Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbliche Unfallversicherung. Mindestbeitrag. Höhe. Umlage. Satzung. Vorstand. Vertreterversammlung. Autonomes Recht. Rechtsetzung. Regelungsbefugnis. Gesetzesvorbehalt. Gesetzliche Ermächtigung. Nichtigkeit
Orientierungssatz
Parallelentscheidung zu dem Urteil des BSG vom 4.12.2014 - B 2 U 11/13 R, das vollständig dokumentiert ist.
Normenkette
SGB I § 31; SGB IV § 33 Abs. 1 S. 1, § 35 Abs. 1 S. 1, § 66 Abs. 1 S. 1; SGB VII § 161; GG Art. 20 Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers werden die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. September 2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Juli 2012 aufgehoben. Der Bescheid der Beklagten vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2007 wird aufgehoben, soweit der für das Jahr 2006 festgesetzte Umlagebeitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung 4,26 Euro übersteigt.
Die Beklagte trägt die Kosten des gesamten Rechtsstreits.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Festsetzung eines Mindestbeitrags zur gesetzlichen Unfallversicherung streitig.
Der Kläger betreibt seit 1990 ein Unternehmen für Bauklempnerei und Sanitärinstallationen. Durch Bescheid vom 12.12.1990 stellte die Rechtsvorgängerin der Beklagten ihre Zuständigkeit und seine Mitgliedschaft bei ihr fest. Für die Jahre 2003 und 2004 forderte die Beklagte Beiträge zur gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe eines Mindestbeitrags von jeweils 100 Euro. Im Jahr 2005 beschäftigte der Kläger keine Arbeitnehmer. Mit Bescheid vom 20.4.2007 setzte sie für das Jahr 2006 einen Beitrag für das Insolvenzgeld für die Bundesagentur für Arbeit in Höhe von 0,18 Euro sowie auf der Grundlage des vom Kläger gemeldeten Bruttoarbeitsentgelts von 122 Euro (für 17 Arbeitsstunden) einen Umlagebeitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung in Höhe von 4,26 Euro fest, den sie um 95,74 Euro auf den Mindestbeitrag von 100 Euro erhöhte, so dass der zu zahlende Gesamtbetrag 100,18 Euro betrug. Zur Begründung seines Widerspruchs machte der Kläger ua geltend, der von ihm zu zahlende Mindestbeitrag sei angesichts des gezahlten Bruttoarbeitslohns unverhältnismäßig hoch. Er sei nur in geringem Umfang erwerbstätig und beziehe deshalb auch Arbeitslosengeld II. Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 4.12.2007 zurück, weil der entsprechend ihrer Satzung vom Vorstand beschlossene Mindestbeitrag weder überhöht noch unverhältnismäßig oder gar sittenwidrig sei.
Der Kläger hat hiergegen Klage zum SG Magdeburg erhoben und begehrt, die Beitragsfestsetzung in Höhe von 100,18 Euro abzuändern, soweit für 2006 ein Beitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung und für das Insolvenzgeld von mehr als 4,26 Euro festgesetzt worden ist. Das SG Magdeburg hat die Klage mit Urteil vom 24.7.2012 abgewiesen. Mit seiner vom SG zugelassenen Berufung hat der Kläger den Beitragsbescheid jedoch nur noch angefochten, soweit die Beitragsforderung für 2006 ohne Insolvenzgeldumlage 4,26 Euro übersteigt. Das LSG Sachsen-Anhalt hat die Berufung mit Urteil vom 11.9.2013 zurückgewiesen. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt, die Festsetzung eines Mindestbeitrags beruhe auf § 161 SGB VII und § 26 Abs 6 der Satzung der Beklagten. Die dem Vorstand durch die Satzung eingeräumte Befugnis, die Höhe des Mindestbeitrags festzulegen, verstoße nicht gegen höherrangiges Recht. Während der für die landwirtschaftliche Unfallversicherung maßgebende, die Festsetzung eines Mindestbeitrags durch den Vorstand ausschließende § 182 Abs 2 Satz 4 SGB VII vorschreibe, "die Satzung" habe ggf "einen Mindestbeitrag" bzw jetzt "Mindestbeiträge" zu bestimmen, ordne § 161 SGB VII für alle anderen Bereiche der gesetzlichen Unfallversicherung nur an, dass die Entscheidung über den Mindestbeitrag durch die Satzung dem Grunde nach getroffen werde. Eine weitergehende Vorgabe für Zuordnungen innerhalb der Selbstverwaltungsorgane bestehe nicht. Der Gesetzgeber habe an § 728 Abs 1 RVO angeknüpft, der die Festsetzung von Mindestbeiträgen durch den Vorstand zugelassen habe. Der Mindestbeitrag sei erforderlich, um einen Teil des Leistungsrisikos und der Verwaltungskosten abzudecken. Der Kläger werde durch die Höhe des Mindestbeitrags nicht existenziell gefährdet. Schließlich sei auch der Gleichheitssatz des Art 3 Abs 1 GG nicht verletzt.
Durch Beschluss vom 6.12.2013 hat das LSG die Rechtsmittelbelehrung seines Urteils berichtigt.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger die Verletzung des § 161 SGB VII. Der angefochtene Bescheid sei mangels hinreichender Rechtsgrundlage rechtswidrig, soweit ein Mindestbeitrag erhoben werde. Der Vorstand der Beklagten sei nicht berechtigt gewesen, die Höhe des Mindestbeitrags zu bestimmen. Ebenso wie die Regelung des § 182 SGB VII in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung ermächtige auch § 161 SGB VII lediglich zur Regelung eines Mindestbeitrags durch die Satzung. Es bestehe aber keine gesetzliche Befugnis, durch Satzung die Regelung der Höhe eines Mindestbeitrags auf den Vorstand zu übertragen. Darüber hinaus sei die Höhe des festgesetzten Mindestbeitrags unverhältnismäßig. Er müsse bei 17 geleisteten Arbeitsstunden mit einem Bruttoarbeitsentgelt von 122 Euro mehr als das 23-fache des sich andernfalls ohne Mindestbeitrag ergebenden Beitrags von 4,26 Euro zahlen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 11. September 2013 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 6. Dezember 2013 und des Sozialgerichts Magdeburg vom 24. Juli 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. April 2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. Dezember 2007 aufzuheben, soweit für das Jahr 2006 ein höherer Umlagebeitrag zur gesetzlichen Unfallversicherung als 4,26 Euro festgesetzt worden ist.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung des LSG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers ist begründet. Zu Unrecht hat das SG die Klage abgewiesen und das LSG die Berufung zurückgewiesen. Die angegriffenen Verwaltungsentscheidungen der Beklagten sind rechtswidrig und verletzten den Kläger in seinen Rechten, soweit der festgesetzte Umlagebeitrag für das Jahr 2006 den Betrag von 4,26 Euro übersteigt.
Gegenstand des Klage- und Revisionsverfahrens ist die zulässig erhobene Anfechtungsklage (§ 54 Abs 1 Satz 1 SGG), mit der der Kläger lediglich noch die teilweise Aufhebung der Festsetzung des Umlagebeitrags zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2006 im Bescheid vom 20.4.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4.12.2007 begehrt, soweit dieser aufgrund der Erhöhung auf einen Mindestbeitrag von 100 Euro den Betrag von 4,26 Euro übersteigt. Zwar hat er im Klageverfahren vor dem SG und mit seinem ursprünglich gestellten Antrag vor dem LSG zusätzlich die Festsetzung des Beitrags für das Insolvenzgeld in Höhe von 0,18 Euro angefochten. Bereits im Berufungsverfahren hat er seine Klage jedoch hinsichtlich dieser Beitragsfestsetzung nicht mehr aufrechterhalten und auf die Anfechtung des den Betrag von 4,26 Euro übersteigenden Umlagebeitrags zur Unfallversicherung beschränkt. Das die Klage im vollen Umfang abweisende Urteil des SG ist durch die im Verfahren vor dem LSG erfolgte Klagerücknahme insoweit wirkungslos geworden (vgl Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, 11. Aufl 2014, § 102 RdNr 6a, 9).
Die Festsetzung des Umlagebeitrags zur gesetzlichen Unfallversicherung für das Jahr 2006 ist im angefochtenen Umfang rechtswidrig. Die Beklagte ist zwar aufgrund des bestandskräftigen und damit bindenden (§ 78 Abs 1, § 77 SGG) Aufnahmebescheids vom 12.12.1990 ihrer Rechtsvorgängerin der für den Kläger zuständige Unfallversicherungsträger (vgl BSG vom 2.4.2009 - B 2 U 20/07 R - SozR 4-2700 § 136 Nr 5 RdNr 27 ff = SGb 2010, 177, 179 = NZS 2010, 342, 343). Anhaltspunkte für eine Nichtigkeit dieses Verwaltungsaktes (§ 40 Abs 1 und 2 SGB X) sind weder vorgetragen noch ersichtlich. Für die Erhöhung des Umlagebeitrags auf den Mindestbeitrag von 100 Euro fehlt es aber an einer wirksamen Rechtsgrundlage. Die Regelungen in § 19 Satz 2 Nr 12 und § 26 Abs 6 der Satzung der Beklagten verstoßen gegen höherrangiges Recht (dazu 1.). Die damit nichtigen Bestimmungen der Satzung können auch nicht ausnahmsweise vorübergehend weitergelten (dazu 2.).
1. Die Beklagte war nicht befugt, die Festlegung der Höhe des Mindestbeitrags durch Satzung auf den Vorstand zu übertragen.
In der gesetzlichen Unfallversicherung sind die Unternehmer beitragspflichtig, für deren Unternehmen Versicherte tätig sind (§ 150 Abs 1 Satz 1 Alt 1 SGB VII). Berechnungsgrundlagen für die Beiträge sind nach § 153 Abs 1 SGB VII, soweit sich aus den nachfolgenden Vorschriften nicht etwas anderes ergibt, der Finanzbedarf (Umlagesoll), die Arbeitsentgelte der Versicherten und die Gefahrklassen. Aus den zu berücksichtigenden Arbeitsentgelten, den Gefahrklassen und dem Beitragsfuß ergeben sich die vom Unfallversicherungsträger schriftlich durch Bescheid mitzuteilenden einzelnen Beiträge (§ 167 Abs 1, § 168 Abs 1 SGB VII).
Der Senat hat hierzu zwar in ständiger Rechtsprechung betont (zuletzt mit zahlreichen Nachweisen BSG vom 11.4.2013 - B 2 U 8/12 R - BSGE 113, 192 = SozR 4-2700 § 157 Nr 5), dass bei der Erfüllung der Rechtspflicht, einen Gefahrtarif festzusetzen und Gefahrklassen zu bilden, der Vertreterversammlung als Organ der Beklagten ein autonom auszufüllendes Rechtsetzungsrecht zusteht. Den Unfallversicherungsträgern als ihre Angelegenheiten selbst regelnde öffentlich-rechtliche Körperschaften ist hierbei ein Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum eingeräumt, soweit sie innerhalb der ihnen erteilten gesetzlichen Ermächtigung autonomes Recht setzen (BSG vom 13.12.1960 - 2 RU 67/58 - BSGE 13, 189 = SozR Nr 2 zu § 915 RVO; BSG vom 14.12.1967 - 2 RU 60/65 - BSGE 27, 237, 240 = SozR Nr 1 zu § 730 RVO; BSG vom 29.11.1973 - 8/2 RU 33/70 - SozR Nr 4 zu § 725 RVO; BSG vom 22.3.1983 - 2 RU 27/81 - BSGE 55, 26, 27 = SozR 2200 § 734 Nr 3; BSG vom 18.10.1984 - 2 RU 31/83 - SozR 2200 § 725 Nr 10; BSG vom 12.12.1985 - 2 RU 49/84 - SozR 2200 § 734 Nr 5; BSG vom 12.12.1985 - 2 RU 40/85 - SozR 2200 § 731 Nr 2; BSG vom 21.8.1991 - 2 RU 54/90 - NZA 1992, 335; BSG vom 18.10.1994 - 2 RU 6/94 - SGb 1995, 253, 255; grundlegend gebilligt von BVerfG vom 3.7.2007 - 1 BvR 1696/03 - SozR 4-2700 § 157 Nr 3; zur Satzungsautonomie und der Nichtanwendbarkeit der Kriterien des Art 80 Abs 1 Satz 2 GG vgl auch den sog Facharztbeschluss vom 9.5.1972 - 1 BvR 518/62 - BVerfGE 33, 125, 155 ff; weiterhin BSG vom 24.6.2003 - B 2 U 21/02 R - BSGE 91, 128 = SozR 4-2700 § 157 Nr 1, jeweils RdNr 12 mwN; "weiter inhaltl Regelungsspielraum", vgl auch Ricke in KassKomm, Stand Dezember 2011, § 157 SGB VII RdNr 5; Spellbrink, SR 2012, 17, 20 mwN; für das Kassenarztrecht: BSG vom 14.12.2011 - B 6 KA 6/11 R - SozR 4-2500 § 85 Nr 68 RdNr 27).
Die Beklagte hat jedoch die Grenzen des soeben aufgezeigten Gestaltungsspielraums überschritten, indem sie die Festsetzung der Höhe der Mindestbeiträge durch Satzung auf den Vorstand übertragen hat. Nach § 161 SGB VII kann die Satzung bestimmen, dass ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben wird. § 26 Abs 6 iVm § 19 Satz 2 Nr 12 der zum 1.5.2005 in Kraft getretenen Satzung der Beklagten vom 29.4.2005 in der hier maßgebenden, ab 1.1.2006 geltenden Fassung (Erster Nachtrag vom 7./14.12.2005) ordnet insoweit an, dass ein einheitlicher Mindestbeitrag erhoben wird, "dessen Höhe der Vorstand festsetzt". Auch ist der Mindestbeitrag durch Beschluss des Vorstands der Beklagten vom 2.5.2005 auf 100 Euro festgesetzt worden. Die genannten Satzungsbestimmungen der Beklagten, die revisibles Recht darstellen, weil sie sich auf das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland erstrecken (vgl § 4 der Satzung) und damit über den Bezirk des Berufungsgerichts hinaus gelten (§ 162 SGG), sind aber unwirksam, weil sie von der Ermächtigung in § 161 SGB VII nicht erfasst werden. Die durch diese Vorschrift vorgegebenen Grenzen der autonomen Rechtsetzungsbefugnis hat die Beklagte überschritten. Sie hätte den Mindestbeitrag selbst durch Satzung bestimmen müssen und war nicht befugt, die Beitragsfestsetzung dem Vorstand zu überlassen.
Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB IV beschließt die Vertreterversammlung die Satzung und sonstiges autonomes Recht des Versicherungsträgers sowie in den übrigen durch Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht vorgesehenen Fällen. Die Vorschrift verleiht damit der Vertreterversammlung unmittelbar die Rechtsetzungsmacht, die Ausfluss des durch Gesetz eingeräumten Rechts auf Selbstverwaltung ist (vgl §§ 29, 31 Abs 1 SGB IV). Hieraus folgt, dass die mit der Normsetzung zusammenhängende Willensbildung ebenfalls durch die Vertreterversammlung zu vollziehen ist und nicht an ein anderes Organ delegiert werden kann (Freund in Hauck/Noftz, SGB IV, Stand X/10, K § 33 RdNr 5).§ 66 Abs 1 Satz 1 SGB IV verbietet den Selbstverwaltungsorganen, die Rechtsetzung auf Ausschüsse zu übertragen. Der Vorstand ist gemäß § 35 Abs 1 Satz 1 SGB IV lediglich dazu berufen, den Versicherungsträger zu verwalten und ihn gerichtlich sowie außergerichtlich zu vertreten, soweit Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht nichts Abweichendes bestimmen. Diese Aufgabenzuweisung schließt zwar die Mitwirkung des Vorstands an der autonomen Rechtsetzung nicht aus (vgl BT-Drucks 7/4122 S 35 zu § 34), die auch in einem Vorschlagsrecht des Vorstands seinen Ausdruck finden kann. Das für die Rechtsetzung verantwortliche Organ ist aber allein die Vertreterversammlung (Freund aaO).
Das von der Vertreterversammlung erlassene autonome Satzungsrecht muss auf einer gesetzlichen Ermächtigung beruhen. Satzungen sind Rechtsvorschriften, die von einer dem Staat zugeordneten juristischen Person des öffentlichen Rechts im Rahmen der ihr gesetzlich verliehenen Autonomie mit Wirksamkeit für die ihr angehörigen und unterworfenen Personen erlassen werden. Der Gesetzgeber begibt sich mit der Verleihung dieser Autonomie innerhalb eines von vornherein durch Wesen und Aufgabenstellung der Körperschaft begrenzten Bereichs seiner Regelungsbefugnis und ermächtigt Dritte, durch demokratisch gebildete Organe ihre eigenen Angelegenheiten zu regeln. Er darf sich aber seiner Rechtsetzungsbefugnis nicht völlig entäußern und seinen Einfluss auf den Inhalt der von den körperschaftlichen Organen zu erlassenden Normen völlig preisgeben. Der Gesetzesvorbehalt in Art 20 Abs 3 GG verlangt, dass staatliches Handeln durch förmliches Gesetz legitimiert ist. Grundsätzliche Fragen, die den Bürger unmittelbar betreffen, sind durch Gesetz zu regeln (BSG vom 3.4.2014 - B 5 R 5/13 R - SozR 4-2600 § 137b Nr 1 RdNr 21 mit Hinweisen auf BVerfG).
Der Senat hat hierzu in seinem Urteil vom 17.5.2011 (B 2 U 18/10 R - BSGE 108, 194, 200 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2, RdNr 37 f) eingehend begründet, dass über den allgemeinen Vorbehalt des Gesetzes hinaus in § 31 SGB I bestimmt ist, dass in den Sozialleistungsbereichen des SGB I einschließlich der gesetzlichen Unfallversicherung (vgl § 22 SGB I) Rechte und Pflichten nur begründet, festgestellt, geändert oder aufgehoben werden dürfen, soweit es ein Gesetz vorschreibt oder zulässt. Ohne Ermächtigung durch Parlamentsgesetz ist dem Sozialversicherungsträger die Regelung von Rechten oder Pflichten des Bürgers verwehrt. Insoweit bedürfen untergesetzliche Normen wie Satzungen einer Inhalt und Umfang bestimmenden Ermächtigungsgrundlage in einem formellen Gesetz (BSG vom 3.4.2014 - B 5 R 5/13 R - SozR 4-2600 § 137b Nr 1 RdNr 22 mwN; vgl auch Rüfner in Wannagat, SGB I, Stand Juli 2000, § 31 RdNr 7; Klose in Jahn, SGB I, Stand Februar 2011, § 31 RdNr 11 f; Seewald in KassKomm, Stand September 2007, § 31 SGB I RdNr 8 und 13). Die Unfallversicherungsträger als Selbstverwaltungskörperschaften des öffentlichen Rechts gemäß § 29 SGB IV, denen das GG keine Aufgaben mittels Generalklausel zuweist (anders Art 28 Abs 2 GG für örtliche Angelegenheiten der Gemeinden, Allzuständigkeit), haben nur Satzungs- und Regelungskompetenz mit Wirkung gegenüber dem Bürger, wenn und soweit ihnen Aufgaben ausdrücklich vom Gesetzgeber übertragen worden sind (vgl Schlegel in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts - UV-Recht ≪HS-UV≫, 1996, § 19 RdNr 5; Steinbach in Hauck/Noftz, SGB IV, K § 34 RdNr 5; Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, 18. Aufl 2011, § 23 RdNr 42 ≪Enumerationsprinzip≫). Ein solch formelles Gesetz ist für § 26 Abs 6 iVm § 19 Satz 2 Nr 12 der Satzung der Beklagten und den Beschluss ihres Vorstands vom 2.5.2005 nicht in § 161 SGB VII zu erblicken.
Der Senat hat bereits entschieden, dass § 49 Abs 6 der Satzung der früheren Landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft (LBG) Rheinland-Pfalz, wonach die Vertretersammlung den Grundbeitrag festzulegen hatte, diese Befugnis aber auf den Vorstand übertragen konnte, und § 38 Abs 2 der Satzung der früheren LBG Württemberg über die Zuständigkeit des Vorstands für die Beitragsfestsetzung mit den rechtsstaatlichen Grundsätzen des Gesetzesvorbehalts und der Bestimmtheit von Gesetzen nicht vereinbar sind. Danach bedürfen Eingriffsakte der Verwaltung einer normativen Grundlage, die so formuliert ist, dass die Folgen der Regelung für den Normadressaten erkennbar und berechenbar sind. Der Beitragsschuldner muss aus den die Beitragspflicht regelnden Rechtsvorschriften ersehen können, wie sich der Beitrag zusammensetzt und welche Belastung ihn persönlich erwartet, soweit dies im Rahmen eines Umlageverfahrens mit nachfolgender Bedarfsdeckung möglich ist (§ 152 Abs 1 SGB VII). Die Merkmale, nach denen sich der Beitrag bemisst, müssen im Rahmen des Möglichen in der Satzung so genau bestimmt werden, dass die Beitragslast vorausberechnet werden kann. Von dieser Verpflichtung konnte der weite Entscheidungs- und Gestaltungsspielraum, den das Gesetz der Selbstverwaltung hinsichtlich der Beitragsgestaltung in § 182 Abs 2 SGB VII aF einräumte, nicht entbinden. Haben die Unfallversicherungsträger die Möglichkeit, unter zahlreichen Beitragsmaßstäben zu wählen und diese nach ihrem Ermessen mit einem Grundbeitrag oder einem Mindestbeitrag zu kombinieren, besteht die Notwendigkeit, die jeweils maßgebenden Berechnungsgrundlagen in der Satzung hinreichend klar festzulegen, damit die Beitragserhebung für die Betroffenen transparent und nachvollziehbar ist. Delegieren darf der Satzungsgeber solche Festlegungen, die er selbst nicht treffen kann, weil zB eine für die Beitragsberechnung benötigte Rechengröße im Vorhinein nicht bekannt ist und daran anknüpfende Entscheidungen deshalb erst am Ende des Umlagejahres getroffen werden können. Auch insoweit müssen aber die Berechnungsmodalitäten aus der Satzung ersichtlich sein und nur die Umsetzung darf der Vertreterversammlung oder, sofern es sich um eine reine Rechenoperation handelt, auch dem Vorstand überlassen werden. Diesen Maßstäben genügten die beanstandeten Satzungsnormen nicht, weil sie dem Vorstand weit über bloße Rechenoperationen hinausreichende Entscheidungsbefugnisse einräumten, ohne dass dies aus sachlichen Gründen geboten war (BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1, RdNr 25 ff und vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 11 ff).
Die für die landwirtschaftliche Unfallversicherung maßgebenden Anforderungen an eine rechtsstaatlichen Grundsätzen genügende Mindestbeitragsfestsetzung gelten auch für die gewerbliche Unfallversicherung. Dem stehen weder der von § 182 Abs 2 Satz 3 SGB VII aF (jetzt § 182 Abs 2 Satz 4 SGB VII idF des Gesetzes zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ≪LSV-Neuordnungsgesetz - LSV-NOG≫ vom 12.4.2012, BGBl I 579) abweichende Wortlaut des § 161 SGB VII noch die in den jeweiligen Zweigen der gesetzlichen Unfallversicherung differenziert ausgestaltete Beitragsbemessung entgegen.
Der Beklagten ist einzuräumen, dass nach § 182 Abs 2 Satz 3 SGB VII in der bis 31.12.2012 geltenden Fassung des Unfallversicherungs-Einordnungsgesetzes (UVEG) vom 7.8.1996 (BGBl I 1254) die Satzung zusätzlich zu den Berechnungsgrundlagen nach den Sätzen 1 und 2 einen Mindestbeitrag oder einen Grundbeitrag "bestimmen" kann. Der Wortlaut der Vorschrift macht deutlich, dass die Höhe des Mindest- oder Grundbeitrags in der Satzung selbst festzulegen ist und lässt keinen Raum für die Annahme, der Satzungsgeber könne sich auf die Anordnung beschränken, dass überhaupt ein Mindest- oder Grundbeitrag erhoben wird, und die näheren Festlegungen auf den Vorstand übertragen (BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1, RdNr 26). Demgegenüber kann zwar nach § 161 SGB VII die Satzung "bestimmen", dass ein einheitlicher Mindestbeitrag "erhoben" wird. Auch die Formulierung dieser Vorschrift bedeutet aber nach allgemeinem Sprachverständnis, dass die Höhe des Mindestbeitrags durch die Satzung selbst zu regeln ist, weil es an jeglichem Bezug zu einem ansonsten zur Beitragsbestimmung berufenen Organ fehlt.
Diese Wortlautinterpretation wird durch eine systematische Auslegung der Regelungen des SGB VII über das Beitragsrecht gestützt. Der in § 161 SGB VII gewählte Wortlaut findet sich in verschiedenen Vorschriften des für die gewerbliche Unfallversicherung geltenden Beitragsrechts (§§ 150 SGB VII ff). Danach kann die Satzung auch "bestimmen", dass Aufwendungen für bestimmte Versicherte in besonderer Weise umgelegt werden (§ 152 Abs 3 SGB VII), der Beitragsberechnung mindestens das Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestjahresarbeitsverdienstes für Versicherte, die das 18. Lebensjahr vollendet haben (§ 153 Abs 3 Satz 1 SGB VII), oder der Jahresarbeitsverdienst von Versicherten, die nicht als Besatzungsmitglied tätig sind, nur zum Teil zugrunde gelegt wird (§ 154 Abs 2 Satz 2 SGB VII), die Beiträge nicht nach Arbeitsentgelten, sondern nach der Zahl der Versicherten unter Berücksichtigung der Gefährdungsrisiken berechnet werden (§ 155 Abs 1 Satz 1 SGB VII), das für die Berechnung der Beiträge maßgebende Arbeitsentgelt nach der Zahl der geleisteten Arbeitsstunden oder den für die jeweiligen Arbeiten nach allgemeinen Erfahrungswerten durchschnittlich aufzuwendenden Arbeitsstunden berechnet wird (§ 156 Halbs 1 SGB VII), und die Unternehmer weitere zur Berechnung der Umlage notwendige Angaben zu machen (§ 165 Abs 1 Satz 3 SGB VII) und ihren Beitrag selbst zu errechnen haben (§ 168 Abs 3 Halbs 1 SGB VII). Damit hat der Gesetzgeber spezifische Satzungsregelungen durch den Satzungsgeber ermöglicht, ohne ihm entgegen § 33 Abs 1 Satz 1 und § 35 Abs 1 Satz 1 SGB IV zugleich die Befugnis einzuräumen, seine Regelungshoheit jeweils auf den Vorstand zu übertragen. Mit der jeweiligen Ermächtigung, dass die Satzung konkrete Vorgaben "bestimmen" kann, ist keine Verlagerung der Regelungsbefugnis verbunden. Indem das vom Gesetzgeber in den einzelnen beitragsrechtlichen Vorschriften formulierte Tätigwerden durch Satzung bestimmt werden kann, wird lediglich die Rechtsetzungsbefugnis des Satzungsgebers inhaltlich beschrieben.
Das hier gefundene Ergebnis widerspricht weder der Regelungsintention des Gesetzgebers noch der Rechtsprechung des Senats. Hinweise darauf, dass der Gesetzgeber eine Festsetzung des Mindestbeitrags der Höhe nach außerhalb der Satzung des Unfallversicherungsträgers durch den Vorstand ermöglichen wollte, finden sich nicht in den Gesetzesmaterialien zu §§ 161 und 182 SGB VII (vgl BT-Drucks 13/2204 S 112 und 114 f zu §§ 161 und 182) sowie deren Vorläuferbestimmungen des § 734 Abs 1 Satz 2, § 994 Abs 1, § 728 Abs 1 und § 803 Abs 2 Satz 2 RVO (vgl BT-Drucks IV/120 S 67 und 71 zu § 725 Abs 1 und § 801 bis § 813 sowie RT-Drucks III/691 S 5 und 35 zu Art 32 und 50). In seinem Urteil vom 27.1.1994 (2 RU 9/93 - BSGE 74, 54 = SozR 3-2200 § 728 Nr 1) hat der Senat zwar die Beitragserhebung auf der Grundlage eines Vorstandsbeschlusses unbeanstandet gelassen. Der Senat hat jedoch in seinem Urteil vom 7.12.2004 an dieser Billigung der Beitragsfestsetzung durch den Vorstand ausdrücklich nicht mehr festgehalten (B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1, RdNr 28), abgesehen davon, dass sich die frühere Entscheidung auf Ausführungsbestimmungen des Reichsversicherungsamts vom 25.11.1925 zu § 734 und § 994 Abs 1 RVO aF über die Erhebung von einheitlichen Mindestbeiträgen (AN 1925, 360) stützte, wonach die Höhe eines nach der Satzung zu erhebenden Mindestbeitrags vom Vorstand festzusetzen war.
Dass die Beitragsgestaltung in der gewerblichen Unfallversicherung anders geregelt ist als in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung führt ebenfalls zu keinem anderen Ergebnis. Es ist rechtlich nicht nachvollziehbar und von der Beklagten auch nicht begründet worden, weshalb die materiell-rechtlich unterschiedlich ausgestaltete Beitragsbemessung zu einer unterschiedlichen formalen Rechtsetzungskompetenz führen soll. Auch wenn die Berechnungsgrundlagen für die Beitragserhebung und das Umlageverfahren in der landwirtschaftlichen Unfallversicherung abweichend von §§ 152 SGB VII ff in den besonderen Bestimmungen der §§ 182 und 183 SGB VII normiert sind, erfordert die in der gesetzlichen Unfallversicherung insgesamt zu beachtende Beitragstransparenz als Ausfluss des wegen des mit der Beitragsbelastung verbundenen Eingriffs in die Rechtsposition des Beitragsschuldners zu berücksichtigenden Gesetzesvorbehalts eine durch das zur Rechtsetzung befugte Selbstverwaltungsorgan getroffene Festlegung der Mindestbeitragshöhe. Hierzu ist der Satzungsgeber der Beklagten auch in der Lage. Der Mindestbeitrag hat allgemein die Funktion, einen finanziellen Basisaufwand, der durch die Zugehörigkeit des Unternehmens zum Unfallversicherungsträger bedingt ist, durch einen einheitlichen Sockelbetrag abzudecken. Dieser kann, da er keinen Bezug zum versicherten Risiko aufweist und daher nicht von wechselnden Berechnungsfaktoren abhängig ist, ohne Weiteres in der Satzung selbst betragsmäßig festgelegt werden (BSG vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1, RdNr 28). Ob sich der Satzungsgeber gleichwohl darauf beschränken kann, die Kriterien für die Bemessung des Mindestbeitrags zu benennen und dem Vorstand allein die Beitragsberechnung auf der Grundlage der vorgegebenen Bemessungskriterien zu überlassen, kann hier dahinstehen. § 26 Abs 6 iVm § 19 Satz 2 Nr 12 der Satzung der Beklagten weist auch solche Kriterien nicht aus.
2. Die aus den vorstehenden Gründen mit § 161 SGB VII unvereinbare Aufgabenzuweisung an den Vorstand in § 26 Abs 6 iVm § 19 Satz 2 Nr 12 der Satzung der Beklagten ist wegen Verstoßes gegen höherrangiges Recht unwirksam. Diese Regelungen in Verbindung mit dem Vorstandsbeschluss vom 2.5.2005 bilden daher keine Rechtsgrundlage für die hier angegriffene Festsetzung des Mindestbeitrags.
Die Unvereinbarkeit der Satzungsbestimmungen hat deren Nichtigkeit und damit Unanwendbarkeit zur Folge. Regelungen, die gegen höhere Normen verstoßen, dürfen grundsätzlich nicht angewendet werden, da Verwaltung und Gerichte nach Art 20 Abs 3 GG an Gesetz und Recht gebunden und deshalb gehalten sind, gesetzeswidrige Handlungen zu unterlassen (BSG vom 17.5.2011 - B 2 U 18/10 R - BSGE 108, 194 = SozR 4-2700 § 6 Nr 2, RdNr 53 unter Hinweis auf BVerfG vom 3.11.1982 - 1 BvR 620/78 - BVerfGE 61, 319 - Juris RdNr 101 mwN). Der Senat hat es zwar aus zwingenden Gründen ausnahmsweise zugelassen, gesetzes- oder verfassungswidrige Vorschriften einer Satzung für eine Übergangszeit weiter anzuwenden, wenn die Nichtanwendung der Norm, insbesondere auf in der Vergangenheit bereits abgeschlossene Sachverhalte, zu untragbaren Ergebnissen führen würde, die von der gesetzes- und verfassungsmäßigen Ordnung noch weiter entfernt sind als ein Zustand, bei dem es dem Betroffenen zugemutet wird, die Anwendung einer rechtswidrigen Norm für eine begrenzte Zeit hinzunehmen. Dabei waren im Interesse einer verlässlichen Finanz- und Haushaltsplanung sowie eines gleichmäßigen Verwaltungsvollzugs allein haushaltsrechtlich bedeutsame Normen im Blick, bei denen eine Rückabwicklung aller betroffenen Rechtsverhältnisse faktisch unmöglich ist und unkalkulierbare Haushaltsrisiken bis hin zu einer drohenden Zahlungsunfähigkeit des Versicherungsträgers vermieden werden mussten (BSG aaO RdNr 54; BSG vom 4.12.2007 - B 2 U 36/06 R - SozR 4-2700 § 182 Nr 3 RdNr 19 f und vom 7.12.2004 - B 2 U 43/03 R - BSGE 94, 38 = SozR 4-2700 § 182 Nr 1, RdNr 30).
Eine solche Konstellation liegt in dem hier zu beurteilenden Fall aber nicht vor. Daher bedarf es vorliegend auch keiner Entscheidung, ob der Senat sich weiterhin generell für befugt hält, in Anlehnung an § 31 Abs 2 BVerfGG die zeitweilige Aufrechterhaltung gesetzeswidriger Satzungsbestimmungen zu erlauben. Denn jedenfalls liegt ein die Durchbrechung des Nichtigkeitsgrundsatzes rechtfertigender Ausnahmefall nicht vor. Die Nichtigkeit des § 26 Abs 6 iVm § 19 Satz 2 Nr 12 der Satzung der Beklagten führt zunächst nicht zur Gesamtnichtigkeit der Satzung. Die nichtige Norm beschränkt sich vielmehr auf die Aufgabenzuweisung an den Vorstand und stellt damit einen isolierten, rechtlich abtrennbaren Teil der Gesamtsatzung dar (vgl BSG vom 13.12.2011 - B 1 KR 7/11 R - SozR 4-7862 § 9 Nr 3 RdNr 23 f mwN). Die gesetzeswidrigen Satzungsbestimmungen stehen nicht in einer derart engen Beziehung zu anderen Satzungsregelungen, dass auch diese wegen der Nichtigkeit bedeutungslos würden. Damit ist auch die Funktionsfähigkeit der Beklagten weiterhin gewahrt, weil jedenfalls an dem Fortbestand der Satzung im Übrigen kein Zweifel besteht.
Die Unwirksamkeit der Aufgabenzuweisung an den Vorstand und damit auch des von ihm erlassenen Mindestbeitragsfestsetzungsbeschlusses geht auch nicht mit einer herausragenden, der Beklagten nicht zumutbaren haushaltswirtschaftlichen Belastung einher. Die Nichtigkeit der Satzungsbestimmungen führt zwar zur Rechtswidrigkeit aller darauf gestützten Beitragsbescheide, die von beitragspflichtigen Unternehmen auch in bindend abgeschlossenen Verfahren auch noch nachträglich unter den Voraussetzungen des § 44 SGB X geltend gemacht werden könnte. Sowohl der damit verbundene nicht unverhältnismäßige Verwaltungsaufwand als auch entstehende Beitragseinbußen für zurückliegende Jahre sind aber wie auch in anderen Fällen der nach § 44 SGB X erforderlichen Rücknahme von Verwaltungsakten das Ergebnis gesetzes- und damit rechtswidrigen Verwaltungshandelns und von der Beklagten hinzunehmen. Unabhängig davon, dass der Senat bereits in früheren Entscheidungen in den Jahren 2004 und 2007 - wie oben ausgeführt wurde - die Beitragsfestsetzungszuweisung an den Vorstand in Bezug auf die landwirtschaftliche Unfallversicherung beanstandet hat und deshalb bei der Beklagten auch kein schützenswertes Vertrauen mehr bestehen konnte, gefährdet allein der vorübergehende Ausfall von Mindestbeiträgen bis zum Erlass einer gesetzeskonformen Satzung offenkundig nicht die Existenz der Beklagten. Eine dadurch drohende Zahlungsunfähigkeit ist ebenso wenig wie ein unkalkulierbares Haushaltsrisiko dargetan und auch nicht im Ansatz zu erkennen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs 1 Satz 1 SGG iVm § 154 Abs 1, § 155 Abs 1 Satz 3 Verwaltungsgerichtsordnung.
Fundstellen