Entscheidungsstichwort (Thema)
Unternehmenseigene Vertriebsorganisation
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der Abgrenzung von Betrieb und unselbständigem Betriebsteil bei unternehmenseigener Vertriebsorganisation.
Normenkette
RVO § 245
Gründe
I. Streitig ist die Rechtmäßigkeit der Genehmigung der "Anschlußerrichtung" einer Betriebskrankenkasse (BKK).
Die BKK Daimler-Benz in Bremen - Beigeiadene zu 1) - wurde 1974 errichtet und erstreckt sich auf vier Produktionsbetriebe der zu 2) beigeladenen Daimler-Benz AG jeweils mit Sitz in Bremen, Hamburg-Harburg und Kassel sowie die Hanomag-Henschel Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH) in Hannover, nicht aber auf die Hauptverwaltung und den Stammbetrieb der Daimler-Benz AG in Stuttgart-Untertürkheim. Für den Vertrieb der in den Werken hergestellten Personenkraftwagen, Nutzfahrzeuge, Aggregate usw ist bei der Hauptverwaltung der Daimler-Benz AG in Stuttgart der Funktionsbereich "Vertrieb" mit acht Fachabteilungen (Vertriebsorganisation Inland, Vertriebsorganisation Ausland 1 und 2, Vertrieb Zentrale Dienste/Projekte/Koordination, Vertriebsplanung, Zentral-Kundendienst, Zentral-Ersatzteilwesen, Zentralvertreib) eingerichtet. Zu der Fachabteilung "Vertriebsorganisation Inland" gehören die Fachbereiche Verkauf (LKW/PKW, Vertriebsnetz, Werksgeschäfte), Technik (Ersatzteilwesen, Grundstücks-, Dienstleistungs- und Versorgungsverträge, Werkstattwesen), Betriebswirtschaft, Organisation und Datenverarbeitung, Personalwesen, Bauwesen sowie 39 Niederlassungen im bisherigen Gebiet der Bundesrepublik. Aufgabe dieser Niederlassungen ist der Verkauf der Produkte der Werke der zu 2) beigeladenen Daimler-Benz AG, der Kundendienst und die Kfz-Reparatur in den ihnen regional zugewiesenen Gebieten. Daneben erfolgt der Vertrieb vor Ort durch juristisch selbständige Vertragspartner bzw. Vertragswerkstätten mit Vertriebsrecht der Daimler-Benz AG, deren Kontrolle und Betreuung die Niederlassungen weitgehend für die Zentrale wahrnehmen. Die 39 Niederlassungen sind nach dem "Organisationsplan der Niederlassungen" einheitlich strukturiert. An der Spitze steht jeweils der Niederlassungsleiter, dem fünf Bereichsleiter unterstehen, die - je nach Größe der Niederlassung - wiederum teilweise Assistenten sowie Unterbereichsleiter haben. Die gesamte Leitungsebene wird direkt durch die Zentrale in Stuttgart eingestellt, einschließlich der ausgebildeten Verkäufer, die unmittelbar dem Verkaufsleiter unterstehen. Für mehrere der Niederlassungen, ua. Hamburg, Hannover, Kassel und Bremen (zu letzterer vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 8. April 1987 - 1 RR 14/85 = SozR 220 § 225a Nr. 2) ist die zu 1) beigeladene BKK inzwischen ebenfalls zuständig; für weitere Niederlassungen sind Errichtungsverfahren eingeleitet bzw. Rechtstreitigkeiten anhängig.
Die Niederlassung fulda beschäftigte im Jahre 1986 182 (1988 ca. 220) Arbeitnehmer einschließlich 22 Auszubildender, von denen 82 (1988 ca. 100) pflichtversicherte Mitglieder der klagenden Allgemeinen Ortskrankenkasse (AOK) waren. Dem am 12. Februar 1986 von der Daimler-Benz AG gestellten Antrag auf Genehmigung des Anschlusses ihrer Niederlassung Fulda an die zu 1) beigeladene BKK gab das zuständige Bundesversicherungsamt (BVA) mit Bescheid vom 11. August 1986 nach Durchführung des vorbereitenden Verfahrens statt.
Gegen den am 12. August 1986 zugestellten Bescheid hat die Klägerin am 8. September 1986 beim Sozialgericht (SG) Fulda Klage erhoben. Auf ihren Antrag vom 17. September 1986 hat das SG durch Beschluß vom 29. September 1986 den Vollzug des Genehmigungsbescheides "bis zur erstinstanzlichen Entscheidung in der Hauptsache" ausgesetzt (S-1b/Kr-548/86). Mit Urteil vom 5. Mai 1988 hat das SG den Bescheid der Beklagten vom 11. August 1986 aufgehoben, weil es sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme bei der Niederlassung Fulda nicht um einen selbständigen Betrieb iS von § 245 Abs. 1 der Reichsversicherungsordnung (RVO) handele, für den eine Anschlußerrichtung möglich sei. Dagegen haben die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 6) jeweils rechtzeitig Berufung eingelegt.
Nach Verkündung des erstinstanzlichen Urteils hat die zu 1) beigeladene BKK die bei der Niederlassung Fulda beschäftigten Mitglieder der klagenden Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) sowie die Rentner und die Rentenantragsteller in ihre Zuständigkeit übernommen. Dem daraufhin von der Klägerin gestellten Antrag, der BKK die Übernahme bzw das Führen ihrer bisherigen Mitglieder zu untersagen, hat das SG durch Beschluß vom 30. Mai 1988 (S-1b/Kr-274/88 (A)) stattgegeben. Durch Beschlüsse vom 1. Februar 1989 hat das Landessozialgericht (LSG) die Beschwerden der Beigeladenen zu 1) und 2) gegen den Beschluß des SG Fulda vom 29. September 1986 zurückgewiesen (L-8/Kr-121/87 (A) und L-8/Kr-122/87 (A)) sowie auf die Beschwerden der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), 4), 5) und 6) den Beschluß des SG vom 30. Mai 1988 aufgehoben (L-8/Kr- 878/88 (A), L-8/Kr-879/88 (A) und L-8/Kr-880/88 (A)).
Mit Urteil vom 1. Februar 1989 hat das Landessozialgericht (LSG) sodann auf die Berufungen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 6) das erstinstanzliche Urteil aufgehoben und die Anfechtungsklage gegen den Bescheid der Beklagten vom 11. August 1986 abgewiesen.
Auf die Anschlußberufung der Klägerin und des Beigeladenen zu 3) wurde festgestellt, daß der vorgenannte Bescheid rechtswidrig (gewesen) ist. Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt: Die Beiladung der betroffenen Arbeitnehmer der Niederlassung Fulda sei jedenfalls unter dem Gesichtspunkt der "Massenbeiladung" entbehrlich gewesen. Die Berufungen seien mit der Maßgabe begründet, daß die auf Aufhebung des Genehmigungsbescheides gerichtete Anfechtungsklage als unzulässig abzuweisen gewesen sei, nachdem die Aussetzung des Vollzugs der Anschlußerrichtungsgenehmigung mit Erlaß des erstinstanzlichen Urteils geendet habe. Danch habe die Genehmigung zum 1. Oktober 1986 unbeschadet des der Anfechtungsklage stattgebenden erstinstanzlichen Urteils ihre Gestaltungswirkung entfalten können mit der folge, daß die Berechtigung der damit "vollzogenen" Eingliederung der Niederlassung Fulda in den Zuständigkeitsbereich der zu 1) beigeladenen BKK von der Rechtswidrigkeit der Genehmigung für die Vergangenheit nicht mehr erreicht werden könne; es komme nur noch eine Folgenbeseitigung für die Zukunft durch die Beklagte in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Auflösung und Schließung von Krankenkassen in Betracht (Hinweis auf BSGE 61, 244 = SozR 2200 § 225a Nr. 2 und aaO. § 253 Nr. 2). Auf die im Wege der Anschlußberufung von der Klägerin zulässigerweise erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage gemäß § 131 Abs. 1 Satz 3 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) sei jedoch darüber zu befinden, ob die Anschlußerrichtungsgenehmigung der Beklagten im Zeitpunkt ihres Erlasses rechtswidrig sei. Das sei mit dem SG zu bejahen. Die Genehmigung habe - bei Vorliegen aller sonstigen Voraussetzungen - nicht erteilt werden dürfen, weil die Niederlassung Fulda keinen selbständigen Betrieb bzw. Betriebsteil der zu 2) beigeladenen Daimler-Benz AG darstelle. Im Wege der Anschlußerrichtung könne aber nur ein selbständiger Teil der von der Beigeladenen zu 2) für ihre Produktionsstätten geschaffenen unternehmenseigenen Vertriebsorganisation und könne losgelöst von dieser nicht existieren. Maßgebend für die Abgrenzung von Betrieb und unselbständigem Betriebsteil sei der Grad der organisatorischen Verflechtung auf dem Gebiet der betrieblichen Funktionen, des Personalwesens sowie im sonstigen administrativen Bereich (Hinweis auf BSG SozR 220 § 245 Nrn. 2, 3 und 4). Bei Würdigung des Gesamtergebnisses des Verfahrens stehe zur Überzeugung des Senats fest, daß sowohl die arbeitstechnischen Ziele der parallelen, regional begrenzten Betriebstätigkeit der Niederlassungen (Verkauf, Kundendienst, Ersatzteilwesen, kaufmännische Verwaltung) als auch die sächlichen, personellen und verfahrensmäßigen Aufwendungen hierzu im Sinne einer zentralen Arbeitsplanung so weitgehend gesteuert würden, daß der Niederlassung nur noch geringe Bedeutung verblieben. Dabei sei es ohne Bedeutung, ob die Vertriebsorganisation der Beigeladenen zu 2) allein oder zusammen mit der Hauptverwaltung in Stuttgart oder eventuell sogar mit dem Stammwerk der Daimler-Benz AG einen einheitlichen Betrieb bilde. Entscheidend sei, daß die Niederlassung im Funktionsbereich "Vertrieb" des Gesamtunternehmens nur eine ihr zugewiesene, regional begrenzte Teilfunktion wahrnehme, keine eigene vollständige Organisation und eigenständige Leitung und keinen eigenständigen Betriebszweck habe, weil sie nur den von allen Niederlassungen erstrebten parallelen Zweck der Umsetzung der unternehmenseigenen Produkte verfolge. Grundsätzlich sei die für den Verkauf eigener Produkte eingerichtete Verkaufsstelle kein eigenständiger Betrieb. Reparatur, Kundendienst sowie Gebrauchtwagen-eigengeschäft seien nur notwendige Neben- und Hilfsgeschäfte zur Förderung des Verkaufs. Die weitgehend gemeinsame zentrale Steuerung und Leitung der Niederlassung durch die Zentrale ergebe sich ua. aus der verbindlich vorgegebenen einheitlichen Organisationstruktur, der Einstellung der gesamten Leitungsebene der Niederlassung einschließlich der Verkäufer durch die Zentrale, der dort vorhandenen zentralen Verwaltungseinrichtungen (zentrale Anlagebuchhaltung, EDV-Steuerungssystem) und dem sog. "Organisationshandbuch NL" zur Aufbau- und Ablauforganisation. dieses Handbuch enthalte für alle Geschäftsbereiche der Niederlassung geschäftsordnende Einzelregelungen, Arbeitsanweisungen mit detaillierter Darstellung komplexer Arbeitsabläufe und vorgangsbezogene Veröffentlichungen, die insgesamt für die Niederlassungen generelle Anweisungen darstellten und nicht nur beratenden Charakter hätten. Zwar habe sich der Senat über den Inhalt dieses Buches kein abschließendes Bild verschaffen können, da die Beigeladene zu 2) lediglich ,einige Unterlagen daraus vorgelegt und die weitere Offenlegung unter Hinweis auf die vertriebspolitische Brisanz einzelner Fragen weiterhin verweigert habe. Dieser Grund sei nicht akzeptabel, worauf die Beigeladene zu 2) auch hingewiesen worden sei. Ihr dürfte im übrigen klar gewesen sein, daß sich der gesamte Regelungsgehalt des Organisationshandbuches durch die Befragung der angebotenen Zeugen kaum ermitteln lassen werde. Obgleich die gehörten Zeugen angegeben hätten, das Organisationshandbuch gar nicht zu kennen und im übrigen eine gewisse Tendenz erkennbar gewesen sei, seine Bedeutung herunterzuspielen, könne insgesamt immerhin festgestellt werden, daß ua die gesamte Verkaufs- und Kundendienstorganisation in Ausstattung und Einrichtung sowie in technischer und personeller Hinsicht zur Gewährleistung eines bestimmten "Daimler-Benz-Standards" durch Vorgaben und Richtlinien festgelegt sei. Das gelte etwa für die zentrale Schulung des Personals, die einheitliche Gestaltung des Bereitschafts- und Wachtdienstes, die zentral vorgeschriebenen Preise, und zwar nicht nur im Gebrauchtwagen-Eigengeschäft (mit gewissen Kulanzmöglichkeiten), sondern auch im Ersatzteilwesen und beim Neufahrzeug-Verkaufsgeschäft. Der Umstand, daß Arbeitsabläufe wegen eines Bedürfnisses nach streng einheitlicher Genormtheit nach einem einheitlichen Schema und genau festgelegten Regeln erbracht werden müßten, spreche grundsätzlich gegen eine eigenständige Leitung des Betriebes. Das gelte um so mehr, als sich die Zentrale die Möglichkeit des jederzeitigen Eingriffs in die alltäglichen Geschäftsabläufe vorbehalten habe und hiervon auch Gebrauch mache. Das EDV-System stelle insoweit durchaus ein Kontrollinstrument dar, das der Zentrale das gebotene Einschreiten ermögliche. Bei lehlender Einigung mit der Zentrale stehe es nicht im Belieben der Niederlassung, deren Vorschläge abzulehnen. Die dargelegte Unternehmensphilosophie des "Führens durch Ziele" könne nicht darüber hinwegtäuschen, daß in allen Aufgabenbereichen der Niederlassung die letzte Entscheidungszuständigkeit bei der Zentrale liege, die nicht nur die Funktion einer Unternehmensberatung habe. Dagegen haben die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 6) die vom Landessozialgericht (LSG) zugelassene Revision eingelegt. Sie rügen eine Verletzung des § 245 Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 128 Abs. 1 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) und sind im wesentlichen übereinstimmend der Ansicht, die Subsumtion der festgestellten Tatsachen beruhe auf einem Fehlverständnis des Betriebsbegriffs iS des § 245 Abs. 1 RVO, der vom Bundessozialgericht -BSG- (eigenständig und unabhängig von § 4 Betriebsverfassungsgesetz -BetrVG-) konkretisiert worden sei. Zu Unrecht habe das Landessozialgericht (LSG) außer acht gelassen, daß die Abgrenzung zwischen Betrieb und unselbständigem Betriebsteil nicht auf der Ebene der wirtschaftlichen Zielsetzung des Unternehmens bzw der Unternehmenszwecke, sondern allein auf der arbeitstechnischen, betrieblichen Ebene vorzunehmen sei. Deshalb seien alle Gesichtspunkte unerheblich, die sich aus der Einbindung des Betriebes in das übergeordnete Unternehmen ergäben, zB der Einstellungsvorbehalt des Unternehmens hinsichtlich der Führungskräfte der Niederlassung, der Kontrolle der Betriebsführung durch die Zentrale, der Funktionsaufteilung des Vertriebes nach einem bestimmten Organisationsplan, des Vorhandens eins von Rahmenrichtlinien über das Ziel der Betriebstätigkeit und der dafür eingesetzten Aufwendungen. Maßgeblich sei nicht, wer über die Organisation der Niederlassung bestimme, sondern ob die Niederlassung über eine Organisation mit selbständigem arbeitstechnischen Leitungsapparat verfüge. Soweit das SG einen eigenen arbeitstechnischen Betriebszweck der Niederlassung verneint habe, verkenne es, daß dieser Zweck entsprechend dem Umfang der räumlichen, sächlichen und personellen Ausstattung gegenüber dem Verkauf in weit überwiegendem Maße auf Reparatur und Kundendienst ausgerichtet sei und sich damit wesentlich von den Zwecken der Zentrale, erst recht von den Zwecken des Stammbetriebes unterscheide, der hauptsächlich auf die Produktion ausgerichtet sei. Die Niederlassungen könnten deshalb nicht als bloße Verkaufsstellen betrachtet werden, in denen der Verkauf Hilfsfunktion für die Produktion bzw die Reparatur und der Kundendienst Hilfsfunktion für einen zentral gesteuerten Absatz von Neufahrzeugen hätten. Vielmehr verfüge die Niederlassung über sämtliche für die Erfüllung eines eigenständigen Betriebszweckes erforderlichen Arbeitsbereiche unter selbständiger, insbesondere technischer Leitung, so daß sie auch bei einer Verselbständigung ohne grundlegende Umstrukturierung existieren könne. Die Dienstleistungen der Hauptverwaltung seien für die Niederlassungen ohne weiteres durch Beraterfirmen zu ersetzen.
Hinsichtlich ihrer Selbständigkeit unterschieden sich die Niederlassungen in keinem wesentlichen Punkt von den rechtlich selbständigen Vertragshändlern, die die gleichen Dienstleistungen für den Kundenkreis der Beigeladenen zu 2) erbrächten. Soweit das Landessozialgericht (LSG) angenommen habe, daß der Leitung der Niederlassung aufgrund verbindlicher Regelungen und Anweisungen über sämtliche Betriebsabläufe nur noch geringe Entscheidungsbefugnisse oder solche von untergeordneter Bedeutung verblieben, habe es die erforderliche Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalles nicht vorgenommen und damit gegen § 128 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) verstoßen. Insbesondere habe es entsprechende Schlußfolgerungen nicht aus dem sog. "Organisationshandbuch NL" ziehen können, weil dessen Vorlage von der Beigeladenen zu 2) wegen der gebotenen Wahrung von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen zu Recht verweigert worden sei. Sofern das Landessozialgericht (LSG) dies nicht habe akzeptieren wollen, hätte es die Erzwingbarkeit der Vorlage prüfen müssen und jedenfalls nicht ohne entsprechende, Maßnahmen das Verhalten der Beigeladenen zu 2) zu Lasten der Beklagten und der Beigeladenen zu 1) werten dürfen. Insbesondere hätte es die Angaben der Zeugen nicht unberücksichtigt lassen dürfen, die angegeben hätten, daß der Leitung der Niederlassung eine weitgehende Selbständigkeit im Rahmen von Richtlinien eingeräumt sei. Danach bestünden hinsichtlich der einzelnen Arbeitsabläufe weitgehende Entscheidungsbefugnisse und Planungskompetenzen, zB hinsichtlich der Planung des Absatzes, des Personalumfangs, der Vorratshaltung im Ersatzteilwesen und auch der Investitionen, die nur teilweise der Genehmigung bedürften.
Zwischen Hauptverwaltung und Niederlassung gebe es nur grobe Zielvorgaben nach dem Grundsatz "Führung durch Ziele", die der Niederlassung Freiräume beließen und es nicht vertrügen, daß die Zentrale in die Planung und die betrieblichen Abläufe der Niederlassung eingreife. Eine Leitung der Niederlassung aus der Ferne, wie sie das Landessozialgericht (LSG) aufgrund des "Organisationshandbuches NL" angenommen habe, sei zudem denkgesetzlich nicht möglich. Auf bestehende Rahmenrichtlinien des Unternehmens könne die Unterscheidung von Betrieb und unselbständigem Betriebsteil nicht gestützt werden. Das Landessozialgericht (LSG) messe auch den Möglichkeiten der Hauptverwaltung, das Handeln und Planen der Niederlassung zu korrigieren oder zu beeinflussen, eine in der Praxis nicht bestehende Bedeutung zu. Im übrigen beruhe das - nicht praxisrelevante - Letztentscheidungsrecht der Zentrale auf einer Selbstverständlichkeit, nämlich auf der arbeitsrechtlichen Abhängigkeit aller Mitarbeiter der Niederlassung von der Beigeladenen zu 2) als Arbeitgeber. Auch die unternehmerische Überwachung mit Hilfe des EDV-Systems bedeute entgegen der Ansicht des Landessozialgericht (LSG) nicht "Aufsicht durch Weisung", sondern diene nur einer Plausibilitätsüberprüfung der Planungsentscheidungen der Niederlassung. Das sei nach der Rechtsprechung des BSG unerheblich; denn das Erfordernis eines arbeitstechnisch selbständigen Leitungsapparates setze keine aufsichtsfreie Leitung voraus.
Die Beklagte sowie die Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 6) beantragen, das Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 1. Februar 1989 insoweit aufzuheben, als festgestellt worden ist, daß der Bescheid der Beklagten vom 11. August 1986 rechtswidrig ist, und insoweit die Anschlußberufungen der Klägerin und des Beigeladenen zu 3) zurückzuweisen, hilfsweise, die Sache an das Landessozialgericht (LSG) zurückzuverweisen. Die Klägerin und der Beigeladene zu 3) beantragen, die Revisionen zurückzuweisen.
Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend, soweit das Landessozialgericht (LSG) der Niederlassung Fulda die Qualität eines Betriebes abgesprochen habe.
II.
Die Revisionen der Beklagten und der Beigeladenen zu 1), 2), 4) und 6) sind mit der Maßgabe begründet, daß der Rechtsstreit an das Landessozialgericht (LSG) zurückzuverweisen ist. Eine Zurückverweisung ist allerdings nicht bereits wegen einer fehlenden notwendigen Beiladung der versicherungspflichtigen Arbeitnehmer der Niederlassung Fulda geboten. Diese Personen sind an dem streitigen Rechtsverhältnis nicht derart beteiligt, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann (§ 75 Abs 2 Halbs 1 SGG). Die zu erwartende Entscheidung über die Frage, ob die erteilte Anschlußerrichtungsgenehmigung rechtswidrig gewesen ist, wirkt sich nicht unmittelbar auf die Arbeitnehmer der Niederlassung Fulda aus. Denn ihre - auf der wirksam gewordenen Genehmigung beruhende - Mitgliedschaft bei der zu 1) beigeladenen BKK wird dadurch rechtlich nur mittelbar betroffen, weil eine Änderung dieser Mitgliedschaft von einem weiteren Rechtsakt, nämlich der "Schließung" der Anschlußerrichtung durch die Beklagte, abhängt (vgl dazu auch BSG SozR 2200 § 225a Nr 2).
Die von der klagenden Allgemeine Ortskrankenkasse (AOK) primär erhobene Anfechtungsklage mit dem Ziel, die Aufhebung des Genehmigungsbescheides zu erreichen, ist - ungeachtet ihrer Zulässigkeit bis zum Erlaß des erstinstanzlichen Urteils - unzulässig gewesen. Denn es hat dafür an dem erforderlichen Rechtsschutzbedürfnis gefehlt, nachdem die vom SG angeordnete Aussetzung des Vollzugs der Genehmigung gemäß ausdrücklicher Befristung in seinem Beschluß vom 29. September 1986 mit Erlaß des erstinstanzlichen Urteils geendet hatte (vgl Beschluß des Landessozialgericht (LSG) vom 1. Februar 1989). Damit hat die Genehmigung ihre unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung entfalten können mit der Folge, daß die Niederlassung Fulda in den Zuständigkeitsbereich der zu 1) beigeladenen BKK der Beigeladenen zu 2) einbezogen, dieser auf die Niederlassung "ausgedehnt" worden ist (vgl zur neueren Terminologie § 149 SGB V vom 20. Dezember 1988, BGBl I 2477). Dem steht die Aufhebung der Genehmigung durch das erstinstanzliche Urteil nicht entgegen. Die Genehmigung als gestaltender Verwaltungsakt hat nicht zugleich mit der Aufhebung durch das SG ihre Wirksamkeit verloren. Nach § 39 SGB X endet die Wirksamkeit eines Verwaltungsaktes ua mit der Aufhebung durch ein Gericht. Das der Anfechtungsklage stattgebende Urteil ist ein negatives Gestaltungsurteil, das seine Wirksamkeit, dh seine auf Rechtsänderung angelegte Gestaltungswirkung, erst mit der formellen Rechtskraft entfaltet (BSGE 27, 31, 33 mwN); erst dann gilt der Verwaltungsakt als nicht ergangen und damit als nicht wirksam geworden. Ist hingegen - wie hier - der Genehmigungsbescheid bereits mit dem Erlaß des erstinstanzlichen Urteils, also bereits vor Rechtskraft der Aufhebungsentscheidung wirksam und damit der Anschluß "vollzogen" worden, kann dieser nicht mehr durch eine die Genehmigung aufhebende gerichtliche Entscheidung - mit Wirkung ex tunc - beseitigt werden; in Betracht kommt vielmehr nur noch eine Beseitigung der Folgen der Genehmigung, indem die Anschlußerrichtung in entsprechender Anwendung der Vorschriften über die Schließung von KKn mit Wirkung für die Zukunft aufgelöst wird. Zu einer Schließung ist die Aufsichtsbehörde nach dem entsprechend anzuwendenden § 153 Nr 2 SGB V (früher: § 273 Abs 1 Nr 3 RVO) dann verpflichtet, wenn die Anschließung nicht hätte erfolgen dürfen. Die Klägerin kann daher ihr Anfechtungsbegehren nur noch im Wege einer Fortsetzungsfeststellungsklage mit dem Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Genehmigung, ggf kombiniert mit einer Klage auf Verpflichtung der Aufsichtsbehörde zur Beseitigung des Anschlusses weiterverfolgen (vgl dazu BSGE 59, 122, 127 f = SozR 2200 § 253 Nr 2; aaO § 225a Nr 2). Ob die Klägerin an einer diesbezüglichen Erstreckung ihres Klageantrags auf eine Verpflichtung der zuständigen Behörde zur Aufhebung der Anschlußerrichtung wegen § 168 Sozialgerichtsgesetz (SGG) gehindert gewesen wäre, kann auf sich beruhen; die Klägerin hat einen hierauf gerichteten Revisionsantrag zurückgenommen.
In der Sache hat das Landessozialgericht (LSG) zunächst zutreffend entschieden, daß die für bestimmte Produktionsbetriebe der Beigeladenen zu 2) bestehende BKK auf ihre Niederlassung Fulda im Wege der Anschlußerrichtung nur ausgedehnt werden durfte, wenn es sich dabei um einen Betrieb iS von § 245 Reichsversicherungsordnung (RVO) handelt, nicht aber, wenn die Niederlassung unselbständiger Betriebsteil der Hauptverwaltung und/oder des Stammbetriebes der Beigeladenen zu 2) in S. ist, für die eine BKK nicht besteht. Nach § 245 Reichsversicherungsordnung (RVO) kann eine BKK für einen oder mehrere "Betriebe" eines Arbeitgebers, nicht aber für Teile eines Betriebes errichtet werden. Anzuwenden ist bei der hier zu treffenden Feststellung, ob die Genehmigung des Anschlusses der Niederlassung Fulda an die zu 2) beigeladene BKK rechtswidrig gewesen ist, das zur Zeit der Erteilung der Genehmigung geltende Recht, also noch die Vorschriften der RVO. Darüber besteht ebensowenig Streit wie über die Frage, ob die analog geltenden Errichtungsvoraussetzungen der §§ 225a, 248 und § 253 Abs 2 Reichsversicherungsordnung (RVO) bei Erteilung der Genehmigung erfüllt waren. Streitig ist vielmehr, ob das Landessozialgericht (LSG) den Betriebsbegriff oder eines seiner Elemente verkannt hat und deshalb bei der gebotenen Gesamtbewertung der festgestellten Umstände des Einzelfalles zu einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung gekommen ist. Das ist zu bejahen.
Das Landessozialgericht (LSG) hat zwar zutreffend an die Rechtspr des BSG zur Abgrenzung von Betrieb und unselbständigem Betriebsteil angeknüpft, wonach unter Betrieb im allgemeinen die auf Erreichung eines arbeitstechnischen Zwecks gerichtete organisatorische Zusammenfassung personeller, sachlicher und sonstiger Arbeitsmittel zu einer selbständigen Einheit verstanden wird (vgl zuletzt BSGE 59, 87 = SozR 2200 § 245 Nr 4 mwN; aaO Nrn 2 und 3). Zwar ist diese Rechtspr vornehmlich zu Produktionsstätten ergangen; sie gilt aber gleichwohl - wenn auch mit gewissen Modifikationen - für Betriebsstätten, die, wie die hier streitige, im Rahmen eines von der Produktion organisatorisch abgegrenzten Vertriebssystems auf Dienstleistungen, insbesondere den Verkauf, Kundendienst und Reparatur unternehmenseigener Produkte beschränkt sind. Auch für solche Betriebsstätten gilt, daß ein (gegenüber dem Unternehmen relativ) selbständiger Betrieb vorliegt, wenn dieser über einen selbständigen Leitungsapparat verfügt, dem hinsichtlich der Gesamtheit der eingesetzten Arbeitsmittel wesentliche, für die Führung eines Betriebes typische Entscheidungsspielräume belassen sind. Zur Selbständigkeit gehört also nicht zwingend, daß Produktion und Vertrieb in einer Organisation vereint sind; eine Vertriebsorganisation kann vielmehr - auch mit selbständigen Untergliederungen - aus der Produktion ausgegliedert bzw dieser - ähnlich wie bei einer rechtlich selbständigen Vertriebsgesellschaft - angegliedert sein. Die Selbständigkeit eines Betriebs bzw einer Niederlassung wird, anders als das Landessozialgericht (LSG) dies gesehen hat, auch nicht dadurch aufgehoben, daß ihr arbeitstechnischer Zweck - hier ua der Verkauf der Produkte des Unternehmens - gegenüber diesem bzw der Produktion "dienende" Funktion hat und es insoweit - sowohl gegenüber der zentralen Vertriebsabteilung als auch gegenüber den parallelen, räumlich abgegrenzten weiteren Niederlassungen - an einer "Eigenständigkeit" dieses Zweckes fehlt. Es kann offenbleiben, ob in der Eigenständigkeit des arbeitstechnischen Zwecks für sich allein überhaupt ein geeignetes Kriterium für die Abgrenzung von Betrieb und unselbständigen Betriebsteil gesehen werden kann (kritisch dazu Kater, DOK 1983, 177, 183 unter Hinweis darauf, daß diese Unterscheidung im arbeitsrechtlichen Bereich aufgegeben worden ist). Jedenfalls kann diesem Merkmal im Rahmen eines räumlich gegliederten Vertriebssystems, das sich nicht auf reine "Verkaufsstellen" beschränkt, sondern das als wesentliche begleitende Betriebszwecke einen Kundendienst mit Reparatur, Ersatzteilhaltung und Gebrauchtwagenverkauf unterhält, keine entscheidende Bedeutung zukommen. Maßgebend ist nicht der besondere (je eigenständige) arbeitstechnische Zweck, der die Niederlassung von der Zentrale oder von anderen Niederlassungen unterscheidet; entscheidend ist vielmehr, ob der in der Niederlassung verfolgte Zweck im Rahmen einer jeweils selbständigen Organisation mit eigenen Leitungsbefugnissen von nicht nur untergeordneter Bedeutung vollzogen wird. Wird hingegen der arbeitstechnische Zweck der Niederlassung bzw ihre Betriebstätigkeit durch Vorgaben der Zentrale hinsichtlich der Gesamtheit der aufgewendeten Arbeitsmittel sowie der Arbeitsplanung und -durchführung so weitgehend geregelt und gesteuert, daß der Leitung der Niederlassung nur noch geringfügige Entscheidungsbefugnisse oder solche von untergeordneter Bedeutung verbleiben, so kann von einer Selbständigkeit der Niederlassung keine Rede sein.
Das ist allerdings nicht schon dann der Fall, wenn die Zentrale im Rahmen einer den Niederlassungen einheitlich vorgegebenen Organisationsstruktur gemeinsame Einrichtungen unterhält, die einen Teilbereich der Aufgaben der Niederlassungen zentral erledigen (zB einheitliche Anlagebuchhaltung, einheitliches EDV-System, einheitliche Personalverwaltung der vom Unternehmen eingesetzten Führungsebene der Niederlassung). Wie der 8. Senat in dem og Urteil ausgeführt hat (BSGE 59, 87, 89 = SozR 2200 § 245 Nr 4), können die in den letzten Jahren entwickelten Kommunikationstechniken Unternehmer veranlassen, bestimmte Aufgaben zu zentralisieren. Derartige Verlagerungen von Arbeitsbereichen, die bisher üblicherweise innerhalb eines Betriebes vorhanden waren, vermögen daher nicht allein den Ausschlag bei der Abgrenzung zwischen Betrieb und unselbständigem Betriebsteil zu geben.
Die Selbständigkeit eines Betriebes wird schließlich auch nicht dadurch aufgehoben, daß den Niederlassungen von der Zentrale ein einheitliches Vertriebskonzept mit einheitlicher Organisationsstruktur vorgegeben ist, die auf ein flächendeckendes Vertriebssystem ausgerichtet ist. Entscheidend ist insoweit nicht, wer über die Organisation bestimmt, sondern ob der Niederlassung im Rahmen dieses organisatorischen Konzepts ein eigener gegenständlicher Leitungsbereich verbleibt. Ebenfalls ist unerheblich, daß der Unternehmer Rahmenrichtlinien aufstellt oder sich Weisungsbefugnisse vorbehält, die zur Führung der Niederlassung in einem bestimmten Sinne zwingen. Das gilt insbesondere für solche Rahmenrichtlinien und Weisungen, die die Außendarstellung der zu vertreibenden Produkte betreffen und der Wahrung eines einheitlichen Unternehmensstandards dienen; denn derartige Vorgaben bezüglich der Darbietung der Produkte sind Ausfluß des Direktionsrechts des Unternehmers und beseitigen als solche noch nicht die Eigenständigkeit des jeweiligen Betriebes; ähnlichen Rahmenrichtlinien und Weisungen unterliegen auch selbständige Vertragshändler, Tankstellenpächter oder Franchisenehmer, die ebenfalls Produkte im Rahmen einer unternehmensbezogenen Vertriebsorganisation als Selbständige vertreiben. Anders kann es hingegen sein, wenn sich Weisungsrechte nicht nur auf die Außendarstellung und sonstige wirtschaftliche Zielvorgaben beschränken, sondern darüber hinaus die interne - arbeitstechnische - Betriebstätigkeit derart weitgehend regeln, daß nicht mehr von einem für die Selbständigkeit eines Betriebes typischen Entscheidungsspielraum gesprochen werden kann. Das ist etwa dann der Fall, wenn die einzelnen betrieblichen Arbeitsabläufe, insbesondere Arbeitsorganisation, Personaleinsatz und Personalverwaltung, Einstellung und Entlassung von Mitarbeitern, Dispositionen über Lagerhaltung und Reparaturannahme, Auftragsbestätigung und Auslieferung der verkauften Produkte, nicht in eigener Verantwortung der Niederlassungsleitung durchgeführt werden.
Geht man von diesen Grundsätzen aus, durfte das Landessozialgericht (LSG) bei der gebotenen Gesamtbewertung aller Umstände des Einzelfalls nicht entscheidend auf das Fehlen eines eigenständigen arbeitstechnischen Zweckes der Niederlassung gegenüber der Zentrale, die selbst in bestimmtem Rahmen (zB bei bundesweit tätigen Firmen) Eigenprodukte verkauft, abstellen, zumal dieser Zweck bei den Niederlassungen durch die Erstreckung auf Kundendienst, Reparatur und Gebrauchtwagenhandel ein gegenüber dem zentralen Verkauf nicht unbedeutendes Eigengewicht erlangt. Insoweit folgt der erkennende Senat der Beigeladenen zu 1), daß es sich bei Kundendienst, Reparatur sowie An- und Verkauf von Gebrauchtwagen schon wegen des nicht unerheblichen Umfangs der persönlichen und sachlichen Arbeitsmittel der Niederlassung nicht nur um einen den Verkauf unterstützenden, untergeordneten Betriebszweck handelt, sondern um einen mindestens gleichwertigen Teil-Betriebszweck, ohne den der Kfz-Handel im allgemeinen nicht ausgeübt werden kann. Das Landessozialgericht (LSG) durfte ferner auch nicht entscheidend darauf abstellen, daß die im wesentlichen einheitlich strukturierten Niederlassungen innerhalb des von der Zentrale organisierten Vertriebssystems jeweils nur eine räumliche begrenzte Teilfunktion wahrnehmen. Denn abgesehen davon, daß die Verkaufs- bzw Kundendiensttätigkeit in einem bestimmten Bereich schon als ausreichender Eigenzweck angesehen werden könnte, ist die Aufteilung eines Vertriebsgebietes in regional begrenzte Vertriebsbereiche wesentlich als Teil der unternehmerischen Entscheidung anzusehen, ein flächendeckendes Vertriebsnetz zu organisieren, das bestimmter räumlicher Abgrenzung bedarf. Das gleiche gilt auch insoweit, als sich die Zentrale im Rahmen der einheitlich vorgegebenen Organisationsstruktur das Recht vorbehalten hat, das Personal der Leitungsebene einschließlich der Verkäufer (ca. 13 % der Mitarbeiter der Niederlassung) selbst einzustellen und zu verwalten, und als insbesondere das leitende Personal aufgrund von Rahmenrichtlinien und Weisungen gehalten ist, die Niederlassung hinsichtlich der Außendarstellung des Vertriebes nach einem einheitlichen Konzept zu führen (zB hinsichtlich der Gewährleistung eines einheitlichen Unternehmensstandards wie Einhaltung eines äußeren Firmenbildes in Ausstattung und Einrichtung, einheitliche Werbe- und Marketinggestaltung, einheitliche Gestaltung eines Bereitschafts- und Nachtdienstes, gebundene Preisgestaltung und zentrale Schulung von Mitarbeitern).
Zutreffend ist das Landessozialgericht (LSG) hingegen davon ausgegangen, daß weitergehende Regelungen und Weisungen, die den Inhalt der betrieblichen Arbeit betreffen, insbesondere die Planung und Durchführung der einzelnen Arbeitsabläufe steuern, nicht mehr als Ausfluß des Direktionsrechts des Unternehmens, sondern als zentrale Steuerungsmittel anzusehen sind, die die arbeitstechnischen Entscheidungsbefugnisse der Niederlassung einengen. Als solches Steuerungsmittel hat es vornehmlich das "Organisationshandbuch NL" angesehen und festgestellt, daß durch die darin enthaltenen Arbeitsanweisungen und sonstigen verbindlichen Regelungen die Arbeitsabläufe in allen Bereichen so detailliert und weitgehend festgelegt würden, daß der Niederlassungsleitung nur noch in geringem Umfang Entscheidungsfreiräume verblieben. Das gelte um so mehr, als sich die Zentrale die Möglichkeit offengehalten habe, jederzeit durch Regelungen in die alltäglichen Geschäftsabläufe einzugreifen und von dieser Möglichkeit ersichtlich auch Gebrauch mache.
Gegen diese Feststellungen des Landessozialgericht (LSG) sind zulässige und begründete Revisionsrügen vorgebracht worden (§§ 163, 164 Abs 2 Satz 3 SGG). Das Landessozialgericht (LSG) hat gegen § 128 Abs 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zwar nicht bereits deshalb verstoßen, weil es - wie die Beigeladene zu 1) meint - unter Verletzung der Denkgesetze angenommen hätte, daß ein Betrieb aus der Ferne nicht geführt bzw geleitet werden könne. An der Selbständigkeit der Leitung einer von der Zentrale örtlich getrennten Niederlassung kann es sehr wohl aus dem Grunde fehlen, daß wesentliche Vorgänge des (inneren) Betriebsablaufs durch detaillierte Arbeitsanweisungen und sonstige "geschäftsordnende" Regelungen verbindlich festgelegt sind. Derartige Leitungsmaßnahmen sind nach dem Stand der modernen Kommunikationstechniken durchaus auch aus der Ferne möglich. Hingegen bedeutet es einen Verstoß gegen § 128 Abs 1 Satz 1 SGG, wenn das Landessozialgericht (LSG) - wie hier - aus der Weigerung des Beigeladenen zu 2), dem Gericht das "Organisationshandbuch NL" vorzulegen, nachteilige Schlußfolgerungen gezogen hat, ohne vorher darauf hinzuweisen, daß es dies zu tun beabsichtige. Eine entsprechende Hinweis- und Belehrungspflicht folgt zwar nicht aus § 66 Abs 3 SGB I, der eine entsprechende Regelung enthält (BSG SozR 1500 § 103 Nr 23 mwN). Im Gerichtsverfahren ist die Verletzung der Mitwirkungspflicht bei der Sachaufklärung, die sich aus § 103 Abs 1 Halbs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergibt, nicht für die Versagung oder Entziehung einer Sozialleistung, sondern allein für die Beweiswürdigung bedeutsam; sie kann zur Folge haben, daß das Gericht aus der unbegründeten Mitwirkung negative Schlußfolgerungen zieht (§ 128 Abs 1 Satz 1 SGG). Auch im Prozeß wird deshalb - ungeachtet des § 66 Abs 3 SGB I - regelmäßig als Voraussetzung einer solchen Folgerung verlangt, daß das Gericht zuvor die Beteiligten hinreichend über ihre Mitwirkungspflicht und über die Folgen einer unbegründeten Weigerung belehrt hat (BSG SozR Nr 55 zu § 103 SGG; Meyer-Ladewig, Sozialgerichtsgesetz (SGG) - Komm, 3. Aufl, § 103 RdNr 17). Daß dies geschehen ist, ist dem angefochtenen Urteil nicht zu entnehmen. Das Landessozialgericht (LSG) hat zwar die getroffenen Feststellungen auch auf ihm vorliegende Teilauszüge aus dem "Organisationshandbuch NL" sowie einige sonstige Unterlagen gestützt (Rundschreiben Nr 50/74, Arbeitsanweisungen für das Gebrauchtfahrzeug-Eigengeschäft und Rundschreiben Nr 38/83), jedoch ausgeführt, daß es sich über den Inhalt des Organisationshandbuchs ein eigenes abschließendes Bild nicht habe verschaffen können, weil ihm von der Beigeladenen zu 2) die weitere Offenlegung unter Hinweis auf die vertriebspolitische Brisanz einzelner Fragen, und damit grundlos, verweigert worden sei. Bevor das Landessozialgericht (LSG) aus dieser Weigerung folgern durfte, daß die Arbeitsabläufe in allen Bereichen durch Arbeitsanweisungen und sonstige verbindliche Regelungen des Organisationshandbuchs detailliert und weitgehend festgelegt seien, hätte es die Beigeladene zu 2) hinreichend über die Folgen eines solchen Verhaltens (schriftlich) belehren müssen. Zu einer solchen Belehrung bestand um so mehr Anlaß, als das Landessozialgericht (LSG) selbst davon ausgegangen ist, daß sich der Inhalt des Organisationshandbuchs durch die Befragung der angebotenen Zeugen oder sonstige Beweismittel (zB Augenscheinseinnahme) kaum ermitteln lassen werde.
Schon im Hinblick hierauf erweist sich eine Zurückverweisung des Rechtsstreits an das Landessozialgericht (LSG) für erforderlich. Das Landessozialgericht (LSG) wird bei der erneuten Verhandlung und Entscheidung die rechtlichen Ausführungen zum Betriebsbegriff zu beachten und - unter Hintanstellung des Direktionsrechts des Unternehmens bezüglich der Außendarstellung der zu vertreibenden Produkte bzw der Wahrung eines einheitlichen Unternehmens-Standards, der Konzentration bestimmter Aufgaben der Betriebsführung bei der Zentrale (zB Anlage-Buchhaltung), des fehlenden eigenständigen Betriebszwecks der Niederlassung und ihres regional begrenzten Zuständigkeitsbereichs - stärker zu gewichten haben, welche Befugnisse der Niederlassungsleitung hinsichtlich der arbeitstechnischen Betriebsführung im übrigen, dh der Gestaltung des täglichen Betriebsablaufs in allen Bereichen, zustehen, und inwieweit sie etwa durch das "Organisationshandbuch NL" wesentlich eingeschränkt sind. Hierzu wird das Landessozialgericht (LSG) erneut die Vorlage des Organisationshandbuchs verlangen und die Beigeladene zu 2) darüber belehren müssen, daß es bei erneuter unbegründeter Weigerung der Vorlage dieses Buches nachteilige Schlußfolgerungen hinsichtlich seines Inhalts ziehen wird. Dabei ist angesichts der Widersprüchlichkeit der Zeugenaussagen, die teilweise angegeben haben, das Handbuch nicht zu kennen oder nicht zu beachten, teilweise aber auch dessen strikte Verbindlichkeit bejaht haben, auch daran zu denken, das für den Funktionsbereich "Vertrieb" bzw die Fachabteilung "Vertriebsorganisation Inland" zuständige Vorstandsmitglied der Beigeladenen zu 2) zu Inhalt und Bedeutung des Organisationshandbuchs zu hören.
Fundstellen