Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitsbeschaffungsmaßnahme. zuschußfähiges Arbeitsentgelt. Urlaubsabgeltung
Leitsatz (amtlich)
1. Eine vom Arbeitgeber gezahlte Urlaubsabgeltung ist kein zuschußfähiges Arbeitsentgelt im Rahmen einer anerkannten Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (Fortführung von BSG vom 26.7.1994 – 11 RAr 11/94 = AuB 1995, 286).
2. Bei der Förderung von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ist eine Urlaubsabgeltung nicht der Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zuzuordnen (Abgrenzung zu BSG vom 27.9.1994 – 10 RAr 6/93 = SozR 3-4100 § 141b Nr 11 und vom 27.9.1994 – 10 RAr 7/93 = SozR 3-4100 § 141b Nr 12).
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
AFG § 94 Abs. 1 Fassung: 1988-12-20, Abs. 4 Fassung: 1988-12-20; ABMAnO 1985 § 16 Fassung: 1984-12-13; SGB III § 265 Abs. 2
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 11. April 1997 – Az: L 4 Ar 116/95 – aufgehoben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 30. Oktober 1995 zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt einen Zuschuß in Höhe von 3.621,60 DM (= 100 %) wegen einer Urlaubsabgeltung (24 Tage), die er an den bei ihm im Rahmen der Arbeitsbeschaffungsmaßnahme (ABM) „Erweiterung des Betreuungsangebotes und Ausbau der Wohnungsprojektarbeit für sozial benachteiligte Menschen durch die Berliner Stadtmission” (1. Juli 1992 bis 30. Juni 1994) bis 30. Juni 1994 beschäftigten Arbeitnehmer E. … gezahlt hat.
Auf entsprechenden Antrag des Klägers hatte das Arbeitsamt (ArbA) unter Verlängerung des ursprünglichen Förderungszeitraums für die Zeit vom 1. Juli bis 31. Dezember 1993 eine Förderung aus Mitteln des Bundes nach einem Förderungssatz von 75 %, für die Zeit vom 1. Januar bis 30. Juni 1994 aus ihren eigenen Mitteln nach einem Förderungssatz von 75 % und für die Gesamtzeit aus Landesmitteln nach einem zusätzlichen Förderungssatz von 25 % des förderungsfähigen Arbeitsentgelts bewilligt (Bescheid vom 18. Juni 1993); die Bezuschussung der Urlaubsabgeltung wurde jedoch abgelehnt (Bescheid vom 26. August 1994; Widerspruchsbescheid vom 14. Dezember 1994).
Während das Sozialgericht (SG) die Klage abgewiesen hat (Gerichtsbescheid vom 30. Oktober 1995), hat das Landessozialgericht (LSG) die Beklagte verurteilt, dem Kläger Förderungsleistungen in Höhe von 3.621,60 DM zu gewähren (Urteil vom 11. April 1997). Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die bei Erlaß des Anerkennungsbescheids vom 18. Juni 1993 maßgeblichen Durchführungsanweisungen (DA) der Beklagten hätten dem förderungsfähigen Arbeitsentgelt auch Urlaubsabgeltungsbeträge zugerechnet. Da diese DA erst im Juni 1994 dahin geändert worden seien, daß eine gezahlte Urlaubsabgeltung nicht zu bezuschussen sei, könne sich der Kläger auf Vertrauensschutz berufen. Im übrigen handele es sich bei der Urlaubsabgeltung entgegen der Rechtsprechung des 11. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) um eine in den Förderungszeitraum fallende und damit zuschußfähige Arbeitgeberleistung iS des § 94 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm § 16 der Anordnung des Verwaltungsrats der Beklagten über die Förderung von Allgemeinen Maßnahmen zur Arbeitsbeschaffung aus Mitteln der Beklagten (ABMAnO). Auch der 10. Senat des BSG ordne Ansprüche auf Abgeltung bereits erarbeiteten Urlaubs bei der Gewährung von Konkursausfallgeld (Kaug) dem Zeitraum vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 94 AFG iVm § 16 ABMAnO. Sie ist der Ansicht, die vom Kläger an den Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung sei kein förderungsfähiges Arbeitsentgelt iS des § 94 Abs 1 und 4 AFG. Es handele sich um eine Arbeitgeberleistung, die erst für Zeiten nach dem Ende der ABM erbracht worden sei, während der Zuschuß nur für die von den zugewiesenen Arbeitnehmern innerhalb der Arbeitszeit des § 69 AFG geleisteten Arbeitsstunden zu zahlen sei; die Urlaubsabgeltung sei ein Surrogat für den nicht genommenen Urlaub und erfasse damit nur Zeiten nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger könne sich demgegenüber nicht auf die früheren DA zu § 16 ABMAnO stützen, weil diese lediglich verwaltungsinterne Bedeutung hätten und aus ihnen somit ein Anspruch auf Förderung nicht hergeleitet werden könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er ist der Ansicht, das LSG habe richtig entschieden. Die Urlaubsabgeltung sei dem Förderungszeitraum zuzuordnen, weil sie für solche Arbeitsstunden erbracht werde, die während des Förderungszeitraums eigentlich arbeitsfrei hätten sein sollen.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet (§ 170 Abs 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫); die Entscheidung des LSG beruht auf einer Verletzung des § 94 AFG (hier idF des Gesetzes zur Änderung des AFG und zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand vom 20. Dezember 1988 – BGBl I 2343).
In der Revisionsinstanz fortwirkende, von Amts wegen zu berücksichtigende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die den Senat an einer Entscheidung in der Sache hinderten, liegen nicht vor. Insbesondere war weder die Bundesrepublik Deutschland noch das Land Berlin gemäß § 75 Abs 2 1. Alt SGG notwendig beizuladen, so daß eine Beiladung im Revisionsverfahren gemäß § 168 Satz 2 SGG (in der seit 1. März 1993 geltenden Fassung des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 – BGBl I 50) ausscheidet. Zwar sind vorliegend auch Zuschüsse aus Haushaltsmitteln des Landes (vgl die Verwaltungsvereinbarung des Landes Berlin mit der Beklagten vom 10. Dezember 1992) und des Bundes (vgl die Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und der Beklagten zur Durchführung des „ABM-Stabilisierungsprogrammes des Bundes” vom 26. März 1993) streitbefangen, weil eine Bund bzw Land belastende Entscheidung getroffen werden könnte. Dies allein rechtfertigt jedoch noch nicht die Annahme, die Entscheidung könne auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen (§ 75 Abs 2 1. Alt SGG); eine mittelbare Betroffenheit genügt dafür nicht. Bund und Land wären aber selbst dann nicht beizuladen, wenn sie sich der Dienststellen der Beklagten – aufgrund eigener Entschließung (vgl die Vereinbarungen) – im Wege der Organleihe bedienen würden und somit unmittelbar betroffen wären (vgl hierzu BSG SozR 3-4100 § 94 Nr 2 mwN). Im Gerichtsverfahren würde die Beklagte dann funktional als Prozeßstandschafter für Bund und Land tätig (BSG aaO), die unter diesen Umständen keine Dritten iS des § 75 Abs 2 SGG wären (BSG aaO).
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des SG war gemäß § 105 Abs 2 Satz 1 SGG iVm §§ 143, 144 SGG (jeweils in der seit 1. März 1993 geltenden Fassung) statthaft, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 1.000,00 DM überstieg (§ 144 Abs 1 Nr 1 SGG). Bei dieser Beurteilung ist es rechtlich ohne Bedeutung, ob für eventuelle Zuschüsse aus Mitteln des Bundes bzw des Landes der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet war, was der Senat ohnedies nicht mehr zu prüfen hat (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz ≪GVG≫).
Die Klage ist wegen der für die Entscheidung über einen ABM-Förderungsantrag vorgesehenen Zweistufigkeit des Verwaltungsverfahrens (§§ 95 Abs 1 Satz 2, 49 Abs 3 Satz 2 AFG) als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG) zulässig. In der ersten Stufe entscheidet die Beklagte über die Förderungsfähigkeit der Maßnahme als solcher in einem sog Anerkennungsbescheid – ohne Regelung über die Förderungsfähigkeit des Arbeitsentgelts – und in einer zweiten Stufe über die Höhe und Auszahlung der Leistung selbst (BSG SozR 3-4100 § 94 Nrn 2 und 3; BSG, Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94 –, AuB 1995, 286). Während gegenüber der Ablehnung des Förderungsantrags auf der ersten Stufe grundsätzlich die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG) erhoben werden muß (vgl nur: BSG SozR 3-4100 § 94 Nr 3 mwN), sind die dem Kläger nach seiner Auffassung aus dem Anerkennungsbescheid zustehenden konkreten Leistungsansprüche im Wege der Anfechtungs- und Leistungsklage geltend zu machen (vgl nur: BSG SozR 3-4100 § 94 Nr 3; BSG, Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94 –, AuB 1995, 286). All dies gilt auch, soweit es vorliegend um Zuschüsse aus Mitteln des Bundes (bis Ende 1993) und des Landes geht; denn nach den entsprechenden Vereinbarungen der Beklagten mit der Bundesregierung bzw dem Land Berlin erfolgt die Zuteilung der Zuschüsse nach den §§ 91 ff AFG, und zwar im Wege der die Leistungen der Beklagten ergänzenden Förderung, soweit es die Landesmittel betrifft, und, soweit es die Bundesmittel betrifft, durch eine zeitlich begrenzte Bezuschussung, die für Zeiten nach 1993 von der Beklagten aus deren Haushaltsmitteln unmittelbar nach den §§ 91 ff AFG durchzuführen war. Zum Inhalt der Vereinbarungen durfte der Senat unabhängig davon eigene Feststellungen treffen, ob es sich um Rechtsnormen handelt. Wäre dies anzunehmen, wäre der Senat bezüglich der Vereinbarung mit dem Land Berlin jedenfalls hieran nicht durch § 162 SGG gehindert; denn das Revisionsgericht darf irrevisibles Recht feststellen und anwenden, wenn es – wie hier – das Berufungsgericht unberücksichtigt gelassen hat (vgl nur BSG SozR 3-4100 § 94 Nr 2 mwN). Wären andererseits die bezeichneten Verträge keine Rechtsnormen, so ist ihre inhaltliche Überprüfbarkeit durch den Senat jedenfalls wegen ihrer generellen und abstrakten, Normen gleichkommenden Bedeutung gerechtfertigt (vgl BSG, Urteil vom 24. November 1994 – 7 RAr 54/93 –, DBlR Nr 4174a zu § 3 AFG).
Die Beklagte hat jedoch zu Recht die vom Kläger beantragten Leistungen durch den angefochtenen Verwaltungsakt abgelehnt, zu dessen Erlaß sie auch hinsichtlich der Zuschüsse aus Bundes- und Landesmitteln berechtigt war. Der Kläger hat keinen Anspruch auf die von ihm begehrten Zuschüsse; denn die an den Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung war kein förderungsfähiges Arbeitsentgelt iS von § 94 AFG iVm § 16 ABMAnO. Da die Vereinbarungen der Beklagten über die Bundes- und Landesmittel insoweit auf die Vorschriften über die ABM im AFG und in der ABMAnO verweisen, kann offenbleiben, ob diese Vereinbarungen auf § 96 Abs 2 AFG bzw § 3 Abs 5 AFG beruhen und zulässig sind bzw welche Rechtsfolge sich aus einer Unzulässigkeit ergäbe; ein Anspruch auf Erstattung der gezahlten Urlaubsabgeltung ist ihnen wegen der Verweisung auf § 94 AFG und § 16 ABMAnO für die Bestimmung des förderungsfähigen Arbeitsentgelts ohnedies nicht zu entnehmen.
Gemäß § 94 Abs 1 AFG soll der Zuschuß mindestens 50 vH des tariflichen oder, soweit eine tarifliche Regelung nicht besteht, des für vergleichbare Beschäftigungen ortsüblichen Arbeitsentgelts betragen; er darf 75 vH des Arbeitsentgelts nicht übersteigen. Der Zuschuß wird nach § 94 Abs 4 AFG nur für die von den zugewiesenen Arbeitnehmern innerhalb der Arbeitszeit des § 69 AFG geleisteten Arbeitsstunden gezahlt. Ergänzend hierzu bestimmt § 16 ABMAnO, daß als förderungsfähiges Arbeitsentgelt iS des § 94 AFG auch Leistungen gelten, die an zugewiesene Arbeitnehmer (§ 93 Abs 1 AFG) aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder tarifvertraglicher Vereinbarungen für Zeiten gezahlt worden sind, in denen diese Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung nicht erbracht haben (Abs 1 Satz 1), es sei denn, daß diese Leistungen dem Arbeitgeber aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder tarifvertraglicher Vereinbarungen im Rahmen eines Ausgleichssystems erstattet werden (Abs 1 Satz 2).
Wortlaut und historische Entwicklung der §§ 94 Abs 4 AFG, 16 ABMAnO belegen, daß nur das Arbeitsentgelt für geleistete und allenfalls noch für solche Stunden zuschußfähig ist, in denen die Arbeit ausgefallen ist, nicht jedoch – wie vorliegend – das Entgelt, das als Surrogat für nicht genommenen Urlaub gezahlt worden ist, wobei es unerheblich ist, aus welchen Gründen der Urlaub nicht genommen worden ist.
Schon nach den Vorschriften der §§ 140, 141 des Gesetzes über Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung (AVAVG) iVm den Richtlinien des Verwaltungsrats der Bundesanstalt für Arbeitsvermittlung und Arbeitslosenversicherung über die Grundförderung von Notstandsarbeiten im Rahmen der wertschaffenden Arbeitslosenhilfe vom 26. November 1959 (ANBA 1960, 387, abgedruckt auch in Fangmeyer/Überall, AVAVG, Stand 1. April 1969, Anm zu § 140) richtete sich die Förderung nach der Zahl der tatsächlich geleisteten „Notstandsarbeitstagewerke” (VI C Nr 30 Abs 5 der Richtlinien). Im AFG-Entwurf der Bundesregierung war deshalb in § 87 zunächst die Formulierung vorgesehen, daß der Zuschuß einen bestimmten Vomhundertsatz des Arbeitsentgelts betrage, das die zugewiesenen Arbeitnehmer für die tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden erhielten (BT-Drucks V/2291). Im Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens wurde die Formulierung „tatsächlich” zwar gestrichen, weil man sie für entbehrlich hielt; andererseits wurde die Parallele zur Berechnung des Mehrkostenzuschusses des § 78 Abs 1 AFG betont (zu BT-Drucks V/4110, Schriftlicher Bericht des Ausschusses für Arbeit, S 16 f Begründung zu § 87; Ketelsen in Knigge/Schmidt/Marschall/Wissing, Komm zum AFG, 3. Aufl, Anm 15 zu § 94, Stand Grundwerk 1993), bei dem die Bezuschussung ausgefallener Arbeitsstunden ausgeschlossen war (Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, Stand Mai 1992, Rz 9 zu § 79). Diese dann in § 94 AFG Gesetz gewordene Regelung blieb in der Folgezeit trotz formaler Aufnahme in einen eigenen Absatz ohne inhaltliche Änderung.
Die ABMAnO enthielt daneben zunächst nichts Näheres zur Umschreibung des Arbeitsentgelts iS des § 94 AFG (Fassung vom 2. Mai 1972 – ANBA 508). Erst mit der 1. Änderungsanordnung zur ABMAnO vom 10. September 1974 (ANBA 1041) wurde § 10 Abs 1 Satz 2 dahin gefaßt, daß als Arbeitsentgelt iS des § 94 AFG auch Leistungen gelten, die an die zugewiesenen Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder tarifvertraglicher Vereinbarungen für Zeiten gezahlt worden sind, in denen diese Arbeitnehmer eine Arbeitsleistung nicht erbracht haben (Ausnahme: Erstattung der Leistungen des Arbeitgebers aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder tarifvertraglicher Vereinbarungen im Rahmen eines Ausgleichssystems). Die ABMAnO vom 25. Juni 1980 (ANBA 1130) übernahm diesen § 10 Abs 1 Satz 1 in § 16 Abs 1 (nunmehr idF der ABMAnO vom 13. Dezember 1984 – ANBA 1985, 71). Zu dieser Vorschrift hat deshalb der 11. Senat in seinem Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94 – (AuB 1995, 286 f) zu Recht ausgeführt, daß sie eine Urlaubsabgeltung jedenfalls nicht erfassen wolle, sondern lediglich die Sachverhalte, in denen während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses Arbeitgeberaufwendungen auch für Zeiten anfallen, in denen vom beschäftigten Arbeitnehmer eine tatsächliche Arbeitsleistung nicht erwartet wird (so im Ergebnis auch Feckler in Gemeinschaftskomm zum AFG, Stand September 1997, Rz 14 zu § 94; wohl auch Bieback in Gagel, AFG, Stand September 1997, Rz 54 f zu § 94, und Blechmann, Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – Sozialrechtliche Voraussetzungen und arbeitsrechtliche Folgen, Diss 1987, S 38; zweifelnd zur Zulässigkeit von § 16 ABMAnO Ketelsen in Knigge/Schmidt/Marschall/Wissing, aaO, Anm 15 zu § 94; insoweit sogar ablehnend Schönefelder/Kranz/Wanka, aaO, Rz 3 zu § 94). Es kann deshalb offenbleiben, ob § 16 ABMAnO überhaupt ermächtigungskonform ist (vgl hierzu BSG SozR 4100 § 94 Nr 1; SozR 3-4100 § 94 Nr 2) und ob der Arbeitnehmer einen Anspruch auf die vom Kläger gezahlte Urlaubsabgeltung besaß.
Die Novellierung des Arbeitsförderungsrechts durch das Sozialgesetzbuch – Arbeitsförderung – (SGB III) bestätigt das gewonnene Ergebnis. § 265 Abs 2 SGB III hat nämlich für die Zeit ab 1. Januar 1998 die bisher in § 16 ABMAnO enthaltene Regelung aufgegriffen, wobei in den Gesetzesmaterialien ausgeführt wird, die Vorschrift entspreche den bisherigen Grundsätzen zur Förderung von Arbeitsentgelten (BT-Drucks 13/4941, S 201 zu § 263 Abs 2). Da die Förderung von ABM auf Erledigung konkreter Arbeitsinhalte ausgerichtet sei, gelte der Grundsatz, daß sie auf solche Arbeitsentgelte beschränkt sei, die auf Zeiten mit Arbeitsleistung entfielen; ein Durchbrechen dieses Grundsatzes sei nur gerechtfertigt, soweit eine gesetzliche oder tarifvertragliche Verpflichtung des Arbeitgebers zur Entgeltfortzahlung bestehe oder der Arbeitnehmer an einer begleitenden beruflichen Qualifizierung oder einem beruflichen Praktikum teilnehme (BT-Drucks 13/4941, S 201 zu § 263 Abs 2; Feckler in Gemeinschaftskomm zum Arbeitsförderungsrecht, 1997, Rz 9 zu § 265).
Daß die an einen Arbeitnehmer gezahlte Urlaubsabgeltung demnach kein förderungsfähiges Arbeitsentgelt ist, hat auch der 11. Senat – wie oben erwähnt – entschieden (Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94 –, AuB 1995, 286 f; zustimmend Düe in Niesel, AFG, 2. Aufl 1997, Rz 7 zu § 94 und Henke in Hennig/Kühl/Heuer/Henke, AFG, Stand Juli 1997, Rz 11 zu § 94) und dabei offengelassen, ob es sich bei der Urlaubsabgeltung um Arbeitsentgelt iS der §§ 14, 17 Sozialgesetzbuch – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung – gehandelt hat (vgl dazu aber BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 14). Ohnedies gehört nicht jede Leistung, die an den zugewiesenen Arbeitnehmer aufgrund gesetzlicher Vorschriften oder tariflicher Vereinbarungen vom Arbeitgeber gezahlt worden ist, zu dem nach § 94 AFG zu berücksichtigenden zuschußfähiges Arbeitsentgelt; vielmehr kommt es nach dem Sinn und Zweck der ABM-Förderung und dem Konzept der §§ 91 ff AFG darauf an, ob es sich um eine Arbeitgeberleistung handelt, die der Arbeitgeber für im Förderungszeitraum liegende Arbeitsstunden zu erbringen hat (BSG SozR 3-4100 § 94 Nrn 2 und 3; BSG, Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94 –, AuB 1995, 286, 287). Wesentlicher Maßstab für die Begrenzung des förderungsfähigen Arbeitsentgelts ist deshalb neben dem Kriterium der geleisteten Arbeitsstunden die zeitliche Dauer der von der Beklagten anerkannten ABM, die sog Förderungsfrist (vgl § 95 Abs 3 Satz 1 AFG) oder Förderungsdauer (§ 9 Abs 1 und 2 ABMAnO). Nur eine solche Betrachtung entspricht dem rechtspolitischen Anliegen der ABM-Förderung, die den Entgeltaufwand des Arbeitgebers für Arbeiten nur in konkret bestimmtem Umfang subventionieren und der Beklagten eine Kalkulation der mit der Maßnahme verbundenen Förderungskosten ermöglichen will (BSG, Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94 –, AuB 1995, 286, 287; Berlinger, AuB 1995, 287). Daß beim Arbeitgeber dadurch ein nicht in vollem Umfang kalkulierbares Risiko verbleibt (vgl Runge/Rodewald, AuA 1995, 67, 68), ist hinzunehmen (vgl Berlinger, AuB 1995, 287).
In Anwendung dieser Grundsätze kann die Urlaubsabgeltung auch deshalb kein berücksichtigungsfähiges Arbeitsentgelt sein, weil sie nicht dem Normbereich des § 94 Abs 1 AFG unterfällt (BSG, Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94, AuB 1995, 286). Bei der Urlaubsabgeltung handelt es sich nämlich weder um eine Leistung, die der Zeit bis zum Ablauf der ABM (= Ende des Arbeitsverhältnisses) zuzuordnen ist (vgl im anderen Zusammenhang BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 14), noch um einen Anspruch, der bereits vor Ablauf des Förderungszeitraums entstanden ist. Der arbeitsrechtliche Urlaubsabgeltungsanspruch ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG und des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ein Surrogat des Urlaubsanspruchs (BSGE 56, 208, 210 = SozR 2200 § 189 Nr 4; BSG SozR 3-4100 § 117 Nrn 4 und 14; BAG AP Nrn 14, 26 und 39 zu § 7 BUrlG). Er tritt als Entschädigung für nicht realisierten Urlaub an die Stelle der Freizeitgewährung, wenn der Urlaub „wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses” ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann (§ 7 Abs 4 Bundesurlaubsgesetz ≪BUrlG≫), und entsteht damit erst bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. Die Auffassung des früher für das Recht der Konkursausfallversicherung zuständigen 12. Senats des BSG, der Urlaubsabgeltungsanspruch entstehe – aufschiebend bedingt – bereits mit dem Urlaubsanspruch (BSGE 45, 191 192 f = SozR 4100 § 141b Nr 5), ist sowohl vom später zuständig gewordenen 8b-Senat als auch vom nunmehr zuständigen 10. Senat nicht aufrechterhalten worden (BSGE 51, 102, 103 = SozR 4100 § 141b Nr 16; BSG SozR 3-4100 § 141b Nr 11 mwN). Setzt aber die Entstehung des Urlaubsabgeltungsanspruchs die Beendigung des Arbeitsverhältnisses voraus, die hier mit dem Ende des Förderungszeitraums zusammenfällt, so kann die Urlaubsabgeltung nur bei entsprechender gesetzlicher Regelung der Zeit bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses zugeordnet werden; ob sie überhaupt für einen bestimmten Zeitraum gezahlt wird (vgl BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 14), kann offenbleiben. Soweit der Senat im Zusammenhang mit § 117 Abs 1a AFG die Möglichkeit einer Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien über die Zuordnung der Urlaubsabgeltung angedeutet hat (BSG SozR 3-4100 § 117 Nr 14), kann dies nicht die Zeit vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses betreffen; denn dies würde § 94 AFG widersprechen.
Diesem Ergebnis steht entgegen der Ansicht des LSG nicht die Rechtsprechung des 10. Senats des BSG zur Behandlung des Urlaubsabgeltungsanspruchs beim Kaug entgegen (vgl: BSG SozR 3-4100 § 141b Nrn 11, 12, 13 und 16 mwN; BSG, Urteil vom 27. September 1994 – 10 RAr 5/92 –, DBlR Nr 4178 zu § 141b AFG = USK 9478; Urteil vom 25. Januar 1995 – 10 RAr 4/94 –, DBlR Nr 4197 zu § 141b AFG = USK 9509). In den Entscheidungen des 10. Senats wird sogar betont, daß es sich lediglich um eine Kaug-rechtliche Zuordnung nach dem Schwergewicht des fraglichen Anspruchs (vgl hierzu BSGE 51, 102, 103 = SozR 4100 § 141b Nr 16) handelt, die angemessen Sinn und Zweck (nur) der einschlägigen Rechtsgebiete (Arbeitsrecht, Konkursrecht und Kaug-Recht) berücksichtigt; die Auslegung des § 94 AFG wird dadurch aber nicht berührt.
Insoweit vermag sich der Kläger schließlich nicht auf die DA der Beklagten zu § 16 der ABMAnO (in der vor Juni 1994 geltenden Fassung) zu stützen, daß zum förderungsfähigen Arbeitsentgelt ua auch Urlaubsabgeltungsbeträge zählten, die aufgrund oder in Anwendung gesetzlicher Vorschriften, tarifvertraglicher Regelungen oder Betriebsvereinbarungen zu zahlen sind oder gezahlt werden. Diesen Weisungen kommt für den Zuschuß aus Mitteln der Beklagten lediglich verwaltungsinterne Bedeutung zu (BSG, Urteil vom 26. Juli 1994 – 11 RAr 11/94 –, AuB 1995, 286, 287); aus ihnen kann weder unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung (Art 3 Grundgesetz ≪GG≫) noch dem des Vertrauensschutzes (Art 20 Abs 3 GG) ein Anspruch auf Förderung abgeleitet werden (BSG aaO), weil sich bereits zwingend aus § 94 AFG die gegenteilige Rechtsfolge ergibt. Dies gilt in gleicher Weise für die Zuschüsse aus Mitteln des Bundes und des Landes; denn in den entsprechenden Vereinbarungen der Beklagten wird ausdrücklich auf § 94 AFG mit seiner Regelung über das förderungsfähige Arbeitsentgelt verwiesen. Davon abweichende, rangniedrigere DA, die nur zur Erläuterung des schon durch § 94 AFG determinierten Begriffs des förderungsfähigen Arbeitsentgelts erlassen worden sind, können deshalb ein anderes Verwaltungshandeln selbst dann nicht rechtfertigen, wenn die Vereinbarungen nicht nur auf das AFG und die ABMAnO, sondern zusätzlich auf die DA verweisen, wie dies beim Zuschuß aus Mitteln des Bundes der Fall ist. Beide Vereinbarungen sollten vielmehr nach dem erkennbaren Willen und Verständnis der Vertragspartner im Hinblick auf die Förderungsfähigkeit des Arbeitsentgelts eine einheitliche Bezuschussung gewährleisten.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
BSGE 81, 225 |
BSGE, 225 |
SozR 3-4100 § 94, Nr.4 |
SozSi 1998, 277 |