Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosengeld. Anwartschaftszeit. beitragspflichtige Beschäftigung. ausländische Beschäftigungszeiten. russische Beschäftigungszeiten. DDR-Abkommensrecht. völkerrechtliche Verträge. Staatennachfolge. allgemeine Regeln des Völkerrechts
Leitsatz (amtlich)
Beschäftigungszeiten in der UdSSR begründen keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld.
Normenkette
AFG §§ 104, 107, 168, 173a, 249c Abs. 8; AFG DDR § 107; AFG DDR § 168; AFG DDR § 173a; AFG DDR § 249b Abs. 5; DDRUdSSRSozwVtr (Fassung: 24.5.1960); EinigVtr Art. 1, 8-9, 11-12; EinigVtrG Art. 3; SozSichVtrDDRV (Fassung: 3 4.1991); SozSichVtrDDRÄndV (Fassung: 18.4.1992)
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 29. September 1993 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 1992 aufgehoben.
Die Klage wird abgewiesen.
Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt von der beklagten Bundesanstalt für Arbeit (BA) Arbeitslosengeld (Alg) ab 1. April 1991.
Die 1959 in Moskau geborene, im Ostteil Berlins lebende Klägerin, (damals noch) russischer Staatsangehörigkeit, stand von August 1986 bis zum 31. März 1991 in einem Arbeitsverhältnis in Berlin-Hellersdorf. Vom 1. September 1987 bis zum 31. Dezember 1990 ruhte das Arbeitsverhältnis gemäß einer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber auf der Grundlage der Verordnung zur Sicherung arbeitsrechtlicher Ansprüche mitreisender Ehepartner bei Delegierung ins Ausland vom 21. September 1971 (GBl DDR II 595). In dieser Zeit lebte die Klägerin mit ihrem dorthin delegierten Ehemann in der Nähe Moskaus; in dem dortigen Institut für Kernforschung war sie vom 20. Januar 1988 bis 14. Dezember 1990 beschäftigt.
Ihren Antrag auf Alg ab 1. April 1991 lehnte das Arbeitsamt (ArbA) ab, weil die Anwartschaftszeit nicht erfüllt sei; die Beschäftigung in Rußland sei nicht anwartschaftsbegründend (Bescheid vom 15. April 1991; Widerspruchsbescheid vom 30. Mai 1991).
Das Sozialgericht (SG) gab der Klage statt. Es vertrat die Auffassung, die Beschäftigung in Moskau sei nach dem Gesetz über den Vertrag zwischen der DDR und der UdSSR über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens vom 10. August 1960 (GBl I 453) vom 1. April 1988 an (Beginn der Rahmenfrist) bis zum Tage des Wirksamwerdens des Beitritts (3. Oktober 1990) als beitragspflichtige Beschäftigung iS des § 168 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) anzusehen. Der Vertrag zwischen der DDR und der UdSSR habe nach seinen Regelungen auch Leistungen bei Arbeitslosigkeit umfaßt und den Anwendungsbereich des § 104 AFG iVm § 168 AFG insoweit erweitert, als hiernach bis zum 2. Oktober 1990 in der UdSSR zurückgelegte Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen seien (Urteil vom 14. August 1992).
Die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) mit Urteil vom 29. September 1993 zurückgewiesen. Es hat die Auffassung vertreten, die Klägerin erfülle die für den Anspruch auf Alg erforderliche Anwartschaftszeit. Die innerhalb der maßgeblichen Rahmenfrist ab 1. April 1988 in der UdSSR zurückgelegte Beschäftigungszeit sei bis (jedenfalls) 2. Oktober 1990 auf die Anwartschaftszeit anrechenbar. Zwar scheide – entgegen der vom SG vertretenen Rechtsauffassung – eine unmittelbare Anwendung des Vertrags zwischen der DDR und der UdSSR hier aus. Indes beanspruchten sozialversicherungsrechtliche Verträge der DDR gemäß der Übergangsvorschrift des § 249c Abs 8 Satz 1 Nr 1 AFG weiterhin Beachtung. Sie stelle den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung Zeiten einer Beschäftigung gleich, die nach dem AFG-DDR vom 22. Juni 1990 (GBl I 403) die Beitragspflicht begründet haben. § 168 AFG-DDR sei § 168 AFG nachgebildet. Auch danach gehöre zwar die Beschäftigungszeit in der UdSSR nicht zu den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung. Doch hier werde der Vorrang des über- und zwischenstaatlichen Rechts wirksam: § 168 AFG-DDR gelte nur, soweit nicht über- oder zwischenstaatliches Recht etwas anderes bestimme. Die Berücksichtigung der in der UdSSR zurückgelegten Beschäftigungszeiten folge aus den Regelungen des Vertrags zwischen der DDR und der UdSSR. Dieser Vertrag habe nicht nur Ansprüche nach der Unterstützungs-Verordnung vom 8. Februar 1990 (GBl I 41), sondern auch nach dem AFG-DDR erfaßt.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 104 AFG iVm §§ 168, 107 und 249c Abs 8 Satz 1 Nrn 1 und 2 AFG sowie von Art 4 des Vertrages zwischen der DDR und der UdSSR. Entgegen der vom LSG vertretenen Rechtsauffassung sei dieser Vertrag weder unmittelbar noch mittelbar über § 249c Abs 8 Satz 1 Nrn 1 und 2 AFG anwendbar.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 29. September 1993 und das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 14. August 1992 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist begründet.
1. In der Revisionsinstanz fortwirkende Verstöße gegen verfahrensrechtliche Grundsätze, die bei einer zulässigen Revision von Amts wegen zu beachten sind, liegen nicht vor. Insbesondere war die Berufung zulässig. Da der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Alg einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen (drei Monaten) umfaßt, greift der Berufungsausschlußgrund des § 144 Abs 1 Nr 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in der hier maßgeblichen, bis zum 28. Februar 1993 gültigen Fassung – der auch für den Bereich Ostberlins galt (Art 8 des Einigungsvertrags ≪EinigVtr≫ vom 31. August 1990 iVm Anlage I Kap VIII Sachgebiet D Abschnitt III Nr 4, BGBl II 889, 1032) – nicht ein.
2. In der Sache hat die Beklagte zu Recht mit Bescheid vom 15. April 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 30. Mai 1991 einen Anspruch der Klägerin auf Alg ab 1. April 1991 verneint, denn sie erfüllt nicht die Anwartschaftszeit.
Nach § 100 Abs 1 AFG, der mit dem Wirksamwerden des Beitritts ab 3. Oktober 1990 auch für das Beitrittsgebiet Geltung hat (Art 8 iVm Art 3 EinigVtr), setzt der Anspruch auf Alg ua voraus, daß der Antragsteller die Anwartschaftszeit erfüllt. Nach § 104 Abs 1 Satz 1 iVm Abs 2 und 3 AFG hat die Anwartschaftszeit erfüllt, wer in der sog Rahmenfrist 360 Tage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat. Die Rahmenfrist beträgt drei Jahre und geht dem ersten Tag der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch erfüllt sind.
Da sich die Klägerin zum 1. April 1991 arbeitslos gemeldet hat, läuft – sofern zu diesem Zeitpunkt alle sonstigen Anspruchsvoraussetzungen für einen Anspruch auf Alg erfüllt waren – die Rahmenfrist vom 1. April 1988 bis 31. März 1991. Innerhalb dieser Rahmenfrist hat die Klägerin nicht die erforderlichen 360 Kalendertage einer beitragspflichtigen Beschäftigung zurückgelegt.
3. Allein die von der Klägerin ab 1. Januar bis zum 31. März 1991 wieder aufgenommene Beschäftigung in Berlin-Hellersdorf erfüllt die erforderliche Beschäftigungsdauer nicht. Die davor liegenden Beschäftigungszeiten können für die Erfüllung der Anwartschaftszeit nicht berücksichtigt werden. Dabei ist hier rechtlich zu unterscheiden zwischen der Zeit ab 3. Oktober bis 31. Dezember 1990 und der Zeit vor dem 3. Oktober 1990.
a) Was die Zeit ab 3. Oktober (dem Tage des Wirksamwerdens des Beitritts) bis 31. Dezember 1990 betrifft, bestand zwar das inländische Arbeitsverhältnis der Klägerin fort, es ruhte jedoch. Da die Klägerin aus diesem ruhenden Arbeitsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt hat, kann es nicht für die Erfüllung der Anwartschaftszeit als beitragspflichtige Beschäftigung berücksichtigt werden. Denn nach § 168 Abs 1 Satz 1 AFG liegt eine beitragspflichtige Beschäftigung nur dann vor, wenn es sich um eine gegen Arbeitsentgelt ausgeübte Beschäftigung handelt. Das ruhende Arbeitsverhältnis ist auch nicht über § 107 AFG einer beitragspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt. Die Klägerin kann eine Gleichstellung dieser Zeit schließlich nicht auf die ihrer damaligen Ruhens-Vereinbarung zugrundeliegende Verordnung zur Sicherung arbeitsrechtlicher Ansprüche mitreisender Ehepartner bei Delegierung ins Ausland vom 21. September 1971 (GBl II 595) stützen. Denn abgesehen davon, daß diese Verordnung nach ihrem Regelungsinhalt nur arbeitsrechtliche Ansprüche sichert, sieht jedenfalls das mit dem Wirksamwerden des Beitritts ab 3. Oktober 1990 allein maßgebende AFG (vgl Art 8 und 9 EinigVtr) keine Berücksichtigung des ruhenden Arbeitsverhältnisses als Gleichstellungstatbestand vor.
Die in dieser Zeit ab 3. Oktober bis 14. Dezember 1990 in der damaligen UdSSR ausgeübte Beschäftigung als Laborantin kann ebenfalls nicht auf die Anwartschaftszeit angerechnet werden. Denn das AFG selbst geht vom Territorialitätsprinzip aus (§ 173a AFG iVm §§ 3 bis 6 Viertes Buch Sozialgesetzbuch) und bezieht nur bei sog Entsendungsfällen ausländische Beschäftigungszeiten ein. Eine solche Fallgestaltung liegt jedoch bei der Klägerin – wie bereits die Vorinstanzen insoweit zutreffend ausgeführt haben – nicht vor.
b) Die Zeiten der Beschäftigung der Klägerin in Moskau ab 3. Oktober bis 14. Dezember 1990 können auch nicht – wie dies bereits die Vorinstanzen im Ergebnis zutreffend ausgeführt haben – aufgrund zwischenstaatlichen Rechts anwartschaftsbegründend berücksichtigt werden. Denn Sozialversicherungsabkommen der Bundesrepublik Deutschland mit der UdSSR bzw den Nachfolgestaaten – insbesondere mit Rußland – existieren nicht. Die Bundesrepublik Deutschland ist nicht Partner des zwischen der DDR und der UdSSR abgeschlossenen Vertrags über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens vom 24. Mai 1960, der mit Zustimmungsgesetz der DDR vom 10. August 1960 (GBl I 453) wirksam geworden ist. Auch unter dem besonderen Aspekt des Beitritts der DDR zur Bundesrepublik Deutschland ergibt sich nichts anderes.
aa) Mit dem Wirksamwerden der Beitrittserklärung gemäß Art 23 Grundgesetz (GG) aF wurde das Gebiet der DDR Bestandteil der Bundesrepublik Deutschland (Art 1 Abs 1 EinigVtr). Durch den Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland verlor die DDR ihre bisherige Qualität im Sinne eines selbständigen Staats- und Völkerrechtssubjekts (so bereits BGH NJW 1991, 929, 931 mwN sowie BSG Urteil vom 29. September 1994 – 4 RA 7/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die damit sich stellende Frage nach der Fortgeltung der völkerrechtlichen Verträge der DDR ist durch den EinigVtr – anders als die Frage nach der Fortgeltung der völkerrechtlichen Verträge der Bundesrepublik Deutschland – nicht endgültig geregelt worden. Während Art 11 EinigVtr davon ausgeht, daß die völkerrechtlichen Verträge und Vereinbarungen der Bundesrepublik Deutschland nach Herstellung der Einheit Deutschlands fortgelten und sich künftig auch auf das Beitrittsgebiet beziehen, regelt Art 12 Abs 1 EinigVtr, daß die völkerrechtlichen Verträge der DDR unter dem Gesichtspunkt des Vertrauensschutzes, der Interessenlage der beteiligten Staaten und der vertraglichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland sowie nach den Prinzipien einer freiheitlichen, demokratischen und rechtsstaatlichen Grundordnung und unter Beachtung der Zuständigkeiten der Europäischen Gemeinschaften mit den Vertragspartnern der DDR zu erörtern sind, um ihre Fortgeltung, Anpassung oder ihr Erlöschen zu regeln bzw festzustellen. Nach der Denkschrift zum EinigVtr (BT-Drucks 11/7760, S 362 – zu Art 11 und zu Art 12) gingen die Vertragsparteien “nicht vom generellen Erlöschen aller völkerrechtlichen Verträge der Deutschen Demokratischen Republik aus. Vielmehr beschreibt Abs 1 Grundsätze und Verfahren, nach denen Verträge der Deutschen Demokratischen Republik mit den Vertragspartnern der Deutschen Demokratischen Republik erörtert werden sollen, um Fortgeltung, Anpassung oder Erlöschen der Verträge zu regeln oder festzustellen.” Dementsprechend stellt Art 12 Abs 2 EinigVtr klar, daß das vereinte Deutschland seine Haltung zum Übergang völkerrechtlicher Verträge der DDR nach Konsultationen mit den jeweiligen Vertragspartnern und mit den Europäischen Gemeinschaften, soweit deren Zuständigkeiten berührt sind, festlegt (vgl dazu auch Rauschning, JuS 1991, 977, 982 mwN). Der Entscheidung des vereinten Deutschlands hierüber sollte der EinigVtr nicht vorgreifen (vgl BT-Drucks aaO). Folgerichtig wurden, abgesehen von zwei Ausnahmen (vgl Kap I der Anlage II), in der Anlage II des EinigVtr keine völkerrechtlichen Verträge und Vereinbarungen der DDR als nach Art 9 EinigVtr fortgeltendes Recht aufgeführt, insbesondere nicht der hier einschlägige Vertrag. In bezug auf diesen Vertrag ist die in Art 12 EinigVtr vorgesehene Festlegung zwischenzeitlich durch die Bundesregierung nach entsprechenden Konsultationen mit den Nachfolgestaaten der UdSSR erfolgt. Mit der Bekanntmachung vom 15. April 1994 (BGBl II 722) hat die Bundesregierung – von bestimmten, im folgenden noch zu erörternden Ausnahmeregelungen abgesehen – festgestellt, daß der Vertrag vom 24. Mai 1960 zwischen der DDR und der UdSSR über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Sozialwesens “mit Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 erloschen ist”.
bb) Eine übergangsweise weitere Anwendung des Vertrags vom 24. Mai 1960 zwischen der DDR und der UdSSR folgt auch nicht daraus, daß Art 12 EinigVtr das völkerrechtliche Schicksal der von der DDR abgeschlossenen völkerrechtlichen Verträge und Vereinbarungen bis zur Klärung der Haltung des vereinten Deutschlands zum Übergang dieser Verträge zunächst in der Schwebe gelassen hat. Zwar sieht das Einigungsvertragsgesetz (EinigVtrG) vom 23. September 1990 (BGBl II 885) in Art 3 Abs 1 Satz 1 eine Ermächtigung der Bundesregierung vor, durch Rechtsverordnung vorübergehend die weitere Anwendung der von Art 12 EinigVtr erfaßten völkerrechtlichen Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit (gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung, Arbeitsförderung sowie Familienleistungen) im Beitrittsgebiet zu regeln, bis das vereinte Deutschland seine Haltung zum Übergang dieser Verträge festgelegt hat. Diese Verordnungsermächtigung ist jedoch nicht dahingehend zu verstehen, daß in den dort aufgeführten Bereichen die völkerrechtlichen Verträge der DDR einstweilen über den 3. Oktober 1990 hinaus Anwendung finden sollten. Vielmehr sollte – wie auch den Gesetzesmaterialien zu entnehmen ist (BT-Drucks 11/7760, S V – zu Art 3) – Art 3 EinigVtrG bis zur endgültigen Klärung der Haltung des vereinten Deutschlands zum Übergang oder zum Erlöschen dieser Verträge der Bundesregierung ermöglichen, durch Rechtsverordnung für den besonders vordringlichen Bereich der sozialen Sicherheit vorübergehend die weitere Anwendung der Verträge sicherzustellen. Auf der Grundlage dieser Verordnungsermächtigung hat dann die Bundesregierung mit Wirkung ab 3. Oktober 1990 (Art 4 bzw Art 2 der Verordnung vom 3. April 1991 und der Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992) die Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit vom 3. April 1991 (BGBl II 614) und die Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992 (BGBl II 1231) erlassen. Danach war der Vertrag vom 24. Mai 1960 zwischen der DDR und der UdSSR noch bis zum 31. Dezember 1992 unmittelbar anzuwenden, soweit er sich auf die gesetzliche Kranken-, Unfall- und Rentenversicherung sowie Familienleistungen bezieht (Art 1 Abs 1 Ziff 4 und Art 7 der Verordnung vom 3. April 1991 idF der Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992). Eine Anwendung des Vertrags zwischen der DDR und der UdSSR im Bereich der Arbeitsförderung war nicht vorgesehen und scheidet damit aus. Demgemäß stellt auch die bereits erwähnte Bekanntmachung der Bundesregierung vom 15. April 1994 (BGBl II 722) das Erlöschen des Vertrags vom 24. Mai 1960 zwischen der DDR und der UdSSR “in seinen übrigen Bestimmungen” (also mit Ausnahme der von der Verordnung vom 3. April 1991 idF der Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992 erfaßten Regelungsgebiete) mit Herstellung der Einheit Deutschlands am 3. Oktober 1990 fest.
cc) Der generelle Ausschluß des Bereichs der Arbeitsförderung von der vorübergehenden Anwendung der von Art 12 EinigVtr erfaßten völkerrechtlichen Verträge der DDR steht auch nicht im Widerspruch zu der Verordnungsermächtigung in Art 3 Abs 1 Satz 1 EinigVtrG; diese gesetzliche Regelung entspricht ihrerseits dem Bestimmtheitsgebot des Art 80 Abs 1 GG. Denn die Verordnungsermächtigung in Art 3 EinigVtrG, die auf Art 12 EinigVtr Bezug nimmt, läßt hinreichend deutlich erkennen, daß der in Art 12 EinigVtr vorgesehene Schwebezustand auch im Bereich der sozialen Sicherheit nur insoweit durch eine vorübergehende weitere Anwendung der Verträge der DDR durchbrochen werden soll, als dies aus der Sicht der Bundesregierung unumgänglich ist. Die Nennung des Bereichs der Arbeitsförderung im Klammerzusatz des Art 3 Abs 1 Satz 1 EinigVtrG bedeutet also nicht, daß damit der Gesetzgeber bereits entschieden hätte, daß die Verträge auch im hier streitigen Bereich der Arbeitsförderung grundsätzlich anzuwenden seien.
Insoweit ist also der Rechtsauffassung des LSG zuzustimmen, daß die Anwendung des Vertrags zwischen der DDR und der UdSSR vom 24. Mai 1960 über den 3. Oktober 1990 hinaus auf dem Gebiet der Arbeitsförderung ausgeschlossen ist. Der Senat läßt daher die von der Revision aufgeworfene Frage, ob die Arbeitsförderung überhaupt vom sachlichen Geltungsbereich dieses Vertrags erfaßt wird, ebenso dahingestellt wie die Frage der revisionsrechtlichen Überprüfbarkeit des Vertrags (vgl § 162 SGG).
4. Entgegen der Rechtsauffassung der Vorinstanzen können allerdings auch die vom 1. April 1988 (dem Beginn der Rahmenfrist) bis 2. Oktober 1990 zurückgelegten Zeiten nicht anwartschaftsbegründend berücksichtigt werden. Nach der vom LSG herangezogenen Übergangsvorschrift des § 249c Abs 8 AFG sind zwar Zeiten als anspruchsbegründend zu berücksichtigen, die nach dem AFG-DDR die Beitragspflicht und damit die Anwartschaft begründet haben, nicht aber Zeiten nach dem DDR-Abkommensrecht.
a) § 249c Abs 8 AFG in der hier maßgebenden Fassung des EinigVtr (Art 8 iVm Anlage I Kap VIII Sachgebiet E Abschnitt II Nr 1) sieht vor, daß ergänzend zu § 107 AFG den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstehen: 1. Zeiten einer Beschäftigung, die nach dem AFG-DDR die Beitragspflicht begründet haben, 2. Zeiten, die nach den §§ 107, 249b Abs 5 AFG-DDR einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichgestanden haben. In bezug auf das während des Aufenthalts in Moskau ruhende Arbeitsverhältnis in der DDR scheidet die erste Alternative des § 249c Abs 8 AFG im vorliegenden Fall schon deshalb aus, weil es nach dem mit Wirkung ab 1. Juli 1990 in Kraft getretenen AFG-DDR (vgl § 251 AFG-DDR) keine Beitragspflicht begründet hat. § 168 Abs 1 AFG-DDR, der insoweit wortgleich mit § 168 Abs 1 AFG übereinstimmt, setzt für die Beitragspflicht eine gegen Arbeitsentgelt ausgeübte Beschäftigung voraus. Die Klägerin hat jedoch – abgesehen von der Frage des Vorliegens einer Beschäftigung – aus ihrem ruhenden Arbeitsverhältnis kein Arbeitsentgelt erzielt. Auch die zweite Alternative des § 249c Abs 8 AFG greift nicht ein. Das ruhende Arbeitsverhältnis ist nicht über § 107 AFG bzw § 249b Abs 5 AFG-DDR einer beitragspflichtigen Beschäftigung gleichgestellt. § 107 AFG-DDR – der dem oben bereits erwähnten § 107 AFG weitgehend entspricht – erfaßt in seinem Katalog von Gleichstellungstatbeständen das ruhende Arbeitsverhältnis nicht. § 249b Abs 5 Nr 1 AFG-DDR verlangt zwar als Gleichstellungstatbestand für die vor dem 1. Juli 1990 zurückgelegte Beschäftigungszeit kein entgeltliches Beschäftigungsverhältnis, aber eine im Umfang von mindestens 18 Stunden wöchentlich ausgeübte Beschäftigung, so daß – unabhängig von der Frage des Beschäftigungsbegriffs im Sinne des AFG-DDR – jedenfalls das ruhende Arbeitsverhältnis der Klägerin diesen Gleichstellungstatbestand nicht erfüllt.
b) Doch auch die während des ruhenden Arbeitsverhältnisses in Moskau zurückgelegten Beschäftigungszeiten können nicht – wie dies die Vorinstanzen vertreten haben – als Abkommenszeiten über § 249c Abs 8 AFG einbezogen werden. Wie andere im EinigVtr geschaffene Übergangsvorschriften verweist § 249c Abs 8 AFG für Beschäftigungszeiten, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts zurückgelegt worden sind, auf die Vorschriften des AFG-DDR (vgl §§ 249b Abs 2, 249c Abs 11 AFG). Das AFG-DDR, das dem AFG nachgebildet ist (vgl Art 19 des Vertrags über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der DDR vom 18. Mai 1990 – GBl I 332 = BGBl II 537), ist ebenfalls vom Territorialitätsprinzip beherrscht (§ 173a AFG-DDR). Es verweist insoweit auf die Vorschriften des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) vom 28. Juni 1990 (GBl I 486). Danach ist – wie nach dem AFG – nur im sog Entsendungsfall – der bei der Klägerin nicht vorliegt – die Einbeziehung ausländischer Beschäftigungszeiten vorgesehen (§ 11 SVG). Außerdem hat das AFG-DDR die Vorschriften der §§ 108, 109 AFG (Anrechnung ausländischer Beschäftigungszeiten, ausländische Arbeitslosenversicherung) als “gegenstandslos” nicht übernommen. Aus der Verweisung in § 249c Abs 8 AFG auf die nach dem AFG-DDR zurückgelegten Beschäftigungszeiten ergibt sich somit keine Einbeziehung ausländischer Beschäftigungszeiten.
Dem LSG kann auch nicht darin gefolgt werden, daß § 249c Abs 8 AFG mit der Bezugnahme auf Vorschriften des AFG-DDR zugleich auch Beschäftigungszeiten im DDR- “Vertragsausland” einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichgestellt habe. Denn diese Betrachtungsweise verwischt den Unterschied zwischen den Vorschriften des AFG-DDR und dem DDR-Abkommensrecht. Daß sich die Übergangsvorschrift des § 249c Abs 8 Satz 1 AFG nur auf die nach den Vorschriften des AFG-DDR die Beitragspflicht begründenden Beschäftigungen und gleichgestellten Zeiten im Beitrittsgebiet bezieht, ergibt sich – abgesehen vom Wortlaut der Regelung – aus den Materialien zum EinigVtr. In den Erläuterungen zu den Anlagen des EinigVtr (BT-Drucks 11/7817) heißt es zu Kap VIII Sachgebiet E der Anlage I (aaO S 143 f): “Das AFG wird für den gesamten Geltungsbereich ua insoweit geändert, als Beschäftigungszeiten in dem in Art 3 des Vertrages genannten Gebiet vor Einführung der Arbeitslosenversicherung Berücksichtigung finden.” Der Gesetzgeber hat sonach nicht, wie das LSG meint, der Arbeits- und Lebensbiografie eines Arbeitnehmers der DDR umfassend Rechnung tragen wollen, vielmehr sich – jedenfalls soweit es sich, wie hier, um nach dem 3. Oktober 1990 entstandene Ansprüche handelt (vgl § 249b Abs 2 Satz 1 AFG) – für eine auf das Beitrittsgebiet beschränkte Berücksichtigung seiner Beschäftigungszeit entschieden.
c) Dieses Ergebnis wird auch durch die Systematik und den Aufbau des EinigVtr und seiner beiden Anlagen I und II bestätigt. Danach gilt Recht der DDR nur weiter, soweit dies im EinigVtr angeordnet ist. Dort ist aber bestimmt worden, daß mit dem Wirksamwerden des Beitritts Bundesrecht in dem in Art 3 EinigVtrG genannten Gebiet (Beitrittsgebiet) in Kraft tritt, soweit es nicht partielles Bundesrecht ist und durch diesen Vertrag, insbesondere dessen Anlage I, nichts anderes bestimmt wird (Art 8 EinigVtr). Nur wenn und soweit im EinigVtr die Geltung oder Anwendung von – originärem – Bundesrecht hintangehalten worden ist, besteht überhaupt Raum für eine Fortgeltung von Recht der DDR als Bundesrecht (vgl auch BSG Urteil vom 29. September 1994 – 4 RA 7/94 – im Umdruck S 19, zur Veröffentlichung vorgesehen). Hier hat der Gesetzgeber des EinigVtr in Anlage I (Kap VIII Sachgebiet E Abschnitt II Nr 1) das mit Wirksamwerden des Beitritts auch im Beitrittsgebiet in Kraft getretene AFG ua durch die Überleitungsvorschrift des § 249c Abs 8 AFG ergänzt und damit geregelt, welche Zeiten ergänzend zu § 107 AFG den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstehen.
Als Bundesrecht gilt Recht der DDR grundsätzlich nur nach Art 9 Abs 2 und Abs 4 iVm mit Anlage II EinigVtr weiter, soweit es nicht von nach Anlage I gültigem Bundesrecht oder nach Maßgabe spezieller Regelungen im EinigVtr verdrängt ist. Demgemäß ist in Anlage II des EinigVtr (Kap VIII Sachgebiet E Abschnitt III) geregelt worden, welche Bestimmungen des AFG-DDR fortgelten. Die dort im einzelnen aufgeführten Regelungen sind für den vorliegenden Fall nicht einschlägig. In Anlage II des EinigVtr (Kap I Abschnitt I) ist ferner geregelt worden, welche Verträge der DDR gemäß Art 12 EinigVtr im Beitrittsgebiet weitergelten. Da unter den dort genannten Verträgen der hier maßgebende Vertrag zwischen der DDR und der UdSSR vom 24. Mai 1960 nicht aufgeführt ist, gilt – wie bereits oben im einzelnen dargestellt worden ist – die grundsätzliche Regelung in Art 12 EinigVtr zu den völkerrechtlichen Verträgen der DDR. Diese Grundregelung ist – wie ebenfalls bereits dargestellt worden ist – für den Bereich der sozialen Sicherheit durch die Verordnungsermächtigung in Art 3 EinigVtrG modifiziert worden; auf deren Grundlage hat die Bundesregierung die Verordnung über die vorübergehende weitere Anwendung verschiedener völkerrechtlicher Verträge der DDR im Bereich der sozialen Sicherheit vom 3. April 1991 idF der Änderungsverordnung vom 18. Dezember 1992 erlassen.
Der dargestellte Aufbau des EinigVtr und die im einzelnen dazu getroffenen Regelungen zeigen, daß das Problem der Rechtsangleichung und die Frage der Weitergeltung der völkerrechtlichen Verträge der DDR gesehen und in der dargestellten Weise geregelt worden ist.
Soweit die Klägerin einwendet, die Zeit ihrer Tätigkeit in Moskau müsse analog einer beitragspflichtigen Beschäftigung in einem EG-Mitgliedsstaat behandelt werden, übersieht sie, daß insoweit andere Grundsätze gelten. Es ist schon fraglich, ob der Vertrag zwischen der DDR und der UdSSR vom 24. Mai 1960 überhaupt den Bereich der Arbeitslosenversicherung erfaßt hat, da es im Zeitpunkt seines Inkrafttretens jedenfalls in der UdSSR keine Arbeitslosenunterstützung gegeben hat, nachdem diese bereits im Jahre 1930 abgeschafft worden war (vgl Markert, Osteuropa-Handbuch Sowjetunion, 1965, S 283; Schönfelder, Sozialpolitik in den sozialistischen Ländern, 1987, S 73). Doch selbst wenn diesem Vertrag der Wille zu entnehmen wäre, auch später zu schaffende Zweige der Sozialversicherung ohne gesonderte Vereinbarung einzubeziehen, so ist der (völkerrechtliche) Grundsatz der Gegenseitigkeit ein tragendes Prinzip, das vielen Sozialversicherungsabkommen westlicher Prägung einschließlich des EG-Vertrages zugrunde liegt (vgl EG-Verordnung Nr 1408/71 – Art 67 f, Steinmeyer in Gagel, AFG-Komm, § 109 Anm 14 ff). Wie bereits die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung dargelegt hat, hat deshalb auch die Bundesrepublik Deutschland bei Sozialversicherungsabkommen mit anderen Staaten, beispielsweise Kanada und USA, wegen fehlender Gegenseitigkeit die Arbeitslosenversicherung nicht in den Regelungsbereich einbezogen und erfaßt deshalb auch die Verordnung der Bundesregierung vom 3. April 1991 nicht den Bereich der Arbeitsförderung. Selbst wenn also die Klägerin im fraglichen Zeitraum von der Bundesrepublik in die USA gegangen wäre, hätte die dortige Beschäftigungszeit keinen Anspruch auf Alg begründen können.
5. Schließlich kann sich die Klägerin zur Begründung ihres Anspruchs auf Alg ab 1. April 1991 auch nicht auf allgemeine Regeln des Völkerrechts stützen, welche nach Art 25 GG als Bundesrecht für den Senat bindend wären und den Regelungen im EinigVtr und EinigVtrG vorgingen (Art 25 Satz 2 GG). Denn auch völkerrechtliche Grundsätze der Staatennachfolge gebieten keine Anwendung des Vertrags zwischen der DDR und der UdSSR. Da der Senat diesbezüglich keine Zweifel hat, besteht kein Anlaß für eine Vorlage nach Art 100 Abs 2 GG.
Mit dem Wirksamwerden des Beitritts der DDR ist diese als Staats- und Völkerrechtssubjekt erloschen, während die Bundesrepublik Deutschland in den veränderten Grenzen als Staat fortbesteht. Diese den Festlegungen im EinigVtr (Art 1 Abs 1, vgl auch Denkschrift zum EinigVtr, BT-Drucks 11/7760, allgemeiner Teil, S 355) folgende Beurteilung des deutschen Einigungsprozesses entspricht der allgemeinen Auffassung in der Staatsrechtswissenschaft (vgl Frowein ua, Sondertagung der Vereinigung der deutschen Staatsrechtslehrer in Berlin 1990, DVBl 1990, 562, 563 ≪Leitsätze≫; Klein, NJW 1990, 1065, 1070, 1072; Rauschning, DVBl 1990, 401, 402 f). Dem hat sich die Rechtsprechung angeschlossen (vgl BSG Urteil vom 29. September 1994 – 4 RA 7/94 – im Urteilsumdruck S 22 sowie BGH NJW 1991, 929, 931). Der als Fall der einverständlichen Eingliederung eines Staats in einen anderen Staat bezeichnete Vorgang der Staatennachfolge läßt allerdings unmittelbar noch keine Rückschlüsse auf die Folgen für die Geltung völkerrechtlicher Verträge des untergegangenen Staats zu, zumal die Staatennachfolge in völkerrechtliche Verträge als eine der umstrittensten Fragen des Völkerrechts gilt (so auch BGH NJW 1991, 929, 931 sowie Verdross/Simma, Universales Völkerrecht, 3. Aufl, S 607, 608; Dannemann, DtZ 1991, 130, 131 ff). Eine Nachfolge in Staatsverträge des Gebietsvorgängers wird in der herkömmlichen Völkerrechtslehre nach dem Grundsatz der beweglichen Vertragsgrenzen abgelehnt. Hiernach bleiben die staatsrechtlichen Verträge des Gebietsnachfolgers bei Änderung des Staatsgebiets in den veränderten Grenzen bestehen, während die Verträge des Gebietsvorgängers nur in dem ihm verbleibenden Teilgebiet weitergelten. Folglich erlöschen – von bestimmten Regelungsbereichen abgesehen – die Verträge, wenn der Gebietsvorgänger untergeht (Verdross, Völkerrecht, 5. Aufl, S 254 f; Horn, NJW 1990, 2173 f). Von dem völkerrechtlichen Grundsatz der beweglichen Vertragsgrenzen – der auch Eingang in die Wiener Konvention über Staatennachfolge von 1978 gefunden hat (dort Art 15; vgl Verdross/Simma, aaO, S 613 f; Siehr, RabelsZ 55 ≪1991≫, 240, 244 ff) – haben sich auch die Vertragsparteien des EinigVtr bei der Regelung in Art 11 EinigVtr leiten lassen (vgl Denkschrift zum EinigVtr, BT-Drucks 11/7760, S 362 – zu Art 11). Danach ist für die Verträge der als Völkerrechtssubjekt fortbestehenden Bundesrepublik Deutschland eine Ausdehnung des Anwendungsbereichs auf das Beitrittsgebiet unter erforderlichenfalls mit den Vertragspartnern auszuhandelnden Anpassungen vorgesehen. Umgekehrt sieht aufgrund der Tatsache, daß die DDR mit dem Beitritt als selbständiges Völkerrechtssubjekt untergegangen ist, Art 12 EinigVtr nicht das generelle Erlöschen aller völkerrechtlichen Verträge der DDR vor, sondern bestimmt insoweit eine Verhandlungslösung (vgl Denkschrift zum EinigVtr, aaO, S 356, 362 – zu Art 12). Ob die Verträge damit für die Zwischenzeit suspendiert sind (so Müller, NJ 1991, 120; Hecker, ArchVR 29 ≪1991≫, 27, 37 f) kann angesichts der für die Verträge im Bereich der sozialen Sicherheit in Art 3 EinigVtrG getroffenen Sonderregel dahinstehen.
Dem Lösungskonzept des EinigVtr, der als Bundesrecht fortgilt (Art 45 Abs 2 EinigVtr), stehen sonach keine allgemein anerkannten völkerrechtlichen Grundsätze entgegen. Dies gilt auch unter Berücksichtigung des im Völkerrecht gültigen allgemeinen Rechtsgrundsatzes des Vertrauensschutzes (vgl hierzu Seidl-Hohenveldern, Völkerrecht, 7. Aufl, RdZiff 175, 505 f).
Selbst wenn dieser Rechtsgrundsatz nicht nur staatenbezogen verstanden wird (vgl Art 12 Abs 1 EinigVtr), sondern ein unmittelbares Recht für den einzelnen begründen könnte (vgl Art 25 Satz 2 GG), hat die Klägerin keine zu schützende Rechtsposition erworben. Sie ist erst nach dem Beitritt der DDR in das vereinte Deutschland zurückgekehrt. Der Umstand, daß die Rückkehr bereits bei Ausreise vorhersehbar war und ua in der nur befristeten Suspendierung ihres Arbeitsverhältnisses rechtlich verfestigt war, rechtfertigt keine andere Betrachtung. Denn bei der Ausreise nach Rußland im Jahre 1987 konnte die Klägerin auf die künftige Anerkennung von Beschäftigungszeiten in Rußland durch die DDR, soweit Leistungen bei Arbeitslosigkeit betroffen waren, nicht vertrauen. Die Einführung solcher Leistungen war zu diesem Zeitpunkt nicht vorhersehbar. Auch wenn im Zeitpunkt der Stellung des Alg-Antrags ab 1. April 1991 zunächst noch die Weitergeltung der völkerrechtlichen Verträge der DDR durch Art 12 EinigVtr “in der Schwebe” gelassen worden war (vgl Begründung zum EinigVtrG, BT-Drucks 11/7760, S V zu Art 3), hat dies jedenfalls keinen Rechtsanspruch der Klägerin auf eine Weitergeltung des Vertrags zwischen der DDR und der UdSSR begründet. Denn ein solcher Rechtsanspruch wäre nur dann gegeben, wenn der Vertrag – sei es vorübergehend oder endgültig – übernommen worden wäre. Dies ist für den Bereich der Arbeitsförderung, wie oben näher ausgeführt, gerade nicht geschehen.
Da somit die Beschäftigungszeiten in Moskau nicht als anwartschaftsbegründend berücksichtigt werden können, steht der Klägerin kein Anspruch auf Alg ab 1. April 1991 zu. Auf die Revision der Beklagten waren deshalb die Entscheidungen der Vorinstanzen aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen