Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Rettungsdienst. vierjährige Verjährungsfrist für den Vergütungsanspruch gegen eine Krankenkasse auch für vor dem 1.1.2000 entstandene Ansprüche
Leitsatz (amtlich)
Der Vergütungsanspruch eines Rettungsdienstes gegen eine Krankenkasse unterliegt einer vierjährigen Verjährungsfrist; dies galt auch schon für vor dem 1.1.2000 entstandene Ansprüche, wenn sie auf öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen beruhten.
Normenkette
BGB § 196 Abs. 1 Nr. 3 Fassung: 2001-11-26; RettDG HE § 11 Abs. 2; RettDG HE 1993 § 11 Abs. 2; SGB 1 § 45 Abs. 1; SGB 5 § 60 Abs. 1, § 133 Abs. 1 S. 1 Fassung: 1988-12-20; VwVfG HE § 2 Abs. 2 Nr. 3; VwVfG HE § 54; VwVfG HE §§ 54ff; VwVfG HE § 62 S. 2
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Vergütung für den Einsatz eines Rettungswagens in Höhe von 979,90 DM (501,01 Euro).
Die klagende gemeinnützige GmbH betreibt in Kassel einen Krankentransport- und Rettungsdienst. Der Gesellschaftszweck besteht darin, (1) bei lebensbedrohlich Verletzten oder Erkrankten (Notfallpatienten) lebensrettende Maßnahmen durchzuführen, ihre Transportfähigkeit herzustellen und sie unter fachgerechter Betreuung - in der Regel durch den Notarzt- oder Rettungswagen - in ein für die weitere Versorgung geeignetes Krankenhaus zu befördern (Notfallversorgung), (2) kranken, verletzten oder sonstigen hilfsbedürftigen Personen, die keine Notfallpatienten sind, erste Hilfe zu leisten und sie unter fachgerechter Betreuung in der Regel mit Krankentransportwagen zu befördern (qualifizierter Krankentransport) sowie (3) eine zentrale Abrechnungsstelle für den Krankentransport und den Rettungsdienst zu errichten und zu betreiben (§ 2 Nr 1 des Gesellschaftsvertrages).
Auf der Grundlage von § 11 Abs 1 Hessisches Rettungsdienstgesetz (HRDG) in der - bis zum 28.2.1999 geltenden (vgl § 29 HRDG 1998 vom 24.11.1998, GVBl I, S 499) - Fassung vom 5.4.1993 (HRDG 1993, GVBl I, S 268) schlossen sieben Leistungserbringer, darunter die Klägerin, mit den für den Rettungsdienstbereich Kassel zuständigen Krankenkassen bzw deren Verbänden, darunter dem für die beklagte Krankenkasse handelnden Verband der Angestellten-Krankenkassen (VdAK), am 26.3.1997 mit Wirkung ab 1.4.1997 eine "Vereinbarung über Benutzungsentgelte im Rettungsdienst" für das Budgetjahr 1997 und die anschließende Zeit bis zum Abschluss einer neuen Vereinbarung oder Festsetzung nach dem HRDG (§ 7 der Vereinbarung) . Diese Entgeltregelung galt auch noch im März 1998.
Am 5.3.1998 transportierte die Klägerin die bei der Beklagten versicherte Patientin K. B., geborene L., nunmehr verheiratete K., in einem Rettungswagen vom Roten-Kreuz-Krankenhaus Kassel zu den Städtischen Kliniken Kassel. Am 16.4.1998 stellte die Klägerin der Beklagten dafür eine Stadtfahrtpauschale für Rettungswagen in Höhe von 952 DM sowie die Leitstellen-Vermittlungsgebühr in Höhe von 27,90 DM (insgesamt 979,90 DM) in Rechnung, wobei sie zwar den Namen der Versicherten (K. B.) sowie deren Geburtsdatum ( 1966) und Adresse (, F.), nicht aber deren Krankenversicherungsnummer angab. Die Rechnung wurde von der Rechnungsprüfstelle der Beklagten, der Deutsches Dienstleistungszentrum für das Gesundheitswesen GmbH (DDG) in Essen, gemäß Schreiben vom 5.5.1998 zurückgewiesen mit dem Hinweis, Frau B. sei nicht bei der Beklagten versichert ("Irrläufer/Fremdkasse"). Auch eine weitere Rechnung vom 26.3.2001 wurde von der DDG mit Schreiben vom 18.4.2001 zurückgewiesen unter Hinweis darauf, dass für die Patientin (diesmal bezeichnet als K. B.) keine eigene Zuständigkeit zu ermitteln sei ("Irrläufer/Fremdkasse"). Nach Feststellung des Geburtsnamens der Versicherten (L.) lehnte die DDG die Kostenübernahme mit Schreiben vom 19.6.2001 wegen zwischenzeitlicher Verjährung des Vergütungsanspruchs ab. Eine weitere Ablehnung - diesmal wieder bezogen auf die Rechnung vom 16.4.1998 - erfolgte am 8.11.2001, wobei die DDG den Namen der Patienten wieder mit K. B., nunmehr aber das Geburtsdatum mit 00 (statt 66) angab ("Irrläufer/Fremdkasse").
Mit ihrer am 12.10.2001 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, die - unter dem Namen B. transportierte - Versicherte sei seit 1983 Mitglied der Beklagten. Auch wenn sie die Krankenversicherungsnummer nicht habe angeben können und die Versicherte in der Zwischenzeit zweimal ihren Namen gewechselt habe, könnten die damit einhergehenden Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Mitgliedschaft nicht zu ihren Lasten gehen. Im Rettungsdienst sei es nicht ungewöhnlich, dass die Krankenversicherungsnummer nicht angegeben werden könne. Die Forderung sei auch nicht verjährt, weil für sie wie bei vertragsärztlichen Vergütungsansprüchen eine vierjährige Verjährungsfrist gelte.
Die Beklagte hat vorgetragen, sie habe aufgrund eines Leistungsantrages der Versicherten vom 12.3.1998 erfahren, dass diese nach ihrer Scheidung (10.2.1998) wieder ihren Geburtsnamen L. führte. Daraufhin habe sie den Namen der Versicherten in der elektronischen Datenverarbeitung am 23.3.1998 von B. auf L. umgestellt. Zugleich sei die auf den Namen B. lautende Versichertenkarte zurückgefordert und am 7.5.1998 zurückgegeben worden. Bei Eingang der Rechnung vom 16.4.1998 sei daher der Name K. B. nicht mehr für den automatischen Datenabgleich verfügbar gewesen. Entgegen der sonst allgemein üblichen und notwendigen Vorgehensweise im Abrechnungsverkehr habe die Klägerin die Krankenversicherungsnummer der Versicherten nicht angegeben, sodass das tatsächlich bis heute bestehende Versicherungsverhältnis damals nicht habe ermittelt werden können. Der Vergütungsanspruch sei schon vor Klageerhebung verjährt gewesen, weil er gemäß § 196 Abs 1 BGB in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung des Gesetzes (aF) einer zweijährigen Verjährungsfrist unterlegen habe.
Das Sozialgericht hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 17.12.2004) . Es hat ausgeführt, der Vergütungsanspruch sei nach § 196 Abs 1 Nr 1 und 7 BGB aF wegen Ablaufs der zweijährigen Verjährungsfrist am 31.12.2000 verjährt. Für den Fall des zivilrechtlichen Charakters des Vergütungsanspruchs für die Transportleistung seien die Verjährungsvorschriften des BGB unmittelbar anwendbar; für den Fall des öffentlich-rechtlichen Charakters der Vereinbarung seien diese Vorschriften entsprechend anzuwenden. Es fehle an einer dem vertragsärztlichen Abrechnungssystem vergleichbaren Komplexität der Abrechnung, die eine vierjährige Verjährungsfrist analog § 45 SGB I rechtfertigen könnte. Vielmehr sei unabhängig von der Rechtsnatur eine Nähe zu den privatrechtlichen Ansprüchen der Ärzte und Hebammen gegeben, die der Gesetzgeber nach § 196 Abs 1 Nr 14 BGB aF ebenfalls nur einer zweijährigen Verjährungsfrist unterworfen habe.
Auf die Berufung der Klägerin hat das Landessozialgericht (LSG) das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verurteilt, an die Klägerin 501,01 Euro zu zahlen; wegen des geltend gemachten Zinsanspruchs (5 % Zinsen ab 27.11.1998) hat es die Berufung jedoch zurückgewiesen (Urteil vom 12.6.2007). Es hat ausgeführt, die Entgeltvereinbarung vom 26.3.1997 sei dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Der Vergütungsanspruch unterliege daher der allgemeinen sozialrechtlichen Verjährungsfrist von vier Jahren analog § 45 SGB I, die im Zeitpunkt der Klageerhebung (12.10.2001) noch nicht abgelaufen gewesen sei, weil sie bis zum 31.12.2002 gereicht hätte.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte die Verletzung materiellen Rechts (§ 45 SGB I, § 196 Abs 1 BGB aF) . Sie meint, für die aus der Entgeltvereinbarung vom 26.3.1997 resultierenden Vergütungsansprüche gelte, da das HRDG keine eigene Verjährungsregelung kenne, nach § 62 Satz 2 Hessisches Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) iVm § 196 Abs 1 Nr 3 BGB aF die zweijährige Verjährungsfrist, die schon vor Klageerhebung abgelaufen gewesen sei (31.12.2000).
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Hessischen LSG vom 12.6.2007 zu ändern und die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des SG Kassel vom 17.12.2004 in vollem Umfang zurückzuweisen.
Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil als zutreffend und beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt (§§ 165, 153 Abs 1, 124 Abs 2 SGG).
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat der Zahlungsklage der Klägerin zu Recht stattgegeben. Der Vergütungsanspruch unterlag einer vierjährigen Verjährungsfrist.
1. Rechtsgrundlage für die von der Klägerin geltend gemachte "Stadtfahrtpauschale für Rettungswagen" (952 DM) und "Leitstellenvermittlungsgebühr" (27,90 DM) ist § 11 Abs 2 HRDG 1993 iVm § 2 Nr 1a und Nr 2 der "Vereinbarung über Benutzungsentgelte im Rettungsdienst" vom 26.3.1997. Die Ausführungen des LSG zu diesen dem Landesrecht zuzuordnenden Regelungen sind revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Die Vorschrift des § 11 Abs 2 HRDG 1993 ist Ausfluss des landesrechtlichen Regelungsvorbehalts, der in der bundesrechtlichen Bestimmung über die "Versorgung mit Krankentransportleistungen" enthalten ist. Nach § 133 Abs 1 Satz 1 SGB V in der hier noch maßgeblichen Fassung des Gesetzes vom 20.12.1988 (BGBl I 2477, gültig bis zum 31.12.1999) schließen nämlich die Krankenkassen oder ihre Verbände Verträge über die Vergütung von Leistungen des Rettungsdienstes und über das Entgelt für andere Krankentransporte mit dafür geeigneten Einrichtungen oder Unternehmen, soweit Landesrecht nichts anderes bestimmt. Mit dieser Vorrangklausel für landesrechtliche Regelungen hat der Bundesgesetzgeber verdeutlicht, dass er von seiner aus Art 74 Abs 1 Nr 12 GG folgenden Gesetzgebungskompetenz für das - der konkurrierenden Gesetzgebungszuständigkeit unterliegende - Recht der Sozialversicherung in diesem Bereich bewusst nicht umfassend Gebrauch gemacht hat (vgl BSGE 77, 119, 122 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1) , sodass die Landesgesetzgeber befugt waren, entsprechende Regelungen auf Landesebene zu erlassen. In Ausfüllung dieses landesrechtlichen Regelungsvorbehalts hat der hessische Gesetzgeber in § 11 Abs 2 HRDG 1993 Folgendes vorgeschrieben: "Abweichend von § 133 Abs 1 SGB V in der jeweils geltenden Fassung werden für die Kosten des Rettungsdienstes, die den Leistungserbringern im Rahmen der bedarfsgerechten Aufgabenerfüllung bei sparsamer Wirtschaftsführung entstehen, Benutzungsentgelte erhoben. Über die Höhe der Benutzungsentgelte können die Leistungserbringer mit den Leistungsträgern Vereinbarungen treffen. Das Gleiche gilt für die Träger der gesetzlichen Unfallversicherung." Auf dieser Regelung beruht wiederum die Entgeltvereinbarung vom 26.3.1997, die in § 2 Nr 1a für den "Einsatz eines Rettungswagens gemäß ärztlicher Verordnung" eine Pauschale von 952 DM und in § 2 Nr 2 einen "Aufschlag in Höhe der Gebühr der Rettungsdienstgebührensatzung (Leitstelle) in ihrer jeweils gültigen Satzung" vorsah; die "Leitstellenvermittlungsgebühr" betrug damals 27,90 DM.
2. Dem Transport der Versicherten vom 5.3.1998 lag ein - von der Rettungsdienst-Leitstelle vermittelter - Auftrag für einen ärztlich verordneten Rettungstransport der Versicherten zugrunde, den die Beklagte zu vergüten hat, weil sie sich insoweit der Klägerin bedient hat, um einen der Versicherten zustehenden Sachleistungsanspruch (§ 60 iVm § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) zu erfüllen (zum Sachleistungsprinzip bei Krankentransportfahrten und Rettungsfahrten vgl BSGE 77, 119, 128 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1; BSGE 85, 110, 112 = SozR 3-2500 § 60 Nr 4; BSG SozR 3-2500 § 60 Nr 5) . Der Transport war nach den bindenden (§ 163 SGG) Feststellungen des LSG medizinisch notwendig; er ist auch ordnungsgemäß ausgeführt worden. Die Vergütung war daher innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Rechnung vom 16.4.1998 bei der DDG durch Überweisung zu erbringen (Fälligkeitsklausel nach § 5 Entgeltvereinbarung) .
a) Die Ansicht des LSG, die Rechtsgrundlage des Vergütungsanspruchs sei öffentlich-rechtlicher Natur, ist ebenfalls revisionsrechtlich nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer Auslegung des HRDG 1993 und der Entgeltvereinbarung vom 26.3.1997, die für den erkennenden Senat bindend ist, weil sie nicht gegen Bundesrecht verstößt. Das LSG hat ausgeführt, in dem HRDG 1993 werde im Einzelnen die Sicherstellung einer flächendeckenden rettungsdienstlichen Versorgung (§§ 1-7) , die Genehmigung und die Voraussetzungen der Genehmigung von Leistungserbringern zum Krankentransport (§§ 13 ff) , deren Aufsicht (§ 20) sowie die Erhebung von Benutzungsentgelten für die Leistungen geregelt (§ 11). Der über eine Genehmigung verfügende Leistungserbringer werde zum Einsatz der vorzuhaltenden Rettungsmittel verpflichtet (§ 24) . Nach § 11 Abs 2 Satz 2 HRDG 1993 verbleibe den Leistungserbringern und Leistungsträgern nur noch Raum, über die Höhe der Benutzungsentgelte Vereinbarungen zu treffen, wobei die Vorschrift auch diesbezüglich detaillierte Vorgaben mache (Abs 1, 2, 3, 6, 7) und ergänzende Bestimmungen einer Rechtsverordnung vorbehalte (Abs 4). Komme eine Vereinbarung über Benutzungsentgelte nicht zustande, sei eine hoheitliche Festsetzung vorgesehen (Abs 5). Aus dem Regelungsgegenstand, der Regelungsdichte und der erheblichen Einschränkung der Vertragsfreiheit der Beteiligten bei der Vereinbarung der Benutzungsentgelte hat das LSG den Schluss gezogen, das HRDG 1993 und die auf ihm beruhende (§ 11 Abs 2 HRDG 1993) Entgeltvereinbarung vom 26.3.1997 sei dem öffentlichen Recht zuzuordnen. Dies steht bundesrechtlichen Vorschriften nicht entgegen.
b) Die Auslegung des Landesrechts durch das LSG steht auch nicht im Widerspruch zur Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 133 SGB V. Danach waren die unmittelbar auf § 133 Abs 1 SGB V beruhenden Verträge über die Vergütung von Leistungen des Rettungsdienstes und von Krankentransportfahrten, die von den Krankenkassen oder ihren Verbänden mit den die Leistungen anbietenden Einrichtungen und Unternehmen abzuschließen waren, bis zum 31.12.1999 zivilrechtlicher Natur (Urteil vom 29.11.1995 - 3 RK 32/94 - BSGE 77, 119, 121 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1) . Gleiches galt für den auf Grundlage einer solchen zivilrechtlichen Vergütungsvereinbarung zustande gekommenen Transportvertrag in Form eines Dienstvertrages (§ 611 BGB), den eine Krankenkasse mit einem zivilrechtlich organisierten Leistungserbringer zwecks Erfüllung des dem Versicherten zustehenden Sachleistungsanspruchs (§ 60 iVm § 2 Abs 2 Satz 1 SGB V) abgeschlossen hat. Ein derartiger einzelfallbezogener Beschaffungsvertrag war bis zum 31.12.1999 ebenfalls zivilrechtlicher Natur . Ein daraus resultierender Vergütungsanspruch unterlag deshalb unmittelbar den Vorschriften des BGB (BSG SozR 3-2500 § 125 Nr 5) .
Die Verjährungsfrist für einen solchen Vergütungsanspruch betrug nach § 196 Abs 1 Nr 3 BGB in seiner bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung (aF) zwei Jahre. Danach unterlagen die Ansprüche "der Eisenbahnunternehmungen, Magnetschwebebahnunternehmen, Frachtfuhrleute, Schiffer, Lohnkutscher und Boten wegen des Fahrgeldes, der Fracht, des Fuhr- und Botenlohns, mit Einschluss der Auslagen" der zweijährigen Verjährung. Diese auf das Verkehrs- und Wirtschaftsleben des Jahres 1900 zugeschnittene Vorschrift war bis zu ihrem Außerkrafttreten (31.12.2001) nach ständiger Rechtsprechung der Zivilgerichte an die wirtschaftliche Weiterentwicklung, die neuen Berufsbilder und die gewandelte Verkehrsanschauung anzupassen (BGHZ 33, 331; 39, 260; 80, 281; Palandt/Heinrichs, BGB, 61. Aufl 2002, § 196 RdNr 2 und 18). Erfasst werden sollten grundsätzlich sämtliche Formen der Beförderung und des Transports von Menschen und Gütern, soweit in Spezialgesetzen nichts anderes bestimmt war (vgl zB § 439 HGB für Frachtgeschäfte) . "Frachtfuhrleute" waren alle Transportunternehmen des nicht schienengebundenen Verkehrs (Palandt/Heinrichs aaO RdNr 18). Dementsprechend waren von den Zivilgerichten auch Krankentransportunternehmen den Frachtfuhrleuten iS des § 196 Abs 1 Nr 3 BGB aF gleichgestellt worden (LG Gießen NJW-RR 1996, 953; Palandt/ Heinrichs aaO RdNr 18) .
c) Gleichwohl sind die zivilrechtlichen Verjährungsvorschriften im vorliegenden Fall nicht anwendbar. Denn die Rechtsprechung des erkennenden Senats zum zivilrechtlichen Charakter der Vergütungsvereinbarungen nach § 133 Abs 1 SGB V in der Zeit bis zum 31.12.1999 (BSGE 77, 119, 121 = SozR 3-2500 § 133 Nr 1) steht der Auslegung des LSG, der Vergütungsanspruch nach § 11 Abs 2 HRDG 1993 iVm § 2 Nr 1a und Nr 2 der Entgeltvereinbarung vom 26.3.1997 sei öffentlich-rechtlicher Natur, nicht entgegen, weil sich beide Rechtsgrundlagen unterscheiden (Bundesrecht einerseits, Landesrecht andererseits) und sich der erkennende Senat seinerzeit ausdrücklich nur mit Vergütungsvereinbarungen beschäftigt hat, die unmittelbar auf § 133 Abs 1 SGB V beruhten. Zu landesrechtlich begründeten Vergütungsansprüchen hatte sich der Senat in der Entscheidung nicht geäußert.
d) Der hier gegebene, landesrechtlich begründete Vergütungsanspruch unterlag wegen seiner öffentlich-rechtlichen Natur einer vierjährigen Verjährungsfrist analog § 45 SGB I.
Der Ansicht der Beklagten, hier gelte eine zweijährige Verjährungsfrist, weil in Ermangelung eigener Verjährungsfrist-Regelungen im HRDG das Hessische Verwaltungsverfahrensgesetz (HVwVfG) maßgeblich und über die Verweisung auf die BGB-Vorschriften in § 62 HVwVfG die Regelung des § 196 Abs 1 BGB aF entsprechend heranzuziehen sei, folgt der erkennende Senat nicht. Das HVwVfG ist nicht anwendbar, weil es gemäß § 2 Abs 2 Nr 3 HVwVfG für "Verfahren nach dem Sozialgesetzbuch" nicht gilt. Zudem wäre die Verweisung auf die BGB-Vorschriften in § 62 Satz 2 HVwVfG auch deshalb nicht einschlägig, weil sie nur der Ergänzung der §§ 54 ff HVwVfG dient, die dem öffentlich-rechtlichen Vertrag gewidmet sind (vgl Überschrift zu Teil IV "Öffentlich-rechtlicher Vertrag"). Dem Vergütungsanspruch lag hier aber - wie bereits ausgeführt - kein Vergütungsvertrag nach § 133 Abs 1 SGB V und auch kein öffentlich-rechtlicher Dienstvertrag gemäß § 69 SGB V iVm § 611 BGB zwischen der Klägerin und der Beklagten zugrunde; vielmehr entstand der Vergütungsanspruch unmittelbar mit der Inanspruchnahme des Rettungsdienstes durch die Versicherte, deren Sachleistungsanspruch die Beklagte aufgrund der ärztlichen Verordnung des Transports zu erfüllen hatte.
Vergütungsansprüche von Leistungserbringern gegen Krankenkassen aus öffentlich-rechtlichen Rechtsbeziehungen verjährten bis zum 31.12.1999 entsprechend einer in § 45 SGB I zum Ausdruck gekommenen allgemeinen sozialrechtlichen Verjährungsregelung innerhalb von vier Jahren, wie bereits für das Vertragsarztrecht, für die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den Krankenhäusern sowie für entsprechende öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche entschieden worden ist (BSG SozR 3-1200 § 45 Nr 8; BSGE 69, 158, 160 = SozR 3-1300 § 113 Nr 1; BSG SozR 4-1500 § 92 Nr 3; BSG SozR 2200 § 368e Nr 10; BSGE 76, 117, 118 = SozR 3-1200 § 45 Nr 5). An der vierjährigen Verjährungsfrist hat sich durch die Neuregelung des § 69 SGB V durch das GKV-Gesundheitsreformgesetz 2000 (GKVRefG 2000) vom 22.12.1999 (BGBl I 2626) zum 1.1.2000, mit der sämtliche Rechtsbeziehungen der Leistungserbringer zu den Krankenkassen ausschließlich dem öffentlich-rechtlichen Regime unterworfen worden sind, nichts geändert, wie der Senat bereits entschieden hat (Urteil vom 12.5.2005 - B 3 KR 32/04 R - SozR 4-2500 § 69 Nr 1). Sie gilt wegen der ausschließlichen Zuordnung des Leistungserbringerrechts des SGB V zum öffentlichen Recht nunmehr für alle Rechtsbeziehungen der Krankenkassen zu den verschiedenen Leistungserbringern (BSG SozR 4-2500 § 276 Nr 1) .
Die vierjährige Verjährungsfrist des 1998 entstandenen Vergütungsanspruchs der Klägerin begann nach § 45 Abs 2 SGB I iVm § 201 BGB aF am 1.1.1999 und endete am 31.12.2002. Durch die am 12.10.2001 erhobene Klage ist die Verjährung gemäß § 45 Abs 2 SGB I iVm § 209 BGB aF unterbrochen worden, sodass dem Zahlungsanspruch die Einrede der Verjährung nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden kann.
3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 und 4 SGG in der hier noch anwendbaren, bis zum 1.1.2002 gültigen Fassung des Gesetzes (Art 17 Abs 1 Satz 2 des 6. SGG-Änderungsgesetzes) , weil die Klage am 12.10.2001, also vor dem 2.1.2002, rechtshängig geworden ist (BSG SozR 3-2500 § 116 Nr 24).
Fundstellen
Haufe-Index 2020271 |
FA 2009, 31 |