Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Bayerischen Landessozialgerichts vom 30. September 1981 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Revisionsverfahren.
Gründe
I.
Streitig ist ein Recht des Klägers auf Familienhilfe für seine Ehefrau nach § 32 des Gesetzes über die Krankenversicherung der Landwirte (KVLG).
Der Kläger ist seit 1972 als landwirtschaftlicher Unternehmer bei der Beklagten versichert. Neben der Landwirtschaft betreibt er eine Gastwirtschaft und eine – nach seinen Angaben seit Jahren ruhende – Fleischerei. Im Jahre 1977 betrugen nach dem Steuerbescheid die Einnahmen aus der Landwirtschaft DM 21.865,– und aus dem Gewerbebetrieb ca. DM 30.000,–. Der Kläger lebt mit seiner Ehefrau im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Die Ehefrau führt den Haushalt und arbeitet außerdem bei Tanzveranstaltungen in der Gastwirtschaft mit (nach Angaben des Klägers durchschnittlich 30 Stunden im Monat).
Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 24. August 1977 festgestellt, daß der Familienhilfeanspruch für die Ehefrau des Klägers mit dem 30. Juni 1977 ende, weil ihr Einkommen die Grenze von monatlich DM 370,– überschreite. Auf den Widerspruch des Klägers hatte sie jedoch diesen Bescheid durch den Bescheid vom 5. Juli 1978 aufgehoben und umgekehrt festgestellt, daß für die Ehefrau weiterhin Anspruch auf Familienhilfe bestehe. Durch den hier angefochtenen Bescheid vom 11. Juli 1979 hob die Beklagte den letztgenannten Bescheid auf; sie stellte nun fest, daß des Anspruch auf Familienhilfe für die Ehefrau des Klägers zum 15. Juli 1979 ende.
Die nach erfolglosem Widerspruch erhobene Klage wies das Sozial Bericht (SG) ab, das Landessozialgericht (LSG) gab ihr durch Aufhebung des angefochtenen Bescheides statt. Es ließ dahingestellt, ob die Beklagte den begünstigenden Bescheid vom 5. Juli 1978 überhaupt hätte aufheben dürfen: Der angefochtene Bescheid vom 11. Juli 1979 sei jedenfalls deshalb rechtswidrig, weil auch über den 15. Juli 1979 hinaus ein Anspruch auf Familienhilfe gegeben sei. Die Ehefrau des Klägers habe seitdem kein Gesamteinkommen, das ein Fünftel der monatlichen Bezugsgröße überschritten habe. Für ihre Mitarbeit in der Gastwirtschaft erhalte sie kein Entgelt; an der allein auf den Kläger laufenden Gastwirtschaft sei sie auch nicht als Gesellschafterin beteiligt; es handele sich um eine typische familienhafte Mitarbeit. Ebensowenig rechtfertigten der Güterstand der Zugewinngemeinschaft oder die steuerliche Zusammenveranlagung der Eheleute die Zurechnung von Einkünften an die Ehefrau. Die Beklagte könne sich nicht auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 12. Dezember 1979 (3 RK 98/78) berufen: denn dort habe das BSG nur bei der Grundlohnbestimmung einer freiwillig versicherten einkommenslosen Hausfrau nach § 180 Abs. 4 der Reichsversicherungsordnung (RVO) das Einkommen des Ehemannes zur Hälfte wie Einkommen der Ehefrau behandelt.
Mit der – vom LSG zugelassenen – Revision macht die Beklagte geltend, aus der güterrechtlichen Regelung ergebe sich ein Anspruch der Ehefrau auf die Hälfte des Gewinnes aus dem Gewerbebetrieb. Dies entspreche auch dem Gedanken der Solidargemeinschaft der Landwirte. Von einer typischen form der unentgeltlichen familienhaften Mitarbeit könne hier nicht die Rede sein; dagegen sprächen die Angaben des Klägers gegenüber der Berufsgenossenschaft, (BG) über jährlich beiderseits 3200 Arbeitsstunden, die angesichts der festgestellten Mithilfe hauptsächlich auf die Ehefrau des Klägers entfielen. Das LSG habe den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG aufzuheben und die Berufung gegen das Urteil des SG zurückzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
II.
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht den angefochtenen Bescheid vom 11. Juli 1979 auf die erhobene Anfechtungsklage aufgehoben. Damit bleibt die am 5. Juli 1978 von der Beklagten getroffene Feststellung der Berechtigung des Klägers zur Familienhilfe für seine Frau über den 15. Juli 1979 hinaus wirksam.
Die Frage, ob die Beklagte den begünstigenden Verwaltungsakt vom 5. Juli 1978 überhaupt aufheben durfte, ist nach dem bis zum Inkrafttreten von § 45 des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – (SGB X) geltenden Recht zu beurteilen (Art 2 § 40 des Gesetzes vom 18. August 1980). Dabei könnte zweifelhaft sein, ob sich eine Befugnis der geklagten zur Aufhebung seinerzeit aus den allgemeinen Grundsätzen des Verwaltungsrechts herleiten ließ. Dies kann indessen auf sich beruhen, weil der Kläger auch nach dem 15. Juli 1979 einen Anspruch auf Familienhilfe für seine Ehefrau hat, so daß der angefochtene Bescheid, jedenfalls deshalb rechtswidrig ist.
Nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KVLG in der hier maßgebenden Fassung des Art 1 § 3 Nr. 13 KVKG vom 27. Juni 1977 (BGBl. I 1060) erhalten Versicherte Familienhilfe für den unterhaltsberechtigten Ehegatten, soweit dieser nicht anderweit einen gesetzlichen Anspruch auf entsprechende Leistungen hat, sich gewöhnlich im Geltungsbereich des Gesetzes aufhält und, kein Gesamteinkommen hat, das regelmäßig im Monat ein Fünftel der monatlichen Bezugsgröße überschreitet. Das angefochtene Urteil hat sich, obwohl ein Recht nur bei Vorliegen aller dafür erforderlichen Voraussetzungen zuerkannt werden darf, nur mit der letztgenannten Voraussetzung befaßt. Obgleich gegen eine solche lückenhafte Urteilsbegründung Bedenken bestehen, kann der Senat jedoch davon ausgehen, daß das LSG hier auch die übrigen Voraussetzungen – darunter die Unterhaltsberechtigung (vgl. dazu SozG 2200 § 205 Nrn. 13 und 26) und den fehlenden anderweitigen Anspruch – als gegeben feststellen wollte, zumal diese Voraussetzungen unter den Beteiligten zu keiner Zeit im Streit standen. Da insoweit Rechtsfehler nicht ersichtlich sind, kommt es somit allein darauf an, ob die Ehefrau des Klägers ein „Gesamteinkommen” hat, das einen Anspruch auf Familienhilfe ausschließt. Diese Fragt hat das LSG zu Recht verneint.
Der Begriff des Gesamteinkommens wird in § 16 SGB X durch eine Legaldefinition umschrieben, die auch für die Bestimmungen über die Familienhilfe gilt (SozR 2200 § 205 Nrn. 22 und 23). Danach ist Gesamteinkommen die Summe der Einkünfte im Sinne des Einkommensteuerrechts; es umfaßt insbesondere das Arbeitsentgelt und das Arbeitseinkommen. Die „Summe der Einkünfte” ist ein aus den Begriffsbestimmungen des § 2 des Einkommensteuergesetzes, -EStG-, übernommener und dort in Abs. 3 enthaltener Begriffs zu ihr rechnen alle in den vorangehenden Absätzen 1 und 2 des § 2 EStG beschriebenen und in den §§ 13 ff. EStG im einzelnen erläuterten Einkünfte.
Nach den Feststellungen des LSG bezieht die Ehefrau des Klägers keine solchen Einkünfte. In Betracht kämen hier allein Einkünfte aus Gewerbebetrieb i.S. der §§ 2 – Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Nr. 1 – und 15 EStG. Solche Einkünfte hat die Klägerin nicht gehabt. Der Gewerbebetrieb der Gastwirtschaft wird nach dem festgestellten Sachverhalt allen vom Kläger betrieben die Ehefrau war zu keiner Zeit an der Betriebsführung beteiligt. Sie hat auch kein Kapital für den Betrieb der Gastwirtschaft eingesetzt, arbeitet vielmehr nur bei Tanzveranstaltungen dort mit. Dabei handelt es sich aufgrund dir vom LSG getroffenen Beststellungen um eine unentgeltliche familienhafte Mitarbeit, die mangels Entfaltung einer Unternehmerinitiative und mangels Tragen eines Unternehmerrisikos keine Mitunternehmerschaft i.S des § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG zu begründen vermag.
Die Angriffe der Beklagten gegen die Annahme einer familienhaften Mitarbeit gehen fehl. Soweit sie sich gegen die zugrunde liegenden Feststellungen des LSD wendet, genügt ihr Vorbringen nicht den Anforderungen, die an die Rüge einer Verletzung der §§ 103, 128 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) zu stellen sind. Die Beklagte wirft dem LSD nicht vor, bei der Beweiswürdigung Angaben des Klägers gegenüber der BG übersehen zu haben; es fehlt ferner an der Darlegung, in welcher Richtung weitere Ermittlungen hätten vorgenommen werden müssen und inwiefern deren Ergebnis für die Entscheidung von Bedeutung sein konnte. Selbst wenn der Arbeitseinsatz der Klägerin in der Gastwirtschaft den des Klägers überstiegen hätte, könnte das noch nicht dazu führen, bei der Ehefrau die familienhafte Mitarbeit zu verneinen und statt dessen die Mitunternehmerschaft zu bejahen.
Einkünfte aus der Gastwirtschaft lassen sich such nicht deshalb Zum „Gesamteinkommen” der Ehefrau rechnen, weil, die Eheleute im gesetzlichen Güterstand der Zugewinngemeinschaft lebten und nach §§ 26, 26b EStG bei der Einkommensteuer die Zusammenveranlagung wählen konnten. Der Güterstand der Zugewinngemeinschaft ist im vorliegenden Zusammenhang ohne Bedeutung. Bei ihm bestehen zwei getrennte Vermögen der Eheleute; daß nach Beendigung der Ehe der Zugewinn auszugleichen ist, hat nicht zur Folge, daß schon während Bestehens der Ehe die Einkünfte der Eheleute aufzuteilen wären (vgl. Tipke, Steuerrecht, 7, Aufl., S. 179 Littmann. Das Einkommensteuerrecht, Bd II, 12. Aufl. 1979, § 26a Rdnr. 8, § 26b Rdnr. 1). Die Möglichkeit der Zusammenveranlagung ändert nichts daran, daß nach § 1 EStG der Einkommensteuerpflicht nur einzelne Personen mit den von ihnen bezogenen Einkünften unterliegen und daß dies auch für Ehegatten gilt (vgl. § 26a Abs. 1 Satz 2 EStG). Die Zusammenveranlagung wirkt sich lediglich bei der Anwendung des Einkommensteuertarifs (Splittingverfahrens) aus; sie setzt die Erfüllung eine Einkommensteuertatbestandes durch zumindest einen Ehegatten voraus, führt aber keinem Ehegatten Einkünfte zu, die ihm nicht zugeflossen sind. Die Zugewinngemeinschaft, das Splittingverfahren und ebenso der Versorgungsausgleich beruhen allerdings einheitlich auf dem Gedanken einer ehelichen Wirtschaftsgemeinschaft, bei der jeder Ehegatte an den Einkünften und Leistungen des anderen wirtschaftlich jeweils zur Hälfte teilhat (Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 3. November 1982, 1 BvR 620/78 usw.); § 32 KVLG ist jedoch nicht an einem solchen Gedanken orientiert. Die Vorschrift knüpft ihre Folgerungen an die steuerlich maßgebenden Einkünfte der einzelnen Familienmitglieder und nicht an ein anteilmäßig aufzuteilendes Gesamteinkommen der Familie.
Zu Urrecht beruft sich die Beklagte schließlich auf das Urteil des 3. Senats des BOG vom 12. Dezember 1979 (SozR 2200 § 180 Nr. 4). Dort ist ausgesprochen, daß für die freiwillige Versicherung einer Ehefrau ohne eigenes Einkommen als Grundlohn die Hälfte des Erwerbseinkommens ihres Ehemannes bestimmt werden kann, wenn dieser nicht selbst Mitglied der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Damit wird zwar auch dort die eheliche Wirtschaftsgemeinschaft berücksichtigt; es ist aber nicht, wie die Beklagte offenbar meint, zum Ausdruck gebracht, daß allgemein das Einkommen des Ehemannes zur Hälfte der Ehefrau zuzurechnen sei. Wie der 3. Senat in seinem weiteren Urteil vom 4. Juni 1981 im einzelnen näher ausgeführt hat (SozR 2200 § 205 Nr. 41 Bl. 105), bestehen zudem zwischen dem Anspruch auf Familienkrankenhilfe und der Höhe des Krankenversicherungsbeitrags keine unmittelbaren Beziehungen. Bei freiwillig Versicherten ohne eigenes Einkommen sind für die Beitragshöhe auch die Einkommensverhältnisse des Ehegatten des Versicherten maßgebend (vgl. dazu § 65 Abs. 7 KVLG i.d.F. des Gesetzes vom 1. Dezember 1981); die beitragsfreie Familienhilfe beruht demgegenüber auf einem besonderen Schutzbedürfnis, an dem es bei einem höheren Einkommen des der Versicherung nicht angehörenden Ehegatten fehlt. Es trifft nicht zu, daß wie die Beklagte meint, dann auf der Grundlage der hier vertretenen Auffassung bei der Beantwortung der Fragen der Familienhilfe und der Beitragshöhe freiwillig Versicherter im selben Fall unterschiedliche Maßstäbe angelegt werden müßten. Richtig ist vielmehr, daß es an jeder denkbaren Berührung beider Fragenkomplexe fehlt. Ist nämlich ein Anspruch auf Familienhilfe wegen eines Gesamteinkommens des Ehegatten der Versicherten nach § 32 Abs. 1 Satz 1 KVLG ausgeschlossen, so ist für eine Bemessung seines Beitrages als sodann freiwillig Versicherter nach einem Betrag in Höhe der Hälfte der Einkünfte seines Ehegatten schon deswegen kein Raum, weil dann einerseits er selbst nicht einkommenslos ist, zum anderen aber sein Ehegatte der Versicherung angehört.
Nach alledem war die Revision mit der sich aus § 193 SGG ergebenden Kostenfolge zurückzuweisen (§ 170 Abs. 1 SGG).
Fundstellen