Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Krankenbehandlung. Versorgung mit einer Mammaaufbauplastik. Entstellung an von Kleidung bedeckten Körperstellen. eng begrenzter Ausnahmefall
Leitsatz (amtlich)
Eine als Krankheit anzusehende Entstellung kann in eng begrenzten Ausnahmefällen auch an üblicherweise von Kleidung bedeckten Körperstellen möglich sein.
Normenkette
SGB V § 27 Abs. 1 S. 1
Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. Januar 2019 wird zurückgewiesen.
Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt von der beklagten Krankenkasse die Erstattung der Kosten einer Brustoperation.
Die 1994 geborene Klägerin litt während ihrer Jugend und Pubertät an einer Anisomastie (Brustasymmetrie; rechte Brust kleiner als linke). Am 12.12.2009 beantragte sie bei der Beklagten die Übernahme der Kosten für eine Mammaaufbauplastik (MAP) der rechten Brust. Diese lehnte den Antrag ab und wies den Widerspruch zurück. Die hiergegen erhobene Klage hatte vor dem SG und dem LSG keinen Erfolg. Am 28.4.2014 - noch während des Berufungsverfahrens - ließ die Klägerin den Brustaufbau auf eigene Kosten durchführen.
Am 11.12.2014 stellte die Klägerin einen Überprüfungsantrag, den die Beklagte ablehnte (Bescheid vom 22.1.2015, Widerspruchsbescheid vom 3.5.2016). Die hiergegen gerichtete Klage hat vor dem SG Erfolg gehabt: Die Klägerin sei durch ihre Mammadysplasie entstellt gewesen. Zwar habe sich die Anisomastie durch spezielle BHs und Kleidung kaschieren lassen. Bei der Bewertung der Entstellung dürfe jedoch nicht nur auf den bekleideten Zustand abgestellt werden. Vielmehr beeinträchtigten Neugier und abwertende Bewertung nahestehender Personen die psychische Gesundheit insbesondere bei Jugendlichen, die im schulischen Bereich mit Sport- und Schwimmunterricht sowie Klassenfahrten konfrontiert seien und ihre Sexualität entwickelten. Die aus dieser Entstellung resultierende psychische Belastung sei nur durch eine MAP zu behandeln gewesen (Urteil vom 18.12.2017). Auf die Berufung der Beklagten hat das LSG das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen (Urteil vom 24.1.2019). Die vorgelegten Bilder ließen weder im bekleideten noch im unbekleideten Zustand eine Entstellung erkennen. Auch rechtfertige die psychische Problematik der Klägerin keinen operativen Eingriff.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung von § 27 Abs 1 SGB V. Es sei im Rahmen der Bewertung einer Entstellung - insbesondere bei Jugendlichen - auf den unbekleideten Körper abzustellen. Die Brustangleichungsoperation sei auch zur Behandlung ihrer psychischen Erkrankung als letztes zur Verfügung stehendes Mittel erforderlich gewesen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Hamburg vom 24. Januar 2019 sowie den Bescheid der Beklagten vom 22. Januar 2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Mai 2016 aufzuheben; die Beklagte zu verpflichten, den Bescheid vom 5. März 2010 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. Oktober 2010 aufzuheben; die Beklagte zu verurteilen, die Kosten für eine Mammaaufbauplastik der rechten Brust in Höhe von 3941,12 Euro zu erstatten.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält die angegriffene Entscheidung für zutreffend.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Revision der Klägerin ist unbegründet (§ 170 Abs 1 Satz 1 SGG). Zu Recht hat das LSG auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht für die selbstbeschaffte MAP kein Kostenerstattungsanspruch zu.
Richtige Klageart ist die hier von der Klägerin erhobene kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage gemäß § 54 Abs 1 Satz 1 und Abs 4 SGG iVm § 56 SGG (vgl BSG vom 12.9.2019 - B 11 AL 19/18 R - SozR 4-4300 § 330 Nr 8 RdNr 11; BSG vom 16.12.2014 - B 9 V 6/13 R - SozR 4-7945 § 3 Nr 1 RdNr 10). Die auch im Übrigen zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die Beklagte hat es rechtmäßig abgelehnt, die Kosten der MAP zu übernehmen und diese Entscheidung nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB X zurückzunehmen. Die Klägerin hatte keinen Anspruch auf Versorgung mit einer MAP. Der Klägerin steht deshalb auch der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch gemäß § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V nicht zu (zu den Voraussetzungen des Kostenerstattungsanspruchs nach § 13 Abs 3 Satz 1 Alt 2 SGB V vgl BSG vom 2.9.2014 - B 1 KR 3/13 R - BSGE 117, 1 = SozR 4-2500 § 28 Nr 8, RdNr 15 mwN; zum Fortbestehen bereits entstandener Kostenerstattungsansprüche bei einem Wechsel der Krankenkasse vgl BSG vom 3.7.2012 - B 1 KR 25/11 R - BSGE 111, 168 = SozR 4-2500 § 31 Nr 22, RdNr 9 mwN).
Nach § 27 Abs 1 Satz 1 SGB V haben Versicherte einen Anspruch auf Krankenbehandlung, wenn sie notwendig ist, um eine Krankheit zu erkennen, zu heilen, ihre Verschlimmerung zu verhüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Krankheit im Sinne dieser Norm ist ein regelwidriger, vom Leitbild des gesunden Menschen abweichender Körper- oder Geisteszustand, der ärztlicher Behandlung bedarf oder den Betroffenen arbeitsunfähig macht (vgl BT-Drucks 11/2237 S 170). Krankheitswert im Rechtssinne kommt nicht jeder körperlichen Unregelmäßigkeit zu. Erforderlich ist vielmehr, dass der Versicherte in seinen Körperfunktionen beeinträchtigt wird oder dass er an einer Abweichung vom Regelfall leidet, die entstellend wirkt (stRspr; vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 9 f; BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 19/07 R - BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 10 f; BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R - BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 6).
Vorliegend war die Klägerin durch die Brustasymmetrie weder in einer Körperfunktion beeinträchtigt (dazu 1.), noch wirkte diese anatomische Abweichung entstellend (dazu 2.). Auch die psychische Erkrankung der Klägerin rechtfertigte den operativen Eingriff nicht (dazu 3.).
1. Die Klägerin ist durch die Brustasymmetrie nicht in einer Körperfunktion beeinträchtigt.
Krankheitswert kommt nicht jeder körperlichen oder seelischen Abweichung vom Leitbild des gesunden Menschen zu. Vielmehr muss hierdurch die Ausübung der psychophysischen Funktionen erschwert werden (BSG vom 12.11.1985 - 3 RK 48/83 - BSGE 59, 119, 121 = SozR 2200 § 182 Nr 101 S 215). Die Funktionsstörung muss ein Ausmaß erreichen, das aus objektiver medizinischer Sicht eine ärztliche Behandlung erfordert (vgl Steege in Hauck/Noftz SGB V, § 27 RdNr 41, Stand Februar 2022).
Gemessen daran hat das LSG in rechtlich nicht zu beanstandender Weise entschieden, dass der Brustasymmetrie der Klägerin kein Krankheitswert im krankenversicherungsrechtlichen Sinn zukommt. Bezugnehmend auf das Urteil des SG hat es festgestellt, dass die Mammadysplasie zwar nach der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD-10-GM N60.8 bzw N60.9) als Krankheit anerkannt ist, es jedoch an der hier erforderlichen Funktionsbeeinträchtigung fehlt. Deshalb kann offenbleiben, ob eine Anisomastie (Brustasymmetrie) mit einer gutartigen Vermehrung von Brustdrüsengewebe (ICD-10-GM N60.8 bzw N60.9) gleichzusetzen ist oder über ICD-10-GM Q83.9 (Angeborene Fehlbildung der Mamma, nicht näher bezeichnet) zu erfassen ist. Ferner hat das LSG aufgezeigt, dass die durchgeführte Behandlung in Form der MAP nicht dazu geeignet ist, etwaige Funktionsmängel der Brust, insbesondere eine mangelnde Stillfähigkeit zu beheben. Vielmehr wird in eine gesunde Brust operativ eingegriffen und dauerhaft ein Fremdkörper in den Körper eingebracht. Richtigerweise hat das LSG dabei nicht auf die Einordnung der weiblichen Brust als sekundäres Geschlechtsmerkmal abgestellt (vgl im Ergebnis BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 11). Denn diese betrifft letztlich nur das Aussehen der Brust und eine vermeintlich hieran anknüpfende gesellschaftliche Erwartung. Die rein psychophysische Funktion des Organs wird durch die Asymmetrie nicht beeinträchtigt.
2. Die Brustasymmetrie bewirkte auch keine Entstellung der Klägerin, die den Bedarf nach einer MAP-Versorgung hätte begründen können.
a) Um eine behandlungsbedürftige Entstellung annehmen zu können, genügt nach der ständigen Rechtsprechung des Senats nicht jede körperliche Abnormität. Vielmehr muss es sich objektiv um eine erhebliche Auffälligkeit handeln, die naheliegende Reaktionen der Mitmenschen wie Neugier oder Betroffenheit hervorruft und damit zugleich erwarten lässt, dass der Betroffene ständig viele Blicke auf sich zieht, zum Objekt besonderer Beachtung wird und sich deshalb aus dem Leben in der Gemeinschaft zurückzuziehen und zu vereinsamen droht, sodass die Teilhabe am Leben in der Gesellschaft gefährdet ist (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 13; BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 19/07 R - BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 13). Ausgehend vom objektiven Krankheitsbegriff kommt es für die Bewertung der Entstellung nicht auf eine subjektive oder persönliche Einschätzung der Betroffenen an. Die Feststellung, dass im Einzelfall Versicherte wegen einer körperlichen Abnormität entstellt sind, ist anhand eines objektiven Maßstabes zu beurteilen und in erster Linie Tatfrage (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 14).
Bislang wurde in der Rechtsprechung des erkennenden Senats allein darauf abgestellt, dass die körperliche Auffälligkeit in einer solchen Ausprägung vorhanden sein muss, dass sie sich schon bei flüchtiger Begegnung in alltäglichen Situationen quasi "im Vorbeigehen" bemerkbar macht (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 14 mwN). Die Rechtsprechung hat als Beispiele für eine Entstellung das Fehlen natürlichen Kopfhaares bei einer Frau (vgl BSG vom 23.7.2002 - B 3 KR 66/01 R - SozR 3-2500 § 33 Nr 45 S 253 f), eine Wangenatrophie (vgl LSG Rheinland-Pfalz vom 2.5.2002 - L 5 KR 93/01 - juris) oder Narben im Lippenbereich (vgl BSG vom 26.1.1994 - 9 RV 25/93 - SozR 3-1750 § 372 Nr 1) angenommen oder erörtert. Dagegen hat der erkennende Senat bei der Fehlanlage eines Hodens eine Entstellung nicht einmal für erörterungswürdig angesehen (vgl BSG vom 9.6.1998 - B 1 KR 18/96 R - BSGE 82, 158, 163 f = SozR 3-2500 § 39 Nr 5 S 29 f) und eine Entstellung bei fehlender oder wenig ausgeprägter Brustanlage sowie bei Asymmetrie der Brüste unter Berücksichtigung der außerordentlichen Vielfalt in Form und Größe der weiblichen Brust revisionsrechtlich abgelehnt (vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 14; BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 19/07 R - BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 14 f; BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R - BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 6). In diesem Zusammenhang hat der erkennende Senat revisionsrechtlich ausdrücklich auch nicht beanstandet, die Verneinung der entstellenden Wirkung einer Asymmetrie der Brüste entscheidend darauf zu stützen, dass sich diese im Alltag durch vorhandene Prothesen, die auch unter einem Badeanzug getragen werden können, verdecken lässt (vgl BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 19/07 R - BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 15).
Hieran hält der Senat im Grundsatz fest. Er nimmt den vorliegenden Fall allerdings zum Anlass, seine Rechtsprechung fortzuentwickeln (vgl zur Kritik an der bisherigen Rspr etwa Knispel, SGb 2016, 632, 635). Eine Entstellung kann in eng begrenzten Ausnahmefällen auch an üblicherweise von Kleidung bedeckten Körperstellen möglich sein. Da die gesellschaftliche Teilhabe ganz überwiegend im bekleideten Zustand erfolgt, ist die Erheblichkeitsschwelle jedoch bei Auffälligkeiten im Gesichtsbereich deutlich eher überschritten, als an sonstigen, regelmäßig durch Kleidungsstücke verdeckten Bereichen des Körpers. In diesen Bereichen müssen die Auffälligkeiten deshalb besonders schwerwiegend sein. Erforderlich ist, dass selbst die Offenbarung im privaten Bereich die Teilhabe, etwa im Rahmen der Sexualität, nahezu ausschließen würde. Hierbei ist nicht das subjektive Empfinden der Betroffenen maßgeblich, sondern allein die objektiv zu erwartende Reaktion. Die Auffälligkeit muss evident abstoßend wirken. Diese Erheblichkeitsschwelle wird in den oben genannten, vom Senat ablehnend entschiedenen Fällen nicht erreicht. Gleiches gilt in aller Regel auch für Hautüberschüsse, wie sie etwa nach einem erheblichen Gewichtsverlust infolge einer strengen Diät oder einer bariatrischen Operation verbleiben können (vgl dazu etwa LSG Niedersachsen-Bremen vom 17.11.2020 - L 16 KR 143/18 - juris RdNr 29 ff; Bayerisches LSG vom 13.8.2020 - L 4 KR 287/19 - juris RdNr 44 ff; LSG Mecklenburg-Vorpommern vom 4.7.2019 - L 6 KR 55/15 - juris RdNr 36 ff; Bayerisches LSG vom 4.12.2018 - L 20 KR 406/18 - juris RdNr 59 ff mwN).
b) Gemessen an diesen Maßstäben ergibt sich bei der Klägerin keine Behandlungsbedürftigkeit wegen Entstellung. Das LSG hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass die bei der Klägerin vorliegende Brustasymmetrie weder im bekleideten noch im unbekleideten Zustand entstellend war.
Eine andere Bewertung der Entstellung ergibt sich auch nicht aus dem - zum Zeitpunkt der Behandlung - jungen Alter der Klägerin (vgl der Sache nach bereits BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 19/07 R - BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14; ferner Knispel, jurisPR-SozR 17/2017 Anm 1; aA Schleswig-Holsteinisches LSG vom 23.5.2017 - L 5 KR 6/15 - juris RdNr 29 ff). Zwar mag die Unsicherheit und Verletzlichkeit wegen einer anatomischen Abweichung bei Jugendlichen - insbesondere in der Phase der Pubertät - teilweise größer sein als im Erwachsenenalter. Hierbei handelt es sich allerdings um einen rein subjektiven Aspekt, der auch von der jeweiligen Persönlichkeit und von der psychischen Konstitution der betroffenen Personen abhängt. Das Vorliegen einer Entstellung ist aber - ausgehend von dem objektiven Krankheitsbegriff - allein nach objektiven Maßstäben zu beurteilen (siehe oben RdNr 16) und nicht nach dem subjektiven Empfinden und der Lebensphase der betroffenen Person (zutreffend Knispel, aaO). Ein unterschiedlicher Maßstab der Entstellung bei Jugendlichen und Erwachsenen würde überdies zu erheblichen Abgrenzungsproblemen führen und wäre auch mit Blick auf das allgemeine Gleichbehandlungsgebot (Art 3 Abs 1 GG) nicht zu rechtfertigen.
3. Eine psychische Belastung der Klägerin aufgrund ihres Erscheinungsbildes rechtfertigt ebenfalls keinen operativen Eingriff auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung.
Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats können psychische Leiden einen Anspruch auf eine Operation zum Brustaufbau nicht begründen. Dabei verneint der Senat eine Rechtfertigung für Operationen am gesunden Körper zur Behebung von psychischen Störungen vor allem wegen der Schwierigkeiten einer Vorhersage der psychischen Wirkungen von körperlichen Veränderungen und der deshalb grundsätzlich unsicheren Erfolgsprognose. Das gilt jedenfalls so lange, wie medizinische Erkenntnisse zumindest Zweifel an der Erfolgsaussicht von Operationen zur Überwindung einer psychischen Krankheit begründen (stRspr; vgl BSG vom 8.3.2016 - B 1 KR 35/15 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 28 RdNr 16; BSG vom 11.9.2012 - B 1 KR 9/12 R - juris RdNr 15; BSG vom 28.9.2010 - B 1 KR 5/10 R - SozR 4-2500 § 27 Nr 20 RdNr 13 f; BSG vom 28.2.2008 - B 1 KR 19/07 R - BSGE 100, 119 = SozR 4-2500 § 27 Nr 14, RdNr 16 ff). Der damit aufgestellte Grundsatz wäre nur dann zu überprüfen, wenn sich die wissenschaftliche Bewertung der generellen psychotherapeutischen Eignung chirurgischer Eingriffe wesentlich geändert hätte (vgl BSG vom 19.10.2004 - B 1 KR 3/03 R - BSGE 93, 252 = SozR 4-2500 § 27 Nr 3, RdNr 9).
Das LSG hat sich bereits nicht die Überzeugung verschaffen können, dass die Brustasymmetrie wesentlich für die psychische Problematik der Klägerin war. Dies hat die Klägerin nicht als Verfahrensmangel gerügt (§ 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Die Feststellung ist deshalb für den Senat bindend (§ 163 SGG).
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Schlegel Estelmann Bockholdt
Fundstellen
NZA 2022, 1386 |
ArztR 2022, 247 |
NZS 2022, 828 |
SGb 2022, 294 |
GesR 2022, 566 |