend dahinstehen, ob ein solcher Erstattungsanspruch von der Klägerin überhaupt geltend gemacht wurde und ob die Klägerin, solange ein rechtskräftiges Urteil sie zur Leistung verpflichtet, überhaupt zu Unrecht iS des § 105 SGB X leistet. Es ist jedenfalls nicht mehr aufklärbar, bei welcher Tätigkeit sich der Versicherte mit der Berufskrankheit infiziert hat, und somit nicht mehr feststellbar, ob die Klägerin unzuständiger Leistungsträger ist. Damit fehlt es schon deshalb an der Voraussetzung des § 105 Abs 1 Satz 1 SGB X, daß ein unzuständiger Leistungsträger Sozialleistungen erbracht hat, die der zuständige Leistungsträger zu erstatten hätte.
Auch die Regeln der sog Wahlfeststellung mit Verurteilung aus wahlweisem Haftungsgrund sind – entgegen der Auffassung der Klägerin – nicht einschlägig. Diese Regeln sind im sozialgerichtlichen Verfahren zwar grundsätzlich anwendbar (BSGE 13, 51, 53; BSGE 26, 22, 25; BSG SozR 2200 § 548 Nr 80). Sie führen zur Zuerkennung oder Ablehnung des Anspruchs, wenn jede in Betracht kommende Tatbestandsvariante zur gleichen Leistung oder Versagung führen muß. Dies ist aber vorliegend nicht der Fall. Dem Anspruch auf wahlweiser Grundlage steht schon entgegen, daß nicht jede der in Betracht kommenden Tatbestandsvarianten zu einem Anspruch der Klägerin nach § 1739 RVO führt. Ein solcher ist nämlich auf jeden Fall dann ausgeschlossen, wenn – was das Berufungsgericht ausdrücklich offenläßt – sich der Versicherte die Berufskrankheit im Zuständigkeitsbereich der Klägerin zugezogen hat.
Ein Ausgleichs- oder Erstattungsanspruch gegen den Beigeladenen scheidet aus den gleichen Gründen aus. Ob sich der Versicherte während des militärischen Dienstes in einer Schlächtereikompanie infiziert hat, ist nicht mehr aufklärbar. Das LSG hat hierzu ausdrücklich festgestellt, die hygienischen Zustände und Arbeitsbedingungen bei den verschiedenen Tätigkeiten des Versicherten seien nicht mehr eruierbar, so daß die Zeit während des Reichsarbeitsdienstes und während der Wehrmachtszugehörigkeit nicht mehr beweisbar risikoreicher als die übrigen Tätigkeiten des Versicherten gewesen seien. Ob weitere Gründe einer Heranziehung des Beigeladenen entgegenstehen, kann dahingestellt bleiben.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen