Verfahrensgang

LSG Berlin (Urteil vom 25.03.1992; Aktenzeichen L 6 An 39/91)

 

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin vom 25. März 1992 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

 

Tatbestand

I

Der Kläger begehrt die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise Berufsunfähigkeit (BU). Streitig ist insbesondere, ob sein „bisheriger Beruf” der des Triebfahrzeugführers ist und ob er ggf auf Grund dieser Tätigkeit als Facharbeiter angesehen werden muß.

Der 1940 geborene Kläger arbeitete ohne Ausbildung als Bootsmann, Schaffner und Kraftfahrer, bis er im April 1972 bei der Deutschen Reichsbahn (S-Bahn-Betriebswerk W. …) als Wagenreiniger eingestellt wurde. Nachdem er im November 1972 die erforderliche reichsbahninterne Prüfung abgelegt hatte, wurde er als Triebfahrzeugführer bei der S-Bahn eingesetzt. Für diese Tätigkeit war nach Auskunft der Deutschen Reichsbahn zwar ein Facharbeiterabschluß erforderlich. Es seien jedoch auf Grund der damaligen Personalsituation auch Beschäftigte wie der Kläger ohne diese Qualifikation in reichsbahneigenen Lehrgängen von etwa 6 Monaten Dauer zu Triebfahrzeugführern ausgebildet worden. Triebfahrzeugführer bei der S-Bahn seien in die Gehaltsgruppe 6, die eine Facharbeiterqualifikation voraussetze, eingeordnet gewesen; da der Kläger diese Qualifikation nicht gehabt habe, sei er in die niedrigere Gruppe 5 eingestuft worden.

Nachdem sich der Kläger im Oktober 1978 bei einem privaten Unfall eine Verletzung der rechten Hand zugezogen hatte, wurde ihm ein „zweiter Mann” zum Führen der S-Bahn zur Verfügung gestellt. Er kündigte sein Arbeitsverhältnis zum 30. April 1979 und nahm am 1. Mai 1979 eine Beschäftigung bei der Hochschule der Künste in Berlin auf, wo er zunächst als Bote, dann ab November 1982 als Pförtner tätig war. Im Zeugnis der Deutschen Reichsbahn vom 27. April 1979 heißt es, infolge eines persönlichen Unfalls habe dem Kläger die Fortsetzung seiner Arbeit als Triebfahrzeugführer Schwierigkeiten bereitet; er habe für sie „völlig überraschend” gekündigt.

Den im Januar 1986 gestellten Rentenantrag des Klägers lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 5. April 1989 ab. Widerspruch, Klage und Berufung blieben erfolglos (Widerspruchsbescheid vom 30. Juni 1989, Urteil des Sozialgerichts Berlin ≪SG≫ vom 1. August 1990, Urteil des Landessozialgerichts Berlin ≪LSG≫ vom 25. März 1992). Das LSG hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt,

als „bisheriger Beruf” des Klägers sei die von ihm zuletzt von Mai 1979 bis zum Eintritt der Arbeitsunfähigkeit im Juli 1988 versicherungspflichtig ausgeübte Beschäftigung als Pförtner anzusehen. Die Tätigkeit des Triebfahrzeugführers sei nicht als „bisheriger Beruf” anzusehen, weil sich der Kläger entgegen seinem Vorbringen von diesem Beruf nicht aus gesundheitlichen Gründen, sondern freiwillig gelöst habe. Auch wenn er wegen seiner Handverletzung vorübergehend einen Schonarbeitsplatz innegehabt habe, ließen sich gesundheitliche Gründe für die Beendigung dieses Arbeitsverhältnisses nicht objektivieren. Gegen ein Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen sprächen das Zeugnis der Deutschen Reichsbahn und das Ergebnis der Wiederholungsuntersuchung; die Kündigung des Klägers sei zu dem gewählten Termin erfolgt, weil er sich bereits zum 1. Mai 1979 eine andere Arbeitsstelle gesucht gehabt habe. Der Beruf des Pförtners könne ihm zwar aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr zugemutet werden, jedoch sei er nicht berufsunfähig, weil er zumutbar auf eine Tätigkeit des allgemeinen Arbeitsfeldes verwiesen werden könne. Es handele sich um eine einfache Anlerntätigkeit, für die der Kläger in drei Monaten angelernt worden sei; besondere Vorkenntnisse seien nicht erforderlich gewesen.

Mit der vom erkennenden Senat zugelassenen Revision macht der Kläger eine Verletzung des § 1246 Abs 2 der Reichsversicherungsordnung (RVO) und des § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) geltend. Als Hauptberuf sei nicht die zuletzt ausgeübte Beschäftigung als Pförtner, sondern die höherwertigere Tätigkeit als Triebfahrzeugführer, die er allein aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben habe, heranzuziehen; insoweit sei das LSG unter Verletzung seiner Verpflichtung zur Sachverhaltsaufklärung von Amts wegen in medizinischer und berufskundlicher Hinsicht von einem unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Die Tätigkeit des Triebfahrzeugführers sei als Facharbeitertätigkeit, mindestens aber als Anlerntätigkeit im gehobenen Bereich einzustufen. Das LSG hätte im übrigen nach vollständiger Ermittlung seines gesundheitlichen Leistungsvermögens durch Einholung weiterer medizinischer Fachgutachten eine konkrete Verweisungstätigkeit benennen müssen.

Der Kläger beantragt,

die Urteile des LSG Berlin vom 25. März 1992 sowie des SG Berlin vom 1. August 1990 und den Bescheid der Beklagten vom 5. Mai 1989 idF des Widerspruchsbescheides vom 30. Juni 1989 aufzuheben und ihm Rente wegen EU,

hilfsweise wegen BU, vom frühestmöglichen Zeitpunkt an zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus: Bei der Beurteilung der Frage, ob der Kläger sich von seinem Beruf als Triebfahrzeugführer freiwillig gelöst habe, dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, daß er sich ohne jegliche Zwangslage einer ungelernten Tätigkeit zugewandt habe. Im übrigen sei die Tätigkeit des Triebfahrzeugführers nicht als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren, weil der Kläger hierfür keine Ausbildung von mehr als zwei Jahren durchlaufen habe und nach dem einschlägigen Tarifvertrag aus der ehemaligen DDR, der im Rahmen der Gleichbehandlung aller deutschen Versicherten anzuwenden sei, auch nicht wie ein Facharbeiter eingestuft und entlohnt worden sei. Der Vorwurf einer unzureichenden medizinischen Sachaufklärung sei nach einer Stellungnahme ihrer Ärztlichen Abteilung nicht begründet.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision ist zulässig. Insbesondere ist auch der Hauptantrag auf Verurteilung der Beklagten zur Gewährung einer EU-Rente formgerecht begründet worden (§ 164 Abs 2 SGG). Zwar trägt der Kläger nicht ausdrücklich unter Auseinandersetzung mit den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils vor, daß die Voraussetzungen des § 1247 Abs 2 RVO gegeben sind. Die gerügten Verfahrensmängel (Verstoß gegen §§ 103, 106 SGG) beziehen sich aber (auch) auf die Feststellung seines Leistungsvermögens insgesamt, nicht nur auf die behauptete Unfähigkeit, zum Zeitpunkt der Aufgabe dieser Beschäftigung als Triebfahrzeugführer zu arbeiten. Durch den Vortrag, dieses sei stärker eingeschränkt als vom LSG angenommen, und den Antrag, ihm Rente wegen EU „zuzubilligen”, bringt er zum Ausdruck, bei ihm seien auch die Voraussetzungen für diese Leistung gegeben.

Die Revision ist auch begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Dessen Feststellungen reichen für die Beurteilung, ob es die Berufung des Klägers zu Recht zurückgewiesen hat, nicht aus. Es sind ergänzende Feststellungen zum gesundheitlichen Leistungsvermögen des Klägers, seinem bisherigen Beruf, dessen Wertigkeit und einer zumutbaren Verweisungstätigkeit erforderlich.

Der Anspruch des Klägers auf Versichertenrente wegen EU oder BU richtet sich noch nach §§ 1246, 1247 RVO, denn der Rentenantrag ist bereits im Januar 1986 – also bis zum 31. März 1992 – gestellt worden und bezieht sich auch auf die Zeit vor dem 1. Januar 1992 (§ 300 Abs 2 des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung – ≪SGB VI≫; vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 3-2200 § 1246 Nr 29). Dies gilt auch für einen möglichen Anspruch auf vorgezogenes Übergangsgeld gem § 1241d Abs 1 RVO für den Zeitraum vom 1. Dezember 1988 bis 29. August 1989.

Erwerbsunfähig ist gem § 1247 Abs 2 Satz 1 RVO der Versicherte, der infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder von Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf nicht absehbare Zeit eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit nicht mehr ausüben oder nicht mehr als nur geringfügige Einkünfte durch Erwerbstätigkeit erzielen kann. Die Feststellungen des LSG reichen zur Beurteilung, ob diese Voraussetzungen bei dem Kläger vorliegen, nicht aus. Es hat zwar ausgeführt, das Leistungsvermögen des Klägers begründe bereits keine BU und damit auch nicht EU, weil diese ein noch stärker gemindertes Leistungsvermögen voraussetze. Die diesen Erwägungen zugrundeliegenden tatsächlichen Feststellungen sind für den Senat jedoch nicht bindend, weil sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen sind (§ 163 SGG). Die auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht gem § 103 SGG gestützte Verfahrensrüge des Klägers (§ 164 Abs 2 SGG; vgl BSG SozR Nrn 33, 39, 43 zu § 103 SGG) ist zulässig und begründet. Das LSG hätte sich auch bei seiner Rechtsauffassung zu weiteren medizinischen Ermittlungen gedrängt fühlen müssen, die nunmehr bei der erneuten Behandlung der Sache nachzuholen sind.

Der Kläger hat im Berufungsverfahren beantragt, zur weiteren Sachaufklärung ein orthopädisches, ein lungenfachärztliches und ein neurologisch-psychiatrisches Gutachten einzuholen. Zur Begründung dieses Antrages hat er vorgetragen, der im erstinstanzlichen Verfahren gehörte Sachverständige, ein Arzt für Allgemeinmedizin, innere Medizin und Gastroenterologie – im Berufungsverfahren wurde kein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt –, habe seine Leiden auf den genannten Fachgebieten nicht ausreichend gewürdigt. Dabei hat er sich ua auf ein vom Arbeitsamt II Berlin (West) eingeholtes ärztliches Gutachten vom 6. Februar 1990 bezogen, in dem als Gesundheitsstörungen ua eine „hochgradige vegetative Übererregbarkeit”, „Bauchdeckenschwäche nach Operation”, „Seitenbandschwäche beider Knie” und „Lungenblähung mit Raucherbronchitis” genannt und hinsichtlich ihrer arbeitsmedizinischen Bedeutung und funktionellen Auswirkung erörtert werden. Dieses Gutachten lag dem gerichtlichen Sachverständigen nicht vor, konnte von ihm also bei der Erstellung seines Gutachtens nicht berücksichtigt werden; die genannten Gesundheitsstörungen werden dort weder im „klinischen Befund” noch unter den „Diagnosen” oder im Rahmen der Beantwortung der weiteren vom SG gestellten Fragen genannt und erörtert. Deshalb hätte sich bereits das SG, jedenfalls dann aber das LSG gedrängt fühlen müssen, zu klären, worauf diese unterschiedlichen diagnostischen Feststellungen beruhten. Hierzu bestand insbesondere auch deshalb Veranlassung, weil es sich bei dem von der Arbeitsverwaltung eingeholten Gutachten nicht um ein bloßes „Privatgutachten”, sondern um ein von einem Sozialleistungsträger im Rahmen seiner Aufgaben erstelltes medizinisches Sachverständigengutachten (vgl §§ 20, 21 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches – Verwaltungsverfahren – ≪SGB X≫) handelte, das im sozialgerichtlichen Verfahren im Wege des Urkundenbeweises (§ 118 SGG iVm §§ 415 ff ZPO) verwertet werden und – mit der gebotenen Zurückhaltung – sogar Entscheidungsgrundlage sein kann (vgl BSG SozR 1500 § 103 Nr 24; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl 1993, § 118 RdNr 12).

Das Berufungsgericht hätte hier im Rahmen seines Ermessens zumindest eine ergänzende Stellungnahme des erstinstanzlich gehörten Sachverständigen einholen, diesen erneut nach der Notwendigkeit weiterer medizinischer Sachaufklärung auf anderen Fachgebieten fragen und diese dann ggf durchführen müssen. Jedenfalls durfte es sich hinsichtlich der im Gutachten der Arbeitsverwaltung genannten „hochgradigen vegetativen Übererregbarkeit” nicht auf die Feststellung beschränken, der gerichtliche Sachverständige habe eine solche bei der (zwei Wochen später durchgeführten) Untersuchung nicht mehr festgestellt; dieser kannte das Gutachten der Arbeitsverwaltung nicht und hat hinsichtlich der betreffenden Gesundheitsstörung keine Ausführungen gemacht (vgl zum Schweigen von Ärzten zu nicht ihr Fachgebiet betreffenden Krankheiten BSG, Urteil vom 15. November 1989 – 5 RJ 33/89 –). Außerdem wurden in Richtung einer solchen Erkrankung weisende Befunde bereits in früheren ärztlichen Zeugnissen erwähnt, zB im Entlassungsbericht der Kurklinik R. … W. … vom 13. Oktober 1989 „Psyche: … wirkt nervös”) und im vertrauensärztlichen Gutachten vom 22. Mai 1989 „psychovegetatives Syndrom”). Ermittlungen hinsichtlich einer Lungenerkrankung durften nicht wegen eines fehlenden Anhalts für eine chronisch-obstruktive Lungenerkrankung abgelehnt werden. Zunächst einmal hat der gerichtliche Sachverständige in seinem Gutachten vom 25. März 1990 bei der Beantwortung der Frage 1a.) eine entsprechende Diagnose gestellt; es ist nicht zu erkennen, aus welchen Erwägungen das LSG ihm nicht folgt, sondern dem Fehlen entsprechender Angaben in den Befundberichten der behandelnden praktischen Ärztin und den vertrauensärztlichen Gutachten insoweit den Vorrang einräumt. Zum anderen ist ohne medizinische Sachkenntnis, die das LSG für sich nicht dargetan hat (vgl dazu BSG SozR Nrn 33, 41 zu § 103 SGG), nicht zu erkennen, ob die im Gutachten der Arbeitsverwaltung genannte „Lungenblähung mit Raucherbronchitis” eine obstruktive Atemwegserkrankung darstellt oder mit einer solchen – möglicherweise vorliegenden, aber nicht aufgeführten – Erkrankung in einem Zusammenhang steht. Eine vom LSG auf Grund der Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen für möglich gehaltene Besserung durch Nikotineinschränkung schließlich läßt nicht die Verpflichtung zur Ermittlung des gegenwärtigen Krankheitsbildes und der dadurch bedingten Leistungseinschränkung entfallen, denn die Behandlungsfähigkeit einer Gesundheitsstörung steht der Annahme von EU oder BU nicht entgegen (vgl KassKomm-Niesel, § 1246 RVO RdNr 39). Hinsichtlich der Erkrankungen auf orthopädischem Fachgebiet durfte das LSG weitere medizinische Ermittlungen nicht allein im Hinblick auf die Befundberichte der behandelnden Ärzte und die Ansicht des gerichtlichen Sachverständigen dazu, weitere Gutachten auf diesem Fachgebiet seien nicht erforderlich, ablehnen. Auch insoweit waren diesem Arzt die jedenfalls nicht von vornherein ohne medizinischen Sachverstand als unerheblich zu erkennenden Befunde im Gutachten der Arbeitsverwaltung, die von den von ihm selbst erhobenen erheblich abweichen, nicht bekannt, so daß er sie bei der Beantwortung dieser Frage nicht berücksichtigen konnte.

Auf dieser Verletzung der Amtsermittlungspflicht kann die angefochtene Entscheidung des LSG auch beruhen. Zwar geht auch das Gutachten der Arbeitsverwaltung von einem noch vollschichtigen Leistungsvermögen des Klägers aus, jedoch berücksichtigt es seinerseits schwerwiegende Gesundheitsstörungen, die der gerichtliche Sachverständige als leistungsmindernd aufgeführt hatte, nicht (ua Arteriosklerose, coronare Herzkrankheit, Bluthochdruck, rheumatoide Arthritis, Anaemie, Steatosis hepatis). Es läßt sich daher nicht ausschließen, daß sich bei der gebotenen weiteren Sachaufklärung zusätzlich zu den vom LSG auf Grund des vorliegenden gerichtlichen Sachverständigengutachtens bereits festgestellten Einschränkungen der Erwerbsfähigkeit weitere ergeben hätten, so daß EU (zB auch wegen einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen, vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 117, 136) hätte angenommen werden müssen.

Falls das LSG auf Grund des Ergebnisses der danach anzustellenden medizinischen Ermittlungen zu dem Ergebnis kommt, daß EU nicht vorliegt, dem Hauptantrag des Klägers also nicht stattzugeben ist, hat es zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Gewährung der mit dem Hilfsantrag begehrten BU-Rente vorliegen.

Berufsunfähig ist nach § 1246 Abs 2 RVO ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit eines Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes und der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Für den Anspruch auf vorgezogenes Übergangsgeld nach § 1241d Abs 1 RVO gelten hinsichtlich der Verweisbarkeit auf zumutbare Tätigkeiten dieselben Voraussetzungen (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 84).

Ausgangspunkt für die Prüfung der BU ist nach der ständigen Rechtsprechung des BSG der „bisherige Beruf”, den der Versicherte ausgeübt hat (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 107, 169). In der Regel ist dies die letzte versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit, von der auch bei nur kurzfristiger Ausübung auszugehen ist, wenn sie zugleich die qualitativ höchste im Berufsleben des Versicherten gewesen ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 130, 164). Eine Lösung von der bisherigen Berufstätigkeit ist grundsätzlich rechtlich unerheblich und führt nicht zum Verlust des Berufsschutzes, wenn der Versicherte diese Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr ausüben kann, weil dann gerade solche Gründe zur Lösung geführt haben, für die die gesetzliche Rentenversicherung einzustehen hat (vgl BSGE 2, 182, 187; BSG SozR Nr 33 zu § 1246 RVO; SozR 2200 § 1246 Nr 158).

Die Tätigkeit des Klägers als Triebfahrzeugführer kommt als „bisheriger Beruf” in Betracht, obwohl es sich dabei nicht um eine nach den damaligen Vorschriften der Bundesrepublik Deutschland versicherungspflichtige Beschäftigung handelte und für den Kläger insoweit auch keine Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung entrichtet worden sind. „Bisheriger Beruf” kann auch ein Beruf sein, den der Versicherte (ausschließlich) außerhalb des jeweiligen Geltungsbereichs der RVO ausgeübt hat, wenn die ausländischen Versicherungszeiten im Inland nicht nur hinsichtlich der Erfüllung der Wartezeit, sondern auch für die Frage von Bedeutung sind, von welcher Berufstätigkeit bei der Beurteilung des inländischen Versicherungsfalles auszugehen ist (vgl zum EWG-Recht BSG SozR 2200 § 1246 Nr 159 mwN). Dies muß auch für eine Beschäftigung gelten, die nach dem Fremdrentengesetz (FRG) als Beitragszeit anzurechnen ist. Der in § 15 FRG zum Ausdruck gekommene Eingliederungsgrundsatz erfordert es, neben der außerhalb des Geltungsbereichs der RVO zurückgelegten Versicherungszeit auch die dort ausgeübte Tätigkeit so zu berücksichtigen, als wäre sie im Geltungsbereich der RVO zurückgelegt; die nach dem FRG Berechtigten sollen rentenrechtlich so gestellt werden, als wären sie im Inland beschäftigt gewesen und hätten hier ihr Arbeits- und Versicherungsleben zurückgelegt (vgl BSG -GS- SozR 5050 § 15 Nrn 13, 32, 35). Dieser Grundgedanke erfordert es, die Regelung des § 15 FRG nicht ausschließlich auf die Gleichstellung von Beitragszeiten für die Erfüllung der Wartezeit und die Rentenberechnung, sondern auch auf den Berufsschutz in fachlicher Hinsicht zu beziehen (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 9 mwN; SozR 2200 § 1246 Nr 158). Der Kläger war zwar im ehemaligen Berlin (West), also im Geltungsbereich der RVO tätig, jedoch wurde die Beitragszeit bei einem außerhalb des damaligen Geltungsbereichs des FRG befindlichen deutschen Träger der gesetzlichen Rentenversicherung, dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund – FDGB – zurückgelegt; sie ist als Beitragszeit gem § 15 Abs 1 Satz 1 FRG (in der bis zum 30. Juni 1990 geltenden Fassung) bei der Rentenberechnung zu berücksichtigen (vgl BSG SozR 5050 § 22 Nr 9), wovon auch die Beklagte zutreffend ausgegangen ist.

Anhand der vom LSG festgestellten Tatsachen vermag der erkennende Senat jedoch nicht zu beurteilen, ob der „bisherige Beruf” des Klägers als Triebfahrzeugführer aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde. Freiwillig (nicht aus gesundheitlichen Gründen) aufgegeben hätte der Kläger diese Tätigkeit nicht nur dann, wenn er gesundheitlich in der Lage gewesen wäre, sie in der bisherigen Form weiter auszuüben, sondern auch dann, wenn er sie trotz seines eingeschränkten Leistungsvermögens nach seinem Arbeitsvertrag weiterhin auf einem behinderungsgerechten Arbeitsplatz hätte verrichten können oder wenn ihm von seinem damaligen Arbeitgeber eine sozial zumutbare gleichwertige Tätigkeit, die seinem körperlichen und geistigen Leistungsvermögen entsprochen hätte, konkret angeboten worden wäre. Die in dem angefochtenen Urteil getroffenene Feststellung, der Kläger habe sich nicht aus gesundheitlichen Gründen von diesem Beruf gelöst, ist für den Senat nicht bindend, weil sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen ist. Die auf eine Verletzung der Sachaufklärungspflicht gem § 103 SGG gestützte Verfahrensrüge des Klägers, mit der er diese Feststellung angegriffen hat, ist zulässig und begründet. Das LSG hat sich bei der Beurteilung dieser Frage allein auf das Zeugnis der Deutschen Reichsbahn, das Ergebnis der bahnärztlichen Wiederholungsuntersuchung und die Überlegung gestützt, die Kündigung des Klägers sei zu dem gewählten Termin erfolgt, weil er sich bereits zum 1. Mai 1979 eine andere Arbeitsstelle gesucht gehabt habe. Dies reichte jedoch nicht aus; das LSG hätte sich vielmehr angesichts der von dem Kläger dargelegten Gesamtumstände zu weiteren Ermittlungen über die damalige Beeinträchtigung seines körperlichen Leistungsvermögens durch die Handverletzung und ihre Auswirkung auf die Ausübung seines damaligen Berufs als Triebfahrzeugführer gedrängt fühlen müssen. Der Kläger ist zu einem Zeitpunkt bei der Deutschen Reichsbahn ausgeschieden, als er nicht mehr seinen normalen Dienst versah, sondern einen besonders gestalteten Arbeitsplatz innehatte (zweiter Mann im Führerstand). Dem – nicht näher begründeten – Vermerk des Bereichsarztes über das Ergebnis der Wiederholungsuntersuchung vom 8. Februar 1979, ein Arbeitsplatzwechsel sei nicht erforderlich, ist daher nur eine beschränkte Aussagekraft für die gesundheitliche Tauglichkeit als vollwertiger Triebfahrzeugführer beizumessen. Das Zeugnis der Deutschen Reichsbahn vom 27. April 1979 gibt für die Frage der Fähigkeit des Klägers, weiter als Triebfahrzeugführer zu arbeiten und sein Kündigungsmotiv keinen Aufschluß; warum die Kündigung „völlig überraschend” kam, ist ihm nicht zu entnehmen. Der Umstand schließlich, daß der Kläger selbst zu einem Termin kündigte, der ihm den Antritt seiner neuen Arbeitsstelle ermöglichte, spricht weder für noch gegen ein Ausscheiden aus gesundheitlichen Gründen.

Andererseits ist dem Zeugnis der Reichsbahn zu entnehmen, daß dem Kläger die Fortführung seiner Arbeit auf Grund der Unfallfolgen Schwierigkeiten bereitete. Aus den weiteren vom LSG in den Entscheidungsgründen nicht ausdrücklich gewürdigten Auskünften der Deutschen Reichsbahn ergibt sich, daß zu den gesundheitlichen Voraussetzungen für Triebfahrzeugführer ua der „Gebrauch beider Arme/Hände” gehört – nähere Angaben fehlen –, während die Frage nach einer weiteren Beschäftigungsmöglichkeit für den Kläger mit den Verletzungsfolgen an der rechten Hand nicht beantwortet wurde. Die vom LSG beigezogenen Akten des Medizinischen Dienstes des Verkehrswesens der DDR, auf die im angefochtenen Urteil Bezug genommen wird, geben außer dem Vermerk über das Ergebnis der Wiederholungsuntersuchung keinen Hinweis auf die Tauglichkeit des Klägers für die Tätigkeit als Triebfahrzeugführer oder andere Beschäftigungen bei der Reichsbahn. Das vom SG eingeholte Sachverständigengutachten enthält keine Ausführungen über Art und Umfang der gesundheitlichen Beeinträchtigungen des Klägers durch die Handverletzung im Jahre 1979. Dem LSG lagen mithin für die Beurteilung, ob der Kläger im April 1979 aus gesundheitlichen Gründen gezwungen war, seinen Beruf als Triebfahrzeugführer aufzugeben, weder ein genaues Anforderungsprofil dieser Tätigkeit, also eine typisierende Arbeitsplatzbeschreibung über den tatsächlichen Umfang der Anforderungen (insbesondere im Hinblick auf den Gebrauch der rechten Hand) sowie den Arbeitsablauf und typische Belastungssituationen, noch nachvollziehbare medizinische Angaben über die Leistungseinschränkungen des Klägers durch seine Handverletzung im Zeitpunkt der Kündigung seines Arbeitsverhältnisses bei der Reichsbahn vor.

In dem angefochtenen Urteil fehlen auch Feststellungen darüber, ob es sich bei dem „Schonarbeitsplatz” möglicherweise um einen Dauerarbeitsplatz handelte, den der Kläger trotz seiner Unfallverletzung weiter hätte ausüben können, oder ob der „zweite Mann” nur vorübergehend zur Verfügung gestellt wurde. Sollte letzteres der Fall sein, handelt es sich nicht um einen Arbeitsplatz dessen Beibehaltung dem Kläger zuzumuten war.

Diese Ermittlungen müssen bei der erneuten Behandlung der Sache nachgeholt und sodann das damalige Anforderungsprofil dem damaligen körperlichen Leistungsvermögen gegenübergestellt werden.

Falls die Ermittlungen des LSG ergeben, daß sich der Kläger nach den aufgezeigten Grundsätzen nicht freiwillig, sondern aus gesundheitllichen Gründen von dem Beruf des Triebfahrzeugführers gelöst hat, ist weiter festzustellen, ob er diesen Beruf (wieder) ausüben kann; dies erscheint auf Grund inzwischen möglicherweise eingeführter technischer Erleichterungen nicht ausgeschlossen. Kann der Kläger seinen bisherigen Beruf noch vollwertig ausführen, so liegt keine BU vor; anderenfalls ist zu prüfen, ob er eine zumutbare Verweisungstätigkeit ausüben kann.

Die Zumutbarkeit einer Verweisungstätigkeit beurteilt sich nach der Wertigkeit des „bisherigen Berufs”. Zur Erleichterung dieser Beurteilung hat die Rechtsprechung des BSG die Berufe der Versicherten in Gruppen eingeteilt. Diese Berufsgruppen sind ausgehend von der Bedeutung, die Dauer und Umfang der Ausbildung für die Qualität eines Berufs haben, gebildet worden. Dementsprechend werden die Gruppen durch den Leitberuf des Vorarbeiters mit Vorgesetztenfunktion bzw des besonders hoch qualifizierten Facharbeiters, des Facharbeiters (anerkannter Ausbildungsberuf mit einer Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren), des angelernten Arbeiters (sonstiger Ausbildungsberuf mit einer Regelausbildungszeit von bis zu zwei Jahren) und des ungelernten Arbeiters charakterisiert (vgl zB BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 138, 140). Die Einordnung eines bestimmten Berufs in dieses Mehrstufenschema erfolgt aber nicht ausschließlich nach der Dauer der absolvierten förmlichen Berufsausbildung. Ausschlaggebend hierfür ist vielmehr allein die Qualität der verrichteten Arbeit, dh der aus einer Mehrzahl von Faktoren zu ermittelnde Wert der Arbeit für den Betrieb. Es kommt auf das Gesamtbild an, wie es durch die in § 1246 Abs 2 Satz 2 RVO am Ende genannten Merkmale (Dauer und Umfang der Ausbildung sowie des bisherigen Berufs, besondere Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit) umschrieben wird (vgl zB Senatsurteile vom 8. Oktober 1992 – 13 RJ 41/91 – und vom 17. Juni 1993 – 13 RJ 33/92 –).

In dieses Schema kann der Beruf des Triebfahrzeugführers nicht unmittelbar eingestuft werden. Der Gruppe mit dem Leitberuf des Facharbeiters ist zunächst zuzuordnen, wer einen anerkannten Ausbildungsberuf iS des § 25 des Berufsbildungsgesetzes (BBiG) mit mehr als zweijähriger Ausbildung erlernt und bisher ausgeübt hat (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 107, 140; SozR 3-2200 § 1246 Nr 12). Der Beruf des Triebfahrzeugführers ist aber nicht staatlich als Ausbildungsberuf anerkannt, und die von dem Kläger tatsächlich absolvierte Ausbildung dauerte auch nur sechs Monate, reicht also zur Begründung einer Facharbeiterqualifikation nicht aus. Demnach kann der Kläger diese Qualifikation auch nicht dadurch erworben haben, daß er, ohne die erforderliche Ausbildung durchlaufen zu haben, einen anerkannten Ausbildungsberuf wettbewerbsfähig ausgeübt hat und entsprechend entlohnt worden ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 53, 168).

Die Wertigkeit des „bisherigen Berufs” des Klägers könnte sich aber aus den einschlägigen tarifvertraglichen Regelungen und der Einstufung durch den letzten Arbeitgeber ergeben. Soweit nämlich die Tarifvertragsparteien eine bestimmte Berufsart im Tarifvertrag aufführen und einer Tarifgruppe zuordnen, kann in der Regel davon ausgegangen werden, daß die Einstufung der einzelnen in einer Tarifgruppe genannten Tätigkeiten auf deren Qualität beruht. Die Tarifpartner als die unmittelbar am Arbeitsleben Beteiligten nehmen relativ zuverlässig eine Bewertung von Berufstätigkeiten vor, die den Anforderungen auch des Mehrstufenschemas und der Qualität des Berufs in Bezug auf die nach § 1246 Abs 2 RVO maßgeblichen Merkmale entspricht (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 46, 111, 116, 122, 123, 164; Senatsurteil vom 17. Juni 1993 – 13 RJ 23/92 –). Demnach läßt die abstrakte tarifvertragliche Einordnung einer bestimmten Berufstätigkeit in eine Tarifgruppe, die hinsichtlich der Qualität der dort genannten Arbeiten durch den Leitberuf etwa des Facharbeiters geprägt ist, in der Regel den Schluß zu, daß diese Tätigkeit als Facharbeitertätigkeit zu qualifizieren ist (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 14), falls für die Einstufung nicht qualitätsfremde Merkmale bestimmend sind (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 101, 123; SozR 3-2200 § 1246 Nr 13).

Die Tätigkeit als „Triebfahrzeugführer S-Bahn” war (bis 1981) in die Gruppen G 5/G 6 (Blatt Nr 7002.0) des „Gehaltsgruppenkatalog für die Beschäftigten der Deutschen Reichsbahn mit Wohnsitz in Berlin (West)” eingestuft. Dabei handelte es sich um eine zwischen dem Freien Deutschen Gewerkschaftsbund – Industriegewerkschaft Transport- und Nachrichtenwesen – und dem Ministerrat der DDR – Ministerium für Verkehrswesen – geschlossene Vereinbarung, die die Merkmale eines nach Qualitätsstufen aufgebauten Tarifvertrages aufweist.

Für Berechtigte, deren qualifizierter Berufsschutz sich aus einer nach dem FRG als Beitragszeit anerkannten Beschäftigung ergibt, kann dieser Tarifvertrag jedoch nicht herangezogen werden. Da sie nach dem Eingliederungsgrundsatz rentenrechtlich so gestellt werden sollen, als wären sie im Inland bzw nach inländischen Vorschriften versicherungspflichtig beschäftigt gewesen und hätten hier bzw danach ihr Arbeits- und Versicherungsleben zurückgelegt, ist vielmehr zu prüfen, welche Wertigkeit ihrem „bisherigen Beruf” nach inländischer Einschätzung zukommt. Hierfür ergeben sich Anhaltspunkte daraus, wie er nach einem vergleichbaren Tarifvertrag zur Zeit der Ausübung der nach dem FRG zu berücksichtigenden Beschäftigung eingestuft gewesen wäre (so offenbar auch BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 9). Als Tarifvertrag bietet sich hier der Lohntarifvertrag für die Arbeiter der Deutschen Bundesbahn an, namentlich die Lohngruppeneinteilung in dessen Anlage 1, Abschnitt C, Unterabschnitt B (Beamtentätigkeiten). Wäre die Tätigkeit des Triebfahrzeugführers, wie sie der Kläger ausgeübt hat, hier etwa als die eines „Triebwagenführers” in Lohngruppe II einzustufen gewesen, wäre er – wie bereits bei Einstufung in die Lohngruppe IV – als Facharbeiter anzusehen (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 164), wenn diese Einstufung der Triebwagenführer nicht aus qualitätsfremden Erwägungen, etwa sozialen Gründen erfolgt ist (vgl dazu Senatsurteile vom 29. Oktober 1991 – 13/5 RJ 19/90 – und vom 25. August 1993 – 13 RJ 25/92 –).

Falls die Feststellungen des LSG ergeben, daß der Kläger in die Gruppe des Mehrstufenschemas mit dem Leitberuf des Facharbeiters einzustufen ist, kann er sozial zumutbar nur auf Tätigkeiten verwiesen werden, die zumindest angelernten Tätigkeiten tarifvertraglich gleichgestellt sind (vgl BSG SozR 3-2200 § 1246 Nr 17). Bei der Suche nach einer Verweisungstätigkeit ist vorrangig zu versuchen, dem bisherigen Beruf verwandte Tätigkeiten aufzufinden (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 16; Senatsurteil vom 25. August 1993 – 13 RJ 59/92 –); erst wenn dies nicht gelingt, kann das weitere Umfeld auf geeignete Tätigkeiten hin untersucht werden. Hierzu hat das LSG bisher – von seinem Standpunkt aus zutreffend – keine Ermittlungen angestellt. Die Benennung einer zumutbaren Verweisungstätigkeit muß hinreichend konkret sein; erforderlich ist die Benennung eines typischen Arbeitsplatzes mit der üblichen Berufsbezeichnung (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 98). Es muß im einzelnen festgestellt werden, welche Anforderungen in gesundheitlicher und fachlicher Hinsicht diese berufliche Tätigkeit stellt und ob der Versicherte diesen Anforderungen nach seinem gesundheitlichen und geistigen Leistungsvermögen sowie seinem beruflichen Können und Wissen gewachsen ist (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nrn 36, 68, 72, 98; Senatsurteil vom 8. Oktober 1992 – 13/5 RJ 24/90 – SozR 3-2200 § 1246 Nr 29). Es ist also eine typisierende Arbeitsplatzbeschreibung über den tatsächlichen Umfang der Anforderungen sowie den Arbeitsablauf und typische Belastungssituationen einzuholen (vgl BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 8 und SozR 3-2200 § 1246 Nr 29; Senatsurteil vom 17. Juni 1993 – 13 RJ 33/92 – mwN). Dies kann durch Gutachten von Sachverständigen der Deutschen Bundesbahn, aber auch arbeitswissenschaftlicher Institute, die sich mit solchen Gutachten befassen (zB Universität Stuttgart-Hohenheim, Universität Siegen oder Universität/Gesamthochschule Kassel), geschehen.

Aber auch wenn der Kläger „nur” der Gruppe mit dem Leitberuf des Angelernten im oberen Bereich zuzuordnen ist, hätte dies auf die Ermittlung und Benennung einer Verweisungstätigkeit Auswirkungen, denen das LSG Rechnung tragen müßte (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 143).

Ergeben die Ermittlungen hingegen, daß sich der Kläger freiwillig von dem Beruf des Triebfahrzeugführers gelöst hat, sein „bisheriger Beruf” mithin der des einfachen Pförtners ist, kann er angesichts der vom LSG festgestellten kurzen Anlernzeit von drei Monaten und der Einstufung in die Vergütungsgruppe IXb des Bundesangestelltentarifs (BAT) als Angehöriger der Berufsgruppe mit dem Leitbild des angelernter Arbeiters (unterer Bereich) nach den insoweit zutreffenden Ausführungen des LSG auf Arbeiten des allgemeinen Arbeitsfeldes verwiesen werden; einer konkreten Benennung von Verweisungstätigkeiten bedarf es dann grundsätzlich nicht (vgl BSG SozR 2200 § 1246 Nr 81, 109; SozR 2200 § 1247 Nr 53).

Die Kostenentscheidung bleibt dem abschließenden Urteil vorbehalten.

 

Fundstellen

Haufe-Index 1173219

Breith. 1994, 670

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