Beteiligte
Kläger und Revisionskläger |
Beklagte und Revisionsbeklagte |
Tatbestand
I.
Der Rechtsstreit wird um den Aufschub der Nachentrichtung von Beiträgen geführt.
Der Beigeladene nahm am 1. August 1969 eine versicherungsfreie Beschäftigung als Steuerinspektor bei der Finanzverwaltung des Klägers - Oberfinanzdirektion Düsseldorf - auf. Mit Ablauf des 30. April 1973 schied er auf seinen Antrag aus dem Beamtenverhältnis aus. Auf Anfrage des Landesamtes für Besoldung und Versorgung Nordrhein-Westfalen (LBV-NRW) teilte er mit, er studiere seit April 1973 Rechtswissenschaft; sein voraussichtliches Berufsziel sei Finanzbeamter; er beabsichtige, nach Beendigung des Studiums in den Jahren 1978/79 wieder als Beamter in den Dienst des klagenden Landes zurückzukehren.
Daraufhin stellte das LBV-NRW am 11. Februar 1974 eine Bescheinigung über den Aufschub der Nachversicherung des Beigeladenen aus mit der Begründung, der Beigeladene habe ein Studium aufgenommen und beabsichtige, als Beamter in den Landesdienst zurückzukehren; eine Wiedereinstellung sei voraussichtlich möglich.
Mit Bescheid vom 25. Juni 1974 forderte die Beklagte den Kläger zur Nachentrichtung von Beiträgen auf. Die Voraussetzungen für einen Aufschub der Nachversicherung lägen nicht vor; der Beigeladene sei nicht beurlaubt, sondern aus dem Beamtenverhältnis entlassen worden. Widerspruch und Klage blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 3. Februar 1976, Urteil des Sozialgerichts - SG - Düsseldorf vom 14. Dezember 1978).
Das SG hat die Klage mit folgender Begründung abgewiesen: Aufgrund seiner Entlassung aus dem Beamtenverhältnis ohne Versorgung sei der Beigeladene vom Kläger gemäß § 124 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) nachzuversichern. Dem stehe die Entscheidung des LBV-NRW über den Aufschub der Nachentrichtung nicht entgegen. Diese Entscheidung der nach § 125 Abs. 3 i.V.m. § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stelle betreffe nur eine auf dem Gebiet des Verwaltungsrechts liegende Vorfrage. Mit ihr werde lediglich für den Bereich der öffentlichen Verwaltung eine Regelung darüber getroffen, ob Nachversicherungsbeiträge beim Vorliegen eines Aufschubgrundes im Sinne des. § 125 Abs. 1 AVG gezahlt werden sollten. Ob hingegen die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 und 3 AVG für einen Aufschub der Beitragsnachentrichtung kraft Gesetzes vorlägen, entscheide allein der Träger der Rentenversicherung durch rechtsmittelfähigen Bescheid. "Dienstrechtliche Vorfragen" seien durch die zuständige Verwaltungsbehörde zu entscheiden. Die Entscheidung über Rechte und Pflichten aus der Rentenversicherung hingegen stehe ausschließlich dem Träger der Rentenversicherung zu. An die Aufschubentscheidung der zuständigen Verwaltungsbehörde sei der Versicherungsträger zwar in dem Sinne gebunden, daß er bei der Prüfung der Frage des Aufschubs der Nachversicherung dieses gesetzliche Tatbestandsmerkmal als gegeben hinnehmen müsse. Die Bindungswirkung reiche jedoch nur soweit, wie die Rechtswirkung innerhalb des Dienstverhältnisses gegeben sei. Nicht aber werde der Versicherungsträger bei der ihm zustehenden Entscheidung gebunden, ob nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben sei. Auch auf den Grundsatz des Vertrauensschutzes könne sich der Kläger in seinem Verhältnis zu der Beklagten nicht berufen. Die Beklagte habe auch zu Recht entschieden, daß eine vorübergehende Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG nicht vorliege. Auszugehen sei von einer Mindeststudienzeit von dreieinhalb Jahren, einer durchschnittlichen Prüfungsdauer von etwa einem halben Jahr sowie einer sich daran anschließenden Referendarzeit von zwei Jahren. Der Beigeladene habe selbst eine voraussichtliche Studiendauer von ca. fünf bis sechs Jahren angegeben. Eine derart lange Unterbrechung könne nicht mehr als "vorübergehend" angesehen werden. Zwar sehe § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG von der Festlegung starrer zeitlicher Grenzen ab. Anhaltspunkte dafür, für welche Unterbrechungszeit der Gesetzgeber eine ungeregelte Versorgung für zurückliegende versicherungsfreie Beschäftigungszeiten noch hinnehmen wolle, könnten jedoch dem § 125 Abs. 1 Buchst. d) AVG entnommen werden. Die dort genannten Zeiträume von einem Jahr bzw. von zwei Jahren könnten auch als Maßstab für die Beurteilung einer vorübergehenden Unterbrechung herangezogen werden. Schließlich stehe die Rückkehr des Beigeladenen in den Dienst des klagenden Landes keineswegs fest. Eine Prognose über den späteren Wiedereintritt in die versicherungsfreie Beschäftigung als Finanzbeamter sei derart ungewiß, daß nur von einer Möglichkeit, nicht aber von einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit gesprochen werden könne, wie sie für § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG erforderlich sei.
Das SG hat die Sprungrevision zugelassen. Der Kläger hat dieses Rechtsmittel mit Zustimmung der Beklagten eingelegt. Er rügt eine Verletzung des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG und trägt vor:
Die Vorschrift enthalte einen selbständigen Aufschubgrund. Das Merkmal der "vorübergehenden Unterbrechung" könne daher nicht unter Heranziehung der in § 125 Abs. 1 Buchst. d) AVG festgelegten Zeiträume ausgelegt werden. Es enthalte keine Beschränkung auf eine Höchstzeit und sei bereits dann erfüllt, wenn bei der Unterbrechung sowohl bei dem Arbeitgeber oder Dienstherrn als auch bei dem Beschäftigten die Absicht bestehe, das Beschäftigungsverhältnis später fortzusetzen. Erst wenn diese Absicht später fallen gelassen werde, ende der Aufschub der Nachversicherung. Dementsprechend sei durch ein Studium lediglich eine "vorübergehende Unterbrechung" gegeben. Die Referendarzeit müsse außer Betracht bleiben, weil sie im Beamtenverhältnis auf Widerruf abgeleistet werde. Für die Absicht des Beigeladenen, nach Beendigung des Studiums wieder als Beamter in seinen (Klägers) Dienst zu treten, spreche neben seiner entsprechenden Erklärung auch der Umstand, daß er während des Studiums wiederholt als Aushilfsangestellter in der Finanzverwaltung tätig gewesen sei. Er - Kläger - sei sehr daran interessiert, ehemalige Beamte der Steuerverwaltung, die bereits praktisch ausgebildet worden seien, wieder einzustellen, wenn sie die Einstellungsvoraussetzungen für den höheren Dienst erfüllten. Da nach alledem zwischen dem ehemaligen Beamten und seinem Dienstherrn die Absicht bestehe, das Beschäftigungsverhältnis später fortzusetzen, könne das Ausscheiden des Beigeladenen aus dem Beamtenverhältnis nur als "vorübergehend" angesehen werden.
Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 14. Dezember 1978 und den Bescheid der Beklagten vom 25. Juni 1974 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 1976 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Bei der Bemessung der zeitlichen Begrenzung der "vorübergehende Unterbrechung" im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG verstoße ein Rückgriff auf andere, in derselben Vorschrift genannte Aufschubgründe mit festen Zeitbegrenzungen nicht gegen anerkannte Auslegungsregeln. Hinsichtlich der Referendarzeit müsse berücksichtigt werden, daß praktische Ausbildungszeiten im Anschluß an ein Studium zunehmend im Angestelltenverhältnis zurückgelegt würden. Im Rahmen der nach § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG zu treffenden Prognoseentscheidung sei auch nicht von Regelstudienzeiten auszugehen, sondern von einer durchschnittlichen Verweildauer, die bei Jurastudenten mehr als zehn Semester betrage. Dies könne nicht mehr als "vorübergehende Unterbrechung" im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG gewertet werden.
Der Beigeladene ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Die Beteiligten haben ihr Einverständnis mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung (§ 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes -SGG-) erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Sprungrevision des Klägers ist zulässig, aber nicht begründet.
Die Beklagte hat vom Kläger durch den Bescheid vom 25. Juni 1974 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 1976 zu Recht die Nachentrichtung von Beiträgen für den Beigeladenen verlangt.
Rechtsgrundlage hierfür ist § 124 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 9 Abs. 1 AVG. Hiernach sind Personen, die aus einer Beschäftigung, während derer sie u.a. nach § 6 Abs. 1 Nr. 3 AVG versicherungsfrei gewesen sind, ausscheiden, ohne daß ihnen nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen eine lebenslängliche Versorgung oder an deren Stelle eine Abfindung oder ihren Hinterbliebenen eine diesen Vorschriften oder Grundsätzen entsprechende Versorgung aufgrund des Beschäftigungsverhältnisses gewährt wird, für die Zeit, in der sie sonst in der Rentenversicherung der Angestellten versicherungspflichtig gewesen wären, nachzuversichern (§ 9 Abs. 1 AVG). In diesen Fällen hat der Arbeitgeber die Beiträge nach den Vorschriften zu entrichten, die im Zeitpunkt des Ausscheidens aus der versicherungsfreien Beschäftigung für die Berechnung der Beiträge für versicherungspflichtig Beschäftigte maßgebend sind (§ 124 Abs. 1 Satz 1 AVG).
Diese Voraussetzungen einer Nachversicherung des Beigeladenen sind mit dessen Ausscheiden aus dem Beamtenverhältnis zum 30. April 1973 erfüllt. Darüber herrscht unter den Beteiligten kein Streit. Streitig ist allein, ob die Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG für einen Aufschub der Beitragsnachentrichtung gegeben sind. Nach dieser Vorschrift wird die Nachentrichtung von Beiträgen aufgeschoben, solange die versicherungsfreie Beschäftigung vorübergehend unterbrochen wird. Ob die Entrichtung der Beiträge aufgeschoben wird, entscheiden die nach § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stellen (§ 125 Abs. 3 AVG).
Zuständige Stelle in diesem Sinne ist vorliegend das LBV-NRW (vgl. Erlaß des Innenministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 10. Dezember 1969; MinBl. NW 1970, 12). Seine Bescheinigung vom 11. Februar 1974 hat einer Entscheidung der Beklagten über den Aufschub der Nachversicherung des Beigeladenen durch die angefochtenen Bescheide nicht entgegengestanden. Zwar hat dies der Kläger im Revisionsverfahren selbst nicht mehr geltend gemacht. Gleichwohl hat der Senat dieser Frage nachzugehen. Rechtsverletzungen sind vom Bundessozialgericht (BSG) im Rahmen der Anträge der Beteiligten unabhängig von dem Grund für die Zulassung der Revision und von den Rügen der Beteiligten zu prüfen (§ 202 SGG i.V.m. § 559 der Zivilprozeßordnung -ZPO-; vgl. Meyer-Ladewig, SGG, 1977, § 162, Rdnr. 8).
Zutreffend hat das SG ausgeführt, bei der Aufschubentscheidung nach § 125 Abs. 3 AVG handele es sich lediglich um die Entscheidung einer von der nach § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stelle zu beurteilenden, auf dem Gebiet des Verwaltungs- oder Arbeitsrechts liegenden Vorfrage, mit der nur für den jeweiligen Bereich der öffentlichen Verwaltung eine Regelung darüber getroffen werde, ob Nachversicherungsbeiträge für einen ohne beamtenrechtliche Versorgung ausgeschiedenen Beschäftigten beim Vorliegen eines Aufschubgrundes im Sinne des § 125 Abs. 1 AVG gezahlt werden sollen oder nicht. Das entspricht feststehender Rechtsprechung des Senats (vgl. BSGE 32, 76, 80 f. m.w.N. = SozR Nr. 2 zu § 1403 RVO; BSG SozR Nr. 3 zu § 1403 RVO). Mit der Aufschubentscheidung wird nicht im Sinne des Rentenrechts und für das Gebiet der Sozialversicherung mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Versicherungsträger, dem Arbeitgeber und dem Versicherten abschließend darüber entschieden, ob im Einzelfall für den ausgeschiedenen Beschäftigten der Aufschub der Nachentrichtung von Beiträgen gemäß § 125 AVG eingetreten ist und der öffentlich-rechtliche Arbeitgeber die Beiträge tatsächlich nachzuentrichten hat oder nicht. Die Aufschubentscheidung der nach § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stelle gemäß § 125 Abs. 3 AVG ist vielmehr neben dem Vorliegen eines Aufschubgrundes im Sinne des § 125 Abs. 1 AVG nur eine weitere Voraussetzung dafür, daß im Sinne der Rentenversicherung die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben ist. Ob die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 125 Abs. 1 AVG für einen Aufschub der Beitragsnachentrichtung gegeben sind und ob eine wirksame Aufschubentscheidung im Sinne des § 125 Abs. 3 AVG vorliegt, entscheidet der Träger der Rentenversicherung durch rechtsmittelfähigen Bescheid (siehe dazu BSGE 11, 278, 279 = SozR Nr. 1 zu Art 2 § 4 AnVNG) mit rechtlicher Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber und dem Versicherten. Der öffentlich-rechtliche Dienstherr ist im Rahmen dieser sozialversicherungsrechtlichen Rechtsbeziehung der Entscheidungsgewalt des Trägers der Rentenversicherung unterworfen (BSG SozR Nr. 3 zu § 1403 RVO).
Das SG hat dementsprechend zutreffend unterschieden zwischen der Regelung "dienstrechtlicher Vorfragen", die durch die zuständige Verwaltungsbehörde zu treffen ist (vgl. BSGE 24, 45, 47 = SozR Nr. 7 zu § 73 G 131), und der Entscheidung über Rechte und Pflichten aus der Rentenversicherung, die ausschließlich dem Träger der Rentenversicherung zusteht (vgl. BSGE 32, 76, 80 = SozR Nr. 2 zu § 1403 RVO). Die Bindungswirkung der Aufschubentscheidung der nach § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stelle (siehe dazu BSGE 32, 76, 82 = SozR Nr. 2 zu § 1403 RVO m.w.N.) erstreckt sich ebenso wie die Gewährleistungsentscheidung nach § 6 Abs. 2 AVG nur auf den dienst- bzw. arbeitsrechtlichen Bereich. Damit wird eine einheitliche Beurteilung der dienstrechtlichen Vorfragen auch im Sozialversicherungsrecht sichergestellt (vgl. hierzu insbesondere BSGE 24, 45, 47 f. = SozR Nr. 7 zu § 73 G 131). Die Entscheidung der nach den § 125 Abs. 3, § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stelle bindet aber den Versicherungsträger nicht bei der ihm zustehenden Entscheidung, ob nach den Vorschriften des Sozialversicherungsrechts die Nachentrichtung der Beiträge aufgeschoben ist.
Die Unterscheidung zwischen dienstrechtlichen Vorfragen, welche mit Bindungswirkung gegenüber dem Versicherungsträger von der nach § 6 Abs. 2 AVG zuständigen Stelle im Rahmen der Aufschubentscheidung nach § 125 Abs. 3 AVG getroffen werden, und solchen Fragen, die aufgrund ihrer sozialversicherungsrechtlichen Natur allein vom Sozialversicherungsträger zu entscheiden sind, ist für die einzelnen Aufschubgründe des § 125 Abs. 1 AVG näher zu präzisieren, damit eine Kompetenzüberschneidung vermieden und der jeweils unterschiedliche Rechtsweg bestimmt werden kann (siehe zur Anfechtung der in Gestalt eines Verwaltungsaktes getroffenen Aufschubentscheidung des Dienstherrn durch den Beschäftigten, nicht aber durch den Versicherungsträger, im Verwaltungs- oder Arbeitsgerichtsverfahren (BSGE 32, 76, 82 = SozR Nr. 2 zu § 1403 RVO).
Der hier maßgebliche § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG ist erforderlich, weil das Ende der versicherungsfreien Beschäftigung an sich auch dann ein die Nachversicherung begründendes Ausscheiden bewirkt, wenn die Unterbrechung nur vorübergehend ist (BSGE 34, 153, 158 ff. = SozR Nr. 6 zu § 17 FRG; BSGE 35, 183, 186 = SozR Nr. 10 zu § 1402 RVO; Brackmann, Handbuch der Sozialversicherung, 27. Nachtrag, S. 626 h II, o VI). Für das Ausscheiden ist maßgebend, ob das Beschäftigungsverhältnis tatsächlich, wenn auch nur vorübergehend, gelöst ist (Brackmann, a.a.O., S, 626 h I; allgemein zur Faktizität des sozialversicherungsrechtlichen Beschäftigungsverhältnisses: Wannagat, Lehrbuch des Sozialversicherungsrechts, 1965, S. 310 ff.). Ebenso sind für den Tatbestand der "vorübergehenden Unterbrechung" im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG im spezifisch sozialversicherungsrechtlichen Sinn allein die tatsächlichen Verhältnisse maßgebend (vgl. BSGE 34, 153, 158 = SozR Nr. 6 zu § 17 FRG; BSGE 35, 183, 186 = SozR Nr. 10 zu § 1402 RVO; Brackmann, a.a.O., S. 626 o VI). Die Frage, ob die versicherungsfreie Beschäftigung "vorübergehend unterbrochen" ist, kann nicht aufgrund öffentlichen Dienstrechts - das diesen Tatbestand nicht kennt -, sondern muß allein nach Sozialversicherungsrecht entschieden werden. An die für diese Entscheidung erheblichen dienstrechtlichen Entscheidungen wie z.B. Entlassung, Beurlaubung ohne Dienstbezüge (BSGE 34, 153, 158 = SozR Nr. 6 zu § 17 FRG; BSGE 35, 183, 186 = SozR Nr. 10 zu § 1402 RVO) usw. ist der Sozialversicherungsträger gebunden. Ob es sich dabei aber um eine "Unterbrechung" der versicherungsfreien Beschäftigung handelt und diese nur "vorübergehend" ist, entscheidet nach Sozialversicherungsrecht allein er.
Dem Nachversicherungsverlangen der Beklagten steht somit die Aufschubentscheidung des LBV-MW vom 11. Februar 1974 nicht entgegen.
Die Beklagte hat zur Recht einen Aufschub der Beitragsnachentrichtung abgelehnt. Die versicherungsfreie Beschäftigung des Beigeladenen ist nicht im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG vorübergehend unterbrochen worden.
Zwar ist der typische Fall der vorübergehenden Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung eine Beurlaubung ohne Dienstbezüge (BSGE 35, 183, 186 = SozR Nr. 10 zu § 1402 RVO). Ob allgemein eine Entlassung aus dem Beamtenverhältnis der Annahme einer vorübergehenden Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung stets oder in der Regel entgegensteht (so Hanow-Lehmann-Bogs, RVO, 4. Buch, Rentenversicherung der Arbeiter, 5. Aufl. 1969, § 1403, Rdnr. 9) kann dahinstehen. Jedenfalls verlangt die "vorübergehende Unterbrechung" im Gegensatz zum endgültigen Ausscheiden einen objektivierten Rückkehrwillen (Hanow-Lehmann-Bogs, a.a.O.) sowie - auf der Seite des Dienstherrn - die (objektivierte) Absicht, das Beschäftigungsverhältnis später fortzusetzen (vgl. Müller, in: RVO-Gesamtkommentar, Anm. 3 zu § 1403, 11. L. 1978). Das Merkmal "vorübergehend" verweist darüber hinaus auf eine gewisse zeitliche Begrenzung der Unterbrechung.
Besteht - wie z.B. bei einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge - das Beamten- oder sonstige Dienstverhältnis fort, so ist dies ein objektives Indiz sowohl für den Rückkehrwillen des ausgeschiedenen Beschäftigten als auch für die Absicht des Dienstherrn, das Beschäftigungsverhältnis fortzusetzen. Bei einer Entlassung und einer ihr nachfolgenden Aufnahme eines rechtswissenschaftlichen Studiums - wie im vorliegenden Fall - liegen die genannten objektiven Merkmale nicht vor, auch wenn der Entlassene sein Studium in der Absicht aufnimmt, danach wieder in den öffentlichen Dienst ggf. bei demselben Dienstherrn zu treten (Hanow-Lehmann-Bogs, a.a.O.).
Eine Fortsetzung oder Wiederbegründung des Beschäftigungsverhältnisses im höheren Dienst des Klägers, wie sie der Beigeladene subjektiv anstreben mag, setzt das Bestehen zweier Prüfungen voraus (§ 5 Abs. 1 Deutsches Richtergesetz - DRiG; § 13 Abs. 2 Nr. 4, § 14 Abs. 1 Satz 3 Beamtenrechtsrahmengesetz - BRRG). Der ersten Prüfung muß ein Studium der Rechtswissenschaft von mindestens dreieinhalb Jahren an einer Universität vorausgehen (§ 5 Abs. 2 Satz 1 DRiG). Zwischen der ersten und der zweiten Prüfung muß ein Vorbereitungsdienst von zwei Jahren liegen (§ 5a Abs. 1 Satz 1 DRiG § 14 Abs. 5 BRRG). Im Falle der einstufigen Ausbildung (§ 5b Abs. 1 DRiG, § 14a Abs. 1 Ziff. 1 BRRG) kann die erste Prüfung durch eine Zwischenprüfung oder durch ausbildungsbegleitende Leistungskontrollen ersetzt werden. Die Abschlußprüfung soll der genannten zweiten Prüfung gleichwertig sein. Insgesamt dauert die einstufige Ausbildung mindestens fünfeinhalb Jahre.
Ob und wie der Beigeladene die genannten Prüfungen abschließen wird, läßt sich bei Studienbeginn nicht nach objektiven Merkmalen bestimmen. Der Kläger hat dem Beigeladenen die Wiedereinstellung daher auch nicht zugesichert, sondern lediglich in Aussicht gestellt. Auf eine spätere Eignungsprüfung, die wiederum vom Studienerfolg des Beigeladenen abhängt, hat der Kläger nicht im voraus, etwa durch eine beamtenrechtliche Zusage verzichten können, weil gemäß § 13 Abs. 3 Satz 2 BRRG bzw. den entsprechenden landesrechtlichen Vorschriften die Bildungsvoraussetzungen geeignet sein müssen, in Verbindung mit der für die Laufbahn vorgeschriebenen berufspraktischen Ausbildung oder Tätigkeit die Anforderungen der Befähigung für die Laufbahn zu erfüllen. Eine etwaige Wiedereinstellung des Beigeladenen ist demnach vorwiegend von in seiner Person liegenden subjektiven Faktoren abhängig. Darüber hinaus hat der Beigeladene die Wahl, entweder entsprechend der erklärten Absicht wieder in das Beamtenverhältnis einzutreten oder aber in einen anderen Beruf überzuwechseln. Er ist durch eine Absichtserklärung seinem früheren Dienstherrn gegenüber beamtenrechtlich nicht gebunden. Ein objektivierter Rückkehrwille des Beigeladenen bzw. eine objektivierte Absicht des Dienstherrn, das Beschäftigungsverhältnis später fortzusetzen, besteht daher nicht.
Gegen die Annahme einer nur "vorübergehende Unterbrechung" spricht auch das zeitliche Moment. Zwar bestimmt das Gesetz nicht, was in zeitlicher Hinsicht unter einer "vorübergehende Unterbrechung" zu verstehen ist. Ob entsprechend der Ansicht des SG die in § 125 Abs. 1 Buchst. d) AVG festgelegten Zeiträume als Maßstab für die Beurteilung einer vorübergehenden Unterbrechung heranzuziehen sind, mag in denjenigen Fällen zu Zweifeln Anlaß geben, in denen es gerade darauf ankommt, ob die Jahresfrist (Buchst. d, aa, cc) oder die Zweijahresfrist (Buchst. d, bb) maßgebend sein soll. Jedenfalls aber kann eine "Unterbrechung" von weit mehr als zwei Jahren nicht mehr als nur "vorübergehend" im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG angesehen werden.
Der Eintritt des Nachversicherungsfalles und das dadurch begründete Nachversicherungsverhältnis führen, wenn die Entrichtung von Beiträgen aufgeschoben ist, zu einem Schwebezustand, während dessen Dauer die endgültige Rechtslage noch nicht feststeht (BSGE 32, 76, 84 = SozR Nr. 2 zu § 1403 RVO). Auf einen Schwebezustand verweisen auch die zeitlichen Begrenzungen in § 125 Abs. 1 Buchst. d, aa bis cc AVG sowie das Adjektiv "vorübergehend" in § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG. Bei einer weit über zwei Jahre hinausgehenden "Unterbrechung" geht der Schwebezustand jedoch in einen Dauerzustand über; dies will das Aufschubrecht gerade vermeiden.
Die somit im Rahmen des Aufschubgrundes der vorübergehenden Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung notwendige zeitliche Begrenzung ist im Falle des Beigeladenen weit überschritten. Das gilt bereits für die Mindeststudienzeit von dreieinhalb Jahren. Auf die durchschnittliche Studiendauer von Jurastudenten kommt es damit nicht an; ebenso ist unerheblich, ob der sich an das Studium anschließende Vorbereitungsdienst im Beamtenverhältnis auf Widerruf, innerhalb eines privatrechtlichen Angestelltenverhältnisses oder in einem besonderen öffentlich-rechtlichen Verhältnis, das nicht ein Beamtenverhältnis ist, abgeleistet wird (vgl. BVerfGE, 33, 44, 50; 39, 334, 372). Schließlich braucht nicht erörtert zu werden, ob bei einer bestimmten Ausgestaltung des Vorbereitungsdienstes die Unterbrechung der versicherungsfreien Beschäftigung beendet werden kann. Denn bereits das rechtswissenschaftliche Studium stellt keine "vorübergehende Unterbrechung" im Sinne des § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG dar. Dasselbe gilt für die fünfeinhalb Jahre dauernde einstufige Ausbildung.
Nach alledem hat der Beigeladene die versicherungsfreie Beschäftigung als Finanzbeamter des klagenden Landes nicht im Sinne von § 125 Abs. 1 Buchst. b) AVG vorübergehend unterbrochen. Die Beklagte hat zu Recht einen Aufschub der Beitragsnachentrichtung abgelehnt.
Dem fiskalischen Anliegen des Klägers, die Nachversicherung aufzuschieben, damit nicht bei einem etwaigen späteren Wiedereintritt des Beigeladenen in ein Beamtenverhältnis die nachversicherte Zeit auch bei der Festsetzung der beamtenrechtlichen Dienst- und Versorgungsbezüge zu berücksichtigen ist, kann das Aufschubrecht der gesetzlichen Rentenversicherung nicht Rechnung tragen. Maßgebend sind in einem solchen Fall beamtenrechtliche Anrechnungsvorschriften wie etwa § 55 des Beamtenversorgungsgesetzes (BeamtVG), welches nach seinem § 1 Abs. 1, auch für Landesbeamte gilt. Danach führt das Zusammentreffen des Ruhegehalts mit einer Rente der gesetzlichen Rentenversicherung bei Überschreitung einer bestimmten Höchstgrenze zur Kürzung des Ruhegehaltes. Sozialpolitisch unbefriedigende Doppelversorgungen werden somit nicht nur durch das Aufschubrecht der gesetzlichen Rentenversicherung (siehe zu dem Wesen des Aufschubs: Zweng/Scheerer, Handbuch der Rentenversicherung, 2. Aufl., 8. Lfg., § 1403 RVO, Anm. I A), sondern auch durch beamten- (versorgungs-) rechtliche Anrechungsvorschriften vermieden (siehe Stegmüller/Schmalhofer/Bauer, Beamtenversorgungsgesetz, 1. Lfg., Dez. 1976, § 55 Rdnr. 1).
Die Revision war zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG.
Fundstellen