Beteiligte
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 28. September 2000 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten darum, ob der Unfall des Klägers am 11. November 1991 im Beitrittsgebiet als Arbeitsunfall zu entschädigen ist.
Dem im Jahre 1936 geborenen Kläger wurde am 20. Oktober 1991 vom Staatlichen Forstamt Neschwitz/Sachsen eine Jagderlaubnis erteilt, die die Gestattung, die Jagd im staatlichen Verwaltungsjagdbezirk ohne Begleitung eines Jagdleiters oder Jagdführers selbständig auszuüben, zum Inhalt hatte. In dem ihm zugewiesenen Waldstück war der Kläger auch für die Hege und Pflege des Wald- und Wildbestands verantwortlich. Er war jedoch nicht Pächter des Geländes, sondern betrieb dort aufgrund der Jagderlaubnis die Jagd als Freizeitvergnügen gegen Entgelt.
Am 11. November 1991 richteten der Kläger und andere Freizeitjäger in dem Jagdbezirk, aber nicht in dem dem Kläger zugewiesenen Waldstück, zusammen mit dem Revierförster (R.), der den Kläger als Jagdkollegen gefragt hatte, ob er beim Aufrichten des Hochsitzes helfen wolle, unter dessen Anleitung einen Leiterhochsitz auf und befestigten diesen. Nachdem die Standsicherheit hergestellt war, wollte der Kläger, der auf einer Stufe in ca 3 Metern Höhe stand, dem R. ein Stück Holz für die Gewehrauflage hinaufreichen. Dabei verlor er das Gleichgewicht, stürzte rücklings auf den Waldboden und verletzte sich schwer.
Die über diesen Unfall von der Deutschen Angestellten Krankenkasse unter dem 13. Dezember 1991 gefertigte Unfallanzeige ging am 19. Dezember 1991 bei der Verwaltungs-Berufsgenossenschaft und nach Weiterleitung am 15. Januar 1992 bei dem Rechtsvorgänger der Beklagten – dem Sächsischen Gemeinde-Unfallversicherungsverband als staatliche Ausführungsbehörde für Unfallversicherung – ein.
Mit Bescheid vom 13. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Oktober 1997 lehnte der Sächsische Gemeinde-Unfallversicherungsverband die Gewährung von Entschädigungsleistungen aus Anlaß des Unfalles vom 11. November 1991 ab, weil ein Arbeitsunfall nach der Reichsversicherungsordnung (RVO) bzw dem Arbeitsgesetzbuch der DDR vom 16. Juni 1977 (GBl I Nr 18 S 185) – AGB – oder der Verordnung über die Erweiterung des Versicherungsschutzes bei Unfällen in Ausübung gesellschaftlicher, kultureller oder sportlicher Tätigkeiten vom 11. April 1973 (GBl I Nr 22 S 199) – VersSchutzErwVO – nicht vorliege.
Klage und Berufung des Klägers sind ohne Erfolg geblieben (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 6. Juli 1998; Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts ≪LSG≫ vom 28. September 2000). Ein Arbeitsunfall sei nicht anzuerkennen. Für diese Prüfung sei das Recht der DDR anzuwenden, da dieses für Unfälle im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1991 in Kraft geblieben sei. Eine Anerkennung als Arbeitsunfall gemäß § 220 Abs 1 AGB sei nicht möglich, da die Beteiligung des Klägers beim Aufbau des Hochsitzes in keinerlei Zusammenhang mit seiner versicherungspflichtigen Tätigkeit als technischer Angestellter gestanden habe. Daneben sei auch keiner der in § 2 VersSchutzErwVO enthaltenen Tatbestände erfüllt; insbesondere nicht der des Buchst b, da der Kläger nicht „gegenüber einem Beauftragten der Staatsmacht Hilfe geleistet” habe. Dabei sei weder entscheidend, daß es sich bei dem Staatlichen Forstamt um eine staatliche Stelle noch daß es sich bei der unfallbringenden Tätigkeit nicht um einen ungeplanten Eingriff im Sinne einer „Nothilfe” gehandelt habe. Allerdings sei im Kontext der anderen Tatbestände des § 2 Buchst b VersSchutzErwVO zu erkennen, daß es bei allen Tatbeständen um die Abwendung von Gefahren gehe, die unvorhergesehen und unregelmäßig in den normalen Lauf des Lebens hereinbrächen. Das – geplante – Aufrichten eines Hochsitzes füge sich hier nicht ein. Da es im Unfallzeitpunkt um das gesamtdeutsche Gemeinwesen gegangen sei, sei es zulässig, die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zur sog unechten Unfallversicherung nach der RVO, insbesondere deren § 539 Abs 1 Nr 9, mit heranzuziehen. Insoweit liege der Fall einer Hilfeleistung gegenüber einem Bediensteten des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer anderen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts nicht vor. Zwar sei davon auszugehen, daß das Aufrichten des Hochsitzes von dem Revierförster „bestimmt und beherrscht” worden sei; weiterhin auch, daß der Kläger diesen „freiwillig unterstützt” habe. Entscheidend sei jedoch, daß der Revierförster dem Kläger vor und beim Aufrichten des Hochsitzes nicht als Angehöriger des Forstamtes und Repräsentant der Staatsmacht, sondern als „Jagdkollege” gegenübergetreten sei. Schließlich habe der Kläger auch nicht gemäß oder entsprechend § 539 Abs 2 RVO unter dem Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung gestanden, denn diese Vorschrift sei im Beitrittsgebiet erst am 1. Januar 1992 in Kraft getreten. Eine planwidrige Gesetzeslücke im Recht der DDR liege insoweit nicht vor. In der befristeten Weitergeltung der Vorschriften der DDR liege auch kein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 des Grundgesetzes (GG).
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er habe nach dem im Unfallzeitpunkt nach Maßgabe des Einigungsvertrages (EinigVtr) „Anlage 2 Sachgebiet F Abschnitt III Ziffer 2 Buchst b” weiter anzuwendenden § 22 des Gesetzes über die Sozialversicherung vom 28. Juni 1990 (GBl I Nr 38 S 486) – SVG – unter Unfallversicherungsschutz gestanden. Danach sei § 22 SVG mit der Maßgabe anzuwenden, daß in der Unfallversicherung auch ehrenamtliche Tätigkeiten für den Staat, im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege sowie in einem Hilfeleistungsunternehmen versichert seien. Die dort modifizierte Weitergeltung von § 22 SVG betone ausdrücklich den Willen des „Einigungsvertragsgebers” und des bundesdeutschen Gesetzgebers, auch im Betrittsgebiet ehrenamtliche Tätigkeiten unter Versicherungsschutz der gesetzlichen Unfallversicherung zu stellen, um ein möglichst reibungsloses Fortbestehen des Gemeinwesens zu garantieren. Das von ihm – dem Kläger – ausgeübte Jagdrecht aufgrund der erteilten Jagderlaubnis diene nach den Feststellungen des LSG nicht nur seinem Freizeitvergnügen, sondern dem öffentlichen Interesse, in dem zugewiesenen Waldgrundstück Hege und Pflege des Wald- und Wildbestandes unentgeltlich zu übernehmen. Hierin liege eine ehrenamtliche Tätigkeit zugunsten der staatlichen Forstwirtschaft. Zu einer solchen Tätigkeit gehöre das Anfertigen von Hochsitzen, um den Wildbestand beobachten zu können. Dies sei zu trennen von der Ausübung des Jagdrechts selbst, für das der Kläger Entgelt zu entrichten gehabt habe. Der Hege und Pflege des Wald- und Wildbestandes sei auch die Errichtung des Hochstandes zuzurechnen. Dies gelte nach seinem unstreitigen Sachvortrag in der Berufungsinstanz um so mehr, da der Hochsitz nicht in dem ihm direkt zugewiesenen Waldgrundstück, sondern in einem anderen Waldgrundstück des Förstereireviers habe errichtet werden sollen und errichtet worden sei. Damit liege auch die Annahme fern, daß die Errichtung des Hochsitzes im weitesten Sinne der Verwirklichung seines Jagdvergnügens zu dienen bestimmt gewesen sei. Es handele sich um die Errichtung des Hochsitzes des Revierförsters. Hilfsweise habe Versicherungsschutz auch nach § 2 Buchst b VersSchutzErwVO bestanden, und zwar wegen Heranziehung bzw freiwilliger Hilfe im Interesse der öffentlichen Ordnung. Er habe einen „staatlichen Beauftragten”, nämlich den Revierförster, unterstützt, der zur Aufrechterhaltung der Ordnung des Forstreviers einen Hochsitz zu errichten gehabt habe. Schließlich habe der Kläger auch nach dem am 3. Oktober 1990 in den neuen Bundesländern in Kraft getretenen Bundesjagdgesetz unter Versicherungsschutz gestanden. Danach stehe auf Flächen, an denen kein Eigentum begründet sei, das Jagdrecht den Ländern zu. Überdies diene Hege und Pflege des Wildbestandes der Sicherheit der Volksgesundheit und sei auch deshalb erforderlich, um im Rahmen der Wildbeobachtung das Ausbrechen von Seuchenkrankheiten wie Tollwut usw zu erkennen und iS des Seuchengesetzes Maßnahmen zu ergreifen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sächsischen Landessozialgerichts vom 28. September 2000, den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dresden vom 6. Juli 1998 sowie den Bescheid der Beklagten vom 13. Mai 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Anerkennung des Ereignisses vom 11. November 1991 als Arbeitsunfall Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung zu gewähren.
Die Beklagte hat beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Zutreffend haben die Vorinstanzen entschieden, daß der Kläger wegen der Folgen des Unfalles vom 11. November 1991 keinen Anspruch auf Entschädigung aus der gesetzlichen Unfallversicherung hat.
Das hier maßgebende im Beitrittsgebiet nach dem 2. Oktober 1990 als Übergangsrecht im wesentlichen bis zum 31. Dezember 1991 geltende Recht auf dem Sachgebiet der gesetzlichen Unfallversicherung war zunächst für eine Übergangszeit im EinigVtr geregelt (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III; Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet I Abschnitt III iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III). Die endgültige Regelung war einem noch zu erlassenden besonderen Bundesgesetz vorbehalten (Art 30 Abs 5 EinigVtr), das als Gesetz zur Herstellung der Rechtseinheit in der gesetzlichen Renten- und Unfallversicherung vom 25. Juli 1991 (BGBl I S 1606) – RÜG – mit Wirkung im wesentlichen vom 1. Januar 1992 die §§ 1148 ff RVO geschaffen hat (BSGE 80, 119, 120 = SozR 3-1300 § 48 Nr 61 und zuletzt BSG Urteil vom 11. September 2001 – B 2 U 39/00 R –). Da es sich bei dem Unfall des Klägers um ein Ereignis mit Anknüpfungspunkt im Beitrittsgebiet handelte, ist die RVO daher nur nach Maßgabe dieser Vorschriften anzuwenden.
Nach § 1148 RVO gelten die Vorschriften des 1. bis 4. Teils der RVO im Beitrittsgebiet, soweit sich ua aus den §§ 1149 ff RVO und dem EinigVtr nichts Abweichendes ergibt. Gemäß § 1149 Abs 1 Satz 1 RVO gelten die §§ 539 bis 545 im Beitrittsgebiet vom 1. Januar 1992 an. § 1150 Abs 1 RVO bestimmt, daß die §§ 548 bis 555a im Beitrittsgebiet für Arbeitsunfälle gelten, die nach dem 31. Dezember 1991 eingetreten sind. Unfälle und Krankheiten, die vor dem 1. Januar 1992 eingetreten sind und die nach dem im Beitrittsgebiet geltenden Recht Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten der Sozialversicherung waren, gelten gemäß § 1150 Abs 2 Satz 1 RVO als Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten iS des 3. Buches der RVO, wenn sie dem für das Beitrittsgebiet zuständigen Träger bis zum 31. Dezember 1993 bekannt werden. Da letzteres der Fall gewesen ist, ist der Unfall des Klägers als Arbeitsunfall nach den Vorschriften der RVO zu entschädigen, wenn er nach dem Recht der ehemaligen DDR ein Arbeitsunfall war. Das war indessen nicht der Fall, wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben.
Rechtsgrundlagen für die Einordnung von Unfällen und Krankheiten als Arbeitsunfall und Berufskrankheit fanden sich im Recht der DDR ua im AGB, im SVG, in der Verordnung über die Sozialversicherung bei der Staatlichen Versicherung der DDR vom 9. Dezember 1997 (GBl 1978 I Nr 1 S 1) – StaatlSVO – sowie in der VersSchutzErwVO. Dieses durch den EinigVtr in das Bundesrecht transformierte Recht der DDR (vgl BSG SozR 3-8440 Nr 70 Nr 1) ist revisibles Recht iS des § 162 SGG. Es ist auch inhaltlich der Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsregeln zugänglich, wobei – sofern feststellbar – die Verwaltungspraxis der DDR grundsätzlich zu berücksichtigen ist (vgl Urteil des Senats vom 4. Dezember 2001 – B 2 U 35/00 R – zur Veröffentlichung in SozR vorgesehen). Eine auf die hier anzuwendenden Normen bezogene Verwaltungspraxis der DDR liegt nicht vor
Nach § 90 Abs 1 Satz 1 StaatlSVO war Arbeitsunfall die Verletzung eines Versicherten im Zusammenhang mit der Ausübung der versicherungspflichtigen Tätigkeit. Nach dem dieser Vorschrift ähnlichen § 548 Abs 1 Satz 1 RVO war Arbeitsunfall ein Unfall, den ein Versicherter bei einer der in den §§ 539, 540 und 543 bis 545 RVO genannten und danach versicherten Tätigkeiten erleidet. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG, die mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen nicht angegriffen und daher gemäß § 163 SGG für den Senat bindend sind, befand sich der zu errichtende Hochsitz zwar in dem dem Kläger zur entgeltlichen Jagdausübung zugewiesenen Jagdbezirk, nicht aber in dem Waldstück, in dem er unentgeltlich den Wald- und Wildbestand zu hegen und zu pflegen hatte. Die Hilfe des Klägers war gegenüber dem Revierförster „kollegialer” Art. Der Kläger war dazu nicht verpflichtet worden.
Bei Zugrundelegung dieses Sachverhalts stand der Kläger weder nach den vom LSG erörterten Vorschriften noch nach dem von der Revision erstmals angeführten § 22 SVG in der durch den EinigVtr geschaffenen Fassung unter Unfallversicherungsschutz.
§ 90 Abs 4 StaatlSVO bestimmte, daß den Arbeitsunfällen Arbeitsunfälle bei organisierten gesellschaftlichen, kulturellen oder sportlichen Tätigkeiten gleichgestellt sind. Als einziger relevanter Tatbestand des danach anzuwendenden § 2 VersSchutzErwVO kommt dessen Buchst b in Betracht, wonach organisierten, gesellschaftlichen, kulturellen und sportlichen Tätigkeiten ua gleichgestellt sind: Hilfeleistung gegenüber Beauftragten der Staatsmacht. Eine diesem Tatbestand des § 2 Buchst b VersSchutzErwVO vergleichbare Vorschrift enthielt § 539 Abs 1 Nr 9 Buchst b RVO, der Personen erfaßte, die einem Bediensteten des Bundes, eines Landes, einer Gemeinde, eines Gemeindeverbandes oder einer anderen Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, der sie zur Unterstützung bei einer Diensthandlung heranzieht, Hilfe leisten. Zwar ist dieser Tatbestand insbesondere hinsichtlich der Wendung „der sie zur Unterstützung bei einer Diensthandlung heranzieht” durchaus ausführlicher formuliert, als der genannte Tatbestand gemäß § 2 Buchst b VersSchutzErwVO, der nur von Hilfeleistung „gegenüber” einem Beauftragten der Staatsmacht spricht. Indessen ist damit im Kern nichts anderes gemeint, der „Bedienstete des Bundes pp” bzw der „Beauftragte der Staatsmacht” muß in dieser Eigenschaft tätig sein. Er muß also eine dienstliche Tätigkeit entfalten, dabei auf Hilfe angewiesen sein und schriftlich, mündlich oder durch schlüssiges Verhalten eine dritte Person auffordern, die öffentlich-rechtliche Einrichtung bzw die „Staatsmacht” zu unterstützen. Nach den tatsächlichen Feststellungen des LSG ist der Revierförster dem Kläger gegenüber aber als „Jagdkollege” aufgetreten. Bei diesem Sachverhalt ist die rechtliche Schlußfolgerung des LSG, daß er damit nicht als „Bediensteter” oder als „Beauftragter der Staatsmacht” tätig gewesen sei, nicht zu beanstanden. Kollegiale Hilfeleistung ist anders zu würdigen als die Heranziehung bzw Aufforderung zur Unterstützung bei einer dienstlichen Handlung.
Der Kläger war im Unfallzeitpunkt auch nicht gemäß § 22 SVG idF des EinigVtr geschützt. Neben dem ursprünglich schon in § 22 SVG unter den Buchst a) bis c) geregelten Tatbeständen, die hier nicht einschlägig sind, ist § 22 mit der Maßgabe anzuwenden, daß in der Unfallversicherung auch ehrenamtliche Tätigkeiten für den Staat, im Gesundheitsdienst und in der Wohlfahrtspflege sowie in Hilfeleistungsunternehmen versichert sind (Anlage II Sachgebiet F Abschnitt III Nr 2. Buchst b) Satz 2 EinigVtr). Damit wurden inhaltlich im wesentlichen die Vorschriften des § 539 Abs 1 Nr 8 und Nr 13 RVO in das Recht der DDR übernommen und galten ihrerseits im Beitrittsgebiet bis zum 31. Dezember 1991 fort. Eine ehrenamtliche Tätigkeit kann nach der Rechtsprechung des Senats vorliegen, wenn jemand auch nur vorübergehend unentgeltlich tätig wird. Sie kann sich auf eine bestimmte Tätigkeit beschränken, ohne daß es sich um ein – auf gewisse Dauer angelegtes – Ehrenamt handeln muß. Andererseits muß es sich, damit jemand ehrenamtlich tätig sein kann, um einen bestimmten, qualifizierten Aufgaben- und organisatorischen Verantwortungsbereich handeln (vgl Brackmann/Wiester, SGB VII, § 2 RdNr 559 bis 561 mwN). Es kann indes dahinstehen, ob die unentgeltliche Mithilfe des Klägers bei der Errichtung des Hochsitzes als ehrenamtliche Tätigkeit angesehen werden kann. Rechtlich maßgeblich ist nämlich auch hier, daß der Kläger im Rahmen jagdkollegialer Hilfe tätig war, so daß es sich nicht um eine ehrenamtliche Tätigkeit „für den Staat” gehandelt haben kann. „Für den Staat” bzw „für” Körperschaften iS von § 539 Abs 1 Nr 13 RVO bedeutet, daß der Staat Nutznießer der unentgeltlichen, ehrenamtlichen Tätigkeit sein muß (vgl Schlegel in Schulin HS-UV § 17 RdNr 118 mwN). Die Tätigkeit muß im Interesse der Allgemeinheit liegen (BSG SozR 2200 § 539 Nr 114). Wer indes als Jagdkollege hilft, handelt nicht – jedenfalls nicht überwiegend – fremdnützig gegenüber dem Staat, sondern im eigenen Interesse. Dieses besteht in dem Zeigen seiner Hilfsbereitschaft bzw seines guten Willens, so daß bei Bedarf auch auf die Hilfsbereitschaft der Jagdkollegen, also auch des R., zurückgegriffen werden kann.
Ferner kann auch dahinstehen, ob der Kläger im Rahmen der Hege und Pflege des Wald- und Wildbestandes in dem ihm zugewiesenen Waldstück ehrenamtlich für den Staat tätig war sowie ob und inwiefern die Benutzung eines Leiterhochsitzes der Hege und Pflege des Waldes oder nur der Hege des Wildes oder schließlich – überwiegend – auch dem Jagdvergnügen dient. Denn der Hochsitz, bei dessen Errichtung der Kläger verunglückt ist, lag nicht in dem ihm zur Hege und Pflege zugewiesenen Waldstück.
Es muß auch nicht geprüft werden, ob der Kläger im Unfallzeitpunkt wie ein Versicherter iS von § 539 Abs 2 RVO tätig war, denn nach den oben erörterten Übergangsvorschriften der §§ 1148, 1149 und 1150 RVO gelten die §§ 539 bis 545 RVO im Beitrittsgebiet erst vom 1. Januar 1992 an. Eine dem § 539 Abs 2 RVO vergleichbare Vorschrift gab es im Recht der DDR nicht. Auch eine entsprechende Anwendung des § 539 Abs 2 RVO auf den vorliegenden Unfall des Klägers ist nicht geboten. Die Bildung einer Analogie ist bei dem hier zu beurteilenden Normenbestand schon deshalb ausgeschlossen, weil es im Unfallversicherungsrecht der DDR keine den Plan des dortigen Gesetzgebers zuwiderlaufende Gesetzeslücke für Personen, die wie Versicherte tätig waren, gab. Vielmehr ist davon auszugehen, daß diese Personen tatsächlich nicht versichert sein sollten. Bei dieser Rechtslage sollte es nach dem Willen der Partner des EinigVtr und des Gesetzgebers des RÜG für die Zeit bis zum 31. Dezember 1991 auch bleiben (vgl BSG Urteil vom 11. September 2001 – B 2 U 39/00 R –).
Schließlich kann der Kläger auch nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen so gestellt werden, als hätte § 539 Abs 2 RVO bereits zum Unfallzeitpunkt im Beitrittsgebiet gegolten. Insbesondere ergibt sich ein solcher Anspruch nicht aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG, wonach alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Damit ist dem Gesetzgeber aber nicht jede Differenzierung verwehrt. Er verletzt das Grundrecht nur, wenn er bei Regelungen, die Personengruppen betreffen, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, BVerfGE 100, 59, 90; BVerfGE SozR 3-3100 § 84a Nr 3). Derartige, die unfallversicherungsrechtliche Differenzierung in der Zeit bis zum 31. Dezember 1991 zwischen Unfällen, die einerseits im alten Bundesgebiet und andererseits im Gebiet der neuen Bundesländer eintraten, rechtfertigende sachliche Gründe liegen hier vor. Dies hat der Senat bereits entschieden und im einzelnen dargelegt (vgl BSG Urteile vom 18. April 2000 – B 2 U 30/99 R – HVBG Info 2000, 1744 mwN und vom 11. September 2001 aaO). Daran wird festgehalten.
Nach alledem war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen