Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 31.01.1992) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 31. Januar 1992 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit der in § 5 Abs 2 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) vorgesehenen Anrechnung des Ehegatteneinkommens auf das ab Beginn des 7. Lebensmonats des Kindes zu zahlende Erziehungsgeld (ErzG).
Die Klägerin lebt mit ihrem Ehemann zusammen. Das beklagte Land bewilligte ihr für ihr am 18. Mai 1988 geborenes Kind ErzG nach dem BErzGG für die Zeit nach Auslaufen des Mutterschaftsgeldes bis zur Vollendung des 6. Lebensmonats des Kindes in Höhe von monatlich 600,– DM, für die Zeit ab Beginn des 7. Lebensmonats bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats aber nur noch in Höhe von monatlich 458,– DM, weil es in Höhe von 142,– DM monatlich Einkommen des Ehemannes anrechnete (Bescheid vom 28. Juni 1988, Widerspruchsbescheid vom 28. Oktober 1988). Klage und Berufung, mit denen sich die Klägerin gegen die Anrechnung des Ehegatteneinkommens wandte, blieben erfolglos (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ vom 6. September 1989; Urteil des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Rheinland-Pfalz vom 16. März 1990). Auf die Revision der Klägerin hat das Bundessozialgericht (BSG) mit Urteil vom 20. Dezember 1990 – 4 REg 11/90 – (SozR 3-7833 § 6 Nr 1) das Urteil des LSG aufgehoben und die Sache an das LSG zur Feststellung zurückverwiesen, ob die Klägerin selbst im Jahre 1986 andere Einkünfte als solche aus selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit gehabt hat. Nach negativer Feststellung hat das LSG die Berufung der Klägerin erneut zurückgewiesen (Urteil vom 31. Januar 1992). Die Anrechnung des Ehegatteneinkommens sei auch im Hinblick darauf, daß eine Anrechnung bei Partnern einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft nicht stattfinde, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.
Dagegen wendet sich die Klägerin mit der vom LSG zugelassenen Revision. Sie vertritt weiterhin ihre Auffassung, daß die Anrechnung des Ehegatteneinkommens gegen Art 6 Abs 1 iVm Art 3 Abs 1 Grundgesetz (GG) verstoße, weil die Ehe dadurch schlechter gestellt werde als nichteheliche Lebensgemeinschaften.
Die Klägerin beantragt,
die angefochtenen Urteile aufzuheben und das beklagte Land in Abänderung der Bescheide vom 28. Juni 1988 und 28. Oktober 1988 zu verurteilen, ErzG vom 18. November 1988 bis zum 17. Mai 1989 in ungekürzter Höhe zu zahlen,
hilfsweise,
das Verfahren auszusetzen und den Rechtsstreit nach Art 100 Abs 1 GG dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) vorzulegen.
Das beklagte Land beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung zugestimmt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
1) Der aus § 170 Abs 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) abgeleitete Grundsatz der Selbstbindung des Revisionsgerichts an eine in derselben Sache erfolgte rückverweisende Entscheidung (SozR 1500 § 160 Nr 53; zu dem hier nicht betroffenen Ausnahmefall einer zwischenzeitlich erfolgten Änderung der Rechtsprechung vgl die Entscheidung des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 6. Februar 1973 BSGE 35, 293, 298) hindert den Senat nicht, die streitige Regelung als verfassungsgemäß anzusehen. Denn die in der rückverweisenden Entscheidung geäußerte Rechtsauffassung bindet nur, soweit sie die zurückverweisende Entscheidung trägt (vgl BSG SozR Nrn 4, 10, 13 zu § 170 SGG und BSG Urteil vom 7. Dezember 1989 – 4 RA 52/89 – SozSich 1990, 225). Der 4. Senat hat zur Begründung der Rückverweisung ausgeführt: „Da – was der Tatsacheninstanz vorbehalten ist – nicht festgestellt ist, ob und gegebenenfalls in welcher Höhe die Klägerin im Jahre 1986 Einkommen (§ 6 BErzGG) erzielt hat, das uU – ungeachtet des Einkommens ihres Ehemannes – das ErzG mindern könnte, kann derzeit noch nicht beurteilt werden, ob das beklagte Land zu Recht das ErzG ab dem 18. November 1988 auf 458,00 DM je Lebensmonat des Kindes gemindert hat und ob es hierfür auf die – höchstrichterlich noch ungeklärte – Frage der Verfassungsmäßigkeit der Anrechnung des Einkommens des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten ankommt” (Urteil vom 20. Dezember 1990 aaO).
Es mag sein, daß der 4. Senat der Auffassung war, daß die Anrechnung des Einkommens des nicht dauernd getrennt lebenden Ehegatten verfassungswidrig ist, und daß er gewillt war, die Entscheidung des BVerfG einzuholen, wenn die Feststellungen des LSG keine anderen Einkünfte als die aus Erwerbstätigkeit ergaben. Hierfür spricht die Überlegung, daß der 4. Senat vermutlich die Klage endgültig abgewiesen hätte, wenn er die Regelung als noch verfassungsmäßig angesehen hätte. Ob die dem rückverweisenden Urteil anscheinend zugrunde liegende Rechtsauffassung zutreffend ist, daß in einem solchen Fall der Grundsatz der Subsidiarität der Verfassungsbeschwerde eine Rückverweisung rechtfertigt, ist fraglich. Ein solcher Rechtssatz erscheint schon deshalb bedenklich, weil er die Beteiligten mit den Kosten eines weiteren Revisionsverfahrens belastet. Selbst wenn der 4. Senat bei der Prüfung der Begründetheit der damaligen Revision nach § 170 Abs 1 SGG nur zwischen den zwei Alternativen hätte wählen dürfen, die Anrechnung des Ehegatteneinkommens entweder zu billigen und dann die Klage endgültig abzuweisen, oder die Anrechnung als verfassungswidrig anzusehen und dann die Entscheidung des BVerfG einzuholen, könnte dies eine Auslegung des rückverweisenden Urteils dahin, daß die Verfassungswidrigkeit und die Vorlagepflicht nicht offen geblieben, sondern denknotwendig als rechtliche Voraussetzung einer Rückverweisung bejaht worden sei, nicht rechtfertigen. Denn der 4. Senat hat die Frage der Verfassungswidrigkeit ausdrücklich offen gelassen.
In der Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften des BErzGG folgt der Senat der rückverweisenden Entscheidung, die insoweit Bindungswirkung entfaltet. Der Anspruch der Klägerin auf ErzG richtet sich nach § 1 Abs 1 Nrn 1 bis 4 BErzGG idF vom 6. Dezember 1985 (BGBl I S 2154), dessen Voraussetzungen unter den Beteiligten hier nicht streitig sind. Für Kinder, die – wie hier – nach dem 31. Dezember 1987, aber vor dem 1. Juli 1989 geboren sind (§ 4 Abs 1 Satz 2 BErzGG idF der Bekanntmachung vom 25. Juli 1989 – BGBl I S 1550 –), wird das ErzG vom Tage der Geburt bis zur Vollendung des 12. Lebensmonats gewährt (§ 4 Abs 1 BErzGG idF vom 6. Dezember 1985 aaO). Nach § 5 Abs 2 Satz 1 BErzGG wird das ErzG vom Beginn des 7. Lebensmonats an gemindert, wenn das nach § 6 BErzGG maßgebliche Einkommen bei Verheirateten, die von ihrem Ehegatten nicht dauernd getrennt leben, 29.400,– DM und bei anderen Berechtigten 23.700,– DM übersteigt. Nach § 5 Abs 3 BErzGG mindert sich das ErzG um den 12ten Teil von 40 vH des die vorgenannten Grenzen übersteigenden Einkommens, so daß erst dann kein ErzG mehr zu zahlen ist, wenn das anzurechnende Einkommen die maßgebliche Einkommensgrenze um 18.000,– DM übersteigt.
Maßgeblich für die Anrechnung (nicht aber für die Höhe) des Einkommens sind nach § 5 Abs 2 Satz 3 BErzGG die Verhältnisse am Beginn des 7. Lebensmonats des Kindes. Zu diesem Zeitpunkt lebte die Klägerin nach den bindenden Feststellungen des LSG mit ihrem Ehemann in Haushaltsgemeinschaft und hatte kein eigenes Einkommen. Das Einkommen ihres Ehemannes betrug nach Maßgabe des § 6 BErzGG im hier entscheidenden Jahr 1986 33.666,76 DM und überstieg den Grenzwert von 29.400,– DM somit um 4.266,76 DM. Der sich danach monatlich ergebende Anrechnungsbetrag von 142,– DM ist rechnerisch nicht streitig. Die Rechtmäßigkeit der Kürzung des ErzG hängt damit allein von der Verfassungsmäßigkeit der Regelung ab.
2) Der Senat verkennt nicht die vom 4. Senat im zurückverweisenden Urteil hervorgehobenen verfassungsrechtlichen Bedenken. Er hält aber wie die Vorinstanzen die gesetzliche Regelung, die eine Einkommensaddition nur bei zusammenlebenden Ehegatten vorsieht, für mit dem GG vereinbar und hat deshalb keine Veranlassung, den Rechtsstreit gemäß Art 100 Abs 1 GG dem BVerfG zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Regelung vorzulegen.
Prüfungsmaßstab ist Art 3 Abs 1 GG iVm Art 6 Abs 1 GG, der die Ehe unter den besonderen Schutz der staatlichen Ordnung stellt. Da hier die Benachteiligung von Ehegatten gegenüber eheähnlichen Gemeinschaften im Vordergrund steht, hat der spezifische Schutzgedanke des Art 3 Abs 1 GG zu der zu prüfenden Regelung die stärkere sachliche Beziehung (BVerfGE 13, 290, 296; 67, 186 = SozR 4100 § 139 Nr 1). Unter eheähnlichen Gemeinschaften sind dabei Lebensgemeinschaften zwischen einem Mann und einer Frau zu verstehen, die auf Dauer angelegt sind, keine weitere Lebensgemeinschaft gleicher Art zulassen und sich durch innere Bindungen auszeichnen, die ein gegenseitiges Einstehen der Partner füreinander begründen, also über die Beziehungen in einer reinen Haushalts- und Wirtschaftsgemeinschaft hinausgehen (vgl BVerfG vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87 -= NZS 1993, 72, 75). Der allgemeine Gleichheitssatz verbietet es dem Gesetzgeber, wesentlich Gleiches ungleich zu behandeln (BVerfGE 1, 14, 52; seitdem ständige Rspr). Bei der Bestimmung des Personenkreises, auf den die gesetzliche Vorschrift angewendet werden soll, steht dem Gesetzgeber allerdings ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BVerfGE 11, 245, 253). Handelt es sich jedoch um eine ehebenachteiligende Regelung, so ist bei der Prüfung am Maßstab des Art 3 Abs 1 GG zu beachten, daß die dem Gesetzgeber zustehende Gestaltungsfreiheit durch die Grundsatznorm des Art 6 Abs 1 beschränkt ist (BVerfGE 18, 257, 269 mwN = SozR Nr 55 zu Art 3 GG). Der Gesetzgeber hat bei der Regelung von Sozialleistungen für in Haushaltsgemeinschaft lebende Ehegatten als typische Lebenstatbestände neben der ehelichen auch die eheähnliche Lebensgemeinschaft zu berücksichtigen (so schon in BVerfGE 9, 20 = SozR Nr 42 zu Art 3 GG), und zwar jeweils in Form der Einverdiener- und der Zweiverdiener-Gemeinschaft. Im Anwendungsbereich der zu prüfenden Anrechnungsbestimmung des BErzGG hat der Gesetzgeber den typischen Lebenssachverhalten Rechnung zu tragen, daß die natürlichen Eltern des Kindes in ehelicher oder eheähnlicher Gemeinschaft gemeinsam mit diesem leben, wobei von einem Einkommen der Gemeinschaft oberhalb der Anrechnungsgrenze und den Verhältnissen im ersten Lebensjahr des Kindes auszugehen ist.
Das BErzGG will es nach der Begründung des Gesetzesentwurfs, die insoweit im weiteren Gesetzgebungsverfahren nicht auf Widerspruch gestoßen ist, mit der Zahlung von ErzG ermöglichen oder erleichtern, daß im Anschluß an die Mutterschutzfrist die Mutter oder der Vater ganz oder teilweise die Pflege und Betreuung eines Kindes in der ersten Lebensphase übernehmen und auf ein volles Erwerbseinkommen verzichten kann (BT-Drucks 10/3792 S 13). Mit der gesetzlichen Regelung wird beiden Elternteilen grundsätzlich ein Wahlrecht eingeräumt, wer den Anspruch auf Erziehungsurlaub und ErzG wahrnimmt, und das Gesetz gewährt demjenigen, der sich der Pflege des Kindes widmet, einen Vermögensvorteil unabhängig von einer zuvor ausgeübten Erwerbstätigkeit (BT-Drucks 10/3792 S 13). Nicht zuletzt soll das BErzGG einer Schwangeren, die sich aus wirtschaftlichen Gründen in einer Konfliktsituation befindet, die Entscheidung für das Kind und gegen den Abbruch der Schwangerschaft erleichtern (BT-Drucks 10/3792 S 13).
Die Nichtanrechnung des Einkommens des Partners einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft ist im Gesetzgebungsverfahren erkannt und im Gesetzesentwurf damit begründet worden, daß sich die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft im Vergleich zur Ehe in einer weniger gesicherten Lage befänden; sie könnten nicht davon ausgehen, dauerhaft an dem Einkommen des Partners teilzuhaben. Während Ehegatten zur Leistung von Unterhalt, auch in Form eines finanziellen Beitrags zur gemeinsamen Haushaltsführung, verpflichtet seien, könnten Partner der nichtehelichen Lebensgemeinschaft mangels rechtlicher Verpflichtung jederzeit die Teilhabe des anderen an seinem Einkommen reduzieren oder sogar beenden. Diese Unsicherheit dürfe sich bei der Gewährung des ErzG in der einkommensabhängigen Phase nicht auswirken. Gesicherte Grundlage für die Entscheidung zwischen Erwerbstätigkeit und vorübergehendem Verzicht auf die Berufsausübung zugunsten der Betreuung des Kindes sei in einer nichtehelichen und damit jederzeit aufkündbaren Lebensgemeinschaft ausschließlich das Einkommen des Elternteils, der das ErzG in Anspruch nehmen wolle. Die Entscheidung darüber müsse im voraus für einen längeren, mehrmonatigen Zeitraum getroffen werden, für den die Garantie bestehe, daß keine rechtliche Änderung eintrete (vgl BT-Drucks 10/3792 S 17).
Das BErzGG will hiernach bewirken, daß ein Kind in der ersten Lebensphase von einem Elternteil persönlich betreut wird. Dieser Elternteil soll sozial so abgesichert werden, daß von ihm persönlich der Verzicht auf eine volle Erwerbstätigkeit erwartet werden kann. Es geht also nicht in erster Linie darum, ob den Eltern gemeinsam unter Berücksichtigung ihres Gesamteinkommens die persönliche Betreuung ohne staatliche Ausgleichsleistung anzusinnen ist. Schon aus diesem Grunde kommt es nicht ausschließlich auf den Gesichtspunkt der Leistungsfähigkeit bzw der fehlenden Leistungsfähigkeit (= Bedürftigkeit) der Familie und den Vergleich staatlicher Leistungen für eine eheliche und eine eheähnliche Gemeinschaft mit jeweils gleichen Einnahmen an. Die Berücksichtigung der persönlichen Lage des Erziehenden ist sachgerecht.
Die Einschätzung des Gesetzgebers, gesicherte Grundlage für die Entscheidung zwischen Erwerbstätigkeit und vorübergehendem Verzicht auf die Berufsausübung zugunsten der Betreuung des Kindes sei in einer nichtehelichen und damit jederzeit aufkündbaren Lebensgemeinschaft ausschließlich das Einkommen des Elternteils, der das ErzG in Anspruch nehmen wolle, stellt ausschließlich auf den Rechtsanspruch auf Fortsetzung der Gemeinschaft ab. Ob das Fehlen eines solchen Rechtsanspruchs im Falle der eheähnlichen Gemeinschaft für sich allein unabhängig von den Unterhaltsansprüchen bei Auflösung der Gemeinschaft im ersten Lebensjahr des Kindes es rechtfertigen kann, das Partnereinkommen völlig unberücksichtigt zu lassen, ist zweifelhaft. Auch bei Ehegatten ist die Verpflichtung zur ehelichen Lebensgemeinschaft mit rechtlichen Mitteln nicht durchsetzbar. Es gibt auch keinen Erfahrungssatz, daß tatsächlich Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft, die sich für diese Lebensform bewußt entschieden haben und die bereit sind, ein Kind aufzuziehen, und wie Eheleute gemeinsam zum Unterhalt beizutragen, sich dennoch leichter als Eheleute während des ersten Lebensjahres des gemeinsamen Kindes trennen. Im übrigen könnte ein solcher Erfahrungssatz die vollständige Freistellung des Partnereinkommens kaum begründen, wenn der nichtehelichen Mutter und der ehelichen Mutter im Falle der Trennung im ersten Lebensjahr des Kindes, sofern sie das Kind selbst betreuen, derselbe Unterhaltsanspruch gegen den Kindesvater zustünde. Denn bei einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise ist für die Frage, ob das Einkommen des Vaters für die Bezugszeit des ErzG von zunächst 10 Monaten „gesichert” zur Verfügung steht, letztlich allein der Anspruch auf Betreuungsunterhalt maßgebend.
Der wegen der Kindererziehung nicht erwerbstätige Ehegatte hat gegen den anderen zumindest für das erste Lebensjahr eines gemeinsamen Kindes einen Unterhaltsanspruch, im Falle der Trennung nach § 1361 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB), im Falle der Scheidung nach § 1570 BGB. Der Unterhaltsanspruch der Kindesmutter gegen den Partner einer eheähnlichen Gemeinschaft ist vergleichsweise in einem solchen Maße schwächer ausgestaltet, daß der Gesetzgeber ihn unberücksichtigt lassen durfte. Die Auffassung der Regierungsbegründung, der Partner einer nichtehelichen Gemeinschaft könne jederzeit mangels rechtlicher Verpflichtung die Teilhabe an seinem Einkommen reduzieren oder sogar beenden (vgl BT-Drucks 10/3792 S 17), vermittelt allerdings zu Unrecht den Eindruck einer vollständig fehlenden Unterhaltspflicht. Nach § 1615 l Abs 2 Satz 2 BGB (eingefügt durch das Gesetz über die Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 BGBl I 1243) ist der Vater verpflichtet, der Mutter, soweit diese nicht oder nur beschränkt erwerbstätig ist, weil das Kind anderenfalls nicht versorgt werden könnte, Unterhalt bis spätestens ein Jahr nach der Entbindung zu gewähren. Dies und den Unterschied zum Anspruch der ehelichen Mutter hat der Gesetzgeber des BErzGG – soweit erkennbar – nicht gewürdigt. Gleichwohl rechtfertigt dieser Unterschied die Nichtanrechnung des Partnereinkommens, da er diese objektiv trägt. Dabei ist die unterschiedliche Dauer der Unterhaltsansprüche hier allerdings ohne Bedeutung, weil die Begrenzung auf ein Jahr im Falle der nichtehelichen Lebensgemeinschaft bei Erlaß des BErzGG 1985 die gesamte Bezugszeit des ErzG abdeckte.
Der Unterhaltsanspruch der ehelichen Mutter ist jedoch schon dann gegeben, wenn diese sich der Betreuung ihres Kindes widmen will, ohne daß die Möglichkeit einer anderweitigen Betreuung zu prüfen wäre. Nach der Begründung des Gesetzesentwurfs zu § 1615 l Abs 2 Satz 2 BGB sollte allein der Wunsch der nichtehelichen Mutter, sich anstelle einer Erwerbstätigkeit der Pflege des Kindes zu widmen, nicht ausreichen (BT-Drucks 5/2370 S 56). Dem ist die Rechtsprechung gefolgt, allerdings unter erheblichem Widerspruch im Schrifttum (BGHZ 93, 123, 127 ff; Diederichsen in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 52. Aufl § 1615 l Rdnr 6; aA: Häberle in Soergel, BGB, 12. Aufl § 1615 l Rdnr 10; Odersky, NEG, 4. Aufl § 1615 l BGB Anm IV, 1b; Eichenhofer in Staudinger, BGB, 12. Aufl 1992, § 1615 l BGB Rdnr 10 mwN). Unter diesen Umständen durfte der Gesetzgeber des BErzGG davon ausgehen, daß der nichtehelichen Mutter ein Anspruch auf Betreuungsunterhalt nur unter erschwerten Voraussetzungen zustand.
Ein weitergehender Unterhaltsanspruch gegen den Partner besteht nicht. Zwar geht die familiengerichtliche Rechtsprechung in neuerer Zeit davon aus, daß bei einer „verfestigten Lebensgemeinschaft” der tatsächlich geleistete Unterhalt auch eine rechtliche Relevanz erlangt. Auswirkungen sind hieraus bislang jedoch nur auf die Unterhaltspflicht und die Höhe der Unterhaltsleistungen unter geschiedenen Ehegatten gezogen worden (BGH NJW 1989, 1083). Ein nachwirkender, die Existenz der eheähnlichen Lebensgemeinschaft überdauernder Unterhaltsanspruch ist bislang von der Rechtsprechung noch nicht anerkannt worden. Forderungen nach unterhaltsmäßiger Absicherung des Betreuungsanspruchs eines aus der nichtehelichen Lebensgemeinschaft hervorgegangenen Kindes durch Zubilligung eines Unterhaltsanspruchs an den betreuenden Elternteil werden bisher nur im rechtspolitischen Raum erhoben (Beschluß II 10b des 57. Deutschen Juristentages 1988, in: Beschlüsse J, 235). Auch als Konsequenz der Entscheidung des BVerfG zum gemeinsamen Sorgerecht nicht verheirateter Eltern (BVerfGE 84, 168) hat sich ein Unterhaltsanspruch des kinderbetreuenden Elternteils noch nicht durchgesetzt (dafür eintretend aber Frenz, NJW 1992, 1597).
Hiergegen kann nicht eingewandt werden, daß der Unterhaltsanspruch des Kindes auch bei der eheähnlichen Gemeinschaft gegenüber beiden Partnern bestehe und sowohl bei der ehelichen als auch bei der eheähnlichen Gemeinschaft den Betreuungsbedarf des Kindes umfasse, so daß das Einkommen des Partners unabhängig von Unterhaltsansprüchen zwischen den Partnern für den Betreuungsbedarf zur Verfügung stehe. Zwar umfaßt der Unterhaltsanspruch des Kindes nach § 1610 Abs 2 BGB den gesamten Lebensbedarf einschließlich der Kosten einer angemessenen Vorbildung zu einem Beruf. Hierzu rechnet auch der Erziehungsbedarf, also zB die Kosten einer Internatserziehung (Diederichsen in Palandt aaO § 1610 Rdnr 60). Von daher könnte der Wert der Betreuungsleistung eines Elternteiles, meist der Mutter, dem Unterhaltsbedarf des Kindes zuzuordnen sein. Indes ordnen §§ 1570 und 1615 l Abs 2 BGB den Betreuungsbedarf eines Kindes dem Unterhaltsanspruch des erziehenden Elternteils zu. Das schließt für die Anwendung des geltenden Rechts eine Zuordnung zum Kindesunterhalt aus.
Der Gesetzgeber des BErzGG durfte daher davon ausgehen, daß der Einsatz des Partnereinkommens für den Betreuungsbedarf des Kindes nur bei der ehelichen Gemeinschaft, nicht aber bei der eheähnlichen Gemeinschaft durch zivilrechtliche Ansprüche sichergestellt wird. Ob der Gesetzgeber nach Art 6 GG, insbesondere in Ansehung von dessen Abs 5, gehalten ist, den Betreuungsbedarf bei ehelichen und nichtehelichen Kindern in gleicher Weise durch Einräumung von Unterhaltsansprüchen gegen beide Elternteile sicherzustellen, oder ob es ihm erlaubt ist, bei nichtehelichen Kindern zum Ausgleich eines Unterhaltsanspruchs staatliche Leistungen vorzusehen, ist erst zur Frage näher zu erörtern, ob die Einkommensanrechnung als objektiv ehestörend verfassungswidrig ist.
Der schwächere Unterhaltsanspruch gegen den früheren Lebensgefährten ist nicht nur, wie die Klägerin meint, eine theoretische Schlechterstellung und in der Praxis wegen der geringen Einkommen ohne Bedeutung. In dem hier maßgeblichen Zusammenhang sind im Gegenteil erst „Netto”-)Einkommen von mehr als 29.400,– DM von Interesse, weil darunter eine Anrechnung von vornherein ausscheidet. Bei über dieser Grenze liegenden Einkommen bleibt auch unter Berücksichtigung eines notwendigen Selbstbehalts, der mit etwa 1.300,– DM anzusetzen ist (vgl Düsseldorfer Tabelle, Stand 1. Juli 1992, NJW 1992, S 1368), und sonstiger zu berücksichtigenden Belastungen durchaus genügend finanzielle Leistungsfähigkeit, um einen Unterhaltsanspruch des getrenntlebenden Ehegatten zu begründen. Einen solchen Anspruch kann der Ehegatte, der vor der Frage steht, Erziehungsurlaub und ErzG in Anspruch zu nehmen, im Unterschied zum Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft bei der Einschätzung seiner finanziellen Lage einkalkulieren. Nicht zuletzt ist er auch dadurch besser abgesichert, daß er im Falle des Todes seines unterhaltspflichtigen Ehegatten Anspruch auf Hinterbliebenenversorgung haben kann. Er kann daher bei Abschätzung seiner sozialen Lage eher das Risiko eingehen, eine Zeitlang auf eine Erwerbstätigkeit zu verzichten und sich der Betreuung des Kindes zu widmen.
Die Inanspruchnahme von Erziehungsurlaub und ErzG setzt eine Prognose über eine dauerhaft gesicherte Unterhaltssituation des Erziehungsgeldberechtigten voraus. Derjenige, der wegen der Kinderbetreuung eine seinen Unterhalt sichernde Erwerbstätigkeit unterbricht und statt dessen Erziehungsurlaub in Anspruch nimmt oder zumindest seine Erwerbstätigkeit erheblich reduziert, kann diese Entscheidung im Verlauf des einkommensabhängigen Bezugs von ErzG bei einer Änderung der unterhaltsmäßigen Sicherung aus arbeitsrechtlichen Gründen nicht ohne weiteres revidieren. Nach § 16 BErzGG muß ein Arbeitnehmer vor Antritt des Erziehungsurlaubs dessen Dauer (bis zur gesetzlichen Höchstgrenze – § 4 Abs 1 iVm § 15 Abs 1 Satz 3 BErzGG –) festlegen und ist an diese Entscheidung grundsätzlich gebunden. Der Gesetzgeber hielt eine solche Bindung schon wegen der erforderlichen Personaldispositionen des Arbeitgebers für geboten (BT-Drucks 10/3792 S 19 zu § 16). Der Arbeitnehmer kann den Erziehungsurlaub selbst dann, wenn ihm entgegen seinen Erwartungen nach Beginn der einkommensabhängigen Phase wegen des anzurechnenden Einkommens kein ErzG gezahlt wird, nur mit Zustimmung des Arbeitgebers beenden bzw abkürzen. Zur Erleichterung der Prognose über die wirtschaftliche Situation während des Erziehungsgeldbezuges hat der Gesetzgeber in Abweichung von § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) Stichtagsregelungen eingeführt in der Weise, daß für die Anrechnung des Einkommens allein die Verhältnisse zu Beginn des 7. Lebensmonats des Kindes entscheidend sind und für die Höhe des Einkommens das vorletzte Jahr vor der Geburt maßgebend ist. Der Gesetzgeber hielt auch aus Gründen des Kindeswohls eine auf längere Dauer angelegte, rechtlich verfestigte Erziehungsgemeinschaft für erforderlich. Die finanzielle Förderung einer verstärkten Hinwendung eines Elternteils zum Kind in dessen erster Lebensphase durch Einschränkung der Erwerbstätigkeit setzt nach der Vorstellung des Gesetzgebers voraus, daß ein Elternteil während des gesamten Förderungszeitraums durch die Betreuung und Erziehung des Kindes vorwiegend in Anspruch genommen wird (BT-Drucks 10/3792, S 17).
Der Gesetzgeber hat die Konzeption einer langfristigen Sicherstellung der Betreuung allerdings später aufgeweicht. Nach § 2 Abs 2 Nr 3 BErzGG idF durch das Zweite Gesetz zur Änderung des BErzGG und anderer Gesetze (2. BErzGGÄndG) vom 16. Dezember 1991 (BGBl I 2142) iVm § 3 Abs 3 BErzGG idF durch das 2. BErzGGÄndG ist nunmehr auch der Vater eines nichtehelichen Kindes mit der Zustimmung der Mutter bezugsberechtigt. Die Neuregelung soll insbesondere der Lage in den neuen Bundesländern Rechnung tragen: Da dort ein Drittel der Eltern bei der Geburt des Kindes nicht verheiratet sind, würde ohne eine solche Regelung ein großer Teil der Mütter auf sich allein gestellt sein (BT-Drucks 12/1125 S 7 zu Nr 1). Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, daß die Mütter regelmäßig mit dem nichtehelichen Vater ihrer Kinder in (eheähnlicher) Haushaltsgemeinschaft leben. Die eheähnliche Gemeinschaft wird damit hinsichtlich der Bezugsberechtigung für ErzG mit der Ehe annähernd gleich und hinsichtlich der Einkommensanrechnung besser als die Ehe behandelt. Gleichwohl erscheint es dem Senat nicht sachwidrig, wenn der Gesetzgeber bei der Einkommensanrechnung weiterhin ein gesichert dauerhaft zur Verfügung stehendes Einkommen voraussetzt, bei der Zuordnung zum Kind aber nunmehr Einschränkungen hinsichtlich der Dauerhaftigkeit vornimmt.
3) Der Senat hat auch erwogen, ob sich die Regelung objektiv ehestörend auswirkt und ob dies gegen Art 6 GG verstößt. Das beklagte Land hat eingeräumt, daß der Klägerin das ErzG ungekürzt zustünde, wenn sie mit ihrem Ehemann unverheiratet unter im übrigen unveränderten Verhältnissen zusammen leben würde. Sie würde in diesem Falle für 6 Monate den Unterschiedsbetrag von 142,– DM, das sind (6 × 142,–) 852,– DM mehr erhalten.
Die Schwere der nicht beabsichtigten, aber bewußt in Kauf genommenen Einwirkung auf die Ehe hängt von der Höhe des Unterschiedsbetrages ab. Dieser beträgt hier nur 852,– DM. Er konnte damals bis zu 3.600,– DM betragen. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich erfolgten Verlängerungen des Bezugszeitraums, zuletzt durch das 2. BErzGGÄndG auf 24 Monate für Kinder, die nach dem 31.12.1992 geboren werden, kann die Benachteiligung bis zu (18 × 600) 10.800,– DM betragen.
Das BVerfG war in zahlreichen Verfahren mit der Anwendung des Art 6 GG auf Gesetze, die an die eheliche Lebensgemeinschaft nachteilige Folgen knüpfen, befaßt. Es hat in keiner dieser Entscheidungen dem Art 6 GG entnommen, daß es dem Gesetzgeber schlechthin und in jeder Beziehung verwehrt sei, die nichteheliche Lebensgemeinschaft besser zu behandeln als die Ehe, obgleich vom Wortsinn her der besondere Schutz über den Schutz und dieser über ein bloßes Diskriminierungsverbot hinausgeht. Es hat allerdings in zwei Entscheidungen den nahe an ein Benachteiligungsverbot heranreichenden Rechtssatz aufgestellt, der Gesetzgeber dürfe an die erhöhte Leistungskraft der ehelichen Haushaltsgemeinschaft wegen der (angeblich) durch gemeinsame Haushaltsführung erzielbaren Einsparungen nur dann anknüpfen, wenn er auch andere Haushaltsgemeinschaften mehrerer Personen mit Einkünften einbeziehe, und zwar in einer Entscheidung aus dem Jahre 1957 zur gemeinsamen Veranlagung im Steuerrecht (BVerfGE 6, 55, 69 ff) und in einer Entscheidung aus dem Jahre 1984 zur Arbeitslosenhilfe im speziellen Vergleich mit der eheähnlichen Gemeinschaft (BVerfGE 67, 186 = SozR 4100 § 139 Nr 1). Beide Entscheidungen prüfen nicht, ob die festgestellte Benachteiligung der Ehe gegenüber der eheähnlichen Gemeinschaft das Maß des Zulässigen überschreitet, und gehen damit stillschweigend von einem generellen Benachteiligungsverbot aus. Das BVerfG hat indes in seiner Rechtsprechung zu Art 6 GG das generelle Verbot einer Benachteiligung nicht wieder aufgegriffen, auch nicht in den Entscheidungen, in denen ein Verstoß gegen Art 6 GG angenommen wurde (vgl BVerfGE 12, 180 und 12, 151; BVerfGE 13, 290 und BVerfG vom 8. Juli 1963 – 1 BvR 319/60 – BB 1963, 965; BVerfGE 18, 257 = SozR Nr 55 zu Art 3 GG; BVerfG 1. Senat vom 20. März 1963 – 1 BvL 20/61 – NJW 1963, 1001; BVerfGE 29, 104; BVerfG 1. Senat 3. Kammer, vom 18. August 1987 – 1 BvR 488/87 – HFR 1988, 242; BVerfGE 76, 126).
In der Rechtsprechung des BVerfG hat sich vielmehr folgende Formel durchgesetzt: Die Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG, soweit sie eine Konkretisierung des Gleichheitssatzes enthält, wirkt sich im Rahmen einer freiwilligen Förderungsmaßnahme des Staates dahin aus, daß Verheiratete nicht allein deshalb, weil sie verheiratet sind, weniger erhalten dürfen als Ledige; das heißt nicht, daß sie immer und in jedem Zusammenhang mehr oder mindest gleich viel erhalten müßten wie Ledige (BVerfGE 17, 210). Das BVerfG hat in Anwendung dieser Formel folgende Benachteiligungen als nicht verfassungswidrig angesehen:
- Die Anknüpfung der Kindergeldminderung an das Jahreseinkommen des Berechtigten und seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten (BVerfGE 82, 60 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1), obgleich bei der Familie ohne Trauschein keine Anrechnung stattfindet,
- den Ausschluß des Kindes aus der Familienkrankenhilfe durch Neufassung des § 205 RVO im Falle von Einkünfte des anderen Elternteiles oberhalb einer Einkommensgrenze nur beim Zusammenleben mit Trauschein (BVerfG 1. Senat vom 9. Juni 1978 – 1 BvR 628/77 – SozR 2200 § 205 Nr 18),
- im Steuerrecht die Regelung in § 10 Abs 3 Nr 2 EStG, wonach bei Ehegatten, die die Voraussetzungen der Zusammenveranlagung erfüllen, der gemeinsame (einheitliche zusätzliche) Höchstbetrag um mehr als die Hälfte gekürzt wird, auch wenn nur ein Ehegatte die Voraussetzungen für diese Kürzung erfüllt (BVerfG 2. Senat 3. Kammer vom 16. Januar 1991 – 2 BvR 1400/90 – HFR 1991, 672),
- das beide Eheleute gemeinschaftlich einbeziehende Verbot der Kumulation von Wohnungsbauprämien und Sparprämien (BVerfG 1. Senat, Dreierausschuß vom 21. Mai 1973 – 1 BvR 611/72 – HFR 1973, 398),
- die für Alleinerziehende bezüglich der steuerlichen Abziehbarkeit von Kinderbetreuungskosten im Vergleich zu Eheleuten erleichterten Voraussetzungen (BVerfGE 61, 319; BVerfG 3. Kammer des Ersten Senats vom 24.9.1992 – 1 BvR 1443/89 – NJW 1993, 647).
Zudem hat das BVerfG ausdrücklich klargestellt, daß angesichts der Unterschiede zwischen Ehegatten und Partnern eheähnlicher Lebensgemeinschaften es nicht von Verfassungs wegen geboten war, eine generelle Gleichstellung von eheähnlichen Gemeinschaften und Ehen durch die Vorschrift des § 137 Abs 2a Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vorzunehmen, um der in der Entscheidung vom 10. Juli 1984 (BVerfGE 67, 186) festgestellten Benachteiligung von Ehegatten gegenüber Partnern eheähnlicher Gemeinschaften abzuhelfen (vgl BVerfG vom 17. November 1992 – 1 BvL 8/87 – = NZS 1993, 72). Ferner hat das BVerfG die Anknüpfung der Kindergeldminderung an das Jahreseinkommen des Berechtigten und seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten als Kriterium für die Einschränkung einer Sozialleistung als „offensichtlich sachgerecht im Sinne von GG Art 3 Abs 1” bezeichnet (BVerfGE 82, 60 = SozR 3-5870 § 10 Nr 1), obgleich das Einkommen des Partners einer eheähnlichen Gemeinschaft nicht angerechnet wird. Deutliche Rückschlüsse erlaubt auch die Rechtsprechung zu „Alleinerziehenden”: Die Besteuerung von Alleinerziehenden mit Kindern ist im Vergleich zur Ehegattenbesteuerung mit Art 3 Abs 1 GG in Verbindung mit Art 6 Abs 1 GG unvereinbar, weil das geltende Einkommensteuerrecht die Tatsache außer Betracht läßt, daß die Leistungsfähigkeit berufstätiger Alleinstehender mit Kindern durch zusätzlichen zwangsläufigen Betreuungsaufwand gemindert ist (BVerfGE 68, 143). Dabei geht das BVerfG stillschweigend davon aus, daß bei der eheähnlichen Lebensgemeinschaft zumindest ein Partner als alleinstehend mit einem Kind behandelt wird. Denn es fehlt die sonst zu erwartende Einschränkung, daß die Eltern einer Familie ohne Trauschein nicht als Alleinstehende behandelt werden dürfen. Die Rechtsprechung zu Alleinerziehenden läuft damit tendenziell auf eine als zulässig angesehene Benachteiligung der Ehe hinaus. Eine Schlechterstellung ist insbesondere hinzunehmen, wenn sich die Regelung im ganzen vorteilhaft oder „ehe-neutral” auswirkt (BVerfG 1. Senat 3. Kammer vom 4. Oktober 1988 – 1 BvR 843/88; BVerfGE 75, 361 ≪366f≫).
Der vorliegende Fall nötigt nicht, auf die Fragen näher einzugehen, ob das die Familie betreffende Leistungs- und Steuerrecht insgesamt in einer Zusammenschau der Fälle nur einseitiger und der Fälle beiderseitiger Erwerbstätigkeit für die Familie mit Trauschein günstiger ist als für die ohne Trauschein, da das BErzGG das ErzG im Prinzip nur für die Einverdiener-Ehe vorsieht. Denn ein Ehegatte muß auf eine volle Erwerbstätigkeit verzichten. Beim Vergleich der Einverdiener-Ehe mit der eheähnlichen Einverdiener-Gemeinschaft durfte der Gesetzgeber davon ausgehen, daß eine Benachteiligung der Einverdiener-Ehe unter dem Strich für den Regelfall nicht zu befürchten ist, weil die Einverdiener-Ehe durch das Steuersplitting so erheblich bevorzugt wird, daß der Nachteil beim ErzG ausgeglichen ist. So betrug bei einem zu versteuernden Einkommen von 50.000,– DM, das etwa dem Einkommen des Ehemannes der Klägerin im Jahre 1988 entsprechen dürfte, die Einkommensteuer nach dem Tarif 1988/89 im Normaltarif 13.280,– DM und nach dem Splittingtarif 9.252,– DM. Der Steuervorteil von Ehepaaren in Höhe von ca 4.000,– DM lag damit deutlich höher als die Benachteiligung durch die Anrechnung eines Betrages von monatlich 142,– DM beim ErzG. Bei einem zu versteuernden Einkommen von 70.000,– DM nach dem genannten Tarif, das zu einem völligen Wegfall des Erziehungsgeldanspruchs führen kann, ergibt sich eine Steuerschuld nach dem Normaltarif in Höhe von 22.165,– DM und nach dem Splittingtarif in Höhe von 15.368,– DM. Die steuerliche Vergünstigung von knapp 7.000,– DM ist auch hier geeignet, den ungekürzten Bezug von ErzG bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften für nahezu 12 Monate auszugleichen, was über den hier in Frage kommenden Höchstleistungszeitraum des einkommensabhängigen ErzG weit hinaus geht. Das rechtfertigt die vollständige Freistellung des Partnereinkommens, und zwar selbst dann, wenn der Unterschied zwischen der ehelichen und der eheähnlichen Gemeinschaft hinsichtlich des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt während der in Betracht kommenden ErzG-Bezugszeit als nicht so gravierend bewertet würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen