Leitsatz (amtlich)
Der wegen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses freigewordene Arbeitsplatz ist ungeachtet einer zeitlichen Verzögerung aus diesem Anlaß wiederbesetzt worden (§ 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a VRG), wenn der Arbeitgeber die Absicht hierzu von vorneherein hatte und dieser Zusammenhang von den Begleitumständen objektiv getragen wird (Anschluß an BSG vom 29.5.1990 - 11 RAr 107/88).
Normenkette
VRG § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a, § 5 Abs 2 S 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Zuschüssen zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen.
Sie betreibt ein Bauunternehmen, in dem im Winter 1985/86 bis zum 30. April 1986 kurzgearbeitet wurde. Der seit 1960 bei ihr beschäftigte Maurer M. (geb 24. Januar 1928) schied Ende Januar 1986 aus. Ihm wurde nach dem Tarifvertrag über den Vorruhestand im Baugewerbe vom 26. September 1984 Vorruhestandsgeld (Vog) gezahlt. Sein Arbeitsplatz wurde am 15. Mai 1986 mit dem Arbeitnehmer Sch. wiederbesetzt. Am 23. Mai 1986 beantragte die Klägerin die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Zuschüssen zu den Vorruhestandsleistungen. Die Beklagte lehnte den Antrag mit der Begründung ab, Sch. sei später als drei Monate nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit M. eingestellt worden; ein ursächlicher Zusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des M. und der Einstellung des Sch. sei nicht erkennbar (Bescheid vom 17. Juli 1986; Widerspruchsbescheid vom 5. September 1986). Das Sozialgericht (SG) hat den Bescheid vom 17. Juli 1986 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 5. September 1986 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin ab 15. Mai 1986 den Zuschuß nach dem Vorruhestandsgesetz (VRG) für den ausgeschiedenen Arbeitnehmer M. zu gewähren (Urteil vom 28. September 1987). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen (Urteil vom 28. Februar 1989).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, die Berufung sei zulässig. Sie betreffe nicht eine einmalige Leistung iS des § 144 Abs 1 Nr 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG); die Zuschüsse zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen würden für den Monat bemessen und, wenn auch nachträglich, für jeden Gewährszeitraum, der mindestens einen und höchstens sechs Monate umfasse, wiederkehrend geleistet.
Die Berufung sei jedoch unbegründet. Der in § 2 Abs 1 Nr 5 VRG mit dem Begriff "aus Anlaß" geforderte Ursachenzusammenhang zwischen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses und der Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes sei vorliegend gegeben. Die Einhaltung einer Dreimonatsfrist sei weder nach dem Vorruhestandsgesetz noch nach der entsprechenden Anordnung (VRG-AnO) geboten. Es reiche aus, daß das Freiwerden des Arbeitsplatzes nach der Auffassung des praktischen Lebens eine wesentliche Ursache für die Neueinstellung gesetzt habe. Sei dieser Erfolg durch mehrere Bedingungen gleichwertig oder annähernd gleichwertig herbeigeführt worden, sei jede Bedingung Ursache im Rechtssinn. Für die Ermittlung der Auffassung des praktischen Lebens sei der Zweck des Vorruhestandsgesetzes mit heranzuziehen. Dieser sei darin zu erblicken, die Wiedereingliederung arbeitsloser Arbeitnehmer zu ermöglichen, indem ältere, dem Rentenalter nahestehende Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz freimachten. Sinn und Zweck der Vorruhestandsregelung erforderten also lediglich die Neubesetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes. Dabei schließe die Berücksichtigung betrieblicher Belange - wie hier die Verbesserung der Auftragslage in der wärmeren Jahreszeit - eine Verwirklichung des Gesetzeszweckes nicht aus.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des M. habe nach der Auffassung des praktischen Lebens die Einstellung des Sch. wesentlich mitbedingt. Ohne Ausscheiden des M. wäre es im Betrieb der Klägerin auch bei Besserung der Auftragslage nicht zu Neueinstellungen gekommen. Gegenüber der Beendigung des Arbeitsverhältnisses trete die Besserung der Auftragslage in ihrer Bedeutung für die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes nicht zurück. Sie falle mit dem Wiederaufleben der Bautätigkeit nach Beendigung der Winterpause zusammen, während der ein Auffüllen auf den alten Beschäftigungsstand betrieblich nicht notwendig gewesen sei. Ihr sei aber nicht eine überragende oder allein maßgebende Bedeutung zuzubilligen; die Reihenfolge im zeitlichen Ablauf sei hierfür ohne Bedeutung. Bei Betrieben des Baugewerbes mit jahreszeitlich bedingter, schwankender Beschäftigtenzahl könnten deshalb Neueinstellungen nach dem Vorruhestandsgesetz solange berücksichtigt werden, bis die volle personelle Betriebsstärke wieder erreicht sei, wie sie vor der Winterpause bestanden habe. Im vorliegenden Fall sei der Zusammenhang zwischen dem Ausscheiden des M. und der Wiederbesetzung seines Arbeitsplatzes nicht dadurch unterbrochen worden, daß die Klägerin eine Wiederbesetzung während der witterungsungünstigen Zeit, die bis 31. März als Förderungszeit anerkannt sei, nicht verwirklicht habe. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des M. sei somit Beweggrund und entscheidender Anstoß für den Entschluß der Klägerin gewesen, diesen Arbeitsplatz wiederzubesetzen. Daß sich die Einstellung des Sch. bis zur jahreszeitlich bedingten Besserung der Geschäftslage verschoben habe, trete in den Hintergrund. Die Auftragssituation eines Betriebes sei immer Voraussetzung für die Wiederbesetzung eines freigewordenen Arbeitsplatzes. Bei der Prüfung, aus welchem Anlaß eine Wiederbesetzung erfolge, könne ihr mithin kein stärkeres Gewicht beigemessen werden als der Beendigung des Arbeitsverhältnisses.
Die Beklagte rügt mit der Revision eine Verletzung von § 2 Abs 1 Nr 5 VRG und § 2 Abs 1 Satz 1 Buchst a VRG-AnO. Zur Begründung macht sie geltend, die Frage, ob die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes "aus Anlaß" des Ausscheidens von M. vorgenommen worden sei, lasse sich nicht mit der Theorie der wesentlichen Bedingung beantworten. Deren Funktion sei in der gerechten Verteilung von Schadensrisiken zu sehen. Hier gehe es nicht um die Zurechnung der Folgen eines Schadensereignisses, sondern um die Interpretation leistungsgewährender Normen. Anzuwenden seien folglich allgemeine Auslegungsregeln. Sie führten zwingend zu dem Ergebnis, daß der Arbeitsplatz des M. nicht "aus Anlaß" seines Vorruhestandsfalles wiederbesetzt worden sei.
Das Vorruhestandsgesetz sei in erster Linie arbeitsmarktpolitisch begründet. Sein Ziel sei die Wiederbesetzung eines durch Ausscheiden des Vorruheständlers freigewordenen Arbeitsplatzes. Die Wiederbesetzung diene der Entlastung des Arbeitsmarktes. Letztere sei zentrales Anliegen des Gesetzgebers. Der Arbeitgeber solle nicht für beliebige Fälle einer Neueinstellung eine Subvention erhalten. Mit Hilfe seiner finanziellen Entlastung solle vielmehr ermöglicht werden, daß ältere Arbeitnehmer ihren Arbeitsplatz zugunsten jüngerer Arbeitnehmer freimachten. Demgemäß sei ein direkter kausaler Zusammenhang zwischen dem Ausscheiden des einen und der Einstellung des anderen Arbeitnehmers zu verlangen. Je größer der zeitliche Abstand zwischen dem Ausscheiden und der Einstellung sei, um so größere Anforderungen seien an den Nachweis der Kausalität zu stellen.
Gemäß diesen Grundsätzen sei das Kausalitätserfordernis nicht gewahrt, wenn die Besserung der Auftragslage als der eigentlich auslösende Faktor für die Neubesetzung anzusehen sei und mit dem Eintritt des vorherigen Stelleninhabers in den Vorruhestand lediglich zusammentreffe. Der Anspruchsteller habe mithin darzulegen, daß zwischen Freiwerden und Neubesetzung ein zeitlicher und sachlicher (innerer) Zusammenhang bestehe. Daran ändere nichts die Verwaltungsübung der Beklagten, auf den konkreten Nachweis dieses Zusammenhangs bei erstmaliger Neubesetzung der freigewordenen Stelle innerhalb dreier Monate zu verzichten. Dies geschehe aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung und beruhe auf der aus § 5 Abs 2 Satz 2 VRG ableitbaren Vermutung, daß ein freigewordener Arbeitsplatz innerhalb der genannten Frist wiederbesetzt werden könne und die Einstellung in einem solchen Fall "aus Anlaß" der Beendigung des früheren Arbeitsverhältnisses vorgenommen werde.
Hier sei der gebotene sachliche Zusammenhang zwischen Ausscheiden und Einstellung nicht gegeben. Die Einstellung des Sch. sei wegen der Verbesserung der Auftragslage und somit unabhängig vom Ausscheiden des M. erfolgt. Der freigewordene Arbeitsplatz sei, wie die Beklagte eingeräumt habe, erst dann wiederbesetzt worden, als es der Klägerin nach der Auftragslage und aufgrund betriebswirtschaftlicher Überlegungen möglich gewesen sei. Etwaige Zweifel müßten zu Lasten der Klägerin gehen, um Mitnahmeeffekte und Manipulationsmöglichkeiten zu vermeiden. Vorliegend hätte sich die Klägerin, wenn sie dem nicht von der Hand zu weisenden Verdacht einer mißbräuchlichen Beanspruchung von Leistungen hätte begegnen wollen, um eine Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes im unmittelbaren Anschluß an dessen Freiwerden bemühen und dies der Beklagten nachweisen müssen. Daran mangele es.
Auch der arbeitsmarktpolitische Grundgedanke des Vorruhestandsgesetzes rechtfertige nicht die vom LSG angenommene extensive Auslegung des § 2 Abs 1 Nr 5 VRG. Erklärtes Ziel des Gesetzgebers sei es, durch umgehende Wiederbesetzung freigewordener Arbeitsplätze zur Entlastung des Arbeitsmarktes beizutragen, nicht hingegen, mit dem Zuschuß einen allgemeinen Personalbedarf bzw einen konjunkturell oder betriebsbedingten Personalzusatzbedarf finanziell zu unterstützen. Billige man die Ansicht des LSG, würden nicht mehr überschaubare und nicht mehr kontrollierbare Konstellationen begünstigt, was der Gesetzgeber im Interesse der Solidargemeinschaft der Beitragszahler nicht beabsichtigt habe.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG und das Urteil des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend und erwidert: Das Vorbringen der Beklagten, Sch. sei wegen der verbesserten Auftragslage eingestellt worden, entspreche nicht den Tatsachen; diese Behauptung sei falsch. Gründe, die für eine Verzögerung der Neueinstellung verantwortlich seien, liefen dem Anspruch auf Zuschußgewährung nicht von vornherein zuwider. Ausschlaggebend sei, ob solche Gründe Anlaß der Einstellung geworden seien. Das treffe im vorliegenden Fall nicht zu. Es stehe fest, daß Sch. ohne Ausscheiden des M. nicht eingestellt worden wäre und daß dem M. die Einstellung bereits im März/April 1986 zugesichert worden sei. Die Kurzarbeit und die Feiertage Anfang Mai 1986 hätten den Zeitpunkt der Einstellung, nicht aber die Einstellung als solche beeinflußt. Nach alldem sei der Vorruhestandsfall des M. alleiniger Anlaß für die Einstellung des Sch. gewesen.
Auch im täglichen Leben fielen Anlaß und damit in Verbindung stehende Handlungen häufig zeitlich auseinander (zB Jubiläumsfeiern). Zeitlichen Verzögerungen solcher Art lägen in der Regel ebenfalls rationale Überlegungen zugrunde, ohne daß hierdurch der ursprüngliche Anlaß in Zweifel gezogen werde.
Sinn und Zweck des Vorruhestandsgesetzes, auf die die Beklagte Bezug nehme, seien vorliegend durch die Einstellung des Sch. verwirklicht worden. Die zeitliche Verzögerung ändere daran nichts. Dadurch, daß der Zuschuß erst vom Zeitpunkt der Wiederbesetzung an gewährt werde, sei zudem sichergestellt, daß nur die tatsächliche Leistung des Arbeitsmarktes begünstigt und ein Mißbrauch durch Hinauszögern des Einstellungstermines verhindert werde. Demgegenüber hätte eine Einstellung des Sch. noch während der Kurzarbeit keine Entlastung des Arbeitsmarktes bewirkt, da auch Kurzarbeit als eine Form der Nichtbeschäftigung von der Beklagten finanziert werde und hinsichtlich der Wirkung auf den Arbeitsmarkt der Arbeitslosigkeit gleichzusetzen sei. Gleichwohl wäre die Beklagte offensichtlich für den Fall, daß Sch. schon während der Dauer der Kurzarbeit eingestellt worden wäre, zur Zuschußgewährung bereit gewesen. Wenn aber schon eine solche Fallgestaltung privilegiert sei, dürfe hier, wo eine sinnvolle Verschiebung der Einstellung stattgefunden habe, nichts anderes gelten.
Schließlich spreche § 5 Abs 2 VRG dafür, im Rahmen des § 2 Abs 1 Nr 5 VRG nicht auf den Zeitpunkt der Neueinstellung, sondern darauf abzustellen, ob das Freiwerden des Arbeitsplatzes Voraussetzung für die spätere Neueinstellung gewesen sei. So sei nicht einzusehen, weshalb der Zeitfaktor bei einer zweiten Wiederbesetzung keine Rolle spiele, während er im Rahmen der ersten Wiederbesetzung schon nach Ablauf von drei Monaten und 15 Tagen die Zuschußgewährung ausschließen solle.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Die Klägerin hat, wie die Vorinstanzen zu Recht entschieden haben, Anspruch darauf, daß die Beklagte ihr ab 15. Mai 1986 die gesetzlich vorgesehenen Zuschüsse zu ihren Aufwendungen für die Vorruhestandsleistungen an M. gewährt.
Gemäß § 1 Abs 1 VRG vom 13. April 1984 (BGBl I 601) gewährt die Bundesanstalt für Arbeit (BA) Arbeitgebern Zuschüsse zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen an Arbeitnehmer, die das 58. Lebensjahr vollendet und ihre Erwerbstätigkeit beendet haben. Die Anspruchsvoraussetzungen sind vom Gesetzgeber in § 2 VRG konkretisiert worden und im vorliegenden Fall verwirklicht. Fraglich ist allein, ob der Arbeitnehmer Sch., wie in § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a VRG ua vorausgesetzt, von der Klägerin "aus Anlaß" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des M. auf dem von M. freigemachten Arbeitsplatz beschäftigt worden ist.
Eine Antwort auf die Frage, wann ein arbeitslos gemeldeter Arbeitnehmer "aus Anlaß" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingestellt wird, läßt sich weder § 2 VRG noch der auf § 11 Abs 3 VRG gestützten VRG-AnO entnehmen. Auch § 5 Abs 2 Satz 2 Alternative 1 VRG hilft nicht weiter, wonach der Anspruch auf den Zuschuß fortbesteht, wenn der Arbeitgeber den Arbeitsplatz mit einem Arbeitnehmer, der eine der in § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a bis c VRG genannten Voraussetzungen erfüllt, innerhalb von drei Monaten wiederbesetzt. Diese Vorschrift betrifft die Frage der Zuschußgewährung während einer Unterbrechung der Wiederbesetzung. Sie gestattet keine Rückschlüsse auf die Frage der Zuschußgewährung im Rahmen erstmaliger Besetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes.
Entgegen der Ansicht des LSG führt auch die Theorie der wesentlichen Bedingung in Fällen der vorliegenden Art nicht zu zufriedenstellenden Lösungen. Die Funktion dieser Lehre besteht, wie die Beklagte mit Recht vorbringt, in der gerechten Verteilung von Schadensrisiken, insbesondere auf den Gebieten der Kriegsopferversorgung und der gesetzlichen Unfallversicherung. Hier geht es indessen nicht um die Abgrenzung eines Schadensfalles, sondern um die Ermittlung eines Zusammenhangs zwischen der Beendigung eines alten und der Begründung eines neuen Arbeitsverhältnisses. Insoweit versagt die Theorie der wesentlichen Bedingung bereits dann, wenn der Arbeitslose vor Beendigung des Arbeitsverhältnisses eingestellt und eingearbeitet wird. In solchen Fällen bedingt die Beendigung des alten Arbeitsverhältnisses gerade nicht wesentlich die Begründung des neuen Arbeitsverhältnisses. Gleichwohl kann ein Anspruch auf Zuschußgewährung nach dem Vorruhestandsgesetz gegeben sein (vgl hierzu etwa Kunisch, Vorruhestandsgesetz und 59er-Regelung, 1984, S 22; Pröbsting, Vorruhestandsgesetz, 1984, S 118; Siegers/Reichling/Müller, Vorruhestand-59er-Regelung, 2. Aufl 1985, § 2 VRG Anm 6, S 33).
Der Inhalt der gemäß § 2 Abs 1 Nr 5 Buchst a VRG notwendigen Beziehung zwischen dem Eintritt in den Vorruhestand und der Einstellung des Arbeitslosen läßt sich daher allein aus Sinn und Zweck der Vorruhestandsregelung erschließen. Danach muß die Absicht des Arbeitgebers, den freigewordenen Arbeitsplatz mit einem arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer wiederzubesetzen, schon bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses bestanden haben und von den Begleitumständen getragen sein. Fehlt die Absicht der Wiederbesetzung von Anfang an oder ist sie zwar vorhanden, steht aber die Gesamtheit der Begleitumstände mit ihr nicht in Einklang, ist die Neueinstellung nicht "aus Anlaß" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgenommen. Hiervon scheint auch der 11. Senat auszugehen, wenn er in seinem Urteil vom 29. Mai 1990 - 11 RAr 107/88 - (zur Veröffentlichung vorgesehen) ausführt, der Eintritt in den Vorruhestand müsse objektiv (also nicht nur nach den Absichten der Beteiligten) nach den konkreten Umständen des Einzelfalles auf die Neueinstellung eines Arbeitslosen ausgerichtet sein. Für die dargelegte Auffassung sprechen die Gesetzesmaterialien.
Ziel der Vorruhestandsregelung insgesamt war es, neben einer Entlastung des Haushalts der BA eine Entlastung des Arbeitsmarktes herbeizuführen (vgl dazu auch BSGE 64, 142, 143 = SozR 7825 § 2 Nr 1; SozR 7825 § 2 Nr 2 und § 5 Nr 1; BSG vom 11. Januar 1989 - 7/11b RAr 16/87 -). So heißt es in der amtlichen Begründung (BT-Drucks 10/880) zur allgemeinen Zielsetzung des Vorruhestandsgesetzes: "Ältere Arbeitnehmer, die unter den Folgen des 2. Weltkriegs besonders gelitten und die Hauptlast des Wiederaufbaus getragen haben, sollen zur Verbesserung der Beschäftigungschancen insbesondere der jüngeren geburtenstarken Jahrgänge die Möglichkeit eines früheren Eintritts in den Ruhestand erhalten" (S 1 und 13). Zu den Voraussetzungen für die Zuschußgewährung wird in der amtlichen Begründung hervorgehoben, "daß der freigewordene Arbeitsplatz mit einem gemeldeten Arbeitslosen oder einem arbeitsuchenden Jugendlichen wiederbesetzt wird" (S 2, 13 und 15 f). Der Gesetzentwurf der Fraktion der SPD (BT-Drucks 10/122) stimmte mit dieser Zielsetzung im wesentlichen überein. Er verfolgte das Ziel, Möglichkeiten zum früheren Ausscheiden aus dem Erwerbsleben und zum Übergang in den Ruhestand auf eine Weise zu schaffen, "die die Wiederbesetzung der freiwerdenden Arbeitsplätze gewährleistet" (S 1); Voraussetzung für die Gewährung von Zuschüssen solle "stets die Wiederbesetzung des freigewordenen Arbeitsplatzes sein" (S 6 zu § 1). Auch bei den Beratungen des Ausschusses für Arbeit und Sozialordnung bestand Einigkeit darüber, daß der erwähnten Zielsetzung der Vorruhestandsregelung, nämlich der Wiederbesetzung eines freigewordenen Arbeitsplatzes zwecks Verbesserung der Beschäftigungsmöglichkeiten für Arbeitslose und Jugendliche, zentrale Bedeutung zukomme (BT-Drucks 10/1175 S 2, 24 f und 28 zu § 2). Zu der danach für das Verhältnis von Vorruhestandsfall und Neueinstellung maßgebenden finalen Betrachtungsweise steht die Vorschrift des § 5 Abs 2 Satz 2 Alternative 2 VRG, wie der 11. Senat in seinem Urteil vom 29. Mai 1990 zu Recht anmerkt, nicht in Widerspruch. Hiernach wird der Zuschuß weitergewährt, wenn der Arbeitgeber nach zweijähriger Wiederbesetzung die Besetzung des Arbeitsplatzes nicht aufrechterhalten kann. Der Gesetzgeber geht in diesem Fall davon aus, daß die Nichtbesetzung des Arbeitsplatzes dann nicht mehr im Zusammenhang mit dem Ausscheiden des Empfängers von Vog steht, sondern ihre Ursache in Veränderungen der Betriebsstruktur hat (BT-Drucks 10/880 S 17 zu § 5).
Die Mittel-Zweck-Verknüpfung zwischen Vorruhestandsfall einerseits und Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes andererseits ist vom Gesetzgeber im Gesetz zur Förderung eines gleitenden Übergangs älterer Arbeitnehmer in den Ruhestand (Altersteilzeitgesetz) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2343/2348) aufgegriffen worden. Durch dieses Gesetz, das das Vorruhestandsgesetz mit Wirkung ab 1. Januar 1989 abgelöst hat (Art 10; vgl auch § 14 VRG), soll älteren Arbeitnehmern in stärkerem Maße als bislang die Möglichkeit eröffnet werden, gleitend vom Arbeitsleben in den Ruhestand überzugehen. Gleichzeitig sollen durch eine Reduzierung der Arbeitszeit älterer Arbeitnehmer neue Beschäftigungsmöglichkeiten für arbeitslose Arbeitnehmer geschaffen werden. Voraussetzung für die Gewährung von Leistungen zur Förderung der Altersteilzeitarbeit durch die BA bleibt ua, daß der Arbeitgeber "aus Anlaß" des Übergangs des Arbeitnehmers in die Altersteilzeitarbeit einen beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer auf dem freigemachten Arbeitsplatz beitragspflichtig beschäftigt (§ 3 Abs 1 Nr 2). Auch danach ist also die Gewährung von Leistungen der BA, wie die amtliche Begründung herausstellt, davon abhängig, "daß die Neueinstellung ursächlich mit der Altersteilzeitarbeit des älteren Arbeitnehmers zusammenhängt" (BT-Drucks 11/2990 S 17; vgl auch S 25 zu § 3).
Unter Berücksichtigung der aufgezeigten Mittel-Zweck-Relation kann die Wiederbesetzung des freigemachten (bzw durch Umsetzung freigewordenen) Arbeitsplatzes mithin regelmäßig dann als "aus Anlaß" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses vorgenommen angesehen werden, wenn sie zeitlich mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des älteren Arbeitnehmers zusammenfällt (so auch Runderlaß der Beklagten -RdErl- 114/84 DA 2.15; vgl auch Pröbsting, aaO, S 118). Der gebotene Zusammenhang kann entgegen der Ansicht der Beklagten (RdErl 114/84 2.15.11) ohne besondere Nachweispflicht des Arbeitgebers aber auch dann vorliegen, wenn die Wiederbesetzung erst nach Ablauf eines Zeitraumes von mehr als drei Monaten nach Eintritt des Vorruhestandsfalles erfolgt.
Dem kann die Beklagte nicht mit Erfolg entgegenhalten, hierdurch würden nicht mehr überschaubare und nicht mehr kontrollierbare Konstellationen begünstigt, was der Gesetzgeber im Interesse der Solidargemeinschaft der Beitragszahler nicht beabsichtigt habe. Zwar sind um so größere Anforderungen an die Feststellung zu stellen, daß der Eintritt in den Vorruhestand nach den konkreten Umständen des Einzelfalles durchgehend auf Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes ausgerichtet blieb, je größer der zeitliche Abstand zwischen Ausscheiden des älteren und Einstellung des jüngeren Arbeitnehmers ist. Ist dieser Zusammenhang jedoch zu bejahen, ist die Tatsache der mehrmonatigen Nichtbesetzung unbeachtlich. Unbillige Ergebnisse ergeben sich daraus nicht, weil die Zuschüsse zu den Aufwendungen für Vorruhestandsleistungen nicht für Zeiten zu zahlen sind, in denen auf dem freigewordenen Arbeitsplatz noch kein vorher arbeitslos gemeldeter Arbeitnehmer beschäftigt wird (BSG SozR 7825 § 2 Nr 2).
Maßgebend sind somit allein die Gesamtumstände des Einzelfalles für eine zeitlich verzögerte Wiederbesetzung. Demgemäß hat der 11. Senat in seinem Urteil vom 29. Mai 1990 zutreffend darauf hingewiesen, daß eine Wiederbesetzung des freigemachten Arbeitsplatzes dann nicht "aus Anlaß" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt, wenn es nach dem Eintritt in den Vorruhestand, der lediglich eine sonst erforderliche Kündigung vermeiden sollte, zu einer Neueinstellung aufgrund späterer unerwarteter Produktionsausweitung kommt; sog Mitnahmeeffekte sind nicht durch die Zielsetzung des Vorruhestandsgesetzes gedeckt. Desgleichen ist der Eintritt in den Vorruhestand in dem Fall nicht auf eine Neueinstellung angelegt, in dem die Wiederbesetzung - etwa wegen Auftragsmangels für nicht absehbare Zeit - iS eines Dauerzustandes hinausgeschoben wurde, wobei hier dahinstehen kann, was unter nicht absehbarer Zeit zu verstehen ist. Damit ist zum einen dem Argument der Beklagten der Boden entzogen, der erforderliche Zusammenhang sei dann nicht gewahrt, wenn die Besserung der Auftragslage als der eigentliche auslösende Faktor für die Neubesetzung anzusehen sei. Zum anderen ist der Besorgnis der Beklagten begegnet, die Arbeitgeber könnten im Fall des Verzichts auf eine Zeitgrenze in den Genuß von Subventionen für beliebige Fälle einer Neueinstellung gelangen.
Vorliegend ist der Arbeitnehmer Sch., anders als die Beklagte meint, von der Klägerin "aus Anlaß" der Beendigung des Arbeitsverhältnisses des M. beschäftigt worden. Die Klägerin hat schon bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses des M. die Absicht gehabt, den freigewordenen Arbeitsplatz mit einem beim Arbeitsamt arbeitslos gemeldeten Arbeitnehmer wiederzubesetzen. Diese Bewertung rechtfertigt sich aus den nicht angegriffenen und für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG). Danach war die Beendigung des Arbeitsverhältnisses des M. Beweggrund und entscheidender Anstoß für den Entschluß der Klägerin, den freigewordenen Arbeitsplatz wiederzubesetzen. Die von vornherein bestehende Absicht der Wiederbesetzung wird durch die Begleitumstände gedeckt. So hat die Klägerin im Klageverfahren vorgetragen, sie habe dem Sch. die Einstellung schon vor Ende April 1986 zugesichert gehabt. Die Beklagte hat dies nicht in Abrede gestellt; sie ist hiervon bei ihrer Argumentation vor dem SG vielmehr ausgegangen. Des weiteren war die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes des M. nicht etwa wegen Auftragsmangels auf unabsehbare Zeit unmöglich. Dafür, daß Maschinen und Arbeitsmittel, die zum freigemachten Arbeitsplatz gehörten, veräußert worden wären, liegen keine Anhaltspunkte vor. Eher war für die Zeit nach Ablauf der Wintermonate für den Betrieb der Klägerin eine konjunkturelle Aufwärtsentwicklung zu erwarten. Davon geht ganz allgemein der Gesetzgeber aus, indem er als Förderungszeit für den Bereich der Bauwirtschaft lediglich die Zeit vom 1. Dezember bis 31. März anerkennt (§ 75 Abs 2 Nr 1 Arbeitsförderungsgesetz -AFG-). Dafür spricht hier konkret, daß Kurzarbeitergeld (obschon bis zum 30. Juni 1986 bewilligt) von der Klägerin nur bis zum 30. April 1986 in Anspruch genommen worden ist. Schließlich steht die Wiederbesetzung des Arbeitsplatzes zum 15. Mai 1986 mit wirtschaftlich vernünftigen Überlegungen in Einklang. Eine Einstellung des Sch. vor dem 1. Mai 1986 wäre im Betrieb der Klägerin auf Unverständnis gestoßen. Sie hätte entweder bedeutet, daß ein anderer Arbeitnehmer nicht hätte beschäftigt werden können, oder aber, daß Sch. sogleich auf Kurzarbeit hätte gesetzt werden müssen, ohne ggf Anspruch auf Kurzarbeitergeld zu haben (§ 65 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG). Der 1. Mai 1986 selbst fiel auf einen Donnerstag. Unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten wäre ein Einsatz des Sch. somit frühestens ab 5. Mai 1986 (Montag) sinnvoll gewesen. Stellt man überdies in Rechnung, daß die Aktivitäten eines Unternehmens nach Beendigung von Kurzarbeit erst allmählich anzulaufen beginnen, und versagt man der Klägerin nicht den Dispositionsspielraum, der jedem Unternehmen zuzugestehen ist, muß die Einstellung des Sch. zum 15. Mai 1986 als im erforderlichen Zusammenhang mit dem Vorruhestandsfall des M. stehend bezeichnet werden.
Die Revision der Beklagten war nach alldem zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen