Entscheidungsstichwort (Thema)
Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld. Gleichwohlgewährung. endgültige Bewertung des Leistungsfalles
Orientierungssatz
1. Das Arbeitslosengeld nach § 117 Abs 4 AFG wird nicht vorbehaltlich einer Arbeitsentgeltzahlung, sondern endgültig gewährt, und die Gewährung bleibt rechtmäßig, auch wenn der Empfänger des Arbeitslosengeldes später das Arbeitslosengeld oder eine nach § 117 AFG an sich zum Ruhen des Anspruchs auf Arbeitslosengeld führende Leistung erhält; denn die Zahlung des Arbeitgebers wirkt nicht auf die Zeit der Gleichwohl-Leistung zurück (vgl BSG vom 29.11.1988 - 11/7 RAr 79/87 = BSGE 64, 199 = SozR 4100 § 117 Nr 23).
2. Auch für den Fall, daß der Arbeitgeber der Bundesanstalt für Arbeit die Aufwendungen für den Versicherungsfall ersetzt hat, ist eine Rückabwicklung des Leistungsfalles, insbesondere die rückwirkende Aufhebung der Arbeitslosengeldbewilligung, nicht vorgesehen.
3. Der in Anwendung des § 117 Abs 4 S 1 AFG entstandene Anspruch auf Arbeitslosengeld hat daher zur Folge, daß im Falle einer neuen Arbeitslosigkeit eine neue Rahmenfrist gemäß § 104 Abs 3 AFG nicht in die vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose die zur Gleichwohlgewährung führende Anwartschaft erfüllt hatte.
4. Bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft bleibt die Dauer des bisherigen Anspruchs maßgebend (vgl BSG vom 29.9.1987 - 7 RAr 59/86 = SozR 4100 § 117 Nr 20).
5. Von dem Zeitpunkt an, zu dem die Bundesanstalt für Arbeit aus dem auf sie übergegangenen Arbeitsentgeltanspruch Ersatz für Arbeitslosengeld erhalten hat, entfällt lediglich die eingetretene Minderung der Dauer des Anspruchs (vgl BSG vom 11.6.1987 - 7 RAr 16/86 = SozR 4100 § 117 Nr 18).
Normenkette
AFG § 117 Abs 4 S 1, § 104 Abs 3, § 106 Abs 1, § 110 Abs 1 Nr 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes Anspruch auf Arbeitslosengeld (Alg) für weitere 41 Wochentage unter Berücksichtigung tatsächlich gezahlter Arbeitslosenhilfe (Alhi) zusteht.
Der 1925 geborene Ehemann der Klägerin war seit 1947 bei der Firma C. B. beschäftigt, zuletzt als Leiter der Lohnbuchhaltung einer Niederlassung in B. . Die Arbeitgeberin teilte ihm mit Schreiben vom 10. Juli 1981 mit, sie habe am 30. Juni 1981 Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens gestellt; das Arbeitsverhältnis werde unter Beachtung der geltenden Kündigungsfrist zum 31. März 1982 gekündigt; der Ehemann der Klägerin werde gebeten, seine Arbeitskraft zunächst weiter zur Verfügung zu stellen, da dies für die Konkursabwicklung erforderlich sei; eine Weiterbeschäftigung bis zum 31. Juli 1981 werde ihm garantiert; sofern er nicht andere Mitteilung erhalte, werde er zum 21. Juli 1981 von der weiteren Mitarbeit freigestellt.
Der Ehemann der Klägerin meldete sich mit Wirkung zum 1. August 1981 beim Arbeitsamt (ArbA) arbeitslos und beantragte Alg. Die Beklagte bewilligte ihm ab Antragstellung Alg für 312 Wochentage in Höhe von wöchentlich 448,80 DM. Darüber hinaus gewährte sie ihm für die Zeit vom 1. Juni bis 31. August 1981 Konkursausfallgeld (Kaug). Hierauf rechnete sie das in der Zeit vom 1. bis 31. August 1981 gezahlte Alg in vollem Umfang an.
Nach der ursprünglich festgesetzten Anspruchsdauer wäre der Anspruch am 30. Juli 1982 erschöpft gewesen. Im Hinblick darauf, daß das im August 1981 für 26 Wochentage geleistete Alg im Rahmen der Kaug-Gewährung angerechnet worden war, sprach die Beklagte dem Ehemann der Klägerin ab 31. Juli 1982 Alg für 26 Wochentage in Höhe von wöchentlich 466,20 DM zu. Dieser Anspruch war am 30. August 1982 erschöpft.
Für die Zeit ab 31. August 1982 erhielt der Ehemann der Klägerin Alhi in Höhe von wöchentlich 321,-- DM. Am 13. Dezember 1982 schied er wegen Arbeitsaufnahme aus dem Leistungsbezug aus.
Am 27. Februar 1984 erstattete der Konkursverwalter über das Vermögen der Firma C. B. der Beklagten das für den Ehemann der Klägerin in der Zeit vom 1. September 1981 bis 31. März 1982 geleistete Alg aus dem nachgezahlten Arbeitsentgelt. Die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge wurden entrichtet.
Am 24. Juli 1984 machte der Ehemann der Klägerin gegenüber der Beklagten geltend, daß er aufgrund der Zahlungen durch den Konkursverwalter Alg nicht ab 1. September 1981, sondern erst ab 1. April 1982 erhalten habe. Von diesem Zeitpunkt an habe ihm noch Alg für einen Zeitraum von 312 Wochentagen zugestanden. Demgemäß habe er für die Zeit vom 31. August bis 12. Dezember 1982 nicht Anspruch auf Alhi, sondern auf Alg gehabt. Seinem Antrag, den Differenzbetrag zwischen Alg und Alhi in Höhe von 2.153,80 DM zu begleichen, wurde von der Beklagten entsprochen.
In der Zeit vom 13. Dezember 1982 bis 31. März 1984 war der Ehemann der Klägerin als Leiter der Buchhaltung bei der Firma D. A. in B. tätig. Vom 1. April bis 23. Juli 1984 bezog er wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld. Anschließend erhielt er von der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte bis zum 11. September 1984 Übergangsgeld (Übg). Noch vor Eintritt der Arbeitsunfähigkeit hatte er sich mit Wirkung zum 1. April 1984 beim ArbA arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit dem Hinweis ab, daß der Anspruch auf Alg wegen der Zuerkennung von Krankengeld ruhe (Bescheid vom 2. Juli 1984).
Mit Wirkung ab 12. September 1984 meldete sich der Ehemann der Klägerin erneut arbeitslos und stellte Antrag auf Alg. Die Beklagte gewährte ihm durch Bescheid vom 3. Oktober 1984 ab Antragstellung Alg für 156 Wochentage in Höhe von wöchentlich 533,40 DM. Mit seinem Widerspruch trug der Ehemann der Klägerin vor, er habe vom 1. April bis 12. Dezember 1982 Alg für 219 Wochentage erhalten; sein früherer Alg-Anspruch habe indes 312 Wochentage betragen; bei der Arbeitsaufnahme am 13. Dezember 1982 habe mithin noch ein Restanspruch von 93 Wochentagen bestanden; die Dauer des ab 12. September 1984 entstandenen Alg-Anspruchs müsse sich um die Dauer dieses Restanspruchs erhöhen, so daß ihm Alg für insgesamt 249 Wochentage zuzugestehen sei. Die Beklagte wies den Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 22. Januar 1985 mit der Begründung zurück, der am 12. Dezember 1982 noch nicht verbrauchte Restanspruch auf Alg von 93 Wochentagen habe wegen § 106 Abs 2 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht berücksichtigt werden können; der erste Alg-Anspruch, aus dem der Restanspruch resultiere, sei nicht am 1. April 1982, sondern am 1. August 1981 entstanden; die Entstehung dieses Anspruchs liege somit mehr als drei Jahre zurück.
Während des Klageverfahrens erlosch der bis dahin bewilligte Alg-Anspruch am 12. März 1985. Ab 13. März 1985 erhielt der Ehemann der Klägerin Anschluß-Alhi in Höhe von wöchentlich 310,56 DM.
Mit zwei Änderungsbescheiden vom 15. Mai 1985 erhöhte die Beklagte die Dauer des Alg-Anspruchs ab 12. September 1984 von 156 auf 208 Wochentage, wobei sie die Zeit der Kündigungsfrist - soweit in der Rahmenfrist vom 12. September 1981 bis 11. September 1984 gelegen - als beitragspflichtige Beschäftigung berücksichtigte, und gestand dem Ehemann der Klägerin Alg bis 11. Mai 1985 zu. Der Differenzbetrag zwischen Alg und Alhi für die Zeit vom 13. März bis 11. Mai 1985 wurde ausgezahlt. Im Anschluß daran bezog der Ehemann der Klägerin wiederum Alhi. Am 12. September 1985 wurde er zur stationären Behandlung in ein Krankenhaus eingeliefert. Die Beklagte zahlte Alhi weiter bis zum 23. September 1985. Am 7. Oktober 1985 verstarb der Ehemann der Klägerin. Diese nahm als Rechtsnachfolgerin den Rechtsstreit auf.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage, mit der die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Alg nach einer Anspruchsdauer von weiteren 93 Tagen begehrte, abgewiesen (Urteil vom 1. August 1986). Das Landessozialgericht (LSG) hat auf die Berufung der Klägerin das Urteil des SG und den Bescheid der Beklagten vom 3. Oktober 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1985 sowie die beiden weiteren Bescheide vom 15. Mai 1985 abgeändert und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 12. Mai 1985 ein weiteres Alg für 41 Werktage in gesetzlicher Höhe unter Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Alhi zu gewähren; im übrigen hat es die Berufung als unbegründet zurückgewiesen (Urteil vom 27. April 1988).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt: Die Beklagte sei verpflichtet, der Klägerin ab 12. Mai 1985 für weitere 41 Wochentage Alg anstelle von Alhi zu gewähren. Dies ergebe sich aus § 106 Abs 2 AFG (idF des 5. AFG-ÄndG). Danach erhöhe sich die Dauer des Anspruchs nach Absatz 1 um die Dauer des nach § 125 Abs 1 AFG erloschenen Anspruchs, wenn nach der Entstehung dieses Anspruchs noch nicht drei Jahre verstrichen seien, höchstens jedoch auf 312 Tage. Nach § 125 Abs 1 AFG erlösche der Anspruch auf Alg mit der Entstehung eines neuen Anspruchs. Im vorliegenden Fall sei der zweite Anspruch auf Alg nicht am 1. April, sondern am 12. September 1984 entstanden. Doch sei die dreijährige Frist des § 106 Abs 2 AFG zu diesem Zeitpunkt noch nicht abgelaufen gewesen.
Zum 1. April 1984 habe der Ehemann der Klägerin deswegen keinen Anspruch auf Alg erworben, weil er der Arbeitsvermittlung zu jenem Zeitpunkt nicht zur Verfügung gestanden habe (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG). Er sei sowohl in bezug auf die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit als auch hinsichtlich eines zumutbaren Tätigkeitsbereichs arbeitsunfähig gewesen. Das treffe nach den in der Leistungsakte befindlichen ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen zumindest für die Zeit vom 1. April bis 24. Juli 1984 (Antritt des Heilverfahrens) zu. Ob der Ehemann der Klägerin während der Dauer des Übg-Bezugs (24. Juli bis 11. September 1984) noch arbeitsunfähig gewesen sei, könne offenbleiben; denn während dieses Zeitraumes sei er für die Beklagte nicht erreichbar gewesen (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG).
Dagegen seien alle Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Alg ab 12. September 1984 verwirklicht. Dieser Tag sei demzufolge als der maßgebliche Zeitpunkt der Anspruchsentstehung im Jahre 1984 anzusehen.
Im Zeitpunkt der Entstehung dieses "neuen" Anspruchs sei seit der Entstehung des "alten" Anspruchs der Dreijahreszeitraum des § 106 Abs 2 AFG noch nicht verstrichen gewesen. Insoweit sei nämlich nicht auf den 1. August oder 1. September 1981, sondern auf den 1. April 1982 abzuheben. Aufgrund der nachträglichen Bewilligung von Kaug für die Zeit bis zum 31. August 1981 und der nachträglichen Entrichtung von Arbeitsentgelt durch den Konkursverwalter für die Zeit vom 1. September 1981 bis 31. März 1982 sei im Rahmen einer vorzunehmenden endgültigen Bewertung davon auszugehen, daß der Leistungsfall erst am 1. April 1982 eingetreten sei.
In den Fällen des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG sei im Rahmen einer "vorläufigen" Bewertung auf den nur vorübergehenden Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen, während bei einer Nachentrichtung des Arbeitsentgelts - evtl nach zuvor erfolgter arbeitsgerichtlicher Klärung - eine "endgültige" Bewertung des Leistungsfalles zu erfolgen habe.
Der Anspruch des Ehemannes der Klägerin auf Aufstockung der Dauer des Alg-Anspruchs ab 12. Mai 1985 um weitere 41 Wochentage beruhe auf folgender Überlegung: Aus dem ersten Leistungsfall (1. April 1982) sei ein Restanspruch von 93 Wochentagen, aus dem zweiten Leistungsfall (12. September 1984) ein Anspruch auf 156 Wochentage erwachsen. Dies führe für den zweiten Leistungsfall zu einer Gesamtanspruchsdauer von 249 Wochentagen. Die Beklagte habe ab 12. September 1984 Alg für 208 Wochentage erbracht. Der Restanspruch sei demnach mit 41 Wochentagen in Ansatz zu bringen.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung von § 117 Abs 1, Abs 4 Satz 1 und § 106 Abs 2 AFG. Zur Begründung bringt sie vor: Die Entscheidung des LSG stehe in Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG). Danach entstehe ein Alg-Anspruch auch im Fall der Gleichwohlgewährung bei Antragstellung endgültig. Das nach § 117 Abs 4 Satz 1 AFG bei faktischer Arbeitslosigkeit gewährte Alg sei mit dem nach den §§ 100 ff AFG identisch (BSG vom 24. Juli 1986 - 7 RAr 4/85 - BSGE 60, 168, 171 = SozR 4100 § 117 Nr 16). An dieser Rechtsprechung habe der 7. Senat des BSG festgehalten (Urteil vom 15. Juni 1988 - 7 RAr 54/86 - SozR 4100 § 117 Nr 22) und nochmals bekräftigt, daß das nach § 117 Abs 4 Satz 1 AFG gezahlte Alg endgültig gewährt werde, das AFG eine rückwirkende Aufhebung der Alg-Bewilligung nicht vorsehe und eine Rückabwicklung des Leistungsfalles nicht stattfinde. Der 11. Senat des BSG habe sich dieser Rechtsprechung angeschlossen (Urteile vom 14. Juni 1988 - 11/7 RAr 57/87 - und 29. November 1988 - 11/7 RAr 79/87 - BSGE 64, 199, 201 = SozR 4100 § 117 Nr 23).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das Urteil des LSG für zutreffend und erwidert: Ihr verstorbener Ehemann sei seinerzeit durch die an sich gebotene, aber nicht erfolgte Aufklärung seitens der Beklagten nicht in die Lage versetzt worden, die sich für ihn gemäß § 117 AFG ergebenden Konsequenzen zu überblicken und die ihm zustehenden Ansprüche günstig zu gestalten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz -SGG-).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Der Klägerin steht als Rechtsnachfolgerin ihres verstorbenen Ehemannes gegen die Beklagte für die Zeit ab 12. Mai 1985 kein Anspruch auf Alg für weitere 41 Wochentage unter Berücksichtigung der tatsächlich erhaltenen Alhi zu.
Die im Revisionsverfahren von Amts wegen zu prüfende Frage, ob die Berufung zulässig ist (BSGE 2, 225, 227; 2, 245, 246), ist vom LSG zu Recht bejaht worden. Der grundsätzlich statthaften Berufung (§ 143 SGG) steht nicht die Ausschlußvorschrift des § 144 Abs 1 Nr 2 SGG entgegen. Für die Beurteilung der Berufungsfähigkeit eines Anspruchs kommt es auf den Zeitpunkt der Einlegung der Berufung an (BSGE 16, 134, 135 = SozR RKG § 46 Bl Aa 2 Nr 4; BSGE 37, 64, 65 = SozR Nr 1 zu § 11 AA vom 31.12.69; Meyer-Ladewig, Komm zum SGG, 3. Aufl, § 144 Rz 10). Hier war im Zeitpunkt der Berufungseinlegung ein Anspruch auf wiederkehrende Leistungen für einen Zeitraum von mehr als 13 Wochen (drei Monaten) im Streit; denn die Klägerin hat mit der Einlegung ihrer Berufung die Gewährung von Alg für einen Zeitraum von weiteren 93 Wochentagen geltend gemacht. Bei der Geltendmachung dieses Anspruchs handelt es sich nicht etwa deswegen um eine willkürliche Antragstellung, weil die Beklagte die Dauer des Alg-Anspruchs während des erstinstanzlichen Verfahrens von ursprünglich 156 Tagen auf 208 Tage erhöht hat. Abgesehen davon, daß die Sach- und Rechtslage wenig übersichtlich gelagert war, hat die Beklagte die Gutschrift von 52 Tagen aus anderen Gründen vorgenommen, als es der Rechtsauffassung der Klägerin entsprach. Während die Klägerin als Zeitpunkt der Entstehung des ersten Alg-Anspruchs den 1. April 1982 zugrunde gelegt hat, ist die Beklagte von der Entstehung dieses Anspruchs am 1. August 1981 ausgegangen. Bei rechtlich so unterschiedlichen Ausgangspositionen kann nicht von "Erschleichen" der Zulässigkeit der Berufung die Rede sein.
Die Berufung betrifft auch nicht die Höhe der Leistung iS der Berufungsausschlußvorschrift des § 147 SGG. Diese Bestimmung greift nur ein, wenn die Berufung die Höhe ein und desselben (einheitlichen) Anspruchs betrifft (BSGE 39, 119, 120 = SozR 4100 § 45 Nr 4). Alg und Alhi sind aber zwei nach Voraussetzungen, Inhalt und Umfang verschiedene selbständige Ansprüche, wobei das Alg als Versicherungsanspruch ausgestaltet ist und aus dem der Beklagten zufließenden Beitragsaufkommen gespeist wird, während die Alhi keine Versicherungsleistung ist, ihre Gewährung von der Bedürftigkeit des Antragstellers abhängt und ihre Kosten vom Bund aus allgemeinen Steuermitteln finanziert werden (§ 188 AFG). Wer anstelle von zugebilligter Alhi Alg erhalten möchte, begehrt daher iS von § 147 SGG keine höhere Leistung desselben einheitlichen Anspruchs, sondern eine andere Leistung. Schließlich betrifft die Berufung der Klägerin nicht, was ebenfalls ihre Unzulässigkeit nach § 147 SGG zur Folge hätte, den Beginn der Leistung, sondern deren Ende. Soweit die Berufung das Ende der Leistung betrifft, ist in Angelegenheiten der Arbeitslosenversicherung das Rechtsmittel nach § 147 SGG nicht ausgeschlossen (vgl zu alledem BSGE 60, 168, 169 = SozR 4100 § 117 Nr 16).
Gegenstand des Revisionsverfahrens sind der Bescheid vom 3. Oktober 1984 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 22. Januar 1985 sowie die beiden weiteren Bescheide vom 15. Mai 1985 nur noch insoweit, als die Beklagte es darin abgelehnt hat, der Klägerin ab 12. Mai 1985 Alg für weitere 41 Wochentage unter Berücksichtigung der tatsächlich geleisteten Alhi zu gewähren. Nicht mehr streitbefangen sind die genannten Bescheide insoweit, als die Klägerin vor den Instanzgerichten die Gewährung von Alg für weitere 52 Wochentage (insgesamt 93 Wochentage) unter Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Alhi beantragt hat. Insoweit nämlich ist das Urteil des LSG, da nur die Beklagte Revision eingelegt hat, rechtskräftig und deshalb bindend geworden (§ 141 Abs 1 SGG).
In der Sache ist das LSG zutreffend davon ausgegangen, daß der verstorbene Ehemann der Klägerin zuletzt nicht am 1. April, sondern am 12. September 1984 einen Anspruch auf Alg erworben hat.
Dahinstehen kann, ob dem Ehemann der Klägerin am 1. April 1984 schon deswegen ein Anspruch auf Alg nicht zugestanden hat, weil der ablehnende Bescheid vom 2. Juli 1984 bindend geworden ist (§ 77 SGG). Der Erwerb eines Alg-Anspruchs zu diesem Zeitpunkt scheitert jedenfalls daran, daß die gesetzlich vorgesehenen Voraussetzungen nicht verwirklicht waren.
Anspruch auf Alg hat, wer arbeitslos ist, der Arbeitsvermittlung zur Verfügung steht, die Anwartschaftszeit erfüllt, sich beim ArbA arbeitslos gemeldet und Alg beantragt hat (§ 100 Abs 1 AFG). Zwar hat sich der Ehemann der Klägerin zum 1. April 1984 beim ArbA arbeitslos gemeldet (§ 105 AFG) und Alg beantragt. Er dürfte auch arbeitslos gewesen sein (§ 101 AFG). Jedoch hat er der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden, weil er eine längere als kurzzeitige zumutbare Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes nicht ausüben konnte und durfte (§ 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG idF des Sozialgesetzbuchs - Verwaltungsverfahren - vom 18. August 1980 - BGBl I 1469/1488 -). Er ist nach den nicht angegriffenen und für den Senat daher bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) in der Zeit vom 1. April 1984 bis zum Antritt des Heilverfahrens (24. Juli 1984) sowohl in bezug auf die zuletzt ausgeübte Erwerbstätigkeit als auch hinsichtlich eines zumutbaren Tätigkeitsbereichs arbeitsunfähig gewesen. Ob er während der Dauer des Übg-Bezugs (24. Juli bis 11. September 1984) noch arbeitsunfähig gewesen ist, ist unerheblich; auch während dieses Zeitraumes hat er, wie das LSG ebenfalls unangefochten festgestellt hat, der Arbeitsvermittlung nicht zur Verfügung gestanden.
Dagegen hat der Ehemann der Klägerin am 12. September 1984 alle Voraussetzungen für den Erwerb eines Anspruchs auf Alg erfüllt. Er hat sich mit Wirkung ab diesem Tag beim ArbA arbeitslos gemeldet und Alg beantragt. Er war arbeitslos (§ 101 AFG) und hat der Arbeitsvermittlung zur Verfügung gestanden (§ 103 AFG). Des weiteren hat er die erforderliche Anwartschaftszeit verwirklicht. Die Anwartschaftszeit hat gemäß § 104 AFG in der hier maßgebenden Fassung des Haushaltsbegleitgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) erfüllt, wer in der Rahmenfrist 360 Kalendertage in einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (§ 168 AFG) gestanden hat (§ 104 Abs 1 Satz 1 AFG). Die Rahmenfrist, die drei Jahre beträgt und nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinragt, in der der Arbeitslose eine Anwartschaft erfüllt hatte, geht dem ersten Tage der Arbeitslosigkeit unmittelbar voraus (§ 104 Abs 2 und 3 AFG). Im vorliegenden Fall lief die dreijährige Rahmenfrist vom 12. September 1981 bis 11. September 1984. Innerhalb dieses Zeitraumes hat der Ehemann der Klägerin vom 13. Dezember 1982 bis 31. März 1984, mithin 475 Kalendertage, in einem beitragspflichtigen Beschäftigungsverhältnis (§ 168 AFG) gestanden. Eine beitragspflichtige Beschäftigung in solchem Umfang reicht zur Erfüllung der notwendigen Anwartschaftszeit ohne weiteres aus.
Die Dauer des Anspruchs auf Alg richtet sich gemäß § 106 AFG idF des Haushaltsbegleitgesetzes 1983 vom 20. Dezember 1982 (BGBl I 1907) nach der Dauer der die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung (Abs 1 Satz 1). Beschäftigungszeiten von insgesamt mindestens 360 Kalendertagen innerhalb der Rahmenfrist begründen eine Anspruchsdauer von 104 Tagen (Abs 1 Satz 2). Beschäftigungszeiten innerhalb der auf vier Jahre erweiterten Rahmenfrist von insgesamt mindestens (1.) 540 Kalendertagen begründen eine Anspruchsdauer von 156 Tagen, (2.) 720 Kalendertagen begründen eine Anspruchsdauer von 208 Tagen, (3.) 900 Kalendertagen begründen eine Anspruchsdauer von 260 Tagen (Abs 1 Satz 3). Die Vorschriften des § 104 Abs 2 und 3 AFG gelten entsprechend (§ 106 Abs 1 Satz 4 AFG). Die Dauer des Anspruchs nach Absatz 1 erhöht sich um die Dauer des nach § 125 Abs 1 AFG erloschenen Anspruchs, wenn nach der Entstehung dieses Anspruchs noch nicht drei Jahre verstrichen sind, höchstens jedoch auf 312 Tage (Abs 2). Danach hat der verstorbene Ehemann der Klägerin, wie von der Beklagten in den Änderungsbescheiden vom 15. Mai 1985 zugestanden, einen Anspruch auf Alg von 208 Tagen erworben. Das ergibt sich aus folgenden Überlegungen:
Die auf vier Jahre erweiterte Rahmenfrist lief vorliegend vom 1. August 1981 bis 11. September 1984. Grundsätzlich hätte sie am 12. September 1980 begonnen. Indes verschob sich der Beginn hier deswegen vom 12. September 1980 auf den 1. August 1981, weil die Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinragt (§ 106 Abs 1 Satz 4 iVm § 104 Abs 3 Halbs 2 AFG) und der letzte Tag der Rahmenfrist, die für den ersten Anspruch des verstorbenen Ehemannes der Klägerin maßgebend war, der 31. Juli 1981 war, worauf noch zurückzukommen sein wird. Innerhalb der Rahmenfrist vom 1. August 1981 bis 11. September 1984 legte der Ehemann der Klägerin die erwähnten 485 Kalendertage beitragspflichtiger Beschäftigungszeit vom 13. Dezember 1982 bis 31. März 1984 zurück. Ferner bezog er vom 1. April bis 23. Juli 1984 wegen Arbeitsunfähigkeit Krankengeld und vom 24. Juli bis 11. September 1984 Übg. Die letztgenannten Zeiten machen zusammen 164 Kalendertage aus und sind deswegen zu berücksichtigen, weil sie den Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung gleichstehen (§ 107 Satz 1 Nr 5 Buchst a AFG). Schließlich hat der Konkursverwalter über das Vermögen der Firma C. B. der Beklagten das für den Ehemann der Klägerin in der Zeit vom 1. September 1981 bis 31. März 1982 geleistete Alg aus dem nachgezahlten Arbeitsentgelt erstattet, wobei die entsprechenden Sozialversicherungsbeiträge entrichtet worden sind. Es handelt sich um 212 Kalendertage. Sie wirken sich nach der Rechtsprechung des BSG ebenfalls anwartschaftsbegründend aus (BSGE 59, 183, 186 = SozR 4100 § 168 Nr 19; SozR 4100 § 117 Nr 18). Allein damit belaufen sich die innerhalb der Rahmenfrist vom 1. August 1981 bis 11. September 1984 berücksichtigungsfähigen Zeiten auf 851 Kalendertage. Diese lösen einen Alg-Anspruch von 208 Tagen aus (§ 106 Abs 1 Satz 3 Nr 2 AFG). Offenbleiben kann, ob auch die Zeit vom 1. bis 31. August 1981 berücksichtigungsfähig ist, in der die Beklagte Kaug gewährte, auf das das im selben Zeitraum gezahlte Alg in vollem Umfang angerechnet wurde. Es handelt sich um 31 Kalendertage, die - zu 851 Kalendertagen hinzugerechnet - keine Anspruchsdauer von mehr als 208 Tagen begründen könnten; denn erst Beschäftigungszeiten von 900 Kalendertagen begründen eine Anspruchsdauer von 260 Tagen (§ 106 Abs 1 Satz 3 Nr 3 AFG).
Die Auffassung des LSG, dem Ehemann der Klägerin habe ab 12. September 1984 ein Anspruch auf Alg mit einer Gesamtdauer von 249 Tagen zugestanden, so daß ihm ab 12. Mai 1985 Alg für weitere 41 Wochentage unter Berücksichtigung der tatsächlich gezahlten Alhi gewährt werden müsse, hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand.
Dabei kann dahinstehen, aus wievielen Tagen sich der nicht verbrauchte Restanspruch auf Alg tatsächlich zusammensetzte. Eine Erhöhung der Dauer des Alg-Anspruchs gemäß § 106 Abs 2 AFG scheitert jedenfalls daran, daß am 12. September 1984 seit der Entstehung des nach § 125 Abs 1 AFG erloschenen Anspruchs mehr als drei Jahre verstrichen sind.
Der erste Anspruch des Ehemannes der Klägerin ist am 1. August 1981 entstanden. Zu diesem Zeitpunkt hat der Ehemann der Klägerin alle Voraussetzungen für die Entstehung eines Anspruchs auf Alg erfüllt (§ 100 Abs 1 AFG). Er war insbesondere arbeitslos. Arbeitslos iS des Arbeitsförderungsgesetzes ist ein Arbeitnehmer, der vorübergehend nicht in einem Beschäftigungsverhältnis steht oder nur eine kurzzeitige Beschäftigung ausübt (§ 101 Abs 1 Satz 1 AFG). Nach der Rechtsprechung des Senats steht ein Arbeitnehmer iS dieser Vorschrift schon dann nicht in einem Beschäftigungsverhältnis, wenn das bisherige Beschäftigungsverhältnis sein tatsächliches Ende gefunden hat und eine neue Beschäftigung noch nicht wieder aufgenommen ist. Der Senat hat angenommen, daß ein Beschäftigungsverhältnis iS des § 101 Abs 1 Satz 1 AFG endet, wenn der Arbeitgeber eine Verfügungsgewalt über den Arbeitnehmer nicht mehr beansprucht, und daß infolgedessen ein Arbeitnehmer regelmäßig von dem Zeitpunkt an arbeitslos ist, zu dem der Arbeitgeber aufgrund einer von ihm ausgesprochenen Kündigung das Arbeitsverhältnis als beendet ansieht und weitere Dienste nicht annimmt, auch wenn das Arbeitsverhältnis rechtlich weiterbesteht (Urteile vom 4. September 1979 - 7 RAr 51/78 - und 13. Mai 1981 - 7 RAr 39/80 -; Urteil vom 11. Juni 1987 - 7 RAr 40/86 - SozR 4100 § 117 Nr 19). Ferner hat der Senat entschieden, daß ein Arbeitnehmer arbeitslos ist, wenn der Arbeitgeber bei - unstreitig - fortbestehendem Arbeitsverhältnis bis zu dessen Beendigung den Arbeitnehmer von der Arbeit freistellt, weil er wegen Zahlungsunfähigkeit Löhne nicht erbringen kann (Urteil vom 24. Juli 1986 - 7 RAr 4/85 - BSGE 60, 168, 170 = SozR 4100 § 117 Nr 16). An dieser Rechtsprechung ist festzuhalten. Sie sichert in Fällen dieser Art die alsbaldige Zahlung von Alg (oder Alhi) an den plötzlich ohne Arbeitseinkommen dastehenden Arbeitnehmer und ist durch die Regelung des § 117 AFG geboten.
Wie der erkennende Senat in seinem Urteil vom 11. Juni 1987 - 7 RAr 40/86 - (SozR 4100 § 117 Nr 19) ausgeführt hat, geht das Gesetz in § 117 AFG davon aus, daß ein Anspruch auf Alg für eine Zeit bestehen kann, für die der Arbeitnehmer Anspruch auf Arbeitsentgelt hat (§ 117 Abs 1 AFG); es sieht die Gewährung von Alg auch für diese Zeiten vor, soweit der Arbeitslose das Arbeitsentgelt tatsächlich nicht erhält (§ 117 Abs 4 AFG). Das Anliegen des Gesetzes, dem Arbeitnehmer bei Nichtzahlung des ihm zustehenden Arbeitsentgelts durch den Arbeitgeber die Möglichkeit zu geben, schon für Zeiten vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses Alg zu erhalten, verbietet es, den Arbeitnehmer noch im Beschäftigungsverhältnis iS des § 101 Abs 1 Satz 1 AFG und damit nicht als arbeitslos anzusehen. Der Senat hat in dieser Entscheidung weiter hervorgehoben, daß die Bejahung der Arbeitslosigkeit es nicht ausschließt, daß das die Beitragspflicht begründende Beschäftigungsverhältnis nach Maßgabe anderer Vorschriften, etwa des Beitragsrechts, wegen des Schutzcharakters der Sozialversicherung als fortbestehend angesehen wird. Die Auffassung des Senats, die mit dem Schrifttum übereinstimmt (Schönefelder/Kranz/Wanka, Komm zum AFG, Stand März 1988, § 101 Rz 10; Hennig/Kühl/Heuer, Komm zum AFG, Stand Januar 1990, § 101 Rz 4; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, Komm zum AFG, 2. Aufl, § 101 Rz 15; Eckert in Gemeinschaftskomm zum AFG (GK-AFG), Stand Mai 1990, § 101 Rz 14; Steinmeyer in Gagel, Komm zum AFG, Stand Februar 1989, § 101 Rz 5 ff), steht daher auch nicht im Widerspruch zu der Rechtsprechung, derzufolge die Beitragspflicht eines Arbeitnehmers zur Bundesanstalt für Arbeit vor dem Ende des Arbeitsverhältnisses nicht schon mit der Freistellung von der Arbeit endet, selbst wenn der Arbeitnehmer schon ab Freistellung Alg in Anspruch genommen hat (BSGE 59, 183 = SozR 4100 § 168 Nr 19).
Demgegenüber vermag nicht der Hinweis des LSG zu überzeugen, in den Fällen des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG sei im Rahmen einer "vorläufigen" Bewertung auf den nur vorübergehenden Wegfall des Beschäftigungsverhältnisses abzustellen, während bei einer Nachentrichtung des Arbeitsentgelts - evtl nach zuvor erfolgter arbeitsgerichtlicher Klärung - eine "endgültige" Bewertung des Leistungsfalles zu erfolgen habe (in diesem Sinne auch Gagel, SGb 1981, 253, 255; ders in Gagel, aaO, § 117 Rz 204 ff; Steinmeyer in Gagel, aaO, § 104 Rz 30). Dazu hat der Senat wiederholt in Fällen Stellungnahme bezogen, in denen Alg gemäß § 117 Abs 4 AFG in Anspruch genommen worden war.
Das Alg nach § 117 Abs 4 AFG wird nicht vorbehaltlich einer Arbeitsentgeltzahlung, sondern endgültig gewährt, und die Gewährung bleibt rechtmäßig, auch wenn der Empfänger des Alg später das Arbeitsentgelt oder eine nach § 117 AFG an sich zum Ruhen des Anspruchs auf Alg führende Leistung erhält; denn die Zahlung des Arbeitgebers wirkt nicht auf die Zeit der Gleichwohl-Leistung zurück (BSGE 60, 168, 172 = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4100 § 117 Nrn 18, 19 und 20; vgl auch BSGE 64, 199 = SozR 4100 § 117 Nr 23; BSG vom 14. Juni 1988 - 11/7 RAr 57/87 -). Das Gesetz sieht nicht vor, daß die Alg-Bewilligung rückwirkend aufzuheben ist, sobald sich herausstellt, daß das Arbeitsverhältnis über den Tag hinaus, von dem an nach § 117 Abs 4 Satz 1 AFG Alg gewährt worden ist, Bestand gehabt hat. Auch für den Fall, daß der Arbeitgeber der Beklagten die Aufwendungen für den Versicherungsfall ersetzt hat, ist eine Rückabwicklung des Leistungsfalles, insbesondere die rückwirkende Aufhebung der Alg-Bewilligung, nicht vorgesehen. Selbst wenn die Beklagte vom Alg-Empfänger Beträge in Höhe des gezahlten Alg erstattet verlangt, weil das Arbeitsentgelt trotz des Übergangs des Anspruchs auf die Beklagte an den Arbeitslosen gelangt ist, setzt dies nicht die Aufhebung der Alg-Bewilligung voraus, wie der Senat zu dem früheren § 152 Abs 2 AFG (in der ursprünglichen, bis zum 31. Dezember 1980 geltenden Fassung des Gesetzes) entschieden hat (Urteil vom 20. Juni 1978 - 7/12/7 RAr 126/75 -). Der in Anwendung des § 117 Abs 4 Satz 1 AFG entstandene Anspruch auf Alg hat daher zur Folge, daß im Falle einer neuen Arbeitslosigkeit eine neue Rahmenfrist gemäß § 104 Abs 3 AFG nicht in die vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose die zur Gleichwohlgewährung führende Anwartschaft erfüllt hatte. Bis zum Erwerb einer neuen Anwartschaft bleibt mithin nicht nur das Arbeitsentgelt maßgebend, das der Bemessung des bisherigen Anspruchs zugrunde zu legen war (Urteil vom 4. September 1979 - 7 RAr 51/78 -; BSG SozR 4100 § 117 Nr 19), sondern auch die Dauer des Anspruchs (SozR 4100 § 117 Nr 20). Von dem Zeitpunkt an, zu dem die Beklagte aus dem auf sie übergegangenen Arbeitsentgeltanspruch Ersatz für Alg erhalten hat, entfällt lediglich die eingetretene Minderung der Dauer des Anspruchs (BSGE 60, 168, 173 f = SozR 4100 § 117 Nr 16; SozR 4100 § 117 Nr 18). Eine solche "Gutschrift" hat die Beklagte im vorliegenden Fall erbracht.
Der Senat verkennt nicht, wie er bereits in seinem Urteil vom 11. Juni 1987 (aaO) dargelegt hat, daß der Arbeitnehmer einen Nachteil in der Arbeitslosenversicherung erleiden kann, wenn er vorzeitig gezwungen ist, diese Versicherung in Anspruch zu nehmen. Hinsichtlich der Dauer des Anspruchs auf Alg ist es von Nachteil, wenn die bis zu dem ersten Tage der ersten Arbeitslosigkeit zurückgelegten Zeiten einer die Beitragspflicht begründenden Beschäftigung nicht ausreichen, um einen Anspruch mit einer längeren Dauer des Anspruchs auf Alg entstehen zu lassen. Das gilt in Sonderheit, wenn die nach der Rahmenfrist zurückgelegten Zeiten beitragspflichtiger Beschäftigung, die zur Begründung des Anspruchs mit der längeren Dauer fehlten, nicht ausreichen, eine neue Anwartschaft zu begründen, und in Ermangelung einer Anschlußbeschäftigung später verfallen. Ebenso kann es hinsichtlich der Höhe des Alg von Nachteil sein, daß es für die Bemessung von Alg auf Lohnabrechnungszeiträume vor der ersten Arbeitslosigkeit ankommt, wenn bei ordnungsgemäßer Beendigung des ersten Arbeitsverhältnisses ein für den Arbeitnehmer günstigerer Bemessungszeitraum zugrunde zu legen wäre, wie der im Urteil vom 11. Juni 1987 (aaO) entschiedene Fall zeigt.
Indessen kann es sich umgekehrt für den Arbeitnehmer auch als vorteilhaft erweisen, daß der Anspruch auf Alg schon mit der ersten Arbeitslosigkeit entstanden ist. Die Bindung der Rahmenfrist an den Tag der ersten Arbeitslosigkeit, an dem die sonstigen Voraussetzungen für den Anspruch auf Alg erfüllt sind, ist von Vorteil, wenn die Rahmenfrist Zeiten beitragspflichtiger Beschäftigung erfaßt, auf die bei einem späteren Beginn der Rahmenfrist nicht zurückgegriffen werden könnte; denn es ist möglich, daß nur durch diese Zeiten die Anwartschaftszeit erfüllt bzw eine längere Dauer des Anspruchs auf Alg begründet wird. Die nach der Rahmenfrist zurückgelegten Zeiten beitragspflichtiger Beschäftigung stehen dann zur Begründung eines späteren Anspruchs auf Alg zur Verfügung. Insbesondere kann sich aber hinsichtlich der Höhe des Alg die frühe Entstehung des Anspruchs dann als vorteilhaft erweisen, wenn der Arbeitnehmer in späteren Lohnabrechnungszeiträumen ein geringeres Arbeitsentgelt erzielt hat. Daß es im vorliegenden Fall für die Klägerin hinsichtlich der Dauer des Anspruchs nachteilig ist, daß nach der Gleichwohlgewährung gemäß § 117 Abs 4 AFG eine Neubestimmung der Leistungsvoraussetzungen nicht vorgesehen ist, gibt dem Senat daher keine Veranlassung, von der gesetzlichen Systematik abzuweichen (so schon BSG SozR 4100 § 117 Nr 20).
Der erste Anspruch des Ehemannes der Klägerin auf Alg ist demnach am 1. August 1981 entstanden, der zweite am 12. September 1984. Zwischen der jeweiligen Entstehung dieser beiden Ansprüche sind mehr als drei Jahre verstrichen. Eine Erhöhung der Dauer des zweiten Alg-Anspruchs gemäß § 106 Abs 2 AFG scheidet somit aus.
Aus der Übergangsbestimmung des § 242d Abs 1 AFG - eingefügt durch das Gesetz zur Änderung von Vorschriften des Arbeitsförderungsgesetzes und der gesetzlichen Rentenversicherung (Arbeitsförderungs- und Rentenversicherungs-Änderungsgesetz) vom 20. Dezember 1984 (BGBl I 1713) und in Kraft seit dem 1. Januar 1985 (Art 8) - läßt sich kein der Klägerin günstigeres Ergebnis herleiten. Nach dieser Bestimmung erhöht sich, wenn in der Zeit vom 29. bis zum 31. Dezember 1984 ein Anspruch auf Alg mit einer Anspruchsdauer von 312 Tagen (§ 106 AFG) noch nicht erschöpft ist, die Anspruchsdauer auf 468 Tage, wenn der Arbeitslose bei Entstehung des Anspruchs das 49. Lebensjahr vollendet hatte. Der 1925 geborene Ehemann der Klägerin gehörte am 12. September 1984, dem Zeitpunkt der Entstehung des zweiten Alg-Anspruchs, zu dem nach der erwähnten Überleitungsvorschrift privilegierten Personenkreis. Indes stand ihm - wie dargelegt - kein Anspruch auf Alg mit einer Anspruchsdauer von 312 Tagen zu.
Soweit die Klägerin sich auf fehlende Aufklärung der Beklagten beruft mit der Folge, daß ihr verstorbener Ehemann nicht in der Lage gewesen sei, die sich für ihn gemäß § 117 AFG ergebenden Konsequenzen zu überblicken und die ihm zustehenden Ansprüche günstig zu gestalten, handelt es sich um einen neuen Tatsachenvortrag der Klägerin, der in der Revisionsinstanz keine Berücksichtigung finden kann. Unabhängig davon erscheint zweifelhaft, ob der Ehemann der Klägerin bei einer entsprechenden Beratung über die Rechtsfolgen des § 117 Abs 4 AFG davon abgesehen hätte, sich zum 1. August 1981 arbeitslos zu melden und Alg zu beantragen. Er hätte nämlich bereits zu diesem Zeitpunkt die Dauer seiner Arbeitslosigkeit und des späteren Beschäftigungsverhältnisses sowie alle weiteren Geschehnisse (zB der Nachzahlung des Arbeitsentgelts durch den Konkursverwalter im Jahr 1984) überblicken müssen, die zu der eingetretenen Sachlage geführt haben, um Anlaß dafür zu haben, von dem ihm zustehenden Recht auf Bezug von Alg bei fehlendem Arbeitseinkommen Abstand zu nehmen. Dies bedarf jedoch ebensowenig der Entscheidung wie die Frage, ob ein Herstellungsanspruch hier überhaupt in Betracht käme. Es handelt sich bei der Arbeitslosmeldung um eine Tatsachenerklärung, die nicht zurückgenommen werden kann (BSGE 9, 7; Eckert, aaO, § 105 Rz 4; Knigge/Ketelsen/Marschall/Wittrock, aaO, § 105 Rz 4). Sie über den Herstellungsanspruch ungeschehen zu machen, erscheint deshalb ebensowenig angängig wie die Ersetzung einer fehlenden Arbeitslosmeldung auf diesem Wege (BSGE 60, 43 = SozR 4100 § 105 Nr 2).
Die Revision der Beklagten erweist sich nach alledem als begründet. Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen