Entscheidungsstichwort (Thema)
Versorgung mit Hilfsmitteln. Personal Computer. Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Kostenersatz
Leitsatz (amtlich)
1. Ein PC (Personal Computer) ist ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens (Anschluß an BSG vom 23.8.1995 – 3 RK 7/95 = SozR 3-2500 § 33 Nr 16).
2. Der Beschädigte ist auf einen Gebrauchsgegenstand nicht „im täglichen Leben” dringend angewiesen (§ 18 Abs 1 S 3 iVm S 1 OrthV), wenn er ihn überwiegend zu nichtberuflicher Öffentlichkeitsarbeit und schriftstellerischer Betätigung benötigt.
3. Zur Frage der Wirtschaftlichkeit und Zweckmäßigkeit eines Hilfsmittels, das eine Behinderung nur teilweise ausgleicht.
Stand: 24. Oktober 2002
Normenkette
BVG § 10 Abs. 1, § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 8, § 13 Abs. 1, § 24a Buchst. a; OrthV §§ 16, 18 Abs. 1 Sätze 3, 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 3. August 1995 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Rechtsstreit wird um die Erstattung der Kosten für einen selbstbeschafften Personal Computer (PC) nebst Zubehör geführt.
Der 1922 geborene Kläger bezieht wegen anerkannter Schädigungsfolgen Versorgungsrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 vH. Als Schädigungsfolgen sind ua anerkannt:
Verlust des linken Auges mit entzündlichen Narben und ständigem Augentränen durch Narben im Bereich der Tränenwege links. Zahlreiche kleinere Hornhautnarben rechts, Wundstarbildung rechts. Paramaculäre große Netzhautnarbe rechts, kurzsichtiger Astigmatismus rechts.
Trommelfelldurchlöcherung rechts, stark vernarbtes Trommelfell links. Narbe nach Ohraufmeißelung beiderseits, Schwerhörigkeit mittleren Grades beiderseits.
Der Beklagte hat den Kläger im Rahmen der orthopädischen Versorgung ua mit einer Brillenlupe und einer elektrischen Kleinschreibmaschine ausgestattet.
Im Juni 1993 beantragte der Kläger die Versorgung mit einem PC mit einem Farbmonitor, einem zum Ausdruck von extra fetten und großen Schriftarten geeigneten Drucker und entsprechender Software. Zur Begründung seines Antrags führte der Kläger aus: Es sei ihm nicht mehr möglich, mit der Brillenlupe und der Kleinschreibmaschine zu schreiben. Das Lesen mit Lupen und der Brillenlupe verursache ihm Kopfschmerzen. Bei Benutzung eines PC lasse sich zum Lesen die Schrift am Monitor beliebig vergrößern und Farbe und Helligkeit seinem Sehvermögen anpassen. Auf diese Weise könne er Übersetzungen und schriftstellerische Tätigkeiten sowie Korrespondenzen erledigen. Zur Veranschaulichung der durch seine aktive Teilnahme am aktuellen politischen Geschehen bedingten Schreibarbeiten legte er dem Beklagten Kopien von Schreiben an einen Bundestagsabgeordneten, den Chefredakteur einer größeren Fernseh-Gesellschaft und den Präsidenten des Polizeipräsidiums Tr sowie deren Antwortschreiben vor, ferner Satzungsentwürfe für einen Verein „Stimme der Medien” und eine „Aktion Schutz vor Verbrechen”, schließlich einen Aufruf zugunsten der letztgenannten Aktion und „Denkanstöße” zu Rechtsfragen des „politischen Beamten”.
Mit Bescheid vom 1. Juli 1993 lehnte der Beklagte den Antrag ab. Widerspruch und Klage blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid des Landesversorgungsamtes Rheinland-Pfalz vom 19. Januar 1994 und Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Trier vom 27. Januar 1995). Während der Rechtshängigkeit der Klage vor dem SG beschaffte sich der Kläger einen entsprechenden Computer selbst.
Mit Urteil vom 3. August 1995 wies das Landessozialgericht (LSG) Rheinland-Pfalz die Berufung des Klägers zurück. Der PC falle nicht unter den Hilfsmittelkatalog der §§ 2 bis 15 Orthopädieverordnung (OrthV). Er stelle auch kein „anderes Hilfsmittel” iS der §§ 16 ff OrthV dar. Ebensowenig lägen die Voraussetzungen vor, unter denen ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens in Normalausführung als sonstiges Hilfsmittel geliefert werden könne. Denn der Kläger sei nicht dringend auf den Gebrauch eines PC angewiesen, um sich die nichtberuflichen Verrichtungen des täglichen Lebens zu erleichtern. Die Folgen seiner Behinderungen könnten durch die bereits bewilligten Hilfsmittel und durch die mögliche Bewilligung eines Bildschirmlesegerätes erleichtert werden. Der Kläger benötige den PC nach eigenen Angaben auch nicht im täglichen Leben, sondern zur Realisierung seiner publizistischen Tätigkeit. Soweit diese nicht eine berufliche Tätigkeit darstelle, sei sie eine Freizeit- oder Hobbytätigkeit.
Mit der zugelassenen Revision gegen dieses Urteil macht der Kläger geltend: Der PC stelle einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens iS von § 18 Abs 1 OrthV dar. Dieser sei insofern behindertengerecht geändert, als dazu ein 17-Zoll-Monitor habe erworben werden müssen, damit er, der Kläger, die Texte auf dem Bildschirm lesen könne. Als Hausbesitzer sei er auch dringend auf den PC angewiesen, um sich wegen seines Hörschadens zuverlässig mit Handwerkern oder Behörden verständigen zu können. Mit der Kleinschreibmaschine gefertigte Texte könne er ohne gesundheitliche Probleme nur etwa 20 Minuten lang lesen. Im übrigen sei das Bildschirmlesegerät, auf das das LSG ihn verweise, wesentlich teurer als der PC und nicht geeignet, bearbeitete Schriftstücke auszudrucken.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des LSG Rheinland-Pfalz vom 3. August 1995 sowie das Urteil des SG Trier vom 27. Januar 1995 und den Bescheid des Beklagten vom 1. Juli 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Januar 1994 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger die Kosten des am 30. November 1994 gekauften PC nebst der notwendigen Software in Höhe von 5.434,41 DM zu erstatten.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält die Urteile der Vorinstanzen für richtig.
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision ist nicht begründet. Zu Recht haben der Beklagte und die Vorinstanzen einen Anspruch des Klägers auf Versorgung mit einem PC als Hilfsmittel verneint.
Nach § 10 Abs 1 Satz 1 des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) hat der Kläger wegen seiner Schädigungsfolgen Anspruch auf Heilbehandlung. Diese umfaßt gemäß § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 8 BVG auch die Versorgung mit Hilfsmitteln, deren Art und Umfang in § 13 BVG und in der nach § 24a Buchst a BVG ergangenen OrthV näher geregelt ist. Daneben sieht § 11 Abs 3 BVG iVm den §§ 22 ff OrthV für bestimmte Fälle einen ergänzenden Anspruch auf Zuschüsse als Ersatzleistungen oder „volle Kostenübernahme” vor.
Der Anspruch auf die Versorgung mit Hilfsmitteln ist grundsätzlich ein Sachleistungsanspruch (§ 18 Abs 1 BVG), der von den Verwaltungsbehörden zu erfüllen ist (§ 18c Abs 1 Satz 2 BVG; vgl dazu Schulin in Sozialrechtshandbuch, 2. Aufl 1996, C 25 RdNr 89). Hat der Beschädigte hinsichtlich einer anerkannten Schädigungsfolge eine Heilbehandlung selbst durchgeführt – was auch durch die Beschaffung eines Hilfsmittels geschehen kann (§ 11 Abs 1 Satz 1 Nr 8 BVG) –, so sind ihm die Kosten in angemessenem Umfang zu erstatten, wenn unvermeidbare Umstände die Inanspruchnahme der Verwaltungsbehörde unmöglich machten (§ 18 Abs 4 Satz 1 BVG). Diese Voraussetzung ist ua dann erfüllt, wenn die Behörde die Sachleistung zu Unrecht abgelehnt hat (vgl Verwaltungsvorschrift Nr 3 zu § 18 BVG; Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, Komm, 7. Aufl 1992, § 18 BVG RdNr 11).
Daß der Kläger im Verwaltungsverfahren die Lieferung eines PC nebst Zubehör beantragt hat und nunmehr für den während des Klageverfahrens selbstbeschafften PC Kostenerstattung begehrt, steht der Zulässigkeit der Klage nicht entgegen. Zwar ist bei der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫) die vorherige Durchführung eines Verwaltungsverfahrens Prozeßvoraussetzung (vgl Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, RdNr 38; BSGE 14, 229, 230). Es muß vor Erhebung einer solchen Klage ein Verwaltungsakt und in der Regel vor der gerichtlichen Entscheidung über sie ein Widerspruchsbescheid (§ 78 SGG) vorliegen. Durch die streitbefangenen Bescheide vom 1. Juli 1993 und 19. Januar 1994 über den beantragten Sachleistungsanspruch hat der Beklagte aber auch bereits über die – identischen – Voraussetzungen des an seine Stelle getretenen Erstattungsanspruchs mitentschieden, so daß es eines weiteren Verwaltungsaktes über den nunmehr verfolgten Anspruch nicht mehr bedarf (zur Entbehrlichkeit des Vorverfahrens s auch Hommel in Peters/Sattler/Wolff, Komm zur Sozialgerichtsbarkeit, 4. Aufl, § 78 Anm 4 auf S 285). Im übrigen kann die nochmalige Durchführung des Vorverfahrens im Hinblick auf die nunmehr verlangte Kostenerstattung auch deshalb unterbleiben, weil in einem Falle wie dem vorliegenden davon auszugehen ist, daß sich auch durch ein erneutes Vorverfahren an der Auffassung des Beklagten, der die Abweisung der Klage nicht aus prozessualen, sondern aus sachlichen Gründen beantragt hat, nichts mehr ändern wird (vgl Kummer, Das sozialgerichtliche Verfahren, Neuwied 1996, RdNr 119).
Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch scheitert jedoch daran, daß der Beklagte nicht verpflichtet war, dem Kläger den PC nebst Zubehör zu liefern. Denn das Gerät ist – wovon die Beteiligten zu Recht ausgehen – kein Hilfsmittel iS des § 11 Abs 1 Satz 1 Nr 8 und §§ 13 und 24a Buchst a BVG iVm §§ 2 bis 15 OrthV, und auch kein „anderes Hilfsmittel” iS der §§ 16 ff OrthV. Das gilt zunächst für die in §§ 16 ff OrthV ausdrücklich aufgeführten Hilfsmittel, insbesondere für die in § 18 Abs 3 OrthV genannten Klein- bzw Blindenschreibmaschinen. Es bedarf keiner näheren Darlegung, daß der Anwendungsbereich eines PC weit größer ist als der einer (elektrischen) Kleinschreibmaschine. Der PC kann auch nicht als Blindenschreibmaschine angesehen werden. Diese dient – anders als ein PC – zur Prägung tastbarer Zeichen in Blindenschrift. Eine analoge Anwendung des § 18 Abs 3 OrthV auf den PC erscheint schon wegen der unterschiedlichen Anwendungsbereiche von PC und Schreibmaschinen als ausgeschlossen.
Der Beklagte war auch nicht verpflichtet, den PC nach den allgemeinen Bestimmungen des § 18 Abs 1 OrthV über die Versorgung von Beschädigten mit sonstigen Hilfsgeräten und Gebrauchsgegenständen zu liefern. Nach § 18 Abs 1 Satz 1 OrthV sind sonstige Hilfsgeräte, die besonders für Behinderte entwickelt worden sind, sowie behinderungsgerechte Änderungen von Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens oder Zusatzausstattungen zu leisten, wenn der Behinderte bei nichtberuflichen Verrichtungen im täglichen Leben dringend auf sie angewiesen ist, um Folgen der Behinderung zu erleichtern. Diese Voraussetzungen erfüllt der PC nicht. Er ist nicht besonders für Behinderte entwickelt worden, weist keine behinderungsgerechten Änderungen auf und ist auch nicht mit Zusatzausstattungen versehen. Das gilt – entgegen der Auffassung der Revision – auch für den 17-Zoll-Bildschirm, weil er den Standardausstattungen eines PC entspricht. Ebensowenig handelt es sich bei dem vom Kläger erworbenen PC – und dies steht ebenfalls zwischen den Beteiligten unstreitig fest – um eine Sonderausführung für Behinderte (§ 18 Abs 1 Satz 2 OrthV).
In Betracht kommt daher lediglich ein Anspruch nach § 18 Abs 1 Satz 3 OrthV. Hiernach kann unter den Voraussetzungen der Sätze 1 und 2 ausnahmsweise ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens in Normalausführung geliefert werden, wenn der Behinderte ihn ohne die Behinderung nicht erwerben würde. Die vom LSG geäußerten Zweifel, ob es sich bei einem PC heutzutage um einen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt, teilt der Senat nicht. Er schließt sich insoweit den zum Krankenversicherungsrecht ergangenen Entscheidungen des 3. Senats des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (Urteil vom 23. August 1995 – 3 RK 7/95 = SozR 3-2500 § 33 Nr 16 auf S 70 f; vgl auch das – noch – unveröffentlichte Urteil vom 6. Februar 1997 – 3 RK 9/96 –) an, wonach ein PC ein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens ist. Ob die in § 18 Abs 1 Satz 3 OrthV genannte Voraussetzung, daß der Kläger einen PC ohne die Behinderung nicht erwerben würde, erfüllt ist oder ob man davon auszugehen hat, daß der Kläger wegen seiner umfangreichen Korrespondenz und seiner schriftstellerischen Tätigkeit den PC auch als Gesunder zu Zwecken der Textverarbeitung erworben haben würde, konnten die Vorinstanzen offenlassen. Denn auch unabhängig davon war der Beklagte nicht verpflichtet, dem Kläger den erbetenen PC zu liefern.
Daß mit dem PC Fehler in selbst erstellten Texten leichter korrigiert werden können, hat hier rechtlich keine Bedeutung. Denn die Voraussetzungen des § 18 Abs 1 Satz 1 OrthV, auf die § 18 Abs 1 Satz 3 OrthV verweist, sind nicht erfüllt. Der Kläger ist auf den PC im täglichen Leben nicht dringend angewiesen. Wie das LSG unangegriffen festgestellt hat, bedingt der „im täglichen Leben” anfallende Schriftverkehr des Klägers keine Korrekturarbeiten, die nicht mit den bisher zur Verfügung gestellten Hilfsmitteln (insbesondere der Brillenlupe und der Kleinschreibmaschine) zu bewältigen wären. Dafür, daß die für private, dh häusliche und persönliche, Belange notwendigerweise anfallende Korrespondenz bei Einsatz der bereits geleisteten Hilfsmittel seine restliche Sehleistung überfordern würde, sind keine Anhaltspunkte ersichtlich. Die Schreibarbeiten, für deren Korrektur die bisher gelieferten Hilfsmittel möglicherweise nicht ausreichen, gehören nach den Feststellungen des LSG nicht mehr zu den Verrichtungen des „täglichen Lebens”. Zu Recht hat der Verordnungsgeber die Versorgung des Beschädigten mit Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens auf Ausnahmefälle beschränkt. Gemäß § 11 Abs 1 Satz 2 BVG gelten grundsätzlich die Vorschriften für die Leistungen, zu denen die Krankenkasse ihren Mitgliedern verpflichtet ist, für Leistungen der Heilbehandlung entsprechend. Das gilt auch für § 33 Abs 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), wonach Versicherte grundsätzlich nur insoweit Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln haben, wie diese nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind. Sieht der Verordnungsgeber im Versorgungsrecht – wie in § 18 Abs 1 Satz 3 OrthV – ausnahmsweise einen Anspruch auf Versorgung mit Gebrauchsgegenständen vor, so kann er ihn im Interesse der Abgrenzung zu behinderungsunabhängigen Kosten der allgemeinen Lebenshaltung weitgehend einschränken. Dies ist in § 18 Abs 1 OrthV durch die Beschränkung der Leistungspflicht auf Gegenstände geschehen, die der Versorgungsberechtigte „im täglichen Leben” dringend benötigt. Damit wird gleichzeitig deutlich: „Das Angewiesensein” des Beschädigten auf die fraglichen Gegenstände muß in den alltäglichen Bedürfnissen seinen Ursprung haben, nicht dagegen in beruflichen Arbeiten oder Liebhabereien „Hobbytätigkeiten”, vgl Amtl Begründung der Verordnung zu § 18 in BArbBl 11/1989 S 70 f; Fehl in Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 7. Aufl 1992, § 13 BVG RdNr 75). Deshalb darf der Beklagte zB auch nicht Geräte liefern, die – wie im vorliegenden Fall – überwiegend einer nichtberuflichen Öffentlichkeitsarbeit oder schriftstellerischen Betätigung dienen sollen.
Soweit der Kläger im Rahmen der im Alltag anfallenden normalen Aufgaben eines Hauseigentümers und eines Haushaltsvorstandes Schreibarbeiten erledigen und Texte lesen muß, läßt sich dies – trotz seiner starken Sehbehinderung – mit der vom Beklagten gelieferten Kleinschreibmaschine und der Brillenlupe bewältigen. Aber selbst wenn seine verbliebene Sehkraft nicht ausreichte, mit Hilfe der Brillenlupe die in diesem Rahmen zu erstellenden Texte wieder zu lesen und auf Fehler zu überprüfen, besteht kein Anspruch auf Lieferung des PC mit Drucker bzw auf Kostenerstattung durch den Beklagten. Die Versorgung mit einem PC wäre nämlich nicht wirtschaftlich und zweckmäßig (§ 11 Abs 1 Satz 2 BVG iVm § 12 Abs 1 SGB V; § 1 Satz 1 OrthV), weil die Erledigung der genannten Alltagsaufgaben auch die Lektüre fremder Texte notwendig macht. Hierfür müßte neben dem PC noch ein Bildschirmlesegerät iS des § 17 Abs 2 Satz 2 OrthV geliefert werden.
Wenn auch das Informations- und Kommunikationsbedürfnis zu den Grundbedürfnissen des täglichen Lebens zählt (vgl BSGE 72, 285, 289), besteht kein Anspruch auf die verlangte Leistung. Eine angemessene Befriedigung dieses Grundbedürfnisses ist bereits mit den Hilfsmitteln möglich, die dem Kläger zur Zeit zur Verfügung stehen bzw die der Beklagte bereit ist, ihm auf Antrag zu liefern (Bildschirmlesegerät).
Ein Anspruch auf die Lieferung des PC ergibt sich auch nicht aus § 16 Satz 2 OrthV. Nach dieser Vorschrift werden als „andere Hilfsmittel” auch solche Hilfsmittel geliefert, deren Lieferung nicht durch andere Vorschriften der OrthV geregelt ist oder für die nicht Ersatzleistungen zustehen, zu deren Lieferung jedoch die Krankenkasse ihren Mitgliedern verpflichtet ist. Diese Vorschrift soll sicherstellen, daß die Leistungen der orthopädischen Versorgung nicht hinter denen der gesetzlichen Krankenversicherung zurückbleiben. Wie jedoch bereits ausgeführt worden ist, würde der PC als Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens nach den Vorschriften der gesetzlichen Krankenversicherung nicht zu leisten sein.
Schließlich besteht auch kein Anspruch auf ergänzende Leistungen (§ 11 Abs 3 BVG iVm §§ 22 ff OrthV) in Form von Zuschüssen oder Kostenübernahmen. Denn PC sind in dem abschließenden Katalog der §§ 22 ff OrthV nicht aufgeführt, so daß auch eine ergänzende Leistung, wenn sich der Kriegsbeschädigte ein solches Gerät selbst beschafft hat, nicht in Betracht kommt.
Die OrthV widerspricht auch nicht höherrangigem Recht, insbesondere nicht § 13 Abs 2 BVG. Danach müssen die Hilfsmittel den persönlichen und beruflichen Bedürfnissen des Berechtigten oder Leistungsempfängers angepaßt sein und dem allgemeinen Entwicklungsstand der Technik entsprechen. Diese Vorschrift gilt jedoch nur, soweit überhaupt Hilfsmittel zu leisten sind. Dies ist aber hinsichtlich des vom Kläger selbstbeschafften PC nicht der Fall.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
SGb 1998, 224 |
SozR 3-3100 § 11, Nr.2 |
Breith. 1997, 888 |
SozSi 1998, 78 |