Beteiligte
5. Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V. |
6. Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. |
Kassenärztliche Vereinigung Südbaden |
2. Landesverband der Betriebskrankenkassen Baden-Württemberg |
3. Innungskrankenkasse Baden-Württemberg |
4. Badische Landwirtschaftliche Krankenkasse |
Berufungsausschuß für Ärzte im Regierungsbezirk Freiburg |
Tenor
Die Revision des Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. April 1998 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte hat der Klägerin die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten. Im übrigen sind Kosten nicht zu erstatten.
Gründe
I
Der Beigeladene zu 7) ist Arzt für Psychiatrie sowie für Kinder- und Jugendpsychiatrie und führt die Zusatzbezeichnung „Psychotherapie”. Im März 1994 beantragte er beim Zulassungsausschuß die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit in F. für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie für Psychiatrie. Der Zulassungsausschuß ließ ihn als Arzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie zu, lehnte jedoch den Antrag auf Zulassung als Arzt für Psychiatrie ab. Die Versagung der Zulassung (auch) für das Fachgebiet der Psychiatrie begründete er mit der im Planungsbereich F. bestehenden Überversorgung. Diese sei für die Arztgruppe der Nervenärzte vom Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen mit 227 % festgestellt worden.
Auf den Widerspruch des Beigeladenen zu 7) ließ ihn der beklagte Berufungsausschuß auch als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie zu. Die für die Arztgruppe der Nervenärzte angeordneten Zulassungsbeschränkungen hinderten eine Zulassung nicht, weil der Beigeladene zu 7) nach dem geltenden baden-württembergischen Weiterbildungsrecht kein Nervenarzt sei. Nach § 5 Abs 2 Satz 2 der Weiterbildungsordnung (WBO) dürfe die Bezeichnung Nervenarzt nur derjenige Arzt führen, der die Anerkennung als Facharzt für Neurologie und für Psychiatrie und Psychotherapie erworben habe. Nur die Ärzte, die sowohl Neurologen wie Psychiater seien, seien deshalb „Nervenärzte” im Sinne des geltenden Rechts. Dazu zähle der Beigeladene nicht, weil er nicht Neurologe sei. Für das Gebiet der „Psychiatrie und Psychotherapie” iS der baden-württembergischen Weiterbildungsordnung bestünden keine Zulassungsbeschränkungen (Bescheid vom 26. Juli 1995).
Die klagende Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) hat geltend gemacht, die Zulassung des Beigeladenen zu 7) (auch) als Arzt für Psychiatrie verstoße gegen die Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte. Als Arzt für Psychiatrie falle der Beigeladene zu 7) unter die Arztgruppe der Nervenärzte, wie sie in den Bedarfsplanungs-Richtlinien aufgeführt sei. Sein Interesse, ergänzend zu seinem kinder- bzw jugendpsychiatrischen Behandlungsschwerpunkt auch junge Erwachsene sowie die Eltern von psychisch kranken Kindern und Jugendlichen psychiatrisch zu behandeln, rechtfertige keine Zulassung generell auch für Psychiatrie.
Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid des Beklagten über die Zulassung des Beigeladenen zu 7) (auch) für Psychiatrie aufgehoben und den Beklagten verpflichtet, über dessen Widerspruch unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu entscheiden. Zur Arztgruppe der „Nervenärzte” iS der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte seien auch diejenigen Ärzte zu rechnen, die nur Ärzte für Psychiatrie bzw nur Ärzte für Neurologie seien. Dem Zulassungsbegehren des Beigeladenen zu 7) für das psychiatrische Fachgebiet könne daher nur dann entsprochen werden, wenn ein Sonderbedarf im Sinne der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte insbesondere im Hinblick auf die Behandlung junger Erwachsener bestehe. Darüber müsse der Beklagte noch befinden (Urteil vom 30. April 1997). Insoweit haben sich die Beteiligten inzwischen vergleichsweise auf eine Zulassung des Beigeladenen zu 7) für das Gebiet „Psychotherapeutische Medizin” neben der Zulassung für Kinder- und Jugendpsychiatrie geeinigt.
Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufungen des Beklagten und des Beigeladenen zu 7) zurückgewiesen. Es hat aus Wortlaut sowie Sinn und Zweck der Bedarfsplanungs-Richtlinien und des baden-württembergischen Weiterbildungsrechts geschlossen, daß zur Arztgruppe der Nervenärzte iS der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte auch die Psychiater und Neurologen zu rechnen seien (Urteil vom 29. April 1998).
Der Beklagte rügt mit seiner Revision, das Berufungsurteil verstoße gegen die bundesrechtlichen Vorschriften der §§ 95, 98 iVm §§ 101 und 103 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), § 19 Abs 1 Zulassungsverordnung für Ärzte (Ärzte-ZV) und gegen die Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 9. März 1993 iVm der baden-württembergischen Weiterbildungsordnung idF von 1997.
Der Beigeladene zu 7) habe einen Anspruch auf Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit (auch) für das Gebiet der Psychiatrie, da die für die Gebietsgruppe der Nervenärzte angeordneten Zulassungsbeschränkungen die psychiatrische Tätigkeit nicht erfaßten. Nach dem maßgeblichen baden-württembergischen Weiterbildungsrecht zählten zu den Nervenärzten nur die Fachärzte für Psychiatrie und Neurologie. Für Psychiater und Psychotherapeuten, die eine eigene Arztgruppe bildeten, seien Zulassungsbeschränkungen nicht angeordnet worden. Es sei richtig, daß im 3. Abschnitt Nr 7 Satz 1 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte die Arztgruppe ua der Nervenärzte aufgeführt sei. Unter dem Begriff der Arztgruppe in diesem Sinne sei die Gesamtzahl der Ärzte eines Fachgebietes zu verstehen, denn der Begriff „Arztgruppe” sei mit dem jeweiligen Fachgebiet deckungsgleich. Jede Arztgruppe iS des Bedarfsplanungsrechts sei einem bestimmten Fachgebiet iS des ärztlichen Berufsrechts zugeordnet. Das ergebe sich auch aus der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Die Weiterbildungsordnungen der Länder seien nach dem Willen des Richtliniengebers auf Bundesebene zur Auslegung der in den Bedarfsplanungs-Richtlinien verwendeten Begriffe heranzuziehen. Das BSG habe in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß die Weiterbildungsordnungen der Länder für die Definition und Abgrenzung der einzelnen Fachgebiete und damit auch für die Abgrenzung der einzelnen Arztgruppen maßgeblich seien. Der Umstand, daß die praktischen Ärzte, Ärzte ohne Gebietsbezeichnungen und Allgemeinärzte in einer Arztgruppe zusammengefaßt worden seien, stelle keine Abweichung von dem Grundsatz dar, wonach sich prinzipiell Arztgruppe im Sinne des Bedarfsplanungsrecht und Fachgebiet im Sinne des Weiterbildungsrechts decken müßten.
Seit jeher seien Nervenärzte nur solche Ärzte gewesen, die gleichzeitig Neurologen und Psychiater seien; Psychiater oder Neurologen seien nach allgemeinem Verständnis sowie dem ärztlichen Weiterbildungsrecht keine Nervenärzte. Die vom LSG in diesem Zusammenhang befürwortete „weite” Auslegung des Begriffs Nervenärzte sei verfehlt, weil zulassungsbeschränkende Regelungen in den Bedarfsplanungs-Richtlinien „grundrechtsfördernd” auszulegen seien. Nach geltendem Weiterbildungsrecht könnten in dem früher pauschal mit „Nervenheilkunde” beschriebenen Gebiet inzwischen folgende Facharztbezeichnungen geführt werden: Facharzt für Neurologie, Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Facharzt für psychotherapeutische Medizin, Facharzt für psychosomatische Medizin, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie. Das Berufungsgericht gehe offenbar davon aus, daß zu den „Nervenärzten” iS der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte lediglich die Fachärzte für Neurologie sowie für Psychiatrie und Psychotherapie, nicht aber Ärzte der anderen Fachgebiete zu rechnen seien, insbesondere nicht solche für psychotherapeutische Medizin. Das sei nicht überzeugend. Wie wenig Berührungspunkte die Fachgebiete der Neurologie und der Psychiatrie inzwischen tatsächlich noch hätten, werde schon daran deutlich, daß es keinen einheitlichen Fallpunktwert für Nervenärzte gebe. Bei der Berechnung des Praxisbudget sei eine Untergruppe der Psychiater, der Neurologen sowie eine Mischgruppe für die klassischen Nervenärzte (Neurologen und Psychiater) gebildet worden.
Der Beklagte beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29. April 1998 und des Sozialgerichts Freiburg vom 30. April 1997 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision des Beklagten zurückzuweisen.
Sie ist der Auffassung, zu den „Nervenärzten” iSd der Bedarfsplanungs-Richtlinien zählten nicht nur diejenigen Ärzte, die Psychiater und Neurologen seien, sondern selbstverständlich auch „Nur”-Psychiater und „Nur”-Neurologen. Das ergebe sich eindeutig aus den Mustertabellen und Planungsblättern, die Bestandteil der Bedarfsplanungs-Richtlinien seien. Dort sei die hier maßgebliche Arztgruppe bezeichnet mit „Nervenärzte/Neurolog./Psychia”. Dies könne nur so verstanden werden, daß bedarfsplanungsrechtlich zur Gruppe der „Nervenärzte” die Nervenärzte alten Rechts, die Neurologen sowie die Psychiater zu rechnen seien. Fraglich könne allenfalls sein, ob die einheitliche Behandlung von Nervenärzten alten Rechts, Psychiatern und Neurologen im Hinblick auf die Versorgungslage und das tatsächlich von den Ärzten dieser Fachgebiete abgedeckte Behandlungsspektrum sachgerecht sei. Es sei nicht völlig ausgeschlossen, daß in einem bestimmten Bereich ausreichend Neurologen, aber nicht hinreichend Psychiater zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen seien. Dafür bestünden jedoch im Planungsbereich Freiburg keine Anhaltspunkte.
Die übrigen Beteiligten äußern sich im Revisionsverfahren nicht.
II
Die Revision des Beklagten ist nicht begründet. Die vorinstanzlichen Gerichte haben zu Recht dessen Bescheid insoweit aufgehoben, als dieser den Beigeladenen zu 7) neben der Zulassung als Arzt für Kinder- und Jugendpsychiarie/Psychotherapie auch als Arzt für Psychiatrie und Psychotherapie zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen hat. Dem diesbezüglichen Zulassungsbegehren des Beigeladenen zu 7) stehen die im Planungsbereich F. -Stadt angeordneten Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung für die Arztgruppe der Nervenärzte entgegen.
Die Regelungen über die Zulassungsbeschränkungen und die ihr zugrundeliegende Bedarfsplanung ergeben sich aus den §§ 95 ff SGB V iVm §§ 12 ff Ärzte-ZV und aus den aufgrund des § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 9, § 101 Abs 1 und 2 SGB V erlassenen Richtlinien über die Bedarfsplanung (Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte vom 9. März 1993, BAnz Nr 110a vom 18. Juni 1993, mit späteren Änderungen). Für den allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrad legt der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen in den Richtlinien Verhältniszahlen fest (§ 101 Satz 1 Nr 1 SGB V), und zwar für die verschiedenen Arztgruppen getrennt, jeweils nach dem Verhältnis der Zahl der Einwohner zur Zahl der Kassen- und Vertragsärzte nach dem Stand vom 31. Dezember 1990 (Richtlinien aaO Nrn 7 und 8). Die Abgrenzung der Planungsbereiche erfolgt in Anlehnung an die kommunalen Gliederungen (§ 101 Abs 1 Satz 5 SGB V, § 12 Abs 3 Satz 2 Ärzte-ZV iVm den Richtlinien aaO Nr 5 und 11 iVm Anlage 3). Wenn in einem Planungsbereich der bedarfsgerechte Versorgungsgrad bei einer Arztgruppe um 10 % überschritten wird, liegt eine Überversorgung vor (§ 101 Abs 1 Satz 2 SGB V, § 16b Abs 1 Ärzte-ZV iVm Richtlinien aaO Nrn 13 bis 15, 20, 21 mit Modifizierungen nach Nrn 16 bis 19), und der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen ordnet für diesen Bereich und diese Arztgruppe Zulassungsbeschränkungen an (§ 103 Abs 1 und 2 SGB V, § 16b Abs 2 und 4 Ärzte-ZV). Die mit der Anordnung von Zulassungsbeschränkungen verbundenen Einschränkungen des Grundrechts der betroffenen Ärzte aus Art 12 Abs 1 Grundgesetz sind nach der Rechtsprechung des Senats mit dem Grundgesetz vereinbar (zuletzt Urteil vom 18. März 1998, BSGE 82,41 = SozR 3-2500 § 103 Nr 2). Die Beteiligten stellen dies nicht in Frage.
Das Berufungsgericht hat für den Senat bindend (vgl § 163 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) festgestellt, daß der Landesausschuß der Ärzte und Krankenkassen für den Planungsbereich F. -Stadt Zulassungsbeschränkungen für Nervenärzte angeordnet hat, die bisher nicht aufgehoben worden sind; der Versorgungsgrad beträgt nach dem Beschluß des Zulassungsausschusses bei Nervenärzten 227 % und überschreitet damit den bedarfsgerechten Versorgungsgrad iS des § 101 Abs 1 Satz 2 SGB V erheblich. Zu Recht hat der Beklagte deshalb angenommen, daß eine Zulassung des Klägers als Arzt für Psychiatrie/Psychotherapie im Planungsbereich F. -Stadt nur – abgesehen von der im Revisionsverfahren nicht mehr streitigen Frage eines Sonderbedarfs – möglich ist, wenn die hinsichtlich der Arztgruppe der „Nervenärzte” bestehende Überversorgung die Ärzte für „Psychiatrie/Psychotherapie” nicht erfaßt. Das ist jedoch nicht der Fall, wie das LSG mit zutreffender Begründung entschieden hat.
Nach Nr 6 der Bedarfsplanungs-Richtlinien wird der allgemeine bedarfsgerechte Versorgungsgrad durch arztgruppenspezifische, allgemeine Verhältniszahlen ausgedrückt, die auf der Grundlage des § 101 Satz 3 SGB V in dem Verfahren nach Nrn 7 bis 12 der Richtlinien ermittelt werden. Nach Nr 7 werden für bestimmte Arztgruppen allgemeine Verhältniszahlen bestimmt; zu diesen Arztgruppen zählen „Nervenärzte”. Für Arztgruppen, bei denen nach dem Stand vom 31. Dezember 1990 bundesweit eine Zahl von weniger als 1000 Vertragsärzten an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen haben, werden allgemeine Verhältniszahlen nicht bestimmt; das hat zur Folge, daß die Überversorgung jedenfalls nicht auf der Grundlage eines allgemeinen bedarfsgerechten Versorgungsgrades ermittelt werden kann.
Zur Arztgruppe der „Nervenärzte” iS der Nr 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien gehören auch die Ärzte für Psychiatrie/Psychotherapie. Die Auffassung des Beklagten, Nervenärzte iS dieser Vorschrift seien lediglich solche Ärzte, die nach dem baden-württembergischen Weiterbildungsrecht die Bezeichnung „Nervenarzt” führen dürfen, trifft nicht zu. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts zum Inhalt des baden-württembergischen Weiterbildungsrechts, das als solches kein Bundesrecht iS des § 162 SGG darstellt und deshalb nicht revisibel ist, ist die Bezeichnung „Nervenarzt” keine einem Gebiet zugeordnete Facharztbezeichnung. Vielmehr darf die Bezeichnung Nervenarzt führen, wer die Anerkennung als Facharzt für Neurologie und die Anerkennung als Facharzt für Psychiatrie/Psychotherapie erworben hat. Der Inhalt des baden-württembergischen Weiterbildungsrechtes ist jedoch für die Auslegung des in den Bedarfsplanungs-Richtlinien verwandten Begriffs der „Nervenärzte” nicht maßgeblich. Die „Arztgruppe” iS des Bedarfsplanungsrechts der §§ 101 ff SGB V iVm der Ärzte-ZV und der Bedarfsplanungs-Richtlinien muß nicht notwendig mit dem Fach- bzw Teilgebiet iS des landesrechtlich geregelten ärztlichen Weiterbildungsrechts identisch sein. Die bisherige Rechtsprechung des Senats zur Bindung des einzelnen Arztes auch in seiner Eigenschaft als Vertragsarzt an das Fachgebiet, für das er zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, ist zu Konstellationen ergangen, in denen jeweils an der Identität von Arztgruppe im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne und Fachgebiet im berufs- bzw weiterbildungsrechtlichen Sinne kein Zweifel bestanden hat. Der Senat hat mehrfach bekräftigt, daß die Zusammenschau der zulassungsrechtlichen Vorschriften des SGB V und der Ärzte-ZV zu dem Schluß zwingt, daß der Gesetzgeber des GRG und des GSG von der klaren Vorstellung einer nach einzelnen ärztlichen Fachgebieten gegliederten ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit ausgegangen ist und sich insoweit auf die landesrechtlichen Vorschriften zur Abgrenzung der einzelnen „Arztgruppen” gestützt hat (vgl etwa BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 7 S 27). Soweit der Senat die Begriffe „Arztgruppe” und „Fachgebiete” bzw „Disziplinen” synonym gebraucht hat, ist daraus nicht zu schließen, daß dies notwendig der Fall ist. In den Entscheidungen des Senats zum Fachgebietswechsel bei Zulassungsbeschränkungen (BSG SozR 3-5520 § 24 Nr 3), zur Einhaltung der Fachgebietsgrenzen im Rahmen der vertragsärztlichen Tätigkeit und zur Zuordnung bestimmter Leistungen der Vertragsgebührenordnungen zu einzelnen ärztlichen Disziplinen (BSG SozR 3-2500 § 95 Nr 9) stand eine (mögliche) Differenz zwischen beiden Tatbestandsmerkmalen nicht im Raum, weil die Zugehörigkeit des jeweils betroffenen Arztes zu einem bestimmten Fachgebiet und der mit diesem Fachgebiet im konkreten Fall identischen Arztgruppe im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne offenkundig war.
Hier liegen die Dinge jedoch deshalb anders, weil dem bedarfsplanungsrechtlichen Begriff der „Arztgruppe” im Hinblick auf Nervenärzte kein bundeseinheitlich gebrauchter Begriff des Fachgebietes eines „Nervenarztes” korrespondiert. So dürfen nach den Feststellungen des Berufungsgerichts im Geltungsbereich der baden-württembergischen Weiterbildungsordnung Ärzte, die sowohl die Gebietsbezeichnung „Arzt für Neurologie” als auch die Gebietsbezeichnung „Arzt für Psychiatrie” zu führen berechtigt sind, auch die Bezeichnung „Nervenarzt” führen. Nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer gemäß den Beschlüssen des 95. Deutschen Ärztetages 1992 wird dagegen zwischen den Fachgebieten der „Nervenheilkunde” nach Abschnitt 1 Nr 23 der Muster-Weiterbildungsordnung, der „Neurologie” (Nr 25 aaO), der „Psychiatrie und Psychotherapie” (Nr 36 aaO) sowie der „psychotherapeutischen Medizin” (Nr 37) unterschieden. Ein Arzt muß zum Erwerb der Gebietsbezeichnung „Nervenheilkunde” eine insgesamt sechsjährige Weiterbildung absolvieren, von denen drei Jahre in der Neurologie und drei Jahre in der Psychiatrie und Psychotherapie absolviert sein müssen, während zum Erwerb der Gebietsbezeichnung „Neurologie” eine fünfjährige Weiterbildungszeit erforderlich ist, von denen vier Jahre in der Neurologie und ein Jahr in der Psychiatrie und Psychotherapie zu absolvieren sind. Die Berechtigung eines Arztes, der sowohl in Neurologie als auch in Psychiatrie die erforderliche fachärztliche Qualifikation erworben hat, die Bezeichnung „Arzt für Nervenheilkunde oder Nervenarzt” iS des § 6 Abs 1 Nr 23 der Muster-Weiterbildungsordnung zu führen, ist danach nicht vorgesehen.
Aus diesem Befund ist abzuleiten, daß es keinen bundeseinheitlich gebrauchten berufs- bzw weiterbildungsrechtlichen Begriff des „Nervenarztes” gibt. Die Auslegung und Anwendung des planungsrechtlichen Begriffs der „Arztgruppe der Nervenärzte” kann aber nicht von Bundesland zu Bundesland variieren. Die Zugehörigkeit der „Nur-Neurologen” sowie der „Nur-Psychiater” zur Arztgruppe der „Nervenärzte” im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne ergibt sich zunächst aus den Anlagen zu den Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte in der Fassung des Beschlusses des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen vom 17. Dezember 1993 (BAnz 1994 Nr 56, S 2945). In Nr 4 der Richtlinien ist geregelt, daß für jeden Planungsbereich jährlich, beginnend mit dem Stand 31. Dezember 1993, Planungsblätter zu erstellen sind, deren Inhalt sich nach der Anlage 2 der Richtlinien bestimmt. Unter Punkt II des Änderungsbeschlusses vom 17. Dezember 1993 ist bestimmt, daß die Anlagen 1 und 2 die beigefügte Fassung erhalten. Das im BAnz (aaO) als Anlage 1 veröffentlichte Muster eines Planungsblattes enthält in der Spalte „Arztgruppe” 23 Arztgruppen; unter der laufenden Nr 15 ist verzeichnet: „Nervenärzte/Neurolog./Psychia.” Daraus ergibt sich, daß der Normgeber, der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen, selbst davon ausgegangen ist, daß die Arztgruppe der „Nervenärzte” iS der Nr 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien-Ärzte sowohl die Nervenärzte alten Rechts als auch Neurologen und Psychiater umfaßt. Insoweit enthält das Arztgruppenverzeichnis in der Anlage 1 zu den Bedarfsplanungs-Richtlinien in der Fassung des Beschlusses vom 17. Dezember 1993 eine authentische Interpretation des Begriffs der „Arztgruppe” iS der Nr 7 der Richtlinien. Daran ändert nichts, daß in den Planungsblättern (Anlage 1) zwischen Allgemeinärzten und praktischen Ärzten/Ärzten differenziert wird, während nach Nr 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien die Ärzte für Allgemeinmedizin und die praktischen Ärzte eine Arztgruppe bilden. Es ist nicht ausgeschlossen, daß in einer Arztgruppe nach Nr 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien mehrere Arztgruppen iS der Anlage 1 der Bedarfsplanungs-Richtlinien zusammenfaßt werden. Das ist hinsichtlich der Nervenärzte bzw Neurologen und Psychiater im Unterschied zu den Allgemeinmedizinern und den praktischen Ärzten jedoch nicht geschehen. Vielmehr ist der laufenden Nr 15 der Anlage 1 zu entnehmen, welche Gruppen von Ärzten iS des Weiterbildungsrechts zur bedarfsplanungsrechtlichen Gruppe der „Nervenärzten” zählen sollten.
Jedes andere Verständnis des Begriffs der „Arztgruppe der Nervenärzte” iS der Nr 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien würde im übrigen dem Zweck der Bedarfsplanung nicht gerecht. Nach Nr 7 Satz 4 der Bedarfsplanungs-Richtlinien werden für Arztgruppen, bei denen nach dem Stand vom 31. Dezember 1990 bundesweit eine Zahl von weniger als 1000 Vertragsärzten an der vertragsärztlichen Versorgung teilgenommen haben, allgemeine Verhältniszahlen nicht bestimmt. Grundsätzlich sind danach für alle Arztgruppen, die bundesweit mehr als 1000 Ärzte umfassen, allgemeine Verhältniszahlen zu bestimmen. An dieses Gebot hat sich der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen mit einer Ausnahme auch gehalten. Diese Ausnahme betrifft die Ärzte für psychotherapeutische Medizin. In dieser Arztgruppe waren in den alten Bundesländern Ende 1990 1143 Ärzte in freier Praxis zugelassen (Kassenärztliche Bundesvereinigung, Dezernat 3, KBV-Zahlen, Ausgabe 02, Stand 1. Halbjahr 1997, Seite 4). Diese Ausnahme erklärt sich jedoch aus Nr 24 Buchst e der Bedarfsplanungs-Richtlinien. Danach sind Vertragsärzte, die der Arztbezeichnung nach einer Arztgruppe zuzuordnen sind, für welche eine Zulassungsbeschränkung angeordnet ist, ausnahmsweise zuzulassen, wenn sie die Erklärung abgeben, ausschließlich psychotherapeutisch tätig zu sein. Daraus ist zu schließen, daß hinsichtlich der Versorgung der Versicherten mit psychotherapeutischen Leistungen der Bedarf generell noch nicht als gedeckt angesehen worden ist, so daß für die ausschließlich psychotherapeutische Tätigkeit Zulassungsbeschränkungen wegen Überversorgung nicht angeordnet worden sind. Soweit für Anästhesisten keine allgemeinen Verhältniszahlen festgesetzt worden sind, beruht das darauf, daß bei dieser Arztgruppe zwar seit dem 31. Dezember 1996 die Grenze von 1000 Vertragsärzten überschritten ist (Grunddaten zur vertragsärztlichen Versorgung der Bundesrepublik Deutschland, herausgegeben von der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, 1997, S A 15), dies jedoch am Stichtag 31. Dezember 1990 noch nicht der Fall war (KBV-Zahlen, aaO, S 4). Für alle anderen Arztgruppen, denen mehr als 1000 Vertragsärzte angehören, sind jedoch allgemeine Verhältniszahlen festgesetzt worden.
Die Auslegung des Begriffs der Arztgruppe der „Nervenärzte” seitens des Beklagten hätte zur Folge, daß in den Gebieten Neurologie, Psychiatrie und Nervenheilkunde trotz Überschreitens der Grenze von 1000 zugelassenen Vertragsärzten bereits am 31. Dezember 1990 Zulassungsbeschränkungen nicht wirksam angeordnet werden könnten. Zum Stand 31. Dezember 1996 waren auf diesen Fachgebieten 4496 Ärztinnen und Ärzte zur vertragsärztlichen Tätigkeit zugelassen (Grunddaten, aaO, S A 15), und auch schon Ende 1990 war im Bereich der Nervenheilkunde die Grenze von 1000 Ärzten überschritten (KBV-Zahlen, aaO, S 4). Die Absicht des Bundesausschusses der Ärzte und Krankenkassen kann nach alledem nur dahin gegangen sein, auch für die Arztgruppe derjenigen Ärzte, die nervenheilkundlich tätig sind, unabhängig davon Zulassungsbeschränkungen zu ermöglichen, ob sie ihren Schwerpunkt im Bereich der psychiatrischen oder der neurologischen Tätigkeit haben. Die Rechtsauffassung des Beklagten würde demgegenüber dazu führen, daß die angeordneten Zulassungsbeschränkungen nur noch für diejenigen Vertragsärzte gelten, die nur als Nervenärzte nach altem Weiterbildungsrecht tätig sein können, weil sie nicht das Recht erworben haben, die Bezeichnung „Arzt für Neurologie” und „Arzt für Psychiatrie” zu führen. Dem kann nicht gefolgt werden.
Steht danach fest, daß zur Arztgruppe der „Nervenärzte” iS der Nr 7 der Bedarfsplanungs-Richtlinien auch Ärzte für Neurologie und Ärzte für Psychiatrie zählen, könnte die Anordnung von Zulassungsbeschränkungen für Nervenärzte allenfalls unwirksam sein, wenn die Zusammenfassung der Nervenärzte alten Rechts, der „Nur-Neurologen” und „Nur-Psychiater”, zu einer Arztgruppe im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne durch den Richtliniengeber mit höherrangigem Recht unvereinbar wäre. Das ist indessen nicht der Fall. Zu Recht weist die Klägerin in diesem Zusammenhang allerdings darauf hin, daß es bei der Zusammenfassung verschiedener Fachgebiete im berufsrechtlichen Sinne zu einer Arztgruppe im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne theoretisch dazu kommen kann, daß in einer der Bereiche eine massive Überversorgung besteht, während im anderen Bereich die Versorgung nicht ausreichend gewährleistet ist. Für ein solches Versorgungsdefizit existieren indessen keine Anhaltspunkte. Zudem ist zu berücksichtigen, daß diese Situation völlig unabhängig davon eintreten könnte, ob Neurologen oder Psychiater zusammen mit den Nervenärzten alten Rechts in einer Arztgruppe zusammengefaßt sind oder nicht. Nach dem Stand von 1997 waren in den alten Bundesländern 2665 Ärzte für Nervenheilkunde, 222 „Nur-Neurologen” und 607 „Nur-Psychiater” zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen (KBV-Zahlen, aaO, S 4). Das bedeutet, daß die große Mehrzahl der in der Arztgruppe der Nervenärzte im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne zusammengefaßten Ärzte sowohl neurologische als auch psychiatrische Behandlungen durchführen kann. Da ein Nervenarzt nicht notwendig das gesamte Spektrum neurologischer wie psychiatrischer Leistungen anbieten muß, sondern seine Tätigkeit auf einen Schwerpunkt konzentrieren darf, wäre auch bei einer Anwendung der Zulassungsbeschränkungen nur gegenüber „reinen” Nervenärzten nicht gewährleistet, daß tatsächlich die psychiatrische und die neurologische Versorgung im gleichen Ausmaß angeboten werden. Wenn in einem Planungsbereich trotz bestehender Überversorgung im Bereich der Nervenärzte insgesamt in dem einen oder anderen Fachgebiet Versorgungsengpässe bestehen sollten, ist ggf über eine Sonderbedarfszulassung auf der Grundlage der Nr 24 Buchst b der Bedarfsplanungs-Richtlinien Abhilfe zu schaffen. Nach den für die gerichtliche Kontrolle der Normsetzung geltenden Maßstäben ist es jedenfalls bei der derzeitigen Sachlage nicht zu beanstanden, daß der Bundesausschuß eine einheitliche Arztgruppe der Nervenärzte im bedarfsplanungsrechtlichen Sinne gebildet hat, der sowohl die Nervenärzte alten Rechts als auch die Neurologen und die Psychiater angehören.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen
NJW 2000, 1813 |
SGb 1999, 462 |
SozSi 1999, 375 |