Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 19.06.1991) |
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 19. Juni 1991 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist, ob die Beklagte dem Kläger Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit zu gewähren hat.
Der 1942 geborene Kläger stammt aus Jugoslawien. Er hat keinen Beruf erlernt und war seit Mai 1966 in der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtig beschäftigt. Zuletzt arbeitete er von Januar 1976 bis Januar 1981 bei der Firma Z. … Gesellschaft für Hebetechnik mbH, und anschließend bei der Firma F. … Systemtechnik GmbH als Schweißer.
Den im Juni 1986 gestellten Rentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte durch Bescheid vom 26. Oktober 1987 mit der Begründung ab, daß der Kläger noch vollschichtig leichte Arbeiten mit gewissen Einschränkungen verrichten könne. Das vom Kläger angerufene Sozialgericht (SG) Freiburg verurteilte die Beklagte durch Urteil vom 5. September 1989 zur Gewährung von Rente wegen Berufsunfähigkeit; es stufte den Kläger als Facharbeiter ein und verneinte das Vorhandensein zumutbarer Verweisungstätigkeiten. Auf die Berufung der Beklagten hob das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg die erstinstanzliche Entscheidung durch Urteil vom 19. Juni 1991 auf und wies die Klage im wesentlichen mit folgenden Erwägungen ab:
Der „bisherige Beruf” des Klägers sei der eines Schweißers. Dieser sei im vorliegenden Falle entgegen der Auffassung des SG der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzuordnen. Ein Facharbeiterstatus werde durch die Ausbildung zum Lehrberuf des „Schmelzschweißers” mit einer Regelausbildungszeit von drei Jahren erlangt. Im Rahmen einer solchen Facharbeiterausbildung würden umfassende und vielfältige praktische und theoretische Kenntnisse und Fähigkeiten hinsichtlich der verschiedenen Schweißverfahren und deren Anwendungsbereiche und der Verarbeitung verschiedener Werkstoffe vermittelt. Der Kläger habe während seiner Tätigkeit bei der Firma Z. … die im Betrieb durchgeführte Schutzgasschweißprüfung nach DIN 8560 SG-B I m bestanden (m = 2,5-6,5 mm Werkstoffdicke). Nach seiner Übernahme in die Firma F. … Systemtechnik habe er 1982 die Schweißerprüfung SG-B II g (g = Werkstoffdike über 6 mm) absolviert und diese Prüfung 1983 wiederholt. Durch diese Prüfungen und auch die betriebliche Tätigkeit habe er jedoch nicht die praktischen Fertigkeiten und theoretischen Kenntnisse erlangt, wie sie dem Schmelzschweißer zu eigen seien. Dem entspreche es auch, daß die erforderliche Ausbildungszeit für die vom Kläger erlangte Qualifikation wesentlich unter zwei Jahren liege.
Auch der Gesichtspunkt der tariflichen Eingruppierung könne zu keiner anderen Beurteilung führen. Nach der Auskunft der Firma F. … vom 12. Juli 1989 und der Aussage des Zeugen K. … seien die bei der Firma F. … beschäftigten Schweißer nicht nach einem zwischen den Tarifvertragsparteien abgeschlossenen Tarifvertrag entlohnt worden. Vielmehr sei die Entlohnung nach einem innerbetrieblichen Punktesystem erfolgt. Der Kläger habe dabei mit seiner Vergütung unter derjenigen der besserbezahlten Rohrschweißer gelegen. In seiner früheren Beschäftigung bei der Firma Z. … habe der Kläger zwar einen über seiner Qualifikation liegenden Facharbeiterlohn nach Lohngruppe VIII erhalten, dies sei aber ohne Bedeutung, da er weder von seiner Ausbildung her noch nach dem Lohnrahmentarifvertrag für die Arbeiter der Metallindustrie in Nordwürttemberg und Nordbaden (LRTV) der Lohngruppe der Facharbeiter zuzuordnen gewesen sei.
Da der Kläger somit der Gruppe der angelernten Arbeiter zuzurechnen sei, könne er auf alle ihm in gesundheitlicher Hinsicht noch zumutbaren Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verwiesen werden. Eine konkrete Verweisungstätigkeit brauche hierbei nicht benannt zu werden.
Mit seiner vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzungen des § 1246 Abs 2 Satz 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 103 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG).
Dem Hinweis des LSG, daß er nicht als Facharbeiter anzusehen oder einem solchen gleichzustellen sei, könne nicht gefolgt werden. Das LSG hätte den Sachverhalt von Amts wegen näher aufklären müssen, ob es im Bereich des Schweißerberufs weit verbreitet sei, Schweißer mit speziellen Qualifikationen, wie in seinem Falle im Rahmen der Qualifikationsstufe SG-B II g, einzusetzen, die ständig einen aus dem Facharbeiterbereich losgelösten Teilbereich selbständig verrichteten. Sollte dies der Fall sein, so könne es sich bei diesen Tätigkeiten um Facharbeiter handeln.
Außerdem begründe seine tarifliche Einstufung durch die Firma Z. … eine Qualifikation als Facharbeiter; er habe dort Facharbeiterlohn erhalten. Es sei indiziell davon auszugehen, daß er nach Übernahme der Firma Z. … durch die Firma F. … entsprechend eingestuft gewesen sei. Anderenfalls hätte das LSG unter Einholung des sogenannten Punktesystems der Firma F. … eigenständig den objektiven Wert seiner – des Klägers – Tätigkeit ermitteln müssen.
Selbst dann, wenn der 13. Senat des Bundessozialgerichts (BSG) zu dem Ergebnis gelangen sollte, daß seine Tätigkeit als Schweißer ihrem qualitativen Wert nach der Gruppe mit dem Leitberuf des sonstigen Ausbildungsberufs bzw des Angelernten zuzuordnen sei, so könne er, der Kläger, nur in den oberen Bereich dieser Gruppe eingestuft werden. Bei Verweisung von Angelernten im oberen Bereich müsse mindestens eine in Betracht kommende Verweisungstätigkeit konkret bezeichnet werden.
Der Kläger beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des LSG Baden-Württemberg vom 19. Juni 1991 die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des SG Freiburg vom 5. September 1989 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die auf § 103 SGG gestützte Rüge des Klägers gehe fehl. Das SG und das LSG hätten die Aufklärung des Berufsbildes des Klägers in einem Ausmaß betrieben, wie sie in sozialgerichtlichen Verfahren nur selten durchgeführt werde. Eine weitere Sachaufklärung, wie sie der Kläger für erforderlich halte, sei nicht veranlaßt, da sie keine neuen Erkenntnisse bringen werde. Selbst wenn man dem Kläger Facharbeiterqualitäten zubilligen würde, stehe ihm kein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung zu, da es Tätigkeiten gebe, auf die er objektiv und subjektiv zumutbar verwiesen werden könne.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Dieses hat zur Wertigkeit des bisherigen Berufs des Klägers als Schweißer noch weitere tatsächliche Feststellungen zu treffen.
Maßgebend für den Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen Berufsunfähigkeit ist § 1246 RVO. Da der Kläger den Rentenantrag vor dem 1. April 1992 gestellt hat, bleibt das durch Art 6 Nr 24 des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989 (BGBl S 2261) gestrichene Vierte Buch der RVO hier weiterhin anwendbar (§ 300 Abs 2 SGB VI). Nach § 1246 Abs 1 RVO erhält Rente wegen Berufsunfähigkeit der Versicherte, der berufsunfähig ist und zuletzt vor Eintritt der Berufsunfähigkeit eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat, wenn die Wartezeit erfüllt ist. Berufsunfähig ist nach § 1246 Abs 2 RVO ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfanges seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
Nach ständiger Rechtsprechung des BSG ist bei Prüfung der Berufsunfähigkeit Ausgangspunkt der Beurteilung der „bisherige Beruf” des Versicherten (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 107). Dieser ist zuerst zu ermitteln und sodann zu prüfen, ob der Versicherte ohne wesentliche Einschränkungen weiterhin zu seiner Ausübung in der Lage ist. Ist der Versicherte nämlich in seinem Beruf noch ausreichend erwerbsfähig iS des § 1246 Abs 2 Sätze 1 und 2 RVO, so ist er nicht berufsunfähig, ohne daß es auf seine Erwerbsfähigkeit in weiteren sogenannten Verweisungstätigkeiten ankommt (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nr 126).
„Bisheriger Beruf” iS des § 1246 Abs 2 RVO ist, wie das BSG in zahlreichen Entscheidungen ausgesprochen hat (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 130, 164), in der Regel die letzte, nicht nur vorübergehend vollwertig ausgeübte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn diese zugleich – wie hier – die qualitativ höchste ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 53, 66). Das LSG hat insofern zutreffend als bisherigen Beruf des Klägers den des Schweißers angesehen. Diesen kann der Kläger nach den unangegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen des Berufungsgerichts (vgl § 163 SGG) nicht mehr ausüben.
Für die damit erforderliche Suche nach geeigneten Verweisungstätigkeiten iS des § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO kommt es entscheidend auf die Wertigkeit des bisherigen Berufs an; denn diese ist Maßstab für die soziale Zumutbarkeit anderer Tätigkeiten. Um die Bewertung eines Berufes in diesem Zusammenhang zu erleichtern, hat die Rechtsprechung des BSG die Arbeiterberufe in Gruppen eingeteilt, wobei der Stufenbildung im Ansatz die zur Erreichung einer bestimmten beruflichen Qualifikation normalerweise erforderliche Ausbildung zugrunde gelegt wurde. Dementsprechend werden die Gruppen von oben nach unten durch folgende Leitberufe charakterisiert: Vorarbeiter mit Vorgesetztenfunktion/besonders hochqualifizierter Facharbeiter, Facharbeiter (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), angelernter Arbeiter (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und ungelernter Arbeiter. Allerdings erfolgt die Einordnung eines bestimmten Berufes in dieses Raster nicht ausschließlich nach der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend sind vielmehr die Qualifikationsanforderungen der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt also auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO am Ende genannten Merkmale umschrieben wird.
Da der Kläger keinen Ausbildungsabschluß als Facharbeiter besitzt, kann sein bisheriger Beruf nicht unmittelbar in das dargestellte Schema eingestuft werden. Zwar ist ein Versicherter der Gruppe der Facharbeiter auch dann zuzuordnen, wenn er, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, einen anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt hat und entsprechend entlohnt worden ist (vgl dazu allgemein BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 53, 68, 129, 150, 168). Der Kläger hat jedoch auf diese Weise nicht die insofern in Betracht kommende Qualifikation eines Schmelzschweißers erlangt. Dabei handelt es sich nach den Feststellungen des LSG um einen Lehrberuf mit einer Regelausbildungszeit von drei Jahren, in deren Verlauf Kenntnisse und Fähigkeiten in bezug auf verschiedene Schweißverfahren sowie andere Fügetechniken (zB Löten, Kleben) und deren Anwendung bei der Verarbeitung verschiedener Werkstoffe vermittelt werden. Hingegen hat der Kläger lediglich bestimmte Schutzgasschweißprüfungen (DIN 8560 SG-B I m und B II g) abgelegt. Ihm fehlt insbesondere die Befähigung zum Schweißen von druckführenden Rohren. Ebensowenig fiel das Schweißen von Nichteisenmetallen und austenitischen Stählen in sein Aufgabengebiet. Daraus hat das LSG geschlossen, daß der Kläger nicht die praktischen und theoretischen Kenntnisse gehabt habe, wie sie einem ausgebildeten Schmelzschweißer zueigen seien. Diese Beurteilung ist nicht zu beanstanden, auch wenn man bei der Frage einer wettbewerbsfähigen Berufsausübung in Rechnung stellt, daß von gelernten Schmelzschweißern in vergleichbarer Berufs- und Alterssituation aufgrund von gewissen berufstypischen Spezialisierungen im allgemeinen nicht mehr erwartet wird, daß sie noch in ganzer Breite den Anforderungen einer einschlägigen Gesellenprüfung genügen (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 68, 94, 129, 168, 169). Jedenfalls werden deren berufliche Kenntnisse und Fähigkeiten, auch soweit sie im Einzelfall einer Auffrischung bedürfen, deutlich über die vom Kläger erworbene Qualifikation als Schutzgasschweißer hinausgehen. Gegenteiliges wird vom Kläger auch nicht geltend gemacht.
Die bloße Ausübung von Facharbeitertätigkeiten in einem Teilbereich reicht grundsätzlich nur für eine Einstufung als Angelernter aus, auch wenn die Entlohnung im Einzelfall derjenigen eines Facharbeiters entsprechen sollte (vgl BSGE 53, 69, 74; 57, 35, 37; BSG SozR 2200 § 1246 Nr 129). Wettbewerbsfähig in einem Facharbeiterberuf ist ein Versicherter insoweit nur, wenn er über eine gewisse Bandbreite von einschlägigen Kenntnissen und Fähigkeiten verfügt.
Allerdings kann sich im Zuge zunehmender Konzentration und Spezialisierung ein Teilbereich eines anerkannten Ausbildungsberufes zu einem eigenständigen Berufsbild entwickelt haben, dem von den am Wirtschaftsleben beteiligten Kreisen eine Facharbeiterqualität beigemessen wird (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 169). Eine derartige Entwicklung hält der Kläger im Tätigkeitsbereich der Schweißer für möglich und rügt insofern zu Recht eine unzulängliche Sachaufklärung seitens des LSG.
Das LSG hätte sich aufgrund des Ergebnisses seiner Beweisaufnahme zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müssen, die näheren Aufschluß über die Bewertung von Schweißertätigkeiten in der Wirtschaftspraxis geben konnten. Der Zeuge K. … hatte nämlich nicht nur bekundet, höchstens 5 % der Schweißer würden die Ausbildung zum Schmelzschweißer durchlaufen, sondern auch darauf hingewiesen, daß die Betriebe zwar hochqualifizierte Schweißer benötigten, aber doch nur in einzelnen Techniken. Diese Gegebenheiten legen den Schluß nahe, daß es für den praktischen Einsatz eines Schweißers mehr darauf ankommt, daß er die jeweils erforderliche, durch eine spezielle Prüfung erworbene Qualifikation nach der einschlägigen DIN-Norm vorweisen kann, als daß er die förmliche Ausbildung zum Schmelzschweißer absolviert hat (zumal dieser Ausbildungsabschluß offenbar die jährlich erforderliche Ablegung einer Prüfung für die jeweils konkret ausgeführte Schweißertätigkeit nicht ersetzt). Sollte dies zutreffen, so spricht viel dafür, daß Schweißer entsprechend der Art ihrer DIN-Qualifikation unterschiedlich eingestuft werden. Damit würde übereinstimmen, daß nach Aussage des Zeugen K. … zB Rohrschweißer höher entlohnt werden als Schweißer mit der Qualifikation des Klägers. Eine derartige Differenzierung beim Lohn deutet auf eine gewisse Verselbständigung von Teilbereichen des Schmelzschweißerberufes hin.
Um den Sachverhalt in dieser Richtung weiter aufzuklären, hätte das LSG – abgesehen von den vom Kläger vorgeschlagenen Anfragen beim zuständigen Landesarbeitsamt und beim Deutschen Verband für Schweißtechnik – vor allem auch genauere Feststellungen zur tarifvertraglichen Einordnung von Schweißern mit der Qualifikation des Klägers treffen müssen. Insofern hat es sich, ohne näher auf die tarifvertraglichen Gegebenheiten einzugehen, auf die Bemerkung beschränkt, dem LRTV sei nicht zu entnehmen, daß solche Schweißer generell der Lohngruppe der Facharbeiter zugeordnet sein sollten. Das reicht nicht aus. Denn gerade diese tarifvertraglichen Regelungen und ihre Anwendung auf die Entlohnung von Schweißern ohne Lehrabschluß können Aufschluß über deren praktische Gleichstellung mit gelernten Metallfacharbeitern geben (vgl dazu allgemein BSGE 68, 277 = SozR 3-2200 § 1246 Nr 13; BSG SozR aaO Nr 14, jeweils mwN). Dem steht nicht entgegen, daß die letzte Tätigkeit des Klägers nicht einem Tarifvertrag unterworfen war. In solch einem Fall ist derjenige Tarifvertrag heranzuziehen, der gegolten hätte, wenn der Arbeitgeber des Klägers tarifgebunden gewesen wäre (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 18; Senatsurteil vom 23. April 1992 – 13/5 RJ 74/90 –). Dieser Tarifvertrag gibt dann den Stand der Anschauungen der „maßgebenden Kreise” über die Wertigkeit des Berufes an, den der Kläger ausgeübt hat. Sofern der danach wohl einschlägige LRTV die vom Kläger verrichtete Schweißertätigkeit nicht in eine bestimmte Lohngruppe einordnet, sondern nur qualitätsbezogene Tätigkeitsmerkmale für die Eingruppierung von Arbeitnehmern festlegt, ist er damit für die hier vorzunehmende Beurteilung nicht untauglich. Denn auch insofern kann davon ausgegangen werden, daß die Tarifvertragsparteien eine relativ zuverlässige Bewertung vorgenommen haben (vgl BSG SozR aaO Nr 21). Zur Anwendung von abstrakten Lohngruppen-Definitionen auf bestimmte Tätigkeiten können Auskünfte größerer tarifgebundener Betriebe die erforderliche Konkretisierung ermöglichen (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 45, S 134).
Da der erkennende Senat die entsprechenden Ermittlungen nicht selbst nachholen kann (vgl § 163 SGG), ist das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur weiteren Sachaufklärung an das LSG zurückzuverweisen. Sollte die vom LSG noch vorzunehmende Prüfung anhand der maßgebenden tarifvertraglichen Regelungen zu dem Ergebnis gelangen, daß die Tätigkeit als Schweißer ohne Lehrabschluß in der betrieblichen Praxis ab einem bestimmten Qualifikationsgrad der Ausübung eines Facharbeiterberufs gleichgestellt wird, so hat das LSG weiter festzustellen, ob der Kläger diesen Anforderungen in fachlicher Hinsicht genügte und dementsprechend wie ein Facharbeiter entlohnt wurde. Dabei wird die Lohneinstufung des Klägers nach dem innerbetrieblichen Punktesystem seines letzten Arbeitgebers zu dem tarifvertraglichen Entlohnungssystem in Beziehung zu setzen sein.
Falls der Kläger nach alledem Berufsschutz als Facharbeiter genießt, müßte das LSG nach einer dementsprechend zumutbaren Verweisungstätigkeit suchen. Selbst wenn sich eine derartige Bewertung des bisherigen Berufs des Klägers nicht rechtfertigen läßt, bliebe zu prüfen, ob der Kläger aufgrund der tarifvertraglichen Eingruppierung seiner letzten Tätigkeit nicht einem Angelernten im oberen Bereich gleichzuerachten ist. Auch dies hätte auf die Ermittlung und Benennung einer Verweisungstätigkeit Auswirkungen, denen das LSG Rechnung tragen müßte (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 143, S 473).
Über die Kosten des Verfahrens wird das LSG zu entscheiden haben.
Fundstellen