Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensanrechnung. Steuervergünstigung. eigengenutzte Wohnung. eigengenutztes Haus. Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Absetzungsbetrag. Sonderausgaben
Leitsatz (amtlich)
Zur Behandlung der einkommenssteuerrechtlich wie Sonderausgaben nach § 10 e EStG berücksichtigten Beträge bei der Ermittlung des für die Gewährung von Erziehungsgeld maßgebenden Einkommens.
Normenkette
BErzGG § 6 Abs. 2 Nr. 4, § 13 S. 2; EStG §§ 7b, 10e; BKGG § 11 Abs. 2; SGG §§ 62, 128, 146
Verfahrensgang
LSG Rheinland-Pfalz (Urteil vom 21.02.1992; Aktenzeichen L 6 Eg 6/91) |
SG Mainz (Entscheidung vom 05.03.1991; Aktenzeichen S 4 Eg 4/90) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. Februar 1992 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten über die Berechnung des Einkommens, das bei der Gewährung von Erziehungsgeld (Erzg) zu berücksichtigen ist.
Die Klägerin erhielt für ihren am 22. Mai 1990 geborenen Sohn Erzg bis zum Ende des 6. Lebensmonats des Kindes (Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 1990). Für die Zeit ab Beginn des 7. Lebensmonats lehnte der Beklagte die Gewährung von Erzg ab, weil das nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) zu berücksichtigende Einkommen die maßgebende Einkommensgrenze überschreite. Hierbei ist der Beklagte davon ausgegangen, daß die Klägerin mit ihrem Ehegatten zusammenlebt und noch zwei weitere Kinder hat. Der von der Klägerin vorgelegte Einkommensteuerbescheid für 1988 weist Gesamteinkünfte der Eheleute in Höhe von 72.526,– DM aus. Von dem zu versteuernden Einkommen wurde ua ein Betrag von 14.962,– DM als Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung abgesetzt. Die tarifliche Einkommensteuer betrug danach 7.974,– DM; sie wurde um das sog Baukindergeld (§ 34 f Einkommensteuergesetz ≪EStG≫) in Höhe von 1.200,– DM gemindert. Die Einkommensteuer wurde danach tatsächlich auf 6.774,– DM festgesetzt. Der Beklagte lehnte es ab, die Steuerbegünstigung für die eigengenutzte Wohnung und das sog Baukindergeld von dem für die Berechnung des Erzg maßgebenden Einkommen abzuziehen.
Widerspruch (Widerspruchsbescheid vom 23. Juli 1990), Klage (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Mainz vom 5. März 1991) und Berufung blieben ohne Erfolg. Das Landessozialgericht (LSG) hat in seinem Urteil vom 21. Februar 1992 darauf abgestellt, daß von dem nach § 6 Abs. 1 BErzGG zu ermittelnden Einkommen gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 1 BErzGG nur die tatsächlich zu zahlende Steuer abzuziehen sei. Dies schließe eine fiktive Berücksichtigung der Steuerminderung durch das sog Baukindergeld aus. Ein Abzug des Absetzungsbetrages nach § 10 e EStG komme gemäß § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG nur in Betracht, wenn und soweit Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt würden. Das sei bei der Klägerin und ihrem Ehemann nicht der Fall.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 6 Abs. 2 Nr. 1 und des § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG.
Die Klägerin beantragt,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 21. Februar 1992 und des Sozialgerichts Mainz vom 5. März 1991 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 29. Juni 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. Juli 1990 zu ändern und der Klägerin für ihren Sohn Tim ab Beginn des 7. Lebensmonats Erziehungsgeld zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist nicht begründet.
Soweit das LSG ohne nähere Prüfung von der Zulässigkeit der Berufung ausgegangen ist, leidet das angefochtene Urteil nicht an einem wesentlichen, auch ohne ausdrückliche Rüge zu berücksichtigenden Verfahrensmangel. Nach § 13 Satz 2 BErzGG (in der vor dem 1. März 1993 geltenden Fassung) war die Zulässigkeit der Berufung nach § 146 Sozialgerichtsgesetz (SGG) aF zu beurteilen. Danach war die Berufung – ohne ausdrückliche Zulassung durch das SG (§ 150 Nr. 1 SGG aF) – nicht statthaft, wenn sie Leistungen für im Zeitpunkt der Berufungseinlegung schon zurückliegende Zeiten betraf. Der von der Klägerin geltend gemachte Anspruch auf Erzg endete, ausgehend von der Geburt ihres Kindes am 22. Mai 1990 (die Angabe des Datums 16. Juni 1990 im Tatbestand des angefochtenen Urteils beruht auf einem offensichtlichen Schreibfehler), am 21. August 1991; denn nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BErzGG (idF des Änderungsgesetzes ≪ÄndG≫ vom 30. Juni 1989 – BGBl I S 1297) betrug die Bezugszeit bei Kindern, die zwischen dem 1. Juli 1989 und dem 30. Juni 1990 geboren wurden, 15 Monate. Die am 18. August 1991 beim LSG eingegangene Berufung lag somit noch innerhalb des möglichen Bezugszeitraums.
Das beklagte Land hat der Klägerin für die Zeit ab dem 7. Lebensmonat ihres Kindes wegen der Höhe des anzurechnenden Einkommens zu Recht Erzg versagt. Der Senat hält die gesetzlichen Regelungen zur Ermittlung der Höhe des anzurechnenden Einkommens mit den Vorinstanzen für verfassungsgemäß und hat deshalb keine Veranlassung, den Rechtsstreit gemäß Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) auszusetzen und die Sache dem Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Regelungen vorzulegen.
Der Anspruch der Klägerin auf Erzg für ihr am 22. Mai 1990 geborenes Kind richtet sich nach § 1 Abs. 1 Nr. 1–4 BErzGG idF vom 25. Juli 1989 (BGBl I S 1550), dessen Voraussetzungen unter den Beteiligten nicht streitig sind. Für Kinder, die – wie hier – nach dem 1. Juli 1989, aber vor dem 1. Juli 1990 geboren sind, wird das Erzg vom Tage der Geburt bis zur Vollendung des 15. Lebensmonats gewährt (§ 4 Abs. 1 BErzGG idF des BErzGGÄndG). Gemäß § 5 Abs. 1 BErzGG beträgt das Erzg 600,– DM monatlich. Auf dieser Grundlage ist der Klägerin die Leistung bis zum Ende des 6. Lebensmonats ihres Sohnes bewilligt worden.
Nach § 5 Abs. 2 Satz 1 BErzGG wird das Erzg vom Beginn des 7. Lebensmonats an gemindert, wenn das nach § 6 BErzGG maßgebliche Einkommen bei Verheirateten, die nicht dauernd getrennt leben, 29.400,– DM und bei anderen Berechtigten 23.700,– DM übersteigt. Da im Falle der Klägerin zwei weitere Kinder zu berücksichtigen sind, erhöht sich der für sie maßgebliche Freibetrag von 29.400,– DM um 2 × 4.200,– DM auf 37.800,– DM. Nach § 5 Abs. 3 BErzGG mindert sich das Erzg um den zwölften Teil von 40 vH des die vorgenannten Grenzen übersteigenden Einkommens, so daß erst dann kein Erzg mehr zu zahlen ist, wenn das anzurechnende Einkommen die maßgebliche Einkommensgrenze um 18.000,– DM und damit hier den Betrag von 55.800,– DM übersteigt. Nach § 6 Abs. 1 BErzGG gilt als maßgebliches Einkommen die Summe der im vorletzten Kalenderjahr vor der Geburt erzielten positiven Einkünfte iS des § 2 Abs. 1 und 2 EStG des Berechtigten und seines nicht dauernd von ihm getrennt lebenden Ehegatten, und zwar so, wie sie der Besteuerung zugrunde gelegt worden sind (Satz 1). Ein Ausgleich mit Verlusten aus anderen Einkunftsarten und mit Verlusten des Ehegatten ist nicht zulässig (Satz 2).
Der Absetzungsbetrag für eine eigengenutzte Wohnung nach § 10 e EStG stellt – wie die Klägerin zutreffend dargelegt hat – keinen Vertust aus einer anderen Einkunftsart iS des § 6 Abs. 1 Satz 2 BErzGG dar. Es handelt sich vielmehr um eine zum 1. Januar 1987 neugeschaffene Steuerbegünstigung für ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken genutztes Wohneigentum, der keine Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung gegenüberstehen, da zugleich die Besteuerung des Nutzungswertes von ausschließlich selbstgenutztem Wohneigentum (§§ 21 Abs. 2 und 21 a iVm § 52 Abs. 21 EStG) abgeschafft wurde und daher das Wohnen im eigenen Haus bzw in der eigenen Wohnung nicht mehr als Einkunftsart iS des Einkommensteuerrechts anzusehen ist.
Mit ihrer Forderung, der Absetzungsbetrag nach § 10 e EStG müsse nach § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG von dem nach § 6 Abs. 1 BErzGG zu berücksichtigenden Einkommen abgezogen werden, verlangt die Klägerin im Grunde den vom Gesetz gerade ausgeschlossenen Verlustausgleich. Die nach § 10 e EStG wie Sonderausgaben abzusetzenden Beträge sind an die Stelle der zuvor nach § 7 b EStG abzusetzenden (fiktiven) Verluste aus Vermietung und Verpachtung bei ausschließlich selbstgenutzten Wohnobjekten getreten. Deren Abzug von Einkünften aus anderen Einkommensarten (zB Einkünfte aus abhängiger oder aus selbständiger Tätigkeit) war in § 6 BErzGG zu keiner Zeit vorgesehen.
Die durch das BErzGGÄndG vom 30. Juni 1989 (aaO) eingefügte Vorschrift in § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG erfaßt – wie die Vorinstanzen zutreffend entschieden haben – Absetzungsbeträge nach § 10 e EStG nur dann, wenn ihnen Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gegenüberstehen. Bei Erzg-Berechtigten, die ihr Wohneigentum ausschließlich zu eigenen Wohnzwecken nutzen, kommt § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG nach seinem insoweit eindeutigen Wortlaut nicht zur Anwendung. Die Auslegung der Klägerin, Absetzungsbeträge nach § 10 e EStG seien stets vom Einkommen abzuziehen, läßt die Regelung im 2. Halbsatz der Nr. 4 – „soweit sie die Summe der positiven Einkünfte, die der Berechtigte und sein nicht dauernd von ihm getrennt lebender Ehegatte in diesem Jahr aus Vermietung und Verpachtung hatten, nicht übersteigen” – unberücksichtigt. Im Gesetzgebungsverfahren ist zudem deutlich gemacht worden, daß die von der Klägerin begehrte weitergehende Abzugsmöglichkeit bewußt nicht zugelassen worden ist.
Der Bundesrat hatte schon zur ursprünglichen Fassung des BErzGG vorgeschlagen, § 6 Abs. 2 folgende Nr. 4 anzufügen:
(Vom Einkommen werden abgezogen:) „die Absetzung für Abnutzung nach § 7 b des EStG für ein selbstgenutztes Einfamilienhaus oder eine selbstgenutzte Eigentumswohnung, soweit sie nicht bereits bei der Ermittlung der positiven Einkünfte berücksichtigt worden ist, sowie die Steuerermäßigung nach § 34 f des EStG.”
Dies hatte er vor allem damit begründet, daß es für viele junge Familien schwierig sei, die laufenden Zahlungsverpflichtungen aus ihrem Eigenheim oder ihrer Eigentumswohnung zu erfüllen, wenn ein Elternteil vorübergehend auf Erwerbstätigkeit verzichte (BT-Drucks 10/3926, S 3). Die Bundesregierung hat sich unter Hinweis auf den entsprechenden Einkommensbegriff im Bundeskindergeldgesetz (BKGG) gegen diesen Vorschlag ausgesprochen und darauf hingewiesen, daß die vorgeschlagene Regelung zu erheblichen Mehrkosten führe (BT-Drucks 10/4039, S 21, zu 11.). Der Vorschlag des Bundesrates hat im weiteren Gesetzgebungsverfahren keine Mehrheit gefunden. Der Gesetzgeber hat sich damit – wie schon das LSG ausgeführt hat – bewußt gegen eine Einbeziehung der wohnungsbaufördernden Steuerprivilegierung nach § 7 b EStG in die Anspruchsberechtigung beim Erzg in dessen einkommensabhängiger Phase entschieden. Dieselbe Entscheidung hat er in bezug auf die Berechnung des für die Minderung des Kindergeldes nach § 11 Abs. 2 BKGG maßgebenden Einkommens getroffen, während er im Bundesausbildungsförderungsgesetz (BAföG) den Abzug von Absetzungsbeträgen für selbstgenutztes Wohneigentum nach § 10 e bzw 7 b EStG auch ohne einen Zusammenhang mit Einkünften aus Vermietung oder Verpachtung zuläßt (§ 21 Abs. 1 Nr. 2 a BAföG).
Dieser Auslegung von § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG kann nicht entgegengehalten werden, daß die Regelung in dieser Form keinen Sinn ergebe bzw keinen Anwendungsbereich habe, weil der Absetzungsbetrag nach § 10 e EStG nach der Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung nicht mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zusammentreffen könne. Dies trifft nur dann zu, wenn der Erzg-Berechtigte ausschließlich über selbstgenutztes Wohneigentum verfügt. Soweit er jedoch darüber hinaus Wohneigentum vermietet oder verpachtet hat, kann er den Absetzungsbetrag nach § 10 e EStG von den sich hieraus ergebenden Einkünften abziehen. § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG führt damit im Ergebnis zwar dazu, daß Einkünfte aus anderen Einkommensarten anders behandelt werden als Einkünfte aus Vermietung oder Verpachtung. Hieraus ergibt sich jedoch noch kein Verfassungsverstoß, der die Einholung einer Entscheidung des BVerfG nach Art. 100 Abs. 1 GG erforderlich machte.
Die Einfügung der Nr. 4 in den § 6 Abs. 2 BErzGG durch das BErzGGÄndG vom 30. Juni 1989 (BGBl I S 1297) soll nach der im Gesetzgebungsverfahren abgegebenen Begründung lediglich klarstellen, daß die Ablösung des § 7 b EStG durch § 10 e EStG bei der einkommensabhängigen Minderung des Erzg nicht zu Nachteilen für den Berechtigten führen soll (BT-Drucks 11/4687, S 7 zu Nr. 5 Buchst a). Unter der Geltung des § 7 b EStG war ein Abzug des Absetzungsbetrages für selbstgenutztes Wohneigentum bei der Ermittlung des für die Gewährung von einkommensabhängigem Erzg maßgebenden Einkommens (§ 6 Abs. 1 BErzGG) ebenfalls nur insoweit zulässig, als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung erzielt wurden. Dies ergab sich ohne weiteres schon aus dem in § 6 Abs. 1 Satz 2 BErzGG verankerten Verbot des Verlustausgleichs. Das BVerfG hat die gleichlautende Regelung bei der Einkommensanrechnung im Bereich des Kindergeldes als verfassungsgemäß angesehen (BVerfGE 82, 60 = SozR 3-5870 § 10 Nr. 1). Der erkennende Senat hat im Anschluß daran bereits entschieden, daß die Außerachtlassung steuerlicher Subventionierungen, die durch Anerkennung fiktiver Verluste erfolgt, bei einkommensabhängigen Sozialleistungen, die an die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Familie anknüpfen, verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden ist (Urteil vom 10. März 1993, 14 b REg 4/92, zur Veröffentlichung vorgesehen).
Die gesetzliche Neuregelung hat die Berechnung des auf das Erzg anzurechnenden Einkommens bei Berechtigten, die ausschließlich über selbstgenutztes Wohneigentum verfügen, im Ergebnis nicht verändert. Bei ihnen wurde bis zum Veranlagungszeitraum 1987 der Nutzungswert des Wohneigentums als Einkommen berücksichtigt. Hiervon wurde der Absetzungsbetrag nach § 7 b EStG bis höchstens zum Wert Null abgezogen. Durch die Abschaffung der Nutzungswertbesteuerung bei ausschließlich selbstgenutztem Wohneigentum (§ 52 Abs. 21 iVm §§ 21 Abs. 2 und 21 a EStG aF) ist die Notwendigkeit für einen derartigen Abzug entfallen. Mit der Einfügung der Nr. 4 in den § 6 Abs. 2 BErzGG ist der Gesetzgeber innerhalb der schon vor dieser Rechtsänderung verfolgten Systematik bei der Einkommensanrechnung verblieben: Zulässig ist weiterhin allein ein Abzug steuerlicher Absetzungsbeträge (Werbungskosten, Sonderausgaben) innerhalb der jeweiligen Einkommensart.
Ob die sich hieraus ergebende Bevorzugung derjenigen Erzg-Berechtigten, die neben dem selbstgenutzten Wohneigentum über Einkünfte aus vermieteten oder verpachteten Wohnobjekten verfügen, sozialpolitisch sinnvoll ist, war nicht zu entscheiden. Eine Verletzung verfassungsrechtlicher Grundsätze, hier insbesondere des Gleichheitssatzes aus Art. 3 Abs. 1 GG, liegt jedenfalls nicht vor. Die Regelung in § 6 Abs. 2 Nr. 4 BErzGG verstößt hiergegen schon deshalb nicht, weil sie sich – wie aufgezeigt – innerhalb des Systems der Einkommensberechnung beim Erzg bewegt, das in gleicher Weise auch für das Kindergeldrecht gilt. Für die Berücksichtigung der Absetzungsbeträge nach § 10 e EStG nur bei Einkünften aus Vermietung und Verpachtung fehlt es deshalb nicht an einem sachlichen Grund (aA Seewald, in Wickenhagen-Krebs, BKGG, Kommentar, Stand: Juni 1992, § 11 RdNr. 32).
Die von der Klägerin geltend gemachte Berücksichtigung des sogenannten Baukindergelds (§ 34 f EStG) ist danach nicht mehr entscheidungserheblich, da ihr ein Anspruch auf Erzg ab dem Beginn des 7. Lebensmonats ihres Kindes auch bei einem Abzug dieser Steuervergünstigung vom anzurechnenden Einkommen nicht zusteht. Nach den nicht mit Revisionsrügen angegriffenen Feststellungen des LSG waren für das der Einkommensberechnung zugrunde zu legende Kalenderjahr 1988 Gesamteinkünfte der Ehegatten in Höhe von 72.526,– DM zu berücksichtigen.
Hiervon sind abzusetzen:
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Vorsorgeaufwendungen: |
6.821,– DM |
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Unterhaltsleistungen: |
120,– DM |
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tatsächlich entrichtete Einkommensteuer: |
6.774,– DM. |
Selbst wenn der hieraus resultierende Betrag von 58.811,– DM um weitere 1.200,– DM für das sog Baukindergeld vermindert würde, ergäbe sich mit 57.611,– DM ein zu berücksichtigendes Einkommen, das den Grenzbetrag (hier: 55.800,– DM) übersteigt, ab dem sich kein Zahlbetrag mehr errechnet.
Das angefochtene Urteil unterliegt auch nicht wegen eines von der Klägerin geltend gemachten Verfahrensmangels der Aufhebung. Soweit die Klägerin geltend macht, das SG habe Teile ihres Vorbringens im Berufungsverfahren nicht berücksichtigt, liegt weder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör (§ 62 SGG) noch eine Überschreitung der Grenzen der freien Beweiswürdigung (§ 128 SGG) vor. Der vermeintlich übersehene Schriftsatz der Klägerin (Klageschrift vom 15. März 1991 aus dem Verfahren nach dem BKGG) enthält nur Rechtsausführungen und kein tatsächliches Vorbringen. Rechtsausführungen unterliegen jedoch auch dann, wenn sie vom Berufungsgericht übersehen und im Urteil nicht erörtert worden sind in vollem Umfang der Überprüfung durch das Revisionsgericht. Hierdurch wird der Rechtsschutz der Klägerin vollauf gewahrt. Selbst wenn das Berufungsgericht die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz vom 15. März 1991 übersehen hätte, wäre ihr deshalb kein Rechtsnachteil entstanden. Das Gericht ist nach § 128 SGG zwar verpflichtet, alle von den Prozeßbeteiligten vorgebrachten Umstände zu berücksichtigen, soweit sie entscheidungserheblich sind. Dies bedeutet jedoch nicht, daß es im Urteil auf alle im Prozeß vorgetragenen rechtlichen Argumente eingehen muß, auch wenn es sie für unbedeutend oder abwegig hält (BSGE 1, 91, 94; Baumbach-Lauterbach, ZPO, 48. Aufl 1990, § 286 Anm. 2 D). Soweit im angefochtenen Urteil rechtliche Erwägungen der Klägerin aus ihren im Berufungsverfahren eingereichten Schriftsätzen keine Erwähnung gefunden haben, läßt dies nicht den Schluß zu, der Entscheidung fehle es an der gesetzlich vorgeschriebenen Begründung. Das LSG hat in den Entscheidungsgründen vielmehr konkludent zum Ausdruck gebracht, daß es die Begründung der Klägerin für unrichtig hielt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Die Klägerin kann eine Kostenerstattungspflicht der Beklagten nicht aus der vermeintlichen Verletzung des Rechts auf Gehör im Berufungsverfahren herleiten; selbst wenn insoweit ein Fehler des Berufungsgerichts vorläge, könnte dies nicht die Kostenlast des Prozeßgegners begründen.
Fundstellen