Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 18. Oktober 1994 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist ein Anspruch auf Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 7. Juli 1988 bis 14. März 1989.
Der 1961 geborene Kläger arbeitete von 1981 bis 1986 in seinem Beruf als Erzieher. Nach anschließendem Besuch einer Fachoberschule nahm er im Oktober 1987 ein Studium an der Fachhochschule für Sozialpädagogik in Kiel auf. Aufgrund eines im Juni 1987 gestellten Antrags gewährte ihm das Arbeitsamt (ArbA) bis Juli 1988 Arbeitslosengeld (Alg), wobei es davon ausging, daß er neben seinem Studium 20 Wochenstunden der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehe. Außerdem erhielt der Kläger ab September 1987 Förderung nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) in Form eines unverzinslichen Darlehens.
Am 1. Juli 1988 beantragte der Kläger, der damals in Heinkenborstel wohnte, die Gewährung von Anschluß-Alhi ab 7. Juli 1988. Diesen Antrag lehnte das ArbA ab, weil er – der nach seinen Angaben für das Studium wöchentlich 16 Stunden aufwende – die Vermutung des § 103a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) nicht widerlegt habe (Bescheid vom 18. Juli 1988, Widerspruchsbescheid vom 9. November 1988).
Das Sozialgericht (SG – Urteil vom 30. November 1989) und – nach Zurückverweisung des Rechtsstreits durch das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 21. April 1993 (11 RAr 79/92) – das Landessozialgericht (LSG – Urteil vom 18. Oktober 1994) haben der Klage für die Zeit vom 7. Juli 1988 bis 14. März 1989 stattgegeben. Das LSG hat ausgeführt, der Kläger habe im streitigen Zeitraum alle Anspruchsvoraussetzungen für die Gewährung von Alhi erfüllt, insbesondere habe er objektiv und subjektiv der Arbeitsvermittlung für eine Teilzeitbeschäftigung von 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestanden. Er habe eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarkts ausüben können und dürfen. In Betracht kommende Arbeitsplätze von Erziehern, bei Postämtern und in der Gastronomie seien in nennenswerter Zahl vorhanden gewesen. Der Kläger habe bei einem Einsatz auf Arbeitsplätzen dieser Art die in den Ausbildungs- und Prüfungsbedingungen vorgeschriebenen Anforderungen seines Studiums erfüllen können. Er habe damit die Vermutung des § 103a Abs 1 AFG widerlegt. Er habe auch unwiderlegbar und glaubhaft erklärt, daß er bereit gewesen sei, jede zumutbare Beschäftigung anzunehmen. Schließlich habe er das ArbA täglich aufsuchen können und sei für das Amt auch erreichbar gewesen. § 1 Abs 1 der Aufenthalts-Anordnung (Aufenthalts-AnO) stehe mit § 103a Abs 2 AFG jedenfalls dann nicht in Einklang, wenn diese Vorschrift – wie die Beklagte meine – fordere, daß der Arbeitslose zur üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost zu Hause sein müsse. Bei diesem Verständnis der Bestimmung könne ein ordentlich Studierender, der in den Vormittagsstunden, in denen üblicherweise die Briefpost eingehe, regelmäßig Lehrveranstaltungen zu besuchen habe, praktisch niemals der Arbeitsvermittlung zur Verfügung stehen. Dann aber liefe § 103a Abs 2 AFG leer. An die Erreichbarkeit seien daher weniger strenge Anforderungen zu stellen, etwa in dem Rahmen, der der Bestimmung des § 2 Aufenthalts-AnO zugrunde liege, wonach der Aufenthalt im Nahbereich des zuständigen ArbA ausreiche, das Merkmal der Erreichbarkeit zu erfüllen. In diesem Sinne sei der Kläger während seines Aufenthalts in der Fachhochschule erreichbar gewesen. Denn er sei über die Zentrale der Fachhochschule jederzeit fernmündlich erreichbar gewesen und habe etwaige Mitteilungen des ArbA oder eine Benachrichtigung seiner Ehefrau über einen etwaigen Posteingang dort entgegennehmen können. Die Verurteilung zur Zahlung von Alhi stehe jedoch unter dem Vorbehalt des § 107 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X), soweit dem Land Schleswig-Holstein ein Erstattungsanspruch aufgrund der dem Kläger gewährten BAföG-Leistungen zustehe.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 134 Abs 1 Satz 1 Nr 1 und Abs 4 iVm §§ 5, 103 Abs 1 und 103a AFG. Den Rechtsausführungen des LSG könne insbesondere hinsichtlich des Tatbestandsmerkmals der Erreichbarkeit nicht gefolgt werden. Zwar habe das BSG in einer Entscheidung vom 21. April 1993 (11 RAr 25/92 – SozR 3-4100 § 103a Nr 1) ausgeführt, die Verfügbarkeit könne nicht allgemein ausgeschlossen werden, wenn die Arbeitsvermittlung nur unwesentlich beeinträchtigt werde. Dieses sei in dem entschiedenem Fall, in dem Wohnort und Studienort identisch gewesen seien, unterstellt worden. Solche Überlegungen könnten im vorliegenden Fall jedoch nicht durchgreifen, da der Kläger mindestens an drei Wochentagen vormittags durch das Studium in Anspruch genommen worden sei und zudem seinerzeit nicht am Studienort gewohnt habe. Im Hinblick darauf, daß sich die Fachhochschule außerhalb des Nahbereichs des ArbA befinde, sei es dem ArbA nicht möglich gewesen, den Kläger an den genannten Tagen zum Eingang der Briefpost zu erreichen. Die Annahme einer Erreichbarkeit über die Zentrale der Fachhochschule begegne durchgreifenden Bedenken. Von diesen individuellen Faktoren abgesehen, hätten Studenten die Residenzpflicht in der gleichen Weise zu erfüllen, wie andere Arbeitslose. Dies sei schon durch den Gleichheitsgrundsatz nach Art 3 Grundgesetz (GG) geboten. Letztlich seien auch die Überlegungen des LSG zur Widerlegung der Vermutung aus § 103a Abs 1 AFG nicht nachvollziehbar. Das LSG mache diese an der erfolgreichen Ablegung der Zwischenprüfung fest, verkenne aber, daß der Kläger in diesem Zeitraum lediglich arbeitslos gemeldet gewesen sei, nicht aber einer beitragspflichtigen Beschäftigung tatsächlich nachgegangen sei.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des LSG vom 18. Oktober 1994 sowie das Urteil des SG vom 30. November 1989 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er trägt vor, § 1 Aufenthalts-AnO habe mit der Formulierung „der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost” keinen eindeutigen Regelungsinhalt, der von dem Arbeitssuchenden befolgt werden könne und sei damit unwirksam. Einen allgemein üblichen Eingang der Briefpost gebe es im Hinblick auf die völlig unterschiedlichen Zustellungszeiten nicht.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫) einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist iS der Aufhebung und Zurückverweisung (§ 170 Abs 2 Satz 2 SGG) begründet, weil sich – wie schon im ersten Revisionsverfahren – aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG nicht abschließend beurteilen läßt, ob der Kläger für den streitigen Zeitraum vom 7. Juli 1988 bis 14. März 1989 einen Anspruch auf Anschluß-Alhi hat.
1. Das Urteil des LSG verletzt Bundesrecht, weil das LSG Alhi zugesprochen hat, ohne § 107 SGB X zu prüfen. Selbst wenn der Kläger die Anspruchsvoraussetzungen der Alhi erfüllt hätte, ist die Klage unbegründet und abzuweisen, soweit der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte gemäß § 107 SGB X wegen eines Erstattungsanspruchs als erfüllt gilt. Da der Kläger – wie vom LSG bindend festgestellt – ab September 1987 BAföG in Form eines unverzinslichen Darlehens erhielt, kann – wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 21. April 1993 ausgeführt hat – die Erfüllungsfiktion nach § 107 SGB X eingreifen. Denn dem Land Schleswig-Holstein könnte gegen die Beklagte ein Anspruch auf Erstattung zustehen (§§ 11 Abs 2, 21 Abs 3 Ziff 4 BAföG iVm § 1 Nr 1 f BAföG-Einkommens-Verordnung vom 5. April 1988 – BGBl I 505; § 38 Satz 2 BAföG iVm § 104 SGB X). Daß dem Kläger die Förderleistungen als Darlehen gewährt worden sind, schließt die Gleichartigkeit der Leistungen iS des § 104 Abs 1 SGB X nicht von vornherein aus (vgl BSG Urteil vom 29. Juni 1995 – 11 RAr 87/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Soweit ein Erstattungsanspruch besteht, gilt der Anspruch des Klägers gegen die Beklagte nach § 107 Abs 1 SGB X als erfüllt. Dies gilt auch dann, wenn der Erstattungsanspruch von dem nachrangig verpflichteten Leistungsträger nicht geltend gemacht worden ist oder nach § 111 SGB X ausgeschlossen ist; denn § 107 SGB X soll ungerechtfertigte Doppelleistungen verhindern (BSG aaO sowie BSG Urteil vom 29. Juni 1995 – 11 RAr 47/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen). Die Frage, ob und in welcher Höhe dem Land Schleswig-Holstein gegen die Beklagte ein Erstattungsanspruch zusteht, kann auch nicht – wie das LSG gemeint hat – in der Weise unentschieden bleiben, daß die Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von Alhi unter dem Vorbehalt des § 107 SGB X erfolgt. Denn auch bei Erlaß eines Grundurteils muß feststehen, daß ein Anspruch auf eine Mindestgeldleistung vorhanden oder zumindest wahrscheinlich ist (BSG SozR 3-1300 § 104 Nr 3 mwN). Das LSG hätte deshalb zumindest klären müssen, ob dem Kläger selbst bei Abzug eines in Betracht kommenden Erstattungsanspruchs hinsichtlich der BAföG-Leistung noch ein diese Leistungen übersteigender Betrag (ein „Spitzbetrag”) an Alhi zusteht.
2. Darüber hinaus verletzt das Urteil § 103 AFG, soweit das LSG aufgrund der bisher getroffenen Feststellungen angenommen hat, der Kläger sei im streitigen Zeitraum verfügbar gewesen.
a) Nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG steht der Arbeitsvermittlung nur zur Verfügung, wer ua das ArbA täglich aufsuchen kann und für das ArbA erreichbar ist. Das Begriffsmerkmal der „Erreichbarkeit” iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG hat der Verwaltungsrat der Bundesanstalt für Arbeit (BA) in § 1 Satz 1 der Anordnung über den Aufenthalt von Arbeitslosen während des Leistungsbezugs (Aufenthalts-AnO) vom 3. Oktober 1979 in der hier maßgeblichen Fassung vom 25. Juni 1986 (ANBA 1986, 1095) näher umschrieben. Hiernach muß das ArbA den Arbeitslosen während der üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost und der von ihm benannten, für die Zuständigkeit des ArbA maßgeblichen Anschrift erreichen können. War der Kläger – was seine eigenen, im Tatbestand des LSG-Urteils wiedergegebenen Angaben im Zusatzfragebogen für Studenten und Schüler nahelegen – im 3. Semester (ab 3. Oktober 1988) montags und freitags vormittags jeweils durch vier Unterrichtsstunden zeitlich gebunden, steht seine Erreichbarkeit an diesen Tagen in Zweifel.
Sie läßt sich entgegen der Rechtsansicht des LSG nicht schon mit der Erwägung bejahen, bei Studenten seien an die Erreichbarkeit weniger strenge Anforderungen zu stellen, da diese in den Vormittagsstunden, in denen üblicherweise die Post eingehe, regelmäßig Lehrveranstaltungen zu besuchen hätten. Soweit sich das LSG zur Begründung dieser Rechtsansicht darauf beruft, daß ansonsten die Regelung des § 103a Abs 2 AFG leerlaufe, verkennt es den Sinn und Regelungszusammenhang dieser Vorschrift. § 103a Abs 2 AFG läßt die Widerlegung der nach Abs 1 vermuteten Tatsache (Fähigkeit zur Ausübung nur nach § 169b AFG beitragsfreier Beschäftigungen) zu. Sie bezieht sich also nicht auf das hier fragliche Merkmal der Erreichbarkeit iS des § 103 Abs 1 Nr 3 AFG. Außerdem zielt § 103a AFG gerade nicht auf eine Besserstellung von Schülern oder Studenten gegenüber sonstigen Arbeitslosen (BSGE 72, 206, 209 = SozR 3-4100 § 103a Nr 1). Vielmehr beruht sie auf den verfassungsrechtlichen Vorgaben in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 18. November 1986 (BVerfGE 74, 9 = SozR 4100 § 118a Nr 1); hiernach genügt eine Regelung, die den Studierenden ermöglicht, die Vermutung ihrer Nichtverfügbarkeit für die Arbeitsvermittlung zu widerlegen, allen Anforderungen des Art 3 Abs 1 GG. Sowohl in dieser Entscheidung als auch in der Rechtsprechung des BSG (BSGE 62, 166, 171 = SozR 4100 § 103 Nr 39 mwN) ist wiederholt klargestellt worden, daß für die objektive Verfügbarkeit von Studenten grundsätzlich nichts anderes gilt als für die sonstigen Antragsteller.
Soweit das LSG zu § 1 Satz 1 der Aufenthalts-AnO die Auffassung vertreten hat, hieraus sei jedenfalls nicht – wie die Beklagte meine – abzuleiten, daß der Arbeitslose zur üblichen Zeit des Eingangs der Briefpost zu Hause sein müsse, steht dies im Widerspruch zur ständigen Rechtsprechung des BSG (BSGE 58, 104, 106 = SozR 4100 § 103 Nr 36; BSGE 66, 103, 105 = SozR 4100 § 103 Nr 47; SozR 3-4100 § 103 Nr 9 und BSGE 72, 206, 213 = SozR 3-4100 § 103a Nr 1). Danach bedeutet die durch § 1 Satz 1 der Aufenthalts-AnO erfolgte Konkretisierung des Merkmals der „Erreichbarkeit”, daß der Arbeitslose unter der von ihm angegebenen Wohnanschrift täglich zumindest während der üblichen Zeiten des Eingangs der Briefpost auch tatsächlich angetroffen werden kann (BSG SozR 3-4100 § 103 Nr 9 mwN). Wie das BSG wiederholt betont hat, ist es Zweck dieser durch § 1 der Aufenthalts-AnO begründeten Residenzpflicht, im Interesse der Versichertengemeinschaft eine sofortige Vermittelbarkeit des Arbeitslosen sicherzustellen, um den Vorrang der Vermittlung in Arbeit vor der Gewährung von Leistungen wegen Arbeitslosigkeit (§ 5 AFG) Geltung zu verschaffen. Der Arbeitslose soll nur dann Leistungen erhalten, wenn er ohne Verzug das Arbeitsangebot annehmen kann. Dazu muß er sich der Vermittlungstätigkeit des ArbA aktuell, dh für den Tag, für den er Alg (oder Alhi) beansprucht, zur Verfügung halten, weil nur auf diese Weise eine sofortige Vermittlung in Arbeit möglich ist. An den Tagen, an denen der betreffende Arbeitslose nicht erreichbar im geschilderten Sinne ist, wird dieser Zweck verfehlt (vgl BSGE 62, 166, 170 f = SozR 4100 § 103 Nr 39; BSGE 66, 103, 105 = SozR 4100 § 103 Nr 47 sowie SozR 3-4100 § 103 Nr 9).
Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des erkennenden Senats vom 21. April 1993 (BSGE 72, 206, 213 = SozR 3-4100 § 103a Nr 1). Dort wurde für den Fall eines am Wohnort Studierenden erwogen, die Erreichbarkeit auch dann anzunehmen, wenn er zwar vormittags durch die Teilnahme an Lehrveranstaltungen in Anspruch genommen, aber durch die Lage der üblichen Postzustellungszeit und die Lehrveranstaltungen nicht gehindert ist, etwa vor Beginn von Lehrveranstaltungen oder während einer Mittagspause Post zur Kenntnis zu nehmen und das ArbA zu erreichen. Daß hier eine derartige Fallkonstellation vorliegen könnte, ist – jedenfalls auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des LSG – nicht erkennbar. Der Fall des Klägers unterscheidet sich – wie bereits die Beklagte in ihrer Revisionsbegründung geltend gemacht hat – schon dadurch, daß bei ihm (seinerzeit wohnhaft in Heinkenborstel) Wohn- und Studienort gerade nicht identisch waren. Außerdem hat das LSG nicht festgestellt, daß er auch angesichts der (an seinem Wohnsitz) üblichen Postzustellungszeit einerseits und der an mehreren Wochentagen stattfindenden Lehrveranstaltungen andererseits nicht gehindert gewesen wäre, ohne wesentliche Verzögerung briefliche Vermittlungsangebote zur Kenntnis zu nehmen und hierauf unverzüglich zu reagieren.
Geringere Anforderungen bei der Prüfung der Erreichbarkeit iS des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG lassen sich auch nicht – wie das LSG meint – unter Hinweis auf § 2 der Aufenthalts-AnO begründen. Vielmehr ist umgekehrt – wie der erkennende Senat bereits in seiner Entscheidung vom 21. April 1993 (BSGE 72, 206, 213 = SozR 3-4100 § 103a Nr 1) ausgeführt hat – § 2 Satz 2 der Aufenthalts-AnO ein Beleg dafür, daß der Arbeitslose grundsätzlich (Ausnahmen sind in der Aufenthalts-AnO näher geregelt) für die Arbeitsvermittlung zum Zwecke des Vermittelns erreichbar sein muß. Im übrigen hat das LSG auch nicht festgestellt, daß die Voraussetzungen des § 2 der Aufenthalts-AnO bei dem Kläger gegeben waren. Diese Regelung bestimmt, daß der Arbeitslose sich auch an jedem anderen Ort im Nahbereich des ArbA aufhalten kann, wenn er dem ArbA rechtzeitig seine Anschrift für die Dauer seiner Abwesenheit mitgeteilt hat und wie bei Ortsanwesenheit (§ 1 Satz 1) erreichbar ist; zum Nahbereich gehören alle Orte in der Umgebung des ArbA, von denen aus der Arbeitslose erforderlichenfalls in der Lage wäre, das ArbA täglich ohne unzumutbaren Aufwand zu erreichen. Das LSG hat noch nicht einmal festgestellt, daß der Studienort des Klägers (Kiel) in diesem Sinne zum Nahbereich des ArbA gehörte.
Nicht gefolgt werden kann ferner der Rechtsauffassung des LSG, für eine Erreichbarkeit des Klägers während seines Aufenthalts in der Fachhochschule reiche aus, daß er über die Zentrale der Fachhochschule telefonisch erreichbar gewesen sei; damit habe er unmittelbare Mitteilungen des ArbA oder eine Benachrichtigung seiner Ehefrau über einen Posteingang entgegennehmen und erforderlichenfalls das ArbA aufsuchen können. Nach den einschlägigen Vorschriften ist es Sache des Arbeitslosen, seine Erreichbarkeit für briefliche Mitteilungen des ArbA sicherzustellen. Dagegen ist es nicht Aufgabe des ArbA, den von seinem angegebenen Wohnort zeitweise abwesenden Arbeitslosen „aufzuspüren”, um ihn irgendwie zu erreichen. Dies hat das BSG wiederholt klargestellt und deshalb auch in Fällen des Wohnortwechsels selbst dann die Erreichbarkeit verneint, wenn dem ArbA durch Postrücklauf die neue Anschrift des Arbeitslosen bekannt wurde oder der Arbeitslose postalisch mit Hilfe eines Nachsendeauftrags oder durch Vermittlung eines Familienangehörigen erreichbar war (vgl BSGE 58, 104, 108 = SozR 4100 § 103 Nr 36; BSGE 66, 103, 104 f = SozR 4100 § 103 Nr 47; nicht veröffentlichtes BSG-Urteil vom 14. September 1995 – 7 RAr 14/95 –). Da es nicht auf die telefonische, sondern auf die postalische Erreichbarkeit des Arbeitslosen an seinem Wohnort ankommt, erübrigen sich auch weitere Ausführungen zu der Annahme des LSG, der Kläger sei „jederzeit” über die Zentrale der Fachhochschule fernmündlich erreichbar gewesen (vgl BSGE 44, 188, 189 = SozR 4100 § 103 Nr 8; BSGE 58, 104, 106 = SozR 4100 § 103 Nr 36 – Zur Entwicklungsgeschichte des § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 3 AFG).
Soweit schließlich der Kläger in seiner Revisionserwiderung nunmehr geltend macht, es gebe keinen allgemeinen „üblichen Eingang der Briefpost” mehr und von daher sei § 1 Satz 1 der Aufenthalts-AnO nicht durch die Ermächtigung in § 103 Abs 5 Satz 1 AFG gedeckt, handelt es sich um neuen Tatsachenvortrag, der gemäß § 163 SGG im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden kann. Das LSG wird jedoch gegebenenfalls bei der Prüfung der Erreichbarkeit des Klägers iS des § 103 Abs 1 Nr 3 AFG und der hierzu noch nachzuholenden Feststellungen aufzuklären haben, ob tatsächlich in der streitigen Zeit von Juli 1988 bis März 1989 die Postzustellung bei dem Kläger derart unregelmäßig war.
b) Nach § 103 Abs 1 Satz 1 Nr 1 AFG in der seit dem 1. Januar 1988 gültigen Fassung steht der Arbeitsvermittlung nur zur Verfügung, wer bereit und in der Lage ist, eine zumutbare, die Beitragspflicht begründende Beschäftigung aufzunehmen. Das LSG hat angenommen, der Kläger habe diese Anspruchsvoraussetzungen im streitigen Zeitraum erfüllt. Es hat aber lediglich insoweit Feststellungen getroffen, als es ausgeführt hat, in dem Teilzeitrahmen von 20 Stunden wöchentlich und unter Berücksichtigung der vom Kläger gewählten Verteilung der Arbeitszeit seien Arbeitsplätze in nennenswerter Zahl vorhanden gewesen. Damit ist nur eines der erforderlichen Tatbestandmerkmale angesprochen, nämlich die Frage, ob der Kläger eine nicht nur kurzzeitige Beschäftigung „unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes” ausüben konnte und durfte.
§ 103 AFG setzt aber weiter voraus, daß der Arbeitslose bereit und in der Lage sein muß, eine die Beitragspflicht begründende Beschäftigung auszuüben. Nach der Rechtsprechung des BSG zur Beitragspflicht von Studenten kommt es insoweit auf das sog „Erscheinungsbild” als Arbeitnehmer oder Student an. Trotz der Hinweise im ersten Revisionsurteil hat das LSG nicht ausreichend festgestellt, ob sich bei dem Kläger nach den gesamten tatsächlichen Verhältnissen das Erscheinungsbild eines Studenten oder eines Arbeitnehmers ergibt. Dem Urteil des LSG kann in diesem Zusammenhang lediglich entnommen werden, daß der Kläger objektiv und subjektiv für eine Teilzeitbeschäftigung von 20 Stunden wöchentlich zur Verfügung gestanden hat, wobei zwischen der Zeit während und außerhalb des Semesters nicht unterschieden wurde. Dieser zeitliche Umfang der angebotenen Tätigkeit ist aber noch keine ausreichende Grundlage für die Annahme, daß eine entsprechende Beschäftigung beitragspflichtig gewesen wäre. Wie bereits im ersten Revisionsurteil ausgeführt worden ist, besteht auch für Beschäftigungszeiten während des Semesters – und erst recht während der vorlesungsfreien Zeiten bzw den Semesterferien – nicht ohne weiteres Beitragspflicht, selbst wenn eine wöchentliche Arbeitszeit von 20 Stunden überschritten wurde. Vielmehr gilt lediglich, daß die Überschreitung der 20-Stundengrenze ein wesentliches Indiz für die Versicherungspflicht eines Studenten darstellt (vgl BSGE 50, 25, 27 = SozR 2200 § 172 Nr 14; SozR 3-2200 § 172 Nr 2).
Da vorliegend die Feststellungen des LSG nicht ergeben, ob der Kläger zu einer Beschäftigung von mehr als 20 Wochenstunden bereit und in der Lage war, wäre es um so mehr erforderlich gewesen, zur Frage seines Erscheinungsbildes als Student oder als Arbeitnehmer nähere Feststellungen zu treffen. Dabei kommt es insbesondere darauf an, ob die Arbeitszeit den Erfordernissen des Studiums so angepaßt und untergeordnet ist, daß die Arbeitnehmertätigkeit deutlich hinter dem Studium zurücktritt. Von welcher wöchentlichen Gesamtbelastung durch das Studium in der fraglichen Zeit auszugehen ist, kann aufgrund der bisherigen Feststellungen des LSG ebenfalls nicht abschließend beurteilt werden. Hierfür genügt nicht allein der Rückgriff auf die Angaben des Klägers, der für das hier maßgebende 3. Semester in dem „Zusatzfragebogen für Studenten und Schüler” erläutert hat, daß er durch sein Studium nur mit insgesamt 11 Unterrichtsstunden wöchentlich beansprucht gewesen sei. Denn es kommt nicht nur auf die reinen Vorlesungsstunden an, sondern auch auf die Zeiten erforderlicher Vor- und Nachbereitung (vgl BSGE 44, 164, 168 = SozR 4100 § 134 Nr 3).
Ob der Kläger in der streitigen Zeit bereit und in der Lage war, eine beitragspflichtige Beschäftigung auszuüben, ist demnach immer noch offen. Hieran vermögen auch die Ausführungen des LSG zu der Widerlegung der Vermutung nach § 103a Abs 2 AFG nichts zu ändern; denn zum Erscheinungsbild des Klägers sagen sie nichts aus. Im übrigen ist, wie die Beklagte zu Recht rügt, die Annahme des LSG nicht nachvollziehbar, wonach die Vereinbarkeit vom ordnungsgemäßen Studium und praktischer Tätigkeit dadurch bestätigt werde, daß er den im streitigen Zeitraum laufenden Ausbildungsabschnitt durch Ablegung der Zwischenprüfung erfolgreich abgeschlossen habe. Dies ergäbe nur dann einen Sinn, wenn der Kläger in der streitigen Zeit zusätzlich zum Studium eine Erwerbstätigkeit ausgeübt hatte. Zwischen den Beteiligten war aber bislang nie streitig, daß er in der fraglichen Zeit nicht gearbeitet hat. Sonst würde der geltend gemachte Anspruch auf Alhi bereits hieran scheitern.
Das LSG hat schließlich auch den Hinweis im ersten Revisionsurteil nicht beachtet, daß es für die Widerlegung der Vermutung auf die Ausbildungsanforderungen ankommt, so wie sie sich objektiv nach den maßgeblichen Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen ergeben. Über die objektiven Ausbildungsanforderungen für Studenten der Sozialpädagogik, die – wie der Kläger – in den Anfangssemestern stehen und zuvor eine Erzieherausbildung absolviert haben, wurden auch im zweiten Berufungsverfahren keine Feststellungen getroffen. So wurde eine diesbezügliche Anfrage offenbar versehentlich an die Erziehungswissenschaftliche Fakultät der Christian-Albrecht-Universität zu Kiel gerichtet, obwohl aus deren Antwortschreiben zu ersehen war, daß nicht diese für das in der fraglichen Zeit absolvierte Fachhochschulstudium der Sozialpädagogik zuständig ist, sondern die Fachhochschule für Sozialwesen in Kiel. Nähere Feststellungen zu den objektiven Ausbildungsanforderungen, wie sie sich aus den maßgeblichen Ausbildungs- und Prüfungsbestimmungen ergeben, sind auch nicht im Hinblick auf die vom LSG in Bezug genommene Aussage des sachverständigen Zeugen Prof. Dr. J. … entbehrlich. Denn dieser hat sich nur in allgemeiner Form über die aus seiner Sicht gegebene Vereinbarkeit des Fachhochschulstudiums im Fachbereich Sozialpädagogik mit einer Arbeitstätigkeit neben dem Studium geäußert. Nachvollziehbare Einzelheiten über die Ausbildungsanforderungen sind daraus nicht zu entnehmen.
Auf die Revision der Beklagten war daher zur Nachholung der erforderlichen Feststellungen der Rechtsstreit erneut an das LSG zurückzuverweisen. Das LSG wird im Rahmen der neuen Entscheidung wiederum über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen