Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung von Unfallversicherungsbeiträgen als versicherungspflichtiger Unternehmer
Beteiligte
…, Kläger und Revisionskläger |
Bau-Berufsgenossenschaft Hamburg,Hamburg, Holstenwall 8-9, Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der Kläger wendet sich gegen die Festsetzung von Unfallversicherungsbeiträgen als versicherungspflichtiger Unternehmer für die Jahre 1985 bis Juni 1990.
Der im Jahre 1949 geborene Kläger betreibt seit dem Jahre 1979 ein Unternehmen für Fassadenverkleidungen und Montagearbeiten. Während zunächst nur der Kläger in seinem Betrieb tätig war, beschäftigt er seit dem Jahre 1985 einen Arbeitnehmer. Eine Anmeldung zur Unfallversicherung unterblieb bei Eröffnung des Gewerbebetriebes. Mit einem am 14. Mai 1990 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben meldete der Kläger formlos Lohn- und Gehaltssummen für das Kalenderjahr 1989 an. Auf Nachfrage erklärte er, ihm sei bei der Gewerbeanmeldung auf dem zuständigen Amt in Malente erklärt worden, die Berufsgenossenschaft (BG) werde sich nach Erhalt der Durchschrift der Gewerbeanmeldung bei ihm melden.
Auf Veranlassung der Beklagten meldete der Kläger im Juni 1990 sein Unternehmen förmlich an. Nach entsprechender Belehrung beantragte er am 22. Juni 1990 die Befreiung von der in der Satzung der Beklagten vorgesehenen Unternehmerpflichtversicherung. Die Beklagte stellte einen Mitgliedschein aus, veranlagte den Kläger mit Bescheid vom 6. Juli 1990 zu den für seinen Betrieb maßgeblichen Gefahrenklassen, stellte mit weiterem Bescheid vom 6. Juli 1990 eine Beitragsberechnung für die Jahre 1985 bis 1989 in Höhe von 5.429,35 DM auf und forderte mit Bescheid vom selben Tag Beitragsvorschüsse für das Jahr 1990 in Höhe von 850,00 DM.
Im Widerspruchsverfahren machte der Kläger geltend, sein Befreiungsantrag vom 22. Juni 1990 beziehe sich auch auf den Zeitraum ab dem Jahre 1985. Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 19. September 1990 den Rechtsbehelf des Klägers zurück. Der Befreiungsantrag sei erst zum 30. Juni 1990 wirksam geworden. Die erhobenen Beitragsansprüche für die zurückliegende Zeit seien weder verjährt noch verwirkt.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 5. April 1991). Der Kläger sei kraft Satzung von 1979 bis 30. Juni 1990 als Unternehmer versichert gewesen. Die dafür von der Beklagten ab dem Jahre 1985 festgesetzten Beiträge seien weder verjährt noch verwirkt. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 21. August 1992). Mit der Eröffnung seines Gewerbebetriebes sei der Kläger Mitglied der Beklagten geworden, nach deren Satzung die Versicherung sich auch auf Unternehmer erstrecke. Die damit entstandene Beitragspflicht zur Unternehmerversicherung sei auch nicht für den Zeitraum ab dem Jahre 1985 erloschen oder - etwa aufgrund eines sozialrechtlichen Wiederherstellungsanspruchs - als erloschen anzusehen. Für einen sozialrechtlichen Herstellungsanspruch fehle die pflichtwidrige Verletzung einer Aufklärungspflicht durch die Beklagte über die Möglichkeit einer Befreiung von der Unternehmerversicherung. Der Beklagten seien auch weder die vom Kläger behauptete unrichtige Belehrung durch das Ordnungsamt noch dessen Kenntnis von der Eröffnung des Unternehmens zuzurechnen. Ebensowenig liege in der rückwirkenden Beitragserhebung eine unzulässige Rechtsausübung durch die Beklagte vor. Der Kläger habe - auch ohne Beitragsleistungen - unter Versicherungsschutz gestanden. Das Bestehen einer Beitragsforderung sei nicht vom Eintritt eines Risikofalles abhängig. Deshalb sei es auch im sozialversicherungsrechtlichen Bereich für den Versicherten grundsätzlich nicht möglich, rückwirkend eine Entscheidung über einen Versicherungsschutz zu treffen.
Mit der - vom LSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Er habe sich mit seiner Handlungsweise im Rahmen der Vorschriften der Reichsversicherungsordnung (RVO) iVm § 43 der Satzung der Beklagten bewegt. Denn er habe sich sofort von der Versicherungspflicht befreien lassen, nachdem er von der Möglichkeit hierzu Kenntnis erlangt habe. Die Beklagte habe ihn am 14. Juni 1990 belehrt. Am 22. Juni 1990 habe er die Befreiung von der Versicherung beantragt. Demgegenüber stelle das LSG nicht gesetzeskonform darauf ab, daß die Beklagte nur dann über die Möglichkeit eines Befreiungsantrags hätte belehren können, wenn sie von seiner Mitgliedschaft Kenntnis gehabt hätte. Das LSG halte ihm in diesem Zusammenhang seine Verpflichtung aus § 661 RVO entgegen, bei der Aufnahme seines Unternehmens bei der Beklagten Anzeige erstatten zu müssen, und weise ihm "die Schuld zu mit der Begründung, daß er als Unternehmer von dieser Mitgliedschaft habe Kenntnis haben müssen". Dies bedeute im Umkehrschluß, daß er ebenso hätte wissen müssen, daß er sich hätte befreien lassen können. Auf jeden Fall hätte er zu jedem Zeitpunkt von seiner Befreiungsmöglichkeit Gebrauch gemacht. Es wäre sodann nicht zu einer Versicherung gekommen. Die Beklagte könne sich auch nicht darauf berufen, daß sie Leistungen hätte erbringen müssen, wäre ihm in den Jahren 1985 bis 1989 etwas zugestoßen. Tatsächlich hätte er sich im Falle eines Unfalls gar nicht an die Beklagte gewandt, da er von einer Mitgliedschaft, wie es sie das Berufungsgericht konstruiere, nichts gewußt habe. Die Beklagte sei ihrerseits keinerlei Ansprüchen ausgesetzt. Es sei daher eine unzulässige Rechtsausübung, für den hier zur Beurteilung stehenden Zeitraum rückwirkend Beiträge zu verlangen.
Der Kläger beantragt,
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das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Landessozialgerichts vom 21. August 1992 aufzuheben und zu erkennen, daß die Bescheide der Beklagten vom 6. Juli 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. September 1990 aufzuheben sind. |
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Die Beklagte beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).
II
Die Revision ist unbegründet.
Der Senat geht davon aus, daß Streitgegenstand die in den angefochtenen Bescheiden vom 6. Juli 1990 idF des Widerspruchsbescheides vom 19. September 1990 eingeforderten Beiträge und Vorschüsse für die Unternehmerversicherung des Klägers sind, nicht jedoch die in diesen Bescheiden auch - nach den Angaben des Klägers - berechneten Arbeitnehmerbeiträge. Dies ist den Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) ebenso wie den Ausführungen der Beteiligten in der Revisionsinstanz zu entnehmen.
Die Vorinstanzen haben zutreffend entschieden, daß der Kläger seit dem Jahre 1979 bis zum 30. Juni 1990 bei der Beklagten als Unternehmer versichert war und daß die angefochtenen Bescheide der Beklagten, soweit darin Beiträge und Beitragsvorschüsse zur Unternehmerversicherung für die Jahre 1985 bis 1990 festgesetzt sind, rechtmäßig sind.
Der Kläger ist mit der Eröffnung seines Unternehmens für Fassadenverkleidungen und Montagearbeiten im Jahre 1979 Mitglied der für ihn sachlich und örtlich zuständigen BG, nämlich der Beklagten geworden (§§ 658, 659 RVO). Auf der Grundlage der Ermächtigung in § 543 Abs 1 RVO hat die Beklagte in § 43 Abs 1 ihrer Satzung in der ab 8. August 1978 geltenden Fassung die Unternehmer in die Versicherungspflicht der gesetzlichen Unfallversicherung einbezogen und in Abs 2 dieser Bestimmung dem Unternehmer das Recht eingeräumt, sich auf schriftlichem Antrag von der Versicherung befreien zu lassen. Gegen diese durch Satzungsrecht begründete Zwangsmitgliedschaft in der gesetzlichen Unfallversicherung auch der selbständigen Unternehmer und die damit verbundenen Beitragsverpflichtungen bestehen keine rechtlichen, insbesondere keine verfassungsrechtlichen Bedenken (BSG Urteil vom 18. Oktober 1984 - 2 RU 51/83 - Breithaupt 1987, 924, 926; BSG Beschluß vom 1. Februar 1985 - 9b BU 76/84 -; BVerfG SozR 2200 § 543 Nr 6).
Die satzungsmäßige Versicherungspflicht tritt mit der Erfüllung der in der Satzung vorgesehenen Voraussetzungen ein. Liegt - wie hier - insoweit keine besondere Satzungsregelung vor, so beginnt die Unternehmerversicherung mit dem Tätigwerden als Unternehmer (BSGE 31, 47, 50; Benz, Die Unternehmerversicherung in der gesetzlichen Unfallversicherung, 1978, S 48; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 11. Aufl, S 477 f; Lauterbach/Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, § 543 Anm 1). Auch die satzungsmäßige Unternehmerversicherung ist eine Pflichtversicherung (Podzun, Der Unfallsachbearbeiter, 3. Aufl, Kennzahl 305 S 10). Ihr Umfang ist, wenn keine besonderen Satzungsbestimmungen bestehen, der gleiche wie bei der Unternehmerversicherung kraft Gesetzes (Benz aaO S 49). Es bedarf also nicht eines Antrags des Unternehmers wie bei der freiwilligen Versicherung (Brackmann aaO S 477 f). Hiervon ausgehend unterlag der Kläger mit dem Beginn seiner Tätigkeit im Jahre 1979 der Versicherungspflicht. Die Anmeldung des Unternehmens bei der Beklagten zum späteren Zeitpunkt hatte keine rechtsbegründende Wirkung, sondern lediglich Ordnungsfunktion (Podzun aaO; Lauterbach/Watermann aaO § 543 Anm 7a).
Diese sachlich-begründete Unternehmerversicherung des Klägers endete durch seinen Befreiungsantrag vom 19. Juni 1990 mit Ablauf des 30. Juni 1990 und nicht- wie die Revision meint - rückwirkend bis zum Jahre 1985. Zwar kann nach § 43 Abs 2 der Satzung der Beklagten der Unternehmer jederzeit verlangen, von der Unfallversicherung als Unternehmer befreit zu werden. Hierzu bedarf es aber eines schriftlichen Antrags. Nach § 47 Abs 1 Satz 1 der Satzung endet sodann die Versicherung mit Ablauf des Monats der Antragstellung. Eine Rückwirkung ist nicht vorgesehen. Das Versicherungsverhältnis besteht damit so lange, bis der Unternehmer durch schriftlichen Antrag der "ferneren Versicherung" widerspricht (s dazu zum formal-rechtlichen Versicherungsverhältnis: RVA in AN 1916, 610, 613; BSGE 36, 71, 73).
Der Kläger ist auch nicht aufgrund des von der Rechtsprechung entwickelten sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs (s BSGE 60, 158, 164 mwN) so zu stellen, als ob er bei Eröffnung seines Unternehmens im Jahre 1979 einen Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht gemäß § 43 Abs 2 der Satzung der Beklagten gestellt hätte. Voraussetzung hierfür ist, daß die Beklagte eine dem Kläger gegenüber bestehende Aufklärungspflicht verletzt hat und die Pflichtverletzung ursächlich für einen dadurch eingetretenen sozialrechtlichen Schaden ist (s BSGE aaO mit umfangreichen Rechtsprechungshinweisen). Es kann hier offenbleiben, ob dem Kläger überhaupt ein sozialrechtlicher Schaden entstanden ist. Jedenfalls hat die Beklagte - wie das LSG zutreffend festgestellt hat - eine dem Kläger gegenüber obliegende Aufklärungspflicht nicht verletzt. Die Beklagte hatte bis zum Eingang der ersten formlosen Lohnmeldung des Klägers im Mai 1990 keine Kenntnis von der Eröffnung des Unternehmens im Jahre 1979 und von der kraft ihrer Satzung bestehenden Unternehmerversicherung des Klägers. Ihre Unkenntnis beruhte darauf, daß der Kläger seiner nach § 661 RVO obliegenden gesetzlichen Verpflichtung, die für die Mitgliedschaft maßgebenden Tatsachen der Beklagten innerhalb von zwei Wochen nach der Unternehmenseröffnung unmittelbar anzuzeigen, nicht nachgekommen war. Die Beklagte hatte nach den Feststellungen des LSG auch keine anderweitigen Informationen oder Hinweise über die Unternehmenseröffnung erhalten. Der Kläger ist bis zum Mai 1990 nicht einmal seiner Verpflichtung nachgekommen, für den von ihm seit dem Jahre 1985 beschäftigten Arbeitnehmer Lohnnachweise einzureichen (§ 741 Abs 1 RVO iVm § 25 Abs 1 der Satzung der Beklagten).
Mit der Gewerbeanmeldung bei der zuständigen Gemeindeverwaltung ist den Erfordernissen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht Genüge getan. Die Gemeindebehörden nehmen bei Vollzug der Gewerbeordnung im Zusammenhang mit der Eröffnung eines Gewerbes keine Aufgaben der gesetzlichen Unfallversicherung wahr. Die Gewerbeanmeldung nach den Vorschriften der Gewerbeordnung ersetzt nicht die gemäß § 611 RVO gegenüber dem zuständigen Unfallversicherungsträger zu erstattende Anzeige des Unternehmers, selbst wenn man davon ausgeht, daß die Gewerbeämter gehalten sind, den Landesverbänden der gewerblichen BGen eine Abschrift der Gewerbeanmeldung zu übersenden (BSG SozR 2200 § 545 Nr 8). Es handelt sich hierbei um eine verwaltungsinterne Regelung, die Kontrollzwecken dient und bei der nicht gewährleistet ist, daß die Anmeldung vollständig und innerhalb einer angemessenen Frist beim zuständigen Versicherungsträger zugeht. Unterläßt daher der Unternehmer die Anzeige nach § 661 RVO, so kann er nicht darauf vertrauen, daß die zuständige BG innerhalb der Frist des § 661 RVO Kenntnis von der Unternehmenseröffnung erhält und ihn über seine satzungsgemäßen Mitgliedschaftsrechte, insbesondere über das Recht auf Befreiung von der Versicherungspflicht aufklärt (Lauterbach/Watermann aaO § 661 Anm 6 Buchst b).
Insoweit ist auch keine andere rechtliche Beurteilung möglich, wenn man dem Vortrag des Klägers folgend davon auszugehen hätte, daß ihm bei der Gewerbeanmeldung vom Ordnungsamt gesagt worden sei, die BG würde durch das Ordnungsamt benachrichtigt werden und sich bei ihm melden. Nach der Rechtsprechung des Senats hat der Versicherungsträger auch für ein pflichtwidriges Verhalten der Gemeinde einzustehen, soweit die Gemeinde in den Verwaltungsablauf des Versicherungsträgers eingebunden ist (Urteil vom 22. September 1988 - 2/9b RU 36/87 - SozR 2200 § 545 Nr 8). So ist die Gemeinde zwar kraft des in § 16 Abs 1 Sozialgesetzbuch - Erstes Buch - (SGB I) enthaltenen Auftrags verpflichtet, etwa bei der Gewerbeanmeldung auch Anträge entgegenzunehmen, die das Sozialrechtsverhältnis in irgendeiner Weise betreffen. Einen solchen das Versicherungsverhältnis zum beklagten Unfallversicherungsträger berührenden Antrag hat der Kläger nach den Feststellungen des LSG nicht gestellt. Unrichtige oder unvollständige Auskünfte der Gemeinde bei der Gewerbeanmeldung sind der BG jedoch nicht zuzurechnen; insoweit fehlt es grundsätzlich an der Einbindung der Gemeinde in den Verwaltungsablauf des Unfallversicherungsträgers. Darüber hinaus hat der Senat in der oa Entscheidung unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts [BSG] (BSGE 62, 96, 99; s auch Krasney BKK 1985, 380, 384) ausdrücklich betont, daß das möglicherweise pflichtwidrige Verhalten der Gemeinde für den Herstellungsanspruch "unbeachtlich" werden kann, wenn der Betreffende selbst die Möglichkeiten zur Aufklärung grob fahrlässig nicht nutzt. Hier hätte der Kläger zumindest nach Ablauf weniger Wochen erkennen können, daß eine Abschrift der Gewerbeanmeldung bei der Beklagten offenbar nicht eingegangen war und daß nunmehr die Einholung einer Auskunft über das Unfallversicherungsverhältnis beim Versicherungsträger geboten gewesen wäre.
Der von der Beklagten geltend gemachte Beitragsanspruch für die bis zum 30. Juni 1990 bestehende Unternehmerversicherung des Klägers ist nicht verjährt. Die Beklagte hat in ihrem Beitragsbescheid vom 6. Juli 1990 unter Berücksichtigung der Verjährungsfristen des § 25 des Vierten Buches des Sozialgesetzbuches [SGB IV] (s Schwampe BG 1982, 641 und 1984, 464 sowie Schwerdtfeger BG 1984, 463) die Beiträge für die Zeit ab dem Jahre 1985 festgesetzt. Insoweit erhebt die Revision keine Rügen. Daher kann auch offenbleiben, ob die Verjährung von Beitragsforderungen von Amts wegen und nicht erst auf Einrede des Beitragsschuldners zu berücksichtigen ist (s BSGE 56, 266, 269; 67, 290, 293).
Das LSG hat schließlich zutreffend entschieden, daß die rückwirkende Beitragserhebung durch die Beklagte nicht rechtsmißbräuchlich erfolgt ist. Das BSG hat in ständiger Rechtsprechung für den Bereich des Sozialrechts entschieden, daß die Ausübung einer an sich gegebenen Rechtsmacht sich als unzulässige Rechtsausübung darstellt, wenn sie nicht mehr im Rahmen der rechtsethischen und sozialen Funktion des Rechts liegt und somit nur mehr formal, nicht aber sachlich Rechtsausübung ist (BSGE 46, 187, 189 mwN). Die Revision meint zu Unrecht, hierzu müßte die rückwirkende Beitragserhebung gerechnet werden, weil die Beklagte durch seine - des Klägers - Unkenntnis von der Unternehmerversicherung keinerlei Ansprüchen ausgesetzt gewesen sei. Die - entgegen der Verpflichtung des Klägers aus § 661 RVO - fehlende Anzeige seines Unternehmens bei der Beklagten als der zuständigen BG schloß seinen Versicherungsschutz nicht aus. Seine Mitgliedschaft und der damit verbundene Versicherungsschutz begann - wie oben dargelegt - mit der Eröffnung des Unternehmens. Während des gesamten Zeitraums hat die Beklagte das Risiko für die Entschädigung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten getragen. Selbst wenn den Feststellungen des LSG zu entnehmen ist, daß der Kläger keinesfalls beabsichtigt hätte, die Beklagte in Anspruch zu nehmen, so kann nicht davon ausgegangen werden, daß etwaige Hinterbliebene im Falle eines tödlichen Arbeitsunfalls den gleichen Verzicht geübt hätten. Unabhängig von der Kenntnis des Klägers über das Versicherungsverhältnis haben sein Versicherungsschutz einerseits und seine Beitragspflicht andererseits bis zu dem Zeitpunkt bestanden, an dem sein Befreiungsantrag wirksam wurde. Das war nach den Feststellungen des LSG der 30. Juni 1990.
Nach alledem ist die Revision des Klägers unbegründet. Er hat für die Zeit von 1989 bis zum 30. Juni 1990 die der Höhe nach nicht gerügten Beiträge zur Unternehmerversicherung zu leisten.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen
Haufe-Index 517834 |
Breith. 1994, 445 |