Verfahrensgang
SG Düsseldorf (Urteil vom 14.01.1991) |
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 1991 aufgehoben.
Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin für die Zeit ab 4. August 1990 Krankengeld zu gewähren hat.
Die Klägerin war ab 4. August 1987 wegen eines Wirbelsäulenleidens arbeitsunfähig. Sie erhielt deswegen bis zum Erreichen der Höchstanspruchsdauer am 18. Juni 1989 Krankengeld. Am 31. August 1990 beantragte die Klägerin, ihr das Krankengeld weiterzugewähren. Dies lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, die Klägerin erfülle nicht die Anspruchsvoraussetzungen gemäß § 48 Abs 2 des Fünften Buchs des Sozialgesetzbuchs (SGB V), da sie nicht mindestens sechs Monate arbeitsfähig gewesen sei (Bescheid vom 20. September 1990 und Widerspruchsbescheid vom 19. Oktober 1990).
Das Sozialgericht (SG) Düsseldorf hat durch Urteil vom 14. Januar 1991 die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt: Entgegen der Auffassung der Klägerin sei bei der Entscheidung über die Weitergewährung von Krankengeld die Vorschrift des § 48 SGB V anzuwenden. Es handele sich bei der Entscheidung über die Wiedergewährung von Krankengeld zu Beginn einer neuen Blockfrist um einen selbständigen Verwaltungsakt. Deshalb sei der Versicherungsträger verpflichtet, das Recht anzuwenden, das im Zeitpunkt des Erlasses des Verwaltungsaktes gültig sei, soweit nicht eine Ausnahme- bzw Übergangsregelung etwas anderes bestimme. Im Gesundheits-Reformgesetz (GRG) fehle jedoch eine derartige Übergangsregelung. Die Anwendbarkeit des neuen Rechts werde auch nicht dadurch ausgeschlossen, daß der Versicherungsfall im Jahre 1987 eingeteten sei. Der Gesetzgeber dürfe durch Änderung der Leistungsgesetze neue Anspruchsvoraussetzungen aufstellen. Dies ergebe sich auch unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 48 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB X). Denn danach sei selbst ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, wenn in den rechtlichen Verhältnissen eine wesentliche Änderung eintrete. Da es sich bei der erstmaligen Gewährung von Krankengeld nicht um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung auch bezüglich der weiteren Blockfristen handele, sondern die Weitergewährung von Krankengeld einen selbständigen Verwaltungsakt darstelle, müsse erst recht die Möglichkeit bestehen, die rechtlichen Voraussetzungen für die genannte Leistung neu zu fassen. Bei einer derartigen Änderung der Anspruchsvoraussetzungen liege es dann im Ermessen des Gesetzgebers, ob das neue Recht auch auf sogenannte Altfälle anwendbar sein solle. Sogar beim Fehlen von Übergangsvorschriften sei das neue Recht ab Inkrafttreten des Gesetzes auch für die sogenannten Altfälle maßgeblich. Die Vorschrift des § 48 Abs 2 SGB V verstoße auch nicht gegen Art 14 des Grundgesetzes (GG). Denn der Gesetzgeber habe den von dieser Verfassungsnorm geschützten Krankengeldanspruch nicht beseitigt, sondern lediglich in zulässiger Weise eingeschränkt (Art 14 Abs 1 Satz 2 GG). Eine Krankengeldgewährung sei in der zweiten Blockfrist auch weiterhin möglich, sie hänge nur von anderen Voraussetzungen ab.
Mit der – vom SG zugelassenen – Revision rügt die Klägerin eine Verletzung des § 183 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO), des § 48 Abs 2 SGB V sowie des Art 14 GG und macht geltend: Auch wenn die Wiederbewilligung des Krankengeldes für die zweite Blockfrist die Erteilung eines Verwaltungsaktes erforderlich mache, folge daraus nicht zwingend, daß der geltend gemachte Anspruch sich nach dem neuen Recht richte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) beurteilten sich Inhalt und Wirkung sozialrechtlicher Ansprüche nach dem Recht, das zur Zeit des anspruchsbegründenden Ereignisses oder Umstandes gegolten habe, sofern nicht später in Kraft gesetztes Recht ausdrücklich oder sinngemäß anderes bestimme. Diese Rechtsprechung habe das SG nicht beachtet. Wegen des Fehlens einer Übergangsvorschrift im GRG gelte also im vorliegenden Falle nicht das neue Recht, sondern § 183 Abs 2 RVO. Dem stehe nicht entgegen, daß für 78 Wochen ein leistungsfreies Intervall bestanden habe. Bei Eintritt des Versicherungsfalles am 4. August 1987 habe die Klägerin gemäß § 183 Abs 2 RVO einen zeitlich unbefristeten Anspruch auf Krankengeld erworben. Aber selbst wenn grundsätzlich das neue Recht anzuwenden wäre, schließe § 48 Abs 2 SGB V den geltend gemachten Anspruch nicht aus, weil diese Vorschrift mit dem GG unvereinbar sei. Denn das alte Recht hätte wenigstens übergangsweise zur Abwicklung der alten Leistungsfälle noch angewendet werden müssen. Die 1991 neugefaßte Vorschrift des § 183 RVO sollte möglichst einen nahtlosen Übergang vom Krankengeld zum Rentenbezug herbeiführen. Nur in den Fällen, in denen Dauerarbeitsunfähigkeit nicht gleichzeitig auch das Vorliegen von Erwerbsunfähigkeit iS des Rentenrechtes beinhalte, habe das bisherige Recht das Wiederaufleben des Krankengeldanspruchs ab Beginn einer neuen Blockfrist vorgesehen. Durch diese Regelung seien zahlreiche dauernd arbeitsunfähig kranke Versicherte, bei denen der Rentenversicherungsfall der Erwerbsunfähigkeit oder des Alters noch nicht eingetreten sei, vor großer wirtschaftlicher Not bewahrt worden. Wenn der Gesetzgeber mit der Neuregelung erreichen wolle, daß Krankengeld in Zukunft keinen rentenähnlichen Charakter habe, so sei dies im Hinblick auf Art 14 GG keine ausreichende Begründung, zumal fiskalische Gründe für die Beseitigung des Wiederauflebens des Krankengeldanspruchs bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit nicht maßgebend gewesen seien. Vielmehr lägen die nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) notwendigen Voraussetzungen für einen gesetzgeberischen Eingriff in die eigentumsgeschützte Rechtsposition des Krankengeldberechtigten hier nicht vor. An der Beschneidung des Rechts auf den wiederkehrenden Anspruch auf Krankengeldzahlung bestehe nämlich kein öffentliches Interesse. Die Leistungsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung sei durch die Zahlung von Krankengeld in weiteren Blockfristen nicht beeinträchtigt worden. Der Gesetzgeber habe derartiges auch nicht behauptet. Nach seiner Auffassung solle das Krankengeld lediglich keine Rentenersatzfunktion haben. Das sei ein
„kosmetischer” Gesichtspunkt, aber kein Argument, mit dem man eine Leistungsbeschränkung rechtfertigen könne. Die für unerwünscht angesehene Rentenersatzfunktion ließe sich im übrigen durch geeignetere und den Versicherten schonendere Maßnahmen abstellen. Der Gesetzgeber könnte das Rentenrecht dahin ändern, daß beim Vorliegen dauernder Arbeitsunfähigkeit nach Erschöpfen des Anspruchs auf Krankengeld Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit zu bewilligen sei. Darüber hinaus verstoße die getroffene Regelung gegen das Übermaßverbot. Sie sei deshalb unzumutbar. Durch die Nichtweitergewährung des Krankengeldes verliere sie, die Klägerin, ihre Existenzgrundlage. Das Gesetz räume ihr keine Chance ein, sich auf andere geeignete Weise gegen den krankheitsbedingten Wegfall ihres Arbeitseinkommens zu schützen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Januar 1991 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20. September 1990 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Oktober 1990 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin ab 4. August 1990 für weitere 78 Wochen Krankengeld zu bewilligen,
hilfsweise,
das Verfahren gemäß Art 100 GG auszusetzen und dem Bundesverfassungsgericht die Sache zur Entscheidung darüber vorzulegen, daß § 48 Abs 2 SGB V mit der Verfassung unvereinbar ist,
weiter hilfsweise,
das angefochtene Urteil aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht für das Land Nordrhein-Westfalen zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Eine Verletzung der Rechte der Klägerin durch die Nichtanwendung des § 183 Abs 2 RVO liege nicht vor. Auch gebe es für die hilfsweise angeführte Verletzung des Art 14 GG keine überzeugende Begründung. Vor Beginn der zweiten Blockfrist habe die Klägerin lediglich eine Anwartschaft auf Krankengeld gehabt, die nur bei Erfüllung aller Leistungsvoraussetzungen bei Beginn des neuen Dreijahreszeitraumes in einen konkreten Anspruch übergegangen wäre. Ein solcher Anspruch sei nach dem zum Entstehungszeitpunkt geltenden Recht zu beurteilen. Entgegen der Auffassung der Klägerin könne – auch beim Fehlen einer Übergangsregelung – das neue Recht selbst auf laufende Leistungsfälle angewendet werden. Dies habe das BSG bereits mehrfach entschieden. Es treffe auch nicht zu, daß der Gesetzgeber verpflichtet gewesen wäre, die Nichtanwendbarkeit des alten Rechts ausdrücklich zu regeln. Der Gesetzgeber habe seinen diesbezüglichen Willen dadurch ausreichend zum Ausdruck gebracht, daß er § 183 Abs 2 RVO gemeinsam mit anderen RVO-Bestimmungen durch Art 5 GRG gestrichen habe. Die Regelung des § 48 Abs 2 SGB V stehe auch im Einklang mit Art 14 GG. Auch bei eigentumsgeschützten Rechtspositionen dürfe der Gesetzgeber im Rahmen des ihm zustehenden Gestaltungsspielraums Einschränkungen vornehmen. Dies sei hier zur Sicherung des Bestandes und der Funktionsfähigkeit der gesetzlichen Krankenversicherung geschehen. Da die gesetzliche Änderung im übrigen nicht den Kernbereich der Leistung Krankengeld tangiere, sondern nur einen Randbereich, sei die Neuregelung auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten nicht zu beanstanden.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung des Rechtsstreits zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht (LSG) für das Land Nordrhein-Westfalen, weil die Tatsachenfeststellungen zur Entscheidung über den streitigen Krankengeldanspruch nicht ausreichen.
Aus den gemäß § 163 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) bindenden Feststellungen des SG kann der Senat nicht entnehmen, ob die Klägerin bei Eintritt des Versicherungsfalles – der zur Arbeitsunfähigkeit führenden Erkrankung – mit Anspruch auf Krankengeld versichert war und ob sie der Beklagten zu Beginn des neuen Dreijahreszeitraums als Mitglied angehörte. Nur wenn diese Voraussetzungen erfüllt gewesen sein sollten, kommt für die Zeit ab 4. August 1990 ein Leistungsanspruch in Betracht (vgl dazu BSG, Urteil vom 2. Februar 1983 – 3 RK 43/91 – USK 8309; BSG, Urteil vom 14. April 1983 – 8 RK 21/81 – SozR 2200 § 183 Nr 44; BSGE 49, 163, 166 f = SozR 2200 § 183 Nr 30; BSGE 52, 261, 264 = SozR 5085 § 3 Nr 3). Ferner hat das SG nicht festgestellt, auf welcher Krankheit die Arbeitsunfähigkeit ab 4. August 1990 beruhte. Bevor nicht hierzu entsprechende Tatsachenfeststellungen getroffen sind, ist eine abschließende Entscheidung über den geltend gemachten Anspruch nicht möglich.
Versicherte haben Anspruch auf Krankengeld, wenn eine Krankheit sie arbeitsunfähig macht (§ 182 Abs 1 Nr 2 RVO aF = § 44 Abs 1 Satz 1 SGB V). Das Krankengeld wird zwar grundsätzlich ohne zeitliche Begrenzung gewährt, für den Fall der Arbeitsunfähigkeit wegen derselben Krankheit jedoch für längstens 78 Wochen innerhalb von je drei Jahren, gerechnet vom Tag des Beginns der Arbeitsunfähigkeit an (§ 183 Abs 2 RVO aF = § 48 Abs 1 Satz 1 SGB V). Tritt während der Arbeitsunfähigkeit eine weitere Krankheit hinzu, wird die Leistungsdauer nicht verlängert (§ 183 Abs 2 Satz 2 RVO aF = § 48 Abs 1 Satz 2 SGB V). Aus diesen im alten wie im neuen Recht gleichlautenden Regelungen ergibt sich, daß der Grundsatz der unbeschränkten Krankengeldgewährung für die praktisch wichtigsten Fälle, daß nämlich die Arbeitsunfähigkeit auf derselben oder einer während der Arbeitsunfähigkeit hinzugetretenen weiteren Krankheit beruht, auf 78 Wochen beschränkt ist.
Wenn bei der Klägerin die Arbeitsunfähigkeit ab 4. August 1990 nicht auf das Wirbelsäulenleiden zurückzuführen sein sollte, sondern sie wegen einer anderen Krankheit von diesem Zeitpunkt an arbeitsunfähig ist, dann würde es sich in dem Zeitraum, für den die Klägerin nunmehr Krankengeld begehrt, nicht um dieselbe Krankheit im Sinne von § 183 Abs 2 RVO aF bzw § 48 SGB V handeln (s dazu die Urteile des erkennenden Senats vom 26. November 1991 – 1/3 RK 19/90 sowie 1 RK 8 und 22/91 –). Dann könnte der geltend gemachte Anspruch nicht an § 48 Abs 2 SGB V scheitern. Denn diese Vorschrift ist nur auf Versicherte anzuwenden, die im letzten Dreijahreszeitraum wegen derselben Krankheit für 78 Wochen Krankengeld bezogen haben. Ob dies der Fall war, läßt sich nach den Tatsachenfeststellungen des SG nicht beurteilen.
Sollten die vom LSG noch nachzuholenden Feststellungen ergeben, daß die Arbeitsunfähigkeit während der Krankengeldbezugszeit vom 4. August 1987 bis 18. Juni 1989 auf derselben Krankheit beruhte, dann darf der Klägerin nur Krankengeld zugesprochen werden, wenn sie die erschwerenden Voraussetzungen des § 48 Abs 2 SGB V für den Bezug dieser Leistung in einem neuen Dreijahreszeitraum erfüllt. Der Anwendung des neuen Rechts würde in diesem Fall nicht entgegenstehen, daß der Versicherungsfall der Krankheit vor dem Inkrafttreten des SGB V (1. Januar 1989) eingetreten wäre. Denn der Zeitpunkt des Eintritts des Versicherungsfalls kann nicht die Fortgeltung alten Rechts – hier des § 183 Abs 2 RVO – begründen. § 48 Abs 2 SGB V ist jedenfalls grundsätzlich in allen Fällen anzuwenden, in denen das „Wiederaufleben” eines Krankengeldanspruchs wegen derselben Krankheit innerhalb eines neuen Dreijahreszeitraums in die Zeit nach dem 31. Dezember 1988 fällt. Das entspricht dem erkennbaren Willen des Gesetzes und ergibt sich auch aus den allgemeinen intertemporalen Auslegungsgrundsätzen (vgl dazu die Urteile des erkennenden Senats vom 26. November 1991 – 1/3 RK 15/90 und 25/90 sowie 1 RK 11/91 und 20/91 –). Danach erfaßt ein Rechtssatz grundsätzlich solche Sachverhalte, die nach seinem Inkrafttreten verwirklicht werden. Zwar sind – wie das BSG in ständiger Rechtsprechung entschieden hat – Entstehung und Fortbestand sozialrechtlicher Ansprüche – soweit nicht später in Kraft gesetztes Recht etwas anderes bestimmt (allgemeine Meinung; vgl aus der jüngeren Rechtsprechung des BSG zB BSGE 44, 231, 232 = SozR 2200 § 1236 Nr 3) – nach dem Recht zu beurteilen, das zur Zeit der anspruchsbegründenden Ereignisse oder Umstände gegolten hat. Dies gilt jedoch für das Krankengeld nicht uneingeschränkt (vgl BSG SozR 2200 § 183 Nr 36, S 100 mwN). Vielmehr ist der Wiederauflebenstatbestand gegenüber dem Entstehungstatbestand relativ verselbständigt und diesem soweit angenähert, daß die Anwendung der Grundsätze des intertemporalen Rechts gerechtfertigt ist: Treten die Voraussetzungen der Wiedergewährung des Krankengeldes sämtlich erst unter Geltung des neuen Rechts ein, findet neues Recht Anwendung, auch wenn der Versicherungsfall der Krankheit bereits unter der Geltung des alten Rechts eingetreten ist. Hierfür spricht auch der Zweck des § 48 Abs 2 SGB V. Nach den Gesetzesmaterialien ging es dem Gesetzgeber darum, das „Wiederaufleben” von Krankengeldansprüchen nach Beginn einer neuen Blockfrist künftig zu erschweren, dh grundsätzlich alle Wiederauflebensfälle nach dem 31. Dezember 1988 zu erfassen. Damit sollte der im geltenden Recht enthaltene Anreiz beseitigt werden, das Krankengeld als eine nur unterbrochene Dauerleistung mit Rentenersatzfunktion in Anspruch zu nehmen (BT-Drucks 11/2237, S 181). Für die Annahme, daß sich § 48 Abs 2 SGB V von vornherein nur auf künftige Versicherungsfälle und nicht auf Wiederauflebensfälle erstreckt, die auf Versicherungsfällen aus der Zeit vor Inkrafttreten des SGB V beruhen, fehlen nicht nur nach dem Wortlaut, sondern auch nach den Motiven des Gesetzes konkrete Anhaltspunkte.
Auch wenn die Arbeitsunfähigkeit der Klägerin in der neuen Blockfrist nur durch dieselbe Krankheit bedingt gewesen sein sollte, für die sie schon in dem vorhergehenden Dreijahreszeitraum Krankengeld bezogen hat, könnten der Anwendung des § 48 Abs 2 SGB V aber verfassungsrechtliche Gründe entgegenstehen, wenn die Klägerin bei Inkrafttreten des neuen Rechts, ohne die Voraussetzungen für eine Rente zu erfüllen, auf Dauer erwerbsunfähig gewesen sein sollte. Denn dann wäre sie krankheitsbedingt gehindert, sich auf eine andere berufliche Tätigkeit umzustellen und hätte infolge der Gesetzesänderung ihre bisherige Unterhaltssicherung verloren. Das LSG wird daher in diesem Falle auch zu erwägen haben, ob es sich bei der Anwartschaft auf die Wiedergewährung des Krankengeldes um eine durch Art 14 GG eigentumsgeschützte Rechtsposition handelt und ob der Gesetzgeber diese dem Kreis der dauernd arbeits- und erwerbsunfähigen Versicherten ersatz- und übergangslos entziehen durfte (vgl hierzu den Vorlagebeschluß des erkennenden Senats vom gleichen Tage – 1/3 RK 9/90 –).
Nach alledem war das Urteil des SG zur Nachholung der noch erforderlichen Tatsachenfeststellungen aufzuheben. Der Senat hat die Rechtssache an das für die Berufung zuständige LSG für das Land Nordrhein-Westfalen zurückverwiesen, weil sich andernfalls der Abschluß des Rechtsstreits unnötig verzögern würde.
Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen