Verfahrensgang
SG Kiel (Urteil vom 20.05.1987; Aktenzeichen S 6 Kr 8/86) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 20. Mai 1987 – S 6 Kr 8/86 – wird zurückgewiesen.
Der Kläger hat dem Beigeladenen zu 2) die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind keine Kosten zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist ein Erstattungsanspruch des Klägers als Träger der Kriegsopferversorgung gegenüber der Beklagten als Trägerin der Krankenversicherung der Rentner (KVdR).
Der Beigeladene zu 2) erhält als Schwerkriegsbeschädigter vom Kläger Versorgung nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von 90 vH. Im November 1982 beantragte er beim Kläger die Gewährung einer Badekur. Dieser Antrag wurde als Rehabilitationsantrag an die Beigeladene zu 1) weitergeleitet. Sie lehnte den Antrag durch die Bescheide vom 30. September und 16. Dezember 1983 ab mit der Begründung, der Beigeladene zu 2) sei erwerbsunfähig und es sei nicht zu erwarten, daß die Erwerbsfähigkeit erhalten, wesentlich gebessert oder wiederhergestellt werden könnte. Gleichzeitig wurde der Beigeladene zu 2) zur Stellung eines Rentenantrages aufgefordert. Er kam der Aufforderung im Januar 1984 nach und erklärte dazu, daß seine Mitgliedschaft in der KVdR erst nach Ablauf des Monats der Rentenbescheiderteilung beginnen solle. Durch Bescheid vom 20. Februar 1984 bewilligte die Beigeladene zu 1) dem Beigeladenen zu 2) Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit ab 1. Oktober 1982 und legte für den Rentenbeginn den Rehabilitationsantrag nach § 1241d Abs 3 der Reichsversicherungsordnung (RVO) als Rentenantrag zugrunde. Der Zuschuß zur KVdR wurde entsprechend der Erklärung des Beigeladenen zu 2) ab 1. April 1984 gewährt.
Seit 1982 wurden der Beigeladene zu 2) und seine Ehefrau wegen schädigungsunabhängiger Leiden ärztlich behandelt. Die Kosten für die ambulanten und stationären Behandlungen wurden vom Kläger nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) erstattet. Mit Schreiben vom 26. August 1985 vertrat der Kläger gegenüber der Beklagten die Auffassung, seine Leistungspflicht nach dem BVG sei deswegen entfallen, weil der im Jahre 1982 gestellte Rehabilitationsantrag als Rentenantrag gelte und demzufolge die vom Beigeladenen zu 2) im Zusammenhang mit der Rentenantragstellung im Januar 1984 abgegebene Erklärung über den Beginn der Mitgliedschaft in der KVdR verspätet gewesen sei. Der Kläger verlangte die Erstattung der ihm entstandenen Kosten. Dies lehnten sowohl die Beklagte als auch die Beigeladene zu 1) ab mit der Begründung, die Monatsfrist des § 315b RVO für die vom Beigeladenen zu 2) abgegebene Erklärung habe erst mit der Stellung des förmlichen Rentenantrages beginnen können.
Die auf die Erstattung von Aufwendungen in Höhe von 30.477,46 DM gerichtete Klage hat das SG Kiel durch Urteil vom 20. Mai 1987 abgewiesen mit der Begründung, die Frist des § 315b RVO könne nicht beginnen, ohne daß dem Rentenantragsteller bewußt sei, einen Rentenantrag gestellt zu haben. Diese Voraussetzung sei bei Rehabilitationsanträgen, die gemäß § 1241d Abs 3 und 4 RVO als Rentenanträge gelten, nicht erfüllt.
Gegen diese Rechtsauffassung wendet sich der Kläger mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision. Er rügt die unrichtige Anwendung des § 315b RVO und trägt dazu vor, auch bei einem fiktiven Rentenantrag müßten mit dem Zeitpunkt, auf den sich die Fiktion erstrecke, alle Rechtsfolgen aus der Fiktion eintreten. Dies gelte auch für die Monatsfrist des § 315b RVO Hierdurch entstünden für den Rentenantragsteller auch keine Nachteile, weil er ab dem Zeitpunkt der Rentengewährung einen Anspruch auf einen Zuschuß zu den Krankenversicherungsbeiträgen habe.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Urteil des Sozialgerichts Kiel (S 6 Kr 8/86 vom 20. Mai 1987) zu verurteilen, an das klagende Land 30.477,46 DM zu zahlen,
hilfsweise,
den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Sozialgericht Kiel zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beigeladene zu 1) schließt sich dem Vorbringen der Beklagten an.
Der Beigeladene zu 2) schließt sich dem Antrag der Beklagten an.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision des Klägers ist unbegründet.
Das angefochtene Urteil ist nicht zu beanstanden. Als Anspruchsgrundlage für den Erstattungsanspruch kommt nur § 105 Abs 1 des Sozialgesetzbuchs – Verwaltungsverfahren – (SGB 10) in Betracht, weil der Kläger geltend macht, Leistungen erbracht zu haben, die aufgrund der Mitgliedschaft in der KVdR von der Beklagten hätten erbracht werden müssen. Demgegenüber ist der Beigeladene zu 2) erst seit dem 1. April 1984 als Rentner krankenversichert; denn er hat eine entsprechende Erklärung nach § 315b RVO fristgerecht abgegeben.
In § 315b RVO wird dem Rentenantragsteller eine befristete Dispositionsbefugnis dahin eingeräumt, zu welchem Zeitpunkt er seine Mitgliedschaft in der KVdR beginnen lassen will, sei es schon mit der Rentenantragstellung oder erst nach der Zustellung des Rentenbescheides. Hierdurch wird der Rentenantragsteller in die Lage versetzt, eine „Formalmitgliedschaft” iS des § 315a RVO mit den sich daraus ergebenden Pflichten (Beitragszahlung) für den Fall zu vermeiden, daß der Rentenantrag endgültig abgelehnt wird (vgl BT-Drucks 8/166 S 27 zu § 1 Nr 24). Indessen hat sich der Gesetzgeber nicht auf die Fälle der Ablehnung eines Rentenantrages beschränkt, sondern generell dem Versicherten das Recht eingeräumt, die Mitgliedschaft in der KVdR hinauszuschieben. Begünstigt von dieser Regelung sind erkennbar auch alle Versorgungsberechtigten, die Anspruch auf Heilbehandlung nach dem BVG haben. Insoweit hat der Gesetzgeber jedoch keine Differenzierung vorgenommen.
Von seiner Dispositionsbefugnis kann ein Rentenantragsteller nur dann Gebrauch machen, wenn er selbst einen Rentenantrag stellt. Erst von diesem Zeitpunkt an läuft die Frist des § 315b. Die Fiktion der Antragstellung des § 1241d Abs 3 und 4 RVO gilt lediglich für den in § 1291 RVO festgelegten Rentenbeginn (vgl Verbandskommentar zur Rentenversicherung, § 1241d Rdn 8, 11). Ohne diese Fiktion könnte einem erwerbsunfähigen Versicherten, der lediglich einen Rehabilitationsantrag stellt, die Rente erst ab Stellung des förmlichen Rentenantrages bewilligt werden, während ein früherer Rentenbeginn dann einträte, wenn der Versicherte mit dem Rehabilitationsantrag gleichzeitig einen Rentenantrag gestellt hätte. Infolgedessen müßte ein Versicherter mit Rücksicht auf den Rentenbeginn einen Rehabilitationsantrag stets mit einem Rentenantrag verbinden, über den gesondert zu entscheiden wäre. Unter diesen Umständen erscheint es geboten, einen Rentenbewerber nicht deswegen zu benachteiligen, weil er sich zunächst auf die Stellung eines Rehabilitationsantrages beschränkt, so daß § 1241d Abs 3 und 4 RVO über den Rentenbeginn hinaus keine rechtlichen Wirkungen zum Nachteil eines Antragstellers entfaltet. Wollte man dem Kläger folgen, so wären in Fällen wie dem vorliegenden einem Versicherten nicht nur die Möglichkeit des Hinausschiebens der Mitgliedschaft in der KVdR nach § 315b RVO, sondern auch die ebenfalls fristgebundene Befreiung von der Versicherungspflicht nach § 173a RVO praktisch genommen. Es bestehen keine Anhaltspunkte dafür, daß der Gesetzgeber mit der Regelung des § 1241d Abs 3 und 4 RVO diese Ziele verfolgt oder auch nur gebilligt hätte.
Es mag zutreffen, daß, wie der Kläger vorträgt, der Versicherte in bestimmten Fällen ein Interesse daran haben kann, vom Rentenbeginn an Mitglied der KVdR zu sein. Dieser Weg ist ihm aber nicht verschlossen, wenn er einen Rehabilitationsantrag stellt, der als fiktiver Rentenantrag gilt. Will ein Versicherter ab Rentenbeginn Mitglied der KVdR sein, so braucht er nur davon Abstand zu nehmen, eine Erklärung nach § 315b RVO abzugeben. Dies hat der Beigeladene zu 2) nicht getan. Er hat im Gegenteil die Hinausschiebung der Mitgliedschaft in der KVdR ausdrücklich gewollt.
Nach allem war die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen