Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Mehrheit von Streitgegenständen. allgemeine Leistungsklage. Statthaftigkeit. Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Direktzahlung der Miete an den Vermieter. kein Schuldbeitritt des Grundsicherungsträgers. kein Zahlungsanspruch des Vermieters
Leitsatz (amtlich)
1. Die allgemeine Leistungsklage des Vermieters eines Arbeitslosengeld II-Beziehers zur Verfolgung von dessen Ansprüchen gegen das Jobcenter ist unstatthaft, solange der in diesem Verhältnis erforderliche Verwaltungsakt nicht ergangen ist.
2. Zahlungsansprüche des Vermieters aus einem gesetzlich begründeten Schuldbeitritt des Jobcenters zur mietvertraglichen Zahlungsverpflichtung eines Arbeitslosengeld II-Beziehers bestehen nicht.
Orientierungssatz
1. Eine Mehrheit von Streitgegenständen wird bereits durch das Vorbringen begründet, dass der Mieter dem Vermieter seine unterkunftsbezogenen Leistungsansprüche abgetreten habe und der Grundsicherungsträger zudem dessen mietrechtlichen Verpflichtungen beigetreten sei.
2. Beruft sich der Vermieter zudem ergänzend auf Ansprüche aus § 22 Abs 7 und 8 SGB 2, begründen diese damit zusätzlich zur primär in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage alternative Klagegründe, die je eigenständige Streitgegenstände bilden.
3. Eigene Ansprüche des Vermieters auf Auszahlung der einem Leistungsberechtigten zuerkannten unterkunftsbezogenen Leistungen werden nicht durch § 22 Abs 7 S 1 SGB 2 begründet. Diese Norm sieht lediglich eine abweichende Empfangsberechtigung vor.
Normenkette
SGG § 54 Abs. 5; SGB 2 § 22 Abs. 1 S. 1; SGB 2 § 22 Abs. 7 Sätze 1-2, 3 Nr. 3, S. 4, Abs. 8 S. 1; SGB 1 § 53 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Oktober 2017 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten auch dieses Revisionsverfahrens.
Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 3304,44 Euro festgesetzt.
Tatbestand
Im Streit steht die Zahlung von Mietrückständen der Beigeladenen durch das beklagte Jobcenter für Juni 2012 bis September 2013 an den klagenden Vermieter.
Die Beigeladenen waren Mieter einer Wohnung des Klägers. Im Mietvertrag war bestimmt, dass sie "der unmittelbaren Auszahlung des Wohngeldes" oder entsprechender Leistungen an ihn zustimmen und "die Abtretung" den Behörden offenlegen (§ 19 des Mietvertrags vom 19.2.2012). Der Beklagte bewilligte ihnen Alg II unter Berücksichtigung von Aufwendungen für Unterkunft und Heizung und überwies zu Beginn der Mietzeit die Hälfte einer Monatsmiete sowie die Kaution direkt dem Kläger. Die Beigeladenen - die bei Abschluss des Mietvertrags in Substitutionsbehandlung wegen Opiatabhängigkeit standen - überwiesen Miete und Nebenkosten nur zeitweise; von November 2012 bis Januar 2013 zahlte der Beklagte den unterkunftsbezogenen Alg II-Anteil aufgrund eines anschließend widerrufenen Antrags der Beigeladenen direkt an den Kläger. Seit Dezember 2013 zahlte er eine Nutzungsentschädigung, nachdem die Beigeladenen trotz fristloser Kündigung wegen rückständiger Miete in der Wohnung verblieben waren.
Die Klage auf Zahlung ausstehender Miete hat das SG abgewiesen (Urteil vom 18.3.2015). Die Berufung hat das LSG zurückgewiesen (Urteil vom 12.10.2017): Der Zahlungsanspruch bestehe nicht. Der Beklagte sei weder dem Mietvertrag der Beigeladenen beigetreten noch bestünden Ansprüche auf Direktzahlung der Miete oder - schon mangels Antragstellung der Beigeladenen - auf Übernahme von Mietschulden. Aus abgetretenem Recht folge nichts, weil der Mietvertrag keine Abtretung enthalte und die Klage mangels Feststellung des wohlverstandenen Interesses nach § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I insoweit auch unzulässig sei.
Mit seiner Revision rügt der Kläger als Verletzung rechtlichen Gehörs, dass Vortrag zur Verbuchung von Zahlungen nicht gewürdigt worden sei. In der Sache hätten die Beigeladenen ihm den Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung abgetreten. Der Beklagte habe mit der Auszahlung von Miete für März 2012 und der Kaution festgestellt, dass dies in ihrem wohlverstandenen Interesse gelegen habe. Auch sei er dem Mietvertrag beigetreten (Verweis auf BGH vom 7.5.2015 - III ZR 304/14 - BGHZ 205, 260). Jedenfalls hätte die Miete wegen der Opiatabhängigkeit der Beigeladenen gemäß § 22 Abs 7 Satz 3 Nr 3 SGB II ermessensfehlerfrei nur an ihn ausgezahlt werden dürfen.
Der Kläger beantragt,
die Urteile des Bayerischen Landessozialgerichts vom 12. Oktober 2017 und des Sozialgerichts München vom 18. März 2015 aufzuheben und den Beklagten zu verurteilen, ihm 3304,44 Euro nebst 1,5 % Zinsen monatlich aus 124,44 Euro seit dem 4. Juni 2012 und aus 530 Euro jeweils seit dem 4. Juli 2012, dem 4. November 2012, dem 5. April 2013, dem 4. Juli 2013 und dem 4. September 2013 zu zahlen.
Der Beklagte verteidigt die angegriffene Entscheidung und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beigeladenen haben sich nicht geäußert.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision des Klägers hat keinen Erfolg (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zutreffend hat das LSG entschieden, dass er die begehrten Zahlungen des Beklagten auf Miete und Nebenkosten der Beigeladenen nicht beanspruchen kann, weshalb auch kein Zinsanspruch besteht.
1. Gegenstand des Verfahrens ist der Ausspruch der Vorinstanzen, dass der Beklagte nach keinem Klagegrund für die hier strittigen Mietschulden der Beigeladenen aufzukommen hat. Zu entscheiden ist danach primär, ob ein Zahlungsanspruch besteht, weil die Beigeladenen dem Kläger ihre unterkunftsbezogenen Leistungsansprüche abgetreten haben (dazu 3. d) oder der Beklagte ihren mietvertraglichen Pflichten beigetreten ist (dazu 4.). Daneben ist Verfahrensgegenstand, ob Leistungen direkt an den Kläger zu zahlen waren, weil die Beigeladenen dem im Mietvertrag zugestimmt haben (dazu 5.) oder wegen ihrer Opiatabhängigkeit nur Zahlung an ihn in Betracht kam (dazu 3. e). Schließlich steht im Streit, ob sich der Kläger ggf auf die Mietschuldenregelung nach § 22 Abs 8 SGB II berufen kann (dazu 3. f).
2. Streitbefangen sind danach mehrere prozessuale Ansprüche, die der Kläger im Wege der objektiven Klagehäufung (§ 56 SGG) zusammen verfolgt.
a) Streitgegenstand ist der prozessuale Anspruch, dh Klageantrag und Klagegrund, aus dem die begehrte Rechtsfolge hergeleitet wird (stRspr; vgl nur BSG vom 28.3.2013 - B 4 AS 12/12 R - SozR 4-4200 § 20 Nr 18 RdNr 10 mwN; BGH vom 19.11.2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47 RdNr 9 mwN). Zum Klagegrund rechnen alle Tatsachen, die bei einer natürlichen, vom Standpunkt der Beteiligten ausgehenden Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag des Klägers zur Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören (BSG vom 26.10.2017 - B 8 SO 12/16 R - SozR 4-1750 § 524 Nr 1 RdNr 15; BGH vom 18.5.2017 - VII ZR 122/14 - NJW 2017, 2673 RdNr 20 mwN). Nur ein Streitgegenstand ist danach gegeben, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden kann, selbst wenn diese einer eigenständigen rechtlichen Bewertung zugänglich sind. Eine Mehrheit von Streitgegenständen liegt dagegen vor, wenn die materiell-rechtliche Regelung die zusammentreffenden Ansprüche durch eine Verselbstständigung der einzelnen Lebensvorgänge erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (vgl nur BGH vom 21.11.2017 - II ZR 180/15 - NJW 2018, 1259 RdNr 18 mwN).
b) Eine Mehrheit von Streitgegenständen begründet danach schon das Vorbringen, dass die Beigeladenen dem Kläger ihre unterkunftsbezogenen Leistungsansprüche abgetreten hätten und der Beklagte zudem ihren mietrechtlichen Verpflichtungen beigetreten sei. Zwar wird der Zahlungsanspruch damit auf jeweils denselben Rechtsgrund zurückgeführt, nämlich auf den Anspruch der Beigeladenen gegen den Beklagten auf Auszahlung der von ihm bewilligten unterkunftsbezogenen Leistungen nach dem SGB II. Jedoch unterscheiden sich die Klagegründe bereits insofern, als mit der behaupteten Abtretung ein öffentlich-rechtlicher Anspruch geltend gemacht wird - auf Auszahlung der Leistungen zur Deckung der Bedarfe der Beigeladenen nach § 22 Abs 1 SGB II - und der Anspruch aus einem Schuldbeitritt des Beklagten - sollte er bestehen - zu der Zahlungsverpflichtung der Beigeladenen zivilrechtlicher Natur wäre (vgl nur BSG vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R - SozR 4-3500 § 75 Nr 5 RdNr 9). Zudem wird mit der Abtretung ein fremder Anspruch aus dem Leistungsverhältnis zwischen den Beigeladenen und dem Beklagten geltend gemacht, während das Vorbringen zum Schuldbeitritt auf einen eigenen Anspruch des Klägers gegen den Beklagten zielt und dies weitere Voraussetzungen hat als (nur) das Bestehen eines Anspruchs der Beigeladenen auf Auszahlung von Leistungen für Unterkunft und Heizung. Hinzu kommt, dass die Wirksamkeit der Abtretung eine zusätzliche Entscheidung des Beklagten nach § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I voraussetzt (dazu unter 3. d) und sie auch insoweit gegenüber dem behaupteten Schuldbeitritt derart verselbstständigt ist, dass im Unterschied zum Streit zwischen Leistungserbringer und Leistungsträger nach dem SGB XII aus dem (eigenen) Anspruch des Leistungserbringers aus Vertrag und Schuldbeitritt (vgl dazu BSG vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R - SozR 4-3500 § 75 Nr 5 RdNr 9) nicht von einem einheitlichen Klagegrund ausgegangen werden kann.
c) Ebenso verhält es sich bei den aus § 22 Abs 7 und 8 SGB II hergeleiteten Ansprüchen. Mit den dazu angeführten Umständen - der Zustimmung der Beigeladenen zur Direktzahlung (§ 22 Abs 7 Satz 1 SGB II), Gründen für eine Direktzahlung gegen ihren Willen (§ 22 Abs 7 Satz 2 SGB II) und drohender Wohnungslosigkeit als Voraussetzung für die Übernahme von Mietschulden (§ 22 Abs 8 SGB II) - macht der Kläger schon im Tatsächlichen Lebensvorgänge geltend, die sich von dem primär verfolgten Klagegrund und untereinander teils erheblich unterscheiden. Das gilt auch für die rechtliche Ausgestaltung der jeweiligen Tatbestände. Sie lassen den Anspruch aus § 22 Abs 1 SGB II unberührt und begründen entweder einen Anspruch auf zusätzliche Leistungen im Fall des § 22 Abs 8 SGB II oder modifizieren die Empfangsberechtigung für nach § 22 Abs 1 SGB II zuerkannte Leistungen in den Fällen des § 22 Abs 7 SGB II. Entsprechend setzen sie einerseits zusätzliche Verwaltungsentscheidungen des Beklagten voraus und zögen - würden sie getroffen - Änderungen der Rechtsstellung der Beigeladenen nach sich, nämlich durch die Bestimmung einer abweichenden Zahlungsweise nach § 22 Abs 7 SGB II oder die Begründung einer Pflicht zur Rückzahlung der vom Kläger beanspruchten Leistungen zur Tilgung ihrer Mietschulden (vgl § 22 Abs 8 Satz 4 SGB II und BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 3/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 80 RdNr 17). Aus Sicht des Klägers begründen sie damit zusätzlich zur primär in Anspruch genommenen Rechtsgrundlage alternative Klagegründe, auf die er sich ergänzend beruft und die je eigenständige Streitgegenstände bilden.
3. Die zur Verfolgung dieser Begehren erhobenen allgemeinen Leistungsklagen (§ 54 Abs 5 SGG) sind statthaft und auch sonst zulässig, soweit sie sich auf einen Anspruch aus Schuldbeitritt und auf eine abweichende Zahlungsbestimmung nach § 22 Abs 7 Satz 1 SGB II stützen; im Übrigen sind sie unstatthaft.
a) Nach § 54 Abs 5 SGG kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte. Danach ist die allgemeine Leistungsklage im Gleichordnungsverhältnis zwischen Vermieter und Grundsicherungsträger - das Regelungen durch Verwaltungsakt gegenüber dem Adressaten ausschließt (vgl für die GKV nur BSG vom 20.4.2016 - B 3 KR 23/15 R - SozR 4-2500 § 124 Nr 4 RdNr 14 mwN) - grundsätzlich eröffnet. Im Dreiecksverhältnis zwischen Vermieter, Grundsicherungsträger und Leistungsberechtigten gilt dies auch, wenn über den zugrunde liegenden und durch Verwaltungsakt zu regelnden Leistungsanspruch der Leistungsberechtigten im Verhältnis zum Grundsicherungsträger bereits entschieden worden ist (zu einer vergleichbaren Situation vgl BSG vom 29.1.2014 - B 5 R 36/12 R - BSGE 115, 110 = SozR 4-1200 § 53 Nr 4, RdNr 16). Ebenso ist die allgemeine Leistungsklage statthaft im Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen dem Leistungsträger und dem Leistungsberechtigten, wenn der Leistungsträger eine durch Verwaltungsakt bewilligte Leistung nicht erbringt oder einstellt (vgl zuletzt nur BSG vom 7.11.2017 - B 1 KR 24/17 R - SozR 4-2500 § 13 Nr 39 RdNr 9, auch zur Veröffentlichung in BSGE vorgesehen).
Unstatthaft ist dagegen die allgemeine Leistungsklage des Vermieters eines Alg II-Beziehers zur Verfolgung von dessen Ansprüchen gegen das Jobcenter, solange der in diesem Verhältnis erforderliche Verwaltungsakt nicht ergangen ist. Ohnehin können Drittbeteiligte nicht den Anspruch erheben, auf Berechtigungen (oder Pflichten) Einfluss zu nehmen, die der ausschließlichen Gestaltung im Verhältnis zwischen Leistungsträger und Leistungsberechtigtem vorbehalten sind. Jedenfalls aber können ihre prozessualen Befugnisse aus § 54 Abs 5 SGG nicht weiter reichen als die der Leistungsberechtigten, auf deren Ansprüche sie sich berufen; ist die echte Leistungsklage im Über-/Unterordnungsverhältnis zwischen dem Jobcenter und einem Leistungsberechtigten unstatthaft, ist sie für den Drittbeteiligten ebenfalls nicht eröffnet.
b) Statthaft und auch sonst zulässig ist die allgemeine Leistungsklage danach, soweit der Kläger sich eines Schuldbeitritts des Beklagten zu den mietvertraglichen Verpflichtungen der Beigeladenen berühmt; das steht zwischen den Beteiligten zu Recht nicht im Streit. Ob der Rechtsweg zu den Sozialgerichten trotz der zivilrechtlichen Natur des insoweit verfolgten Anspruchs (vgl oben unter 2. b) sowie BSG vom 30.9.2014 - B 8 SF 1/14 R - SozR 4-3500 § 75 Nr 5 RdNr 9) eröffnet ist, hat der Senat gemäß § 17a Abs 5 GVG als Rechtsmittelgericht nicht zu prüfen.
c) Statthaft und zulässig ist die allgemeine Leistungsklage auch, soweit sie auf einen Zahlungsanspruch aus Direktzahlung nach § 22 Abs 7 Satz 1 SGB II gestützt ist. Ob § 22 Abs 7 Satz 1 SGB II einen eigenen Anspruch oder nur eine Empfangsberechtigung des Vermieters begründet (vgl unter 5. b), kann dafür dahinstehen. Die für die allgemeine Leistungsklage analog § 54 Abs 1 Satz 2 SGG vorausgesetzte Klagebefugnis fehlt erst, wenn dem Kläger der geltend gemachte Anspruch unter keinem Gesichtspunkt zustehen kann, die Verletzung seiner subjektiven Rechte also nicht möglich erscheint (stRspr; vgl nur BSG vom 16.8.2017 - B 12 KR 19/16 R - SozR 4-6050 Art 17 Nr 1 RdNr 17 mwN, auch vorgesehen für BSGE). Jedenfalls so liegt es hier nicht, weil der Beklagte den unterkunftsbezogenen Alg II-Anteil auf Antrag der Beigeladenen zeitweise direkt an den Kläger ausgezahlt hat und im Streit steht, für welche Dauer und welche Monate die Zahlungen an ihn zu bewirken waren.
d) Unstatthaft ist die allgemeine Leistungsklage hingegen, soweit sie auf eine Abtretung der unterkunftsbezogenen Leistungen der Beigeladenen abstellt. Die Wirksamkeit der Abtretung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II erforderte in der hier streitbefangenen Zeit von Juni 2012 bis September 2013 gemäß § 53 Abs 3 SGB I iVm § 850c ZPO die Feststellung des zuständigen Leistungsträgers nach § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I, dass die Übertragung oder Verpfändung im wohlverstandenen Interesse des Berechtigten liegt (seit dem 1.8.2016 inhaltsgleich § 42 Abs 4 Satz 2 SGB II idF des Neunten Gesetzes zur Änderung des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch - Rechtsvereinfachung - sowie zur vorübergehenden Aussetzung der Insolvenzantragspflicht vom 26.7.2016, BGBl I 1824; vgl insoweit BT-Drucks 18/8909 S 34). Ist diese zeitlich vorgängige und rechtlich vorrangige Feststellung nicht ergangen, fehlt der allgemeinen Leistungsklage das Rechtschutzbedürfnis (vgl zuletzt nur BSG vom 29.1.2014 - B 5 R 36/12 R - BSGE 115, 110 = SozR 4-1200 § 53 Nr 4, RdNr 19 mwN). So liegt es hier, weil der Beklagte eine solche Feststellung nach den mit Verfahrensrügen insoweit nicht angegriffenen und deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG entgegen der Auffassung des Klägers nicht getroffen hat und sie rückwirkend auch nicht nachgeholt werden kann (vgl BSG vom 6.4.2000 - B 11 AL 47/99 R - SozR 3-1200 § 53 Nr 9 S 60).
e) Unstatthaft ist die allgemeine Leistungsklage weiter, soweit der Beklagte nach Auffassung des Klägers im Hinblick auf die Opiatabhängigkeit der Beigeladenen eine abweichende Auszahlungsbestimmung nach § 22 Abs 7 Satz 2 und 3 Nr 3 SGB II hätte treffen müssen. Selbst wenn daraus ein Zahlungsanspruch abzuleiten wäre, wäre die Leistungsklage in dem Dreiecksverhältnis zwischen dem Vermieter, dem Grundsicherungsträger und dem Leistungsberechtigten (vgl oben a) nur statthaft, wenn eine solche Entscheidung im Verhältnis zwischen dem Beklagten und den Beigeladenen tatsächlich ergangen wäre; und zwar auch dann, wenn sie keinen Verwaltungsakt erfordert (vgl unten 5. b), weil nach dem Rechtsgedanken des § 54 Abs 5 SGG auch insoweit erst auf der Grundlage einer entsprechenden Entscheidung im Verhältnis zwischen Jobcenter und Berechtigtem statthaft auf Erfüllung geklagt werden könnte.
Eine solche Entscheidung ist zu § 22 Abs 7 Satz 2 SGB II nach den mit Verfahrensrügen insoweit nicht angegriffenen und deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG allerdings nicht ergangen. Eine abweichende Zahlungsbestimmung hat der Beklagte danach nur auf Antrag der Beigeladenen und damit nach § 22 Abs 7 Satz 1 SGB II getroffen. Soweit der Kläger in der Zahlung der hälftigen Märzmiete 2012 und der Kaution an ihn konkludent eine entsprechende Entscheidung sieht, ordnet er dies selbst ausschließlich einer Zustimmungserklärung der Beigeladenen und damit nicht einer Entscheidung nach § 22 Abs 7 Satz 2 SGB II zu. Soweit er sinngemäß eine solche Entscheidung für zurückliegende Zeiträume beansprucht, kommt dies nicht in Betracht, wenn die Leistung bereits in vollem Umfang an die Berechtigten erbracht ist, wie hier nach den Feststellungen des LSG (vgl BSG vom 6.4.2000 - B 11 AL 47/99 R - SozR 3-1200 § 53 Nr 9 S 60 zu § 53 Abs 2 Nr 2 SGB I).
f) Unstatthaft ist schließlich auch die auf die Mietschuldenregelung des § 22 Abs 8 SGB II gestützte allgemeine Leistungsklage. Selbst wenn hierdurch Ansprüche unmittelbar zu Gunsten des Vermieters vermittelt würden, wäre eine allgemeine Leistungsklage diesbezüglich ebenfalls nur auf der Grundlage einer entsprechenden Entscheidung im Verhältnis zwischen Jobcenter und Leistungsberechtigtem statthaft. Eine solche Entscheidung ist nach den insoweit nicht angegriffenen und deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG jedoch nicht ergangen. Ohne den dazu erforderlichen und nach den ebenfalls nicht beanstandeten Feststellungen des LSG nicht gestellten Antrag der Beigeladenen (BSG vom 17.6.2010 - B 14 AS 58/09 R - BSGE 106, 190 = SozR 4-4200 § 22 Nr 41, RdNr 14) bestand hierfür auch kein Anlass.
4. Zahlungsansprüche eines Vermieters aus einem gesetzlich begründeten Schuldbeitritt des Jobcenters zur mietvertraglichen Zahlungsverpflichtung eines Alg II-Beziehers bestehen nicht.
a) Nach der Rechtsprechung des für die Sozialhilfe zuständigen 8. Senats des BSG ist das Leistungserbringungsrecht der Sozialhilfe bei der Erbringung von Sachleistungen geprägt durch das sogenannte sozialhilferechtliche Dreiecksverhältnis, wonach der Sozialhilfeträger die ihm obliegende Leistung grundsätzlich nicht als Geldleistung, sondern als Sachleistung erbringt (grundlegend BSG vom 28.10.2008 - B 8 SO 22/07 R - BSGE 102, 1 = SozR 4-1500 § 75 Nr 9, RdNr 15 ff). Entsprechend ist im Konzept des SGB XII nicht die Zahlung des Sozialhilfeträgers an den Sozialhilfeempfänger vorgesehen, um diesem die Zahlung des vereinbarten Heimentgelts an den Einrichtungsträger zu ermöglichen, sondern die Zahlung direkt an die Einrichtung durch "Übernahme" der ihr zustehenden Vergütung (ebenda RdNr 17, 22). In ihr sieht der Senat eine Schuldübernahme durch Verwaltungsakt mit Drittwirkung, durch die die Einrichtung einen unmittelbaren Zahlungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger und der Hilfeempfänger einen Anspruch gegen den Sozialhilfeträger auf Zahlung an die Einrichtung erwirbt, wodurch der Sozialhilfeträger in Höhe der bewilligten Leistungen als Gesamtschuldner an die Seite des Sozialhilfeempfängers tritt (ebenda RdNr 25).
b) Ein vergleichbares Dreiecksverhältnis für die Leistungen für Unterkunft und Heizung besteht nach dem Regelungskonzept des SGB II nicht. Wie § 4 Abs 1 SGB II erweist, sind die Leistungen im Rahmen der Grundsicherung für Arbeitsuchende primär Geldleistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§ 4 Abs 1 Nr 2 SGB II), sofern sie nicht zur Eingliederung in Arbeit als Dienstleistung (§ 4 Abs 1 Nr 1 SGB II) oder aufgrund besonderer gesetzlicher Anordnung insbesondere bei den aktiven Leistungen (vgl etwa § 16a SGB II) als Sachleistung (§ 4 Abs 1 Nr 3 SGB II) erbracht werden.
Eine solche Sachleistungsverantwortung ist den Jobcentern für die Bedarfe für Unterkunft und Heizung nicht zugewiesen. Auch wenn die Leistungen nicht in gleicher Weise pauschaliert sind wie die Regelbedarfe nach § 20 SGB II und den Jobcentern die Prüfung der Angemessenheit der geltend gemachten Aufwendungen für Unterkunft und Heizung aufgetragen ist, enthebt das nicht die Leistungsberechtigten der Verantwortung, für ihren Unterkunftsbedarf innerhalb des Angemessenen selbst zu sorgen. Demgemäß bilden die tatsächlichen Aufwendungen und damit die Zahlungsverpflichtungen, die sie für ihren Unterkunftsbedarf selbst eingegangen sind, nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II den Ausgangspunkt für die Bestimmung des anzuerkennenden Bedarfs für Unterkunft und Heizung. Ebenso obliegt es ihrer grundsätzlich freien Entscheidung, innerhalb des die Angemessenheit bestimmenden Produkts aus Wohnungsgröße und Miete pro Quadratmeter frei wählen zu können, wie sie ihren Unterkunftsbedarf decken (stRspr; vgl nur BSG vom 18.11.2014 - B 4 AS 9/14 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 81 RdNr 13 ff mwN). Schließlich ist es - erweisen sich die Aufwendungen nicht als angemessen im Sinne von § 22 Abs 1 Satz 1 Halbsatz 2 SGB II und werden die Leistungsberechtigten daher zur Kostensenkung aufgefordert - allein ihrer Verantwortung zugeordnet, die Unterkunftskosten zu senken, ohne dass das Jobcenter verpflichtet wird, im Einzelnen aufzuzeigen, auf welche Weise die Aufwendungen gesenkt werden könnten (BSG vom 27.2.2008 - B 14/7b AS 70/06 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 8 RdNr 15; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, RdNr 40).
c) Steht schon das der Vorstellung entgegen, dass den Jobcentern vergleichbar Verantwortung für die Deckung des Unterkunftsbedarfs zugewiesen wäre wie den Sozialhilfeträgern bei stationären und teilstationären Leistungen (ebenso stRspr des BGH, vgl aus letzter Zeit etwa BGH vom 29.6.2016 - VIII ZR 173/15 - NJW 2016, 2805 RdNr 16: Behörde, die im Rahmen der Daseinsvorsorge staatliche Transferleistungen erbringt, wird nicht Erfüllungsgehilfe des Mieters, wenn sie für ihn Miete an Vermieter zahlt), so spricht hiergegen auch die Regelung des § 22 Abs 7 SGB II. Ihrer und insbesondere der Möglichkeit zur Zahlung der unterkunftsbezogenen Leistungen an den Vermieter gegen den Willen der Leistungsberechtigten nach Satz 2 und 3 bedürfte es nicht, wenn die Jobcenter bereits nach der allgemeinen gesetzlichen Konzeption diese Leistungen unmittelbar an die Vermieter auszuzahlen hätten.
5. Zahlungsansprüche aus einer den Kläger begünstigenden Direktzahlungsentscheidung nach § 22 Abs 7 Satz 1 SGB II bestehen ebenfalls nicht.
a) § 22 Abs 7 SGB II (in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850; Geltungszeitraumprinzip, vgl BSG vom 19.10.2016 - B 14 AS 53/15 R - SozR 4-4200 § 11 Nr 78 RdNr 14 f) bestimmt in Satz 1: "Soweit Arbeitslosengeld II für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen." Daran anknüpfend regelt Satz 4, dass im Fall einer solchen Entscheidung die leistungsberechtigte Person von dem kommunalen Träger über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte "schriftlich zu unterrichten" ist.
b) Eigene Ansprüche eines Vermieters oder eines anderen Dritten auf Auszahlung der einem Leistungsberechtigten zuerkannten unterkunftsbezogenen Leistungen begründet dies nicht. Soweit nach § 22 Abs 7 Satz 4 SGB II nur die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten ist, legt schon das nahe, dass insoweit eine Entscheidung ausschließlich im Verhältnis zu den Leistungsberechtigten intendiert ist. Auch die Wendung "zu unterrichten" spricht - ungeachtet der Frage, ob insoweit durch Verwaltungsakt zu entscheiden ist (in diesem Sinne etwa Krauß in Hauck/Noftz, K § 22 SGB II RdNr 327 Stand 10/2012; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 249; Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 230; aA Berlit in LPK-SGB II, 6. Aufl 2017, § 22 RdNr 237) - nicht dafür, dass insoweit Zahlungsansprüche übertragen werden sollen. Vielmehr ist die Regelung nach der Rechtsfolge, abweichend an den Vermieter oder einen anderen Dritten "zu zahlen", systematisch Ausnahmetatbestand zu den allgemeinen Vorgaben zur "Auszahlung der Geldleistungen" nach § 42 SGB II (hier bis zum 8.4.2013 in der ab 1.4.2011 geltenden Fassung der Bekanntmachung vom 13.5.2011, BGBl I 850; danach idF des Gesetzes vom 3.4.2013, BGBl I 610). Insoweit begründet sie entsprechend der damit verfolgten Intention ausschließlich eine abweichende Empfangsberechtigung und keinen eigenen Rechtsanspruch des Zahlungsempfängers gegen das Jobcenter (vgl BT-Drucks 17/3404 S 98; ebenso BGH vom 31.1.2018 - VIII ZR 39/17 - NJW 2018, 1079 RdNr 21 f; Krauß in Hauck/Noftz, K § 22 SGB II RdNr 318 Stand 10/2012; Luik in Eicher/Luik, SGB II, 4. Aufl 2017, § 22 RdNr 241, 247; Piepenstock in jurisPK-SGB II, 4. Aufl 2015, § 22 RdNr 227; Susnjar in GK-SGB II, § 22 RdNr 336, Stand 09/2017). Dem entsprechend sieht auch der BGH in der Direktzahlung nach § 22 Abs 7 Satz 1 SGB II bei der Rückabwicklung nach Beendigung des Mietvertrags keine Leistung des Jobcenters im Sinne des § 812 Abs 1 Satz 1 Alt 1 BGB zur Tilgung der mietvertraglichen Schuld der Mieter (BGH vom 31.1.2018 - VIII ZR 39/17 - NJW 2018, 1079 RdNr 26).
c) Ein eigener Anspruch auf Auszahlung der den Beigeladenen zuerkannten unterkunftsbezogenen Leistungen ist dem Kläger vom Beklagten auch nicht durch eine ausdrückliche Schuldübernahmeerklärung außerhalb des Verfahrens der Direktzahlung nach § 22 Abs 7 Satz 1 SGB II zuerkannt worden. Nach den Feststellungen des LSG hat der Beklagte lediglich die Beigeladenen über die Aufnahme und Beendigung der Auszahlung der unterkunftsbezogenen Leistungen an den Kläger zwischen November 2012 und Januar 2013 informiert. Entsprechend hat sich der Kläger mit Schreiben vom 26.2.2013 an den Beklagten gewandt und beanstandet, die Mieten für Januar und Februar 2013 nicht erhalten zu haben. Mit diesem vom Kläger mit Verfahrensrügen nicht angegriffenen und deshalb bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen hat das LSG nach dem Gesamtzusammenhang zugleich festgestellt, dass der Beklagte dem Kläger gegenüber keine ausdrücklichen anspruchsbegründenden Erklärungen in dem von ihm geltend gemachten Sinne abgegeben hat.
6. Mit der Rüge, das LSG habe Vortrag zur Verbuchung von Zahlungen nicht zur Kenntnis genommen und dadurch seinen Anspruch auf rechtliches Gehör verletzt (Art 103 Abs 1 GG, § 62 SGG), ist ein Verfahrensmangel, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann (vgl § 160 Abs 2 Nr 3 Halbsatz 1 SGG), nicht bezeichnet, weil dem Kläger ein Zahlungsanspruch gegen den Beklagten nicht zustand und es danach auf die Verbuchung von Zahlungen nicht ankam.
7. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG iVm § 154 Abs 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt aus § 197a SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.
Fundstellen
Haufe-Index 12335635 |
BSGE 2019, 180 |