Verfahrensgang
SG Leipzig (Urteil vom 30.11.1993) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 30. November 1993 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Streitig ist die Erstattung von Beiträgen zur freiwilligen Krankenversicherung.
Der Kläger war Berufssoldat in der Nationalen Volksarmee (NVA) der Deutschen Demokratischen Republik (DDR). Seit 1987 bezog er aus dem Sonderversorgungssystem der NVA eine Invalidenrente. Mit Bescheid vom 18. April 1991 stellte die beklagte Allgemeine Ortskrankenkasse seine freiwillige Mitgliedschaft ab 1. Januar 1991 fest und forderte Beiträge in Höhe von monatlich 156,60 DM. In einem weiteren Bescheid vom 7. August 1991 verringerte sie die monatlichen Beiträge – der Herabsetzung seiner Rente entsprechend – ab August 1991 auf 142,68 DM. Der Kläger hat diese Bescheide unmittelbar mit der Klage angefochten und Erstattung der entrichteten Beiträge mit der Begründung gefordert, er sei versicherungspflichtiger Rentner und als solcher im Jahre 1991 beitragsfrei. Seit dem 1. Januar 1992 wird der Kläger von der Beklagten als Pflichtmitglied in der Krankenversicherung der Rentner (KVdR) geführt. Während des Klageverfahrens hat die Beklagte das Vorverfahren nachgeholt und den Widerspruch des Klägers mit Widerspruchsbescheid vom 24. Mai 1993 als unbegründet zurückgewiesen.
Das Sozialgericht (SG) hat die Klage nach Beiladung der Bundesrepublik Deutschland mit Urteil vom 30. November 1993 abgewiesen. Die angefochtenen Bescheide seien rechtmäßig; denn die bis Ende 1990 bestehende Versicherungspflicht des Klägers sei mit dem Inkrafttreten des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V) im Beitrittsgebiet zum 1. Januar 1991 beendet worden. Als Angehöriger eines Sonderversorgungssystems habe er 1991 die Voraussetzungen für eine Mitgliedschaft in der KVdR nicht erfüllt. Er sei vielmehr nach § 309 Abs 2 SGB V freiwillig versichert gewesen. Erst mit der Überführung der Renten aus dem Sonderversorgungssystem in die gesetzliche Rentenversicherung zum 1. Januar 1992 sei er als Rentner pflichtversichert. In Grundrechten werde der Kläger nicht verletzt.
Mit der Sprungrevision rügt der Kläger eine Verletzung des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des SG vom 30. November 1993 sowie die Bescheide der Beklagten vom 18. April und 7. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 1993 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, an gezahlten Krankenversicherungsbeiträgen 1.809,60 DM nebst 4 vH Zinsen zu erstatten.
Die Beklagte und die Beigeladene beantragen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie halten das Urteil des SG für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Wie das SG mit Recht entschieden hat, sind die angefochtenen Bescheide rechtmäßig.
Mit der Klage strebt der Kläger die Erstattung der Krankenversicherungsbeiträge an, die er für seine im Jahre 1991 bestehende freiwillige Versicherung entrichtet hat. Rechtsgrundlage für dieses Begehren ist Abs 2 des am 1. Januar 1991 im Beitrittsgebiet in Kraft getretenen § 26 des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV – vgl Art 8 iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 1 Buchst o des Einigungsvertrages ≪EV≫), wonach zu Unrecht entrichtete Beiträge unter bestimmten Voraussetzungen zu erstatten sind. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, die Beiträge zu erstatten, weil sie zu Recht entrichtet worden sind. Entgegen der Ansicht des Klägers hat die Beklagte in den angefochtenen Bescheiden zutreffend festgestellt, daß der Kläger im Jahre 1991 ihr freiwilliges Mitglied war und Beiträge zu entrichten hatte. Dies ergibt sich aus § 309 Abs 2 SGB V, der dem SGB V gleichzeitig mit seinem Inkrafttreten im Beitrittsgebiet am 1. Januar 1991 angefügt wurde (vgl Art 8 iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet G Abschnitt II Nr 1 EV – § 308 Abs 1 SGB V). Nach § 309 Abs 2 SGB V blieb im Beitrittsgebiet versichert, wer bis zum 31. Dezember 1990 pflichtversichert war und mit Ablauf dieses Tages aus der Versicherung ausschied; die Versicherung wurde als freiwillige Versicherung bis zum Wirksamwerden einer etwaigen Austrittserklärung weitergeführt.
Der Kläger gehörte zu den Personen, die in der Zeit vom 1. Juli bis zum 31. Dezember 1990 nach § 14 Buchst d des Gesetzes über die Sozialversicherung (SVG) vom 28. Juni 1990 (GBl I 486) pflichtversichert waren, nämlich Empfänger einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung bzw – was für den Kläger zutraf – Empfänger einer entsprechenden Versorgung. Mit dieser Regelung hatte der Gesetzgeber der damaligen DDR der in Art 21 Abs 4 des Vertrages über die Schaffung einer Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion (Staatsvertrag) vom 18. Mai 1990 (BGBl II 518) enthaltenen Verpflichtung entsprochen, die Rentner in der Krankenversicherung zu versichern. Dabei wurden die Empfänger von Renten aus Sonderversorgungssystemen einbezogen, die wie die Zusatzversorgungssysteme nach Art 20 Abs 2 Satz 2 des Staatsvertrages zum 1. Juli 1990 geschlossen werden sollten. § 14 SVG blieb auch nach dem Wirksamwerden des Beitritts am 3. Oktober 1990 zunächst weiter in Kraft. Der EV sah dies zwar nicht ausdrücklich vor. Nach § 308 Abs 1 Satz 2 SGB V (Art 8 iVm Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet G Abschnitt II Nr 1 EV) konnte aber bis zum 31. Dezember 1990 nach den beim Wirksamwerden des Beitritts im Beitrittsgebiet geltenden Regeln verfahren werden. Dieses ist bei Beziehern von Renten aus Sonderversorgungssystemen wie dem Kläger anscheinend auch geschehen. Jedenfalls sind Versicherungs- und Beitragsfragen für die Zeit vor 1991 nicht im Streit.
Ob eine solche Versicherung allerdings Ende 1990 rechtlich noch beitragsfrei war, ist zweifelhaft. Eher ist anzunehmen, daß eine Eigenbeteiligung der Rentner an den Beiträgen lediglich tatsächlich nicht verlangt worden ist. So bestimmte § 36 Abs 8 SVG in Übereinstimmung mit Art 21 Abs 4 Satz 2 und 3 des Staatsvertrages, daß die Beiträge für Rentner bzw Versorgungsempfänger als Pauschalsumme an die Krankenversicherung abzuführen waren (Satz 1). Die Höhe der Pauschalsumme bestimmte sich nach dem Gesamtbetrag der Renten bzw Versorgungsbezüge vor Abzug eines auf die Rentner bzw Versorgungsempfänger entfallenden Anteils am Beitrag zur Krankenversicherung (Satz 2), dessen Höhe allerdings gesetzlich nicht festgelegt war. Einer Eigenbeteiligung der Rentner stand § 15 der Verordnung zur Sozialpflichtversicherung der Arbeiter und Angestellten (SVO) vom 17. November 1977 (GBl I 373, zuletzt geändert durch die Verordnung vom 28. Juni 1990 – GBl I 509), nicht entgegen, der für Rentner und ihnen gleichgestellte Personen Beitragsfreiheit in der Sozialversicherung vorsah, denn nach § 7 SVG waren die am 30. Juni 1990 geltenden Rechtsvorschriften, also auch § 15 SVO, unter Berücksichtigung der Bestimmungen des SVG anzuwenden. Dafür, daß jedenfalls seit dem 3. Oktober 1990 eine beitragsfreie Krankenversicherung der Rentner und der Empfänger einer der Rente entsprechenden Versorgung nicht mehr bestand, spricht ferner, daß nach Art 9 Abs 2 iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 3 Buchst b EV die Weitergeltung ua des § 15 SVO auf die Renten- und Unfallversicherung beschränkt war. Beim Abschluß des EV wurde anscheinend entweder angenommen, daß § 15 SVO hinsichtlich der Krankenversicherung bereits außer Kraft sei oder er insofern mit der Herstellung der deutschen Einheit außer Kraft trete.
Seit dem 1. Januar 1991 richtete sich dann die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung auch im Beitrittsgebiet nach den Vorschriften des SGB V. Empfänger einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wurden dementsprechend in der Regel nach § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V versicherungspflichtig, weil ihnen, wie seit dem 1. August 1991 in § 309 Abs 5 SGB V geregelt, nach Maßgabe dieser Vorschrift im Beitrittsgebiet zurückgelegte Zeiten bei der Ermittlung der Vorversicherungszeit angerechnet wurden. Die auf eine solche Rente entfallenden Beiträge wurden für 1991 gemäß § 313 Satz 1 SGB V jedoch von den Rentenversicherungsträgern im Beitrittsgebiet getragen und pauschal abgeführt. Da nach § 313 Abs 8 SGB V auch Versorgungsbezüge und Arbeitseinkommen erst zum 1. Januar 1992 bei der Beitragsbemessung zu berücksichtigen waren, hatten im Jahre 1991 versicherungspflichtige Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung im Beitrittsgebiet selbst keine Krankenversicherungsbeiträge zu tragen. Demgegenüber verblieb den versicherungspflichtigen Rentnern der gesetzlichen Rentenversicherung in den alten Bundesländern eine Beitragsbelastung in Höhe des halben Beitragssatzes auf die beitragspflichtigen Einnahmen (vgl für das Jahr 1991: § 237 SGB V; §§ 247, 249 SGB V aF; § 1304e RVO; § 83e AVG).
Empfänger von Renten aus einem Sonderversorgungssystem wie der Kläger, für die nicht ein Rentenversicherungsträger, sondern nach dem Beitritt der jeweilige Funktionsnachfolger zuständig war (Art 13 iVm Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst c EV), gehörten im Jahre 1991 nicht zu dem Personenkreis, dem Ansprüche auf Renten der gesetzlichen Rentenversicherung zustanden, so daß bei ihnen die Voraussetzungen des § 5 Abs 1 Nr 11 SGB V nicht erfüllt waren. Dies war vielmehr im Beitrittsgebiet nur bei solchen Personen der Fall, die aufgrund des nach Anlage II EV weitergeltenden Rentenrechts der DDR eine Rente von einem seit dem 1. Januar 1991 zuständigen Träger der Rentenversicherung (vgl Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 1 Buchst f EV) oder von der Überleitungsanstalt Sozialversicherung (vgl Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt II Nr 1 EV) erhielten, welche bis zum 31. Dezember 1991 die Aufgaben ua der Rentenversicherung im Namen und im Auftrag der im Beitrittsgebiet neu gegründeten Rentenversicherungsträger erfüllte. Denn schon der Gesetzgeber der DDR hatte zwischen den Empfängern einer Rente aus der gesetzlichen Sozialversicherung (vgl § 8 SVO) oder der gesetzlichen Rentenversicherung (§ 14 Buchst d SVG) einerseits und Empfängern einer Versorgung andererseits unterschieden. Dementsprechend wurden dann sowohl im Staatsvertrag (Art 20 Abs 2) als auch im EV (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9) die Renten der gesetzlichen Rentenversicherung anders behandelt als die der Sonderversorgungssysteme. Letztere mußten lediglich bis zum 31. Dezember 1991 in die Rentenversicherung überführt werden. Daraus folgt, daß sie vor der Überführung nicht zur gesetzlichen Rentenversicherung gehörten.
Bei Empfängern von Renten aus Sonderversorgungssystemen wie dem Kläger endete somit die Versicherungspflicht in der Krankenversicherung am 31. Dezember 1990, ohne daß sie durch eine Versicherungspflicht nach den Vorschriften des anschließend geltenden Rechts abgelöst wurde. Die Rentenempfänger waren damit im Jahre 1991 gemäß § 309 Abs 2 SGB V kraft Gesetzes freiwillig versichert und hatten die entsprechenden Beiträge zu entrichten (§ 240 SGB V). Eine weitere Rechtsänderung ist jedoch schon zum 1. Januar 1992 eingetreten. Zu diesem Zeitpunkt sind bestimmte Renten aus Sonderversorgungssystemen in die gesetzliche Rentenversicherung überführt worden (§ 2 Abs 2 Satz 1 iVm Anlage 2 Nr 1 des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetzes ≪AAÜG≫ = Art 3 des Renten-Überleitungsgesetzes vom 25. Juli 1991 – BGBl I 1606). Dies hatte nach § 4 Abs 3 AAÜG zur Folge, daß eine solche Leistung nach der Überführung eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung war und Versicherungspflicht in der KVdR begründen konnte (§ 5 Abs 1 Nr 11 SGB V iVm § 309 Abs 5 SGB V). Ob dabei für den Beginn der Versicherungspflicht der Zeitpunkt der allgemeinen Überleitung zum 1. Januar 1992 oder ein späterer Zeitpunkt der individuellen Überleitung maßgebend war, kann offenbleiben, weil die Beteiligten des vorliegenden Verfahrens davon ausgehen, daß die Versicherungspflicht des Klägers in der KVdR am 1. Januar 1992 begonnen hat und für die Zeit von da an nicht gestritten wird.
Der Kläger ist nicht vor 1992 durch eine Überleitung von Rentenansprüchen aus dem Versorgungssystem in die gesetzliche Rentenversicherung pflichtversicherter Rentner geworden. Eine derartige Überleitung hat vor der durch § 2 Abs 2 Satz 1 AAÜG frühestens mit Wirkung vom 1. Januar 1992 herbeigeführten nicht stattgefunden. In Art 20 Abs 2 des Staatsvertrages hatte sich die DDR verpflichtet, die bestehenden Zusatz- und Sonderversorgungssysteme grundsätzlich zu schließen (Satz 2). Bisher erworbene Ansprüche und Anwartschaften waren in die Rentenversicherung zu überführen, wobei Leistungen aufgrund von Sonderregelungen mit dem Ziel überprüft werden sollten, ungerechtfertigte Leistungen abzuschaffen und überhöhte Leistungen abzubauen (Satz 3). Letztere Verpflichtung hat die DDR hinsichtlich des NVA-Versorgungssystems in der kurzen Zeit zwischen dem Inkrafttreten des Staatsvertrages (30. Juni 1990) und dem Beitritt (3. Oktober 1990) nicht erfüllt. Dies geschah erst durch den Gesetzgeber der Bundesrepublik Deutschland. Er hat die Überführung mit dem AAÜG vollzogen.
Auch aus § 8 SVO folgt nicht, daß der Kläger im Jahre 1991 keine Beiträge zu tragen brauchte. Nach Abs 1 Buchst c dieser Vorschrift hatten ua Empfänger einer Rente der bewaffneten Organe der DDR Anspruch auf Sachleistungen der Sozialversicherung; solche erhielten nach Abs 2 auch Personen, denen dieser Anspruch in anderen Rechtsvorschriften zuerkannt worden war. Ob der Kläger ursprünglich zu dem von § 8 SVO begünstigten Personenkreis gehörte, kann offenbleiben; denn diese Vorschrift sah weder eine Versicherungspflicht noch eine Beitragspflicht vor. Die Beitragsfreiheit für Rentner und vergleichbare Personen war nämlich in dem spätestens mit dem 3. Oktober 1990 außer Kraft getretenen § 15 SVO geregelt, wonach „Werktätige” von der Zahlung ihres Beitrages befreit waren, wenn sie eine der näher bestimmten Rentenleistungen erhielten. Bereits vor dem Inkrafttreten des SVG am 1. Juli 1990 war zweifelhaft, ob § 8 SVO eine Vorschrift über die Versicherungspflicht darstellte. Damals war nämlich die Versicherungspflicht der „Werktätigen” nicht in § 8 SVO, sondern in den §§ 2 bis 5 SVO geregelt. § 8 SVO gewährte den Rentnern lediglich – wie § 9 SVO den Familienangehörigen – einen Anspruch auf Sachleistungen, ohne daß damit Pflichten, insbesondere Beitragspflichten (§ 55 SVO), verbunden waren. Mit dem Inkrafttreten des SVG am 1. Juli 1990 stand jedenfalls fest, daß § 8 SVO, sofern er überhaupt noch für die Krankenversicherung galt, keine die Krankenversicherungspflicht begründende Norm war; denn nunmehr war die Versicherungspflicht der Rentner und vergleichbarer Personen lückenlos in § 14 SVG geregelt. Dem § 7 Satz 1 SVG ist aber zu entnehmen, daß den Vorschriften des SVG gegenüber älteren Vorschriften der Vorrang eingeräumt werden sollte. Dieses steht nicht in Widerspruch dazu, daß nach Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 3 EV die SVO mit bestimmten Maßgaben weitergilt und § 8 SVO weder hiervon ausgeschlossen noch mit bestimmten Maßgaben verbunden worden ist. Eine Weitergeltung über den 31. Dezember 1990 hinaus konnte sich jedenfalls nicht auf die Krankenversicherung beziehen. Sofern § 8 SVO nach dem 1. Juli 1990 für diesen Versicherungszweig – etwa als reiner Sachleistungsanspruch – überhaupt noch galt, ist er mit Wirkung vom 1. Januar 1991 durch das Inkrafttreten des SGB V im Beitrittsgebiet außer Kraft getreten. Denn die das SGB V in Kraft setzende Regelung (Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet G Abschnitt II Nr 1 EV) hat als die in dem speziellen Sachgebiet „Krankenversicherung – Gesundheitliche Versorgung” aufgeführte den Vorrang vor der in dem Sachgebiet „Sozialversicherung (Allgemeine Vorschriften)” aufgeführten allgemeinen Regelung einer teilweisen Weitergeltung der SVO (Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr 3 EV).
Ein Recht auf beitragsfreie Krankenversicherung im Jahre 1991 kann der Kläger auch nicht aus der Zahlbetragsgarantie der Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst b Satz 4 EV herleiten, wonach bei Personen, die am 3. Oktober 1990 leistungsberechtigt waren, bei der Anpassung der Zahlbetrag nicht unterschritten werden darf, der für Juli 1990 aus der Sozialversicherung und dem Versorgungssystem zu erbringen war. Abgesehen davon, daß seit dem Inkrafttreten des SVG am 1. Juli 1990 Zweifel am Bestehen einer beitragsfreien Krankenversicherung der Rentner und Versorgungsempfänger bestehen, bezieht sich die Zahlbetragsgarantie nur auf die in Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr 9 Buchst b Satz 1 EV genannten Leistungen wegen verminderter Erwerbsfähigkeit, Alter und Tod, nicht aber auf Leistungen der Krankenversicherung und erst recht nicht auf Krankenversicherungsbeiträge (vgl BSG Urteil vom 31. August 1994 in SozR 3-8570 § 12 Nr 1).
Daß der Kläger im Jahre 1991 nach § 309 Abs 2 SGB V freiwillig versichert war und die damit verbundenen Beiträge allein zu tragen hatte, wird durch § 12 AAÜG bestätigt. Danach erhielten freiwillig krankenversicherte Empfänger von Rentenleistungen der zu überführenden Sonderversorgungssysteme (§ 4 Abs 2 AAÜG) im Jahre 1991 auf Antrag unter bestimmten, von der Rentenhöhe abhängigen Voraussetzungen einen Zuschuß zu den Aufwendungen für die Krankenversicherung. Demnach ging der Gesetzgeber des AAÜG davon aus, daß für Bezieher von Sonderversorgungsleistungen im Jahre 1991 lediglich eine mit Beitragslasten verbundene freiwillige Krankenversicherung bestand. Eine planwidrige Gesetzeslücke, die zugunsten dieses Personenkreises durch eine entsprechende Anwendung der für pflichtversicherte Rentner der gesetzlichen Rentenversicherung vorgesehenen Regelung geschlossen werden könnte, besteht somit nicht. Ob Bezieher einer nach dem AAÜG ab 1992 überführten Rente aus einem Sonderversorgungssystem im Jahre 1991 beitragsfrei krankenversichert sind, wenn bei ihnen aufgrund des § 307b des Sozialgesetzbuchs – Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) für dieses Jahr rückwirkend eine neue Rentenberechnung vorgenommen wird, braucht der Senat nicht zu entscheiden; denn es liegen weder nach den Feststellungen des SG noch nach dem Vorbringen der Beteiligten Anhaltspunkte dafür vor, daß die Rente des Klägers bis zur Entscheidung des SG in diesem Sinne bereits neu berechnet worden war.
Das hier gefundene Ergebnis steht mit dem Urteil des 4. Senats des Bundessozialgerichts (BSG) vom 31. August 1994 (SozR 3-8570 § 12 Nr 1) in Einklang. In dem dortigen Verfahren hatte ein Ende 1989 aus dem aktiven Dienst ausgeschiedener Offizier der NVA, der aus deren Sonderversorgungssystem eine Invalidenrente bezog, die Bundesrepublik Deutschland verklagt, ihm die für die Zeit ab Januar 1991 entrichteten Krankenversicherungsbeiträge zu erstatten und ihm zukünftig einen Zuschuß in Höhe der von ihm zu zahlenden Krankenversicherungsbeiträge zu gewähren. Der 4. Senat hat einen derartigen Anspruch verneint und dies ua damit begründet, daß § 8 SVO mit dem 1. Januar 1991 außer Kraft getreten ist und mithin für 1991 und die Folgezeit keinen Anspruch auf eine beitragsfreie Krankenversicherung begründen konnte. In diesem Zusammenhang ist in dem Urteil zwar ausgeführt worden, der dortige Kläger habe bis Ende 1990 einen „kostenfreien” Krankenversicherungsschutz nach § 8 SVO gehabt. Ob dem zuzustimmen ist, kann dahingestellt bleiben. Jedenfalls folgt der erkennende 12. Senat dem 4. Senat darin, daß § 8 SVO jedenfalls nach dem 31. Dezember 1990 keine Rechtsgrundlage mehr dafür war, daß Versorgungsrentner im Beitrittsgebiet in der gesetzlichen Krankenversicherung beitragsfrei waren. Auch eine andere Rechtsgrundlage gab es dafür nicht.
Hiernach sind die Beiträge für 1991 in den Bescheiden vom 18. April und vom 7. August 1991 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Mai 1993 dem Grunde nach zu Recht erhoben worden. Ihre Höhe wird von der Revision nicht beanstandet. Die Beklagte hat die Beiträge anscheinend auch nur aus der Sonderversorgungsrente und nicht auch aus etwaigen weiteren beitragspflichtigen Einnahmen erhoben. Ob der Kläger im Jahre 1991 über weitere beitragspflichtige Einnahmen verfügte, ist daher unerheblich.
Der Senat konnte sich nicht davon überzeugen, daß der Kläger durch die Beitragsbelastung im Jahre 1991 in seinem Grundrecht aus Art 14 Abs 1 des Grundgesetzes (GG – Eigentumsgarantie), aus Art 2 Abs 1 GG iVm Art 20 Abs 1 GG (allgemeine Handlungsfreiheit iVm dem rechtsstaatlichen Vertrauensschutz) oder aus Art 3 Abs 1 GG (allgemeiner Gleichheitssatz) verletzt wird. Eine Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) nach Art 100 Abs 1 GG schied daher aus.
In diesem Zusammenhang kann offenbleiben, ob der Kläger Ende 1990 noch beitragsfrei krankenversichert war. Jedenfalls hatte er auch in diesem Fall eine verfassungsrechtlich geschützte Position, die ihm eine beitragsfreie Krankenversicherung auch für das Jahr 1991 gewährleistete, nicht erworben. Nach den vom BVerfG aufgestellten Grundsätzen für den Eigentumsschutz sozialversicherungsrechtlicher Positionen (vgl BVerfGE 69, 272, 305 = SozR 2200 § 165 Nr 81) hätte der Kläger in der DDR einen entsprechenden Schutz nicht erworben. Ob der Kläger nach dem Recht der DDR ein Recht auf weiteren beitragsfreien Krankenversicherungsschutz erworben hatte und dieser nach den Verfassungsgrundsätzen vom 17. Juni 1990 (GBl I 299) verfassungsfest war, kann offenbleiben. Jedenfalls war die Bundesrepublik Deutschland, die nicht Rechtsnachfolgerin der DDR ist (vgl Urteil des BSG vom 29. September 1994 in SozR 3-8570 § 11 Nr 3), verfassungsrechtlich nicht verpflichtet, eine solche Garantie zu übernehmen; sie hat dieses auch im Staatsvertrag und im EV nicht getan. Sie hat sich vielmehr lediglich verpflichtet, die Sonderversorgungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung zu überführen. Hierbei waren innerhalb kürzester Zeit schwierige Fragen politischer, rechtlicher und finanzieller Art zu lösen. Dabei konnte der Gesetzgeber auch berücksichtigen, daß das Rentenreformgesetz 1992 (RRG 1992) vom 18. Dezember 1989 (BGBl I 2261), das noch vor dem Beitritt der DDR verabschiedet worden war, am 1. Januar 1992 in Kraft trat und sich eine Überführung grundsätzlich zu diesem Zeitpunkt anbot, um eine (zweifache) Umstellung der Renten aus den Sonderversorgungssystemen zunächst auf das alte und dann auf das neue Rentenrecht der Bundesrepublik Deutschland zu vermeiden. Es sprachen auch gute Gründe dafür, die krankenversicherungsrechtliche Zuordnung zum Kreis der versicherungspflichtigen Rentner inhaltlich und zeitlich der rentenversicherungsrechtlichen Überführung der Sonderversorgungssysteme in die gesetzliche Rentenversicherung folgen zu lassen. Bei einer Zuordnung der Rentner von Sonderversorgungssystemen zur KVdR schon im Jahre 1991, also vor der Überführung in die gesetzliche Rentenversicherung, wäre auch eine Ungleichbehandlung gegenüber Versorgungsempfängern in den alten Bundesländern aufgetreten. Denn diese sind als solche ebenfalls nicht versicherungspflichtig und müssen, falls sie freiwillig versichert sind, Beiträge von ihren Versorgungsbezügen nach dem vollen Beitragssatz entrichten. Immerhin hat der Gesetzgeber dem Bedarf nach Schutz bei Krankheit dadurch Rechnung getragen, daß er Bezieher von Renten aus Sonderversorgungssystemen auch 1991 in der (freiwilligen) Krankenversicherung belassen hat. Sie mußten darin allerdings den vollen Beitrag allein tragen. Dieses bedeutete für die Betroffenen eine erhebliche Belastung. Der Gesetzgeber hat zwar keine allgemeine Entlastung durch einen Zuschuß in Höhe des halben Beitrags vorgesehen (vgl das genannte Urteil des 4. Senats in SozR 3-8570 § 12 Nr 1), jedoch einer Überlastung im Einzelfall durch § 12 AAÜG vorgebeugt. Da der Kläger den vollen Krankenversicherungsbeitrag nur 1991 zu tragen hatte, liegt jedenfalls bei ihm kein Verfassungsverstoß vor. Wie die Herabsetzung der Renten aus den Sonderversorgungssystemen zu beurteilen ist, braucht der Senat im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden.
Schließlich konnte nach § 143 Abs 1 Satz 1 GG Recht im Beitrittsgebiet längstens bis zum 31. Dezember 1992 von Bestimmungen des GG abweichen, soweit und solange infolge der unterschiedlichen Verhältnisse die völlige Anpassung an die grundgesetzliche Ordnung noch nicht erreicht werden konnte. Auch dies hat dazu beigetragen, daß sich der Senat von der Verfassungswidrigkeit der Regelung im vorliegenden Verfahren, das nur das Jahr 1991 betrifft, nicht überzeugen konnte. Die Revision des Klägers war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen