Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 10. Oktober 1996 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Umstritten ist ein Anspruch auf Rechnungslegung.
Die Beklagte ist Rechtsnachfolgerin der früheren AOKen im Gebiet des AOK-Landesverbandes Rheinland. Anläßlich von Einzugsstellenprüfungen im Juli/September und Oktober/November 1994 bei den Regionaldirektionen Bergisch-Gladbach (vormals AOK für den Rheinisch-Bergischen Kreis), Kreis Mettmann (vormals AOK für den Kreis Mettmann) und Düren-Jülich (vormals AOK Düren-Jülich) verweigerte die Beklagte gegenüber der Klägerin die Herausgabe von Unterlagen über Geldanlagen und Zinsgewinne, insbesondere über die Konten der Kontoklasse 3010. Sie lehnte jegliche Auskünfte über Art und Umfang von Geldanlagen aus Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter ab.
Die Klägerin hat Klage erhoben und beantragt,
die Beklagte zu verurteilen,
- Rechnung zu legen, insbesondere durch Vorlage von Buchungsunterlagen des Kontos 3010 – soweit die Unterlagen Zinsen aus Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter betreffen – für die bei den Regionaldirektionen Bergisch-Gladbach (vormals AOK für den Rheinisch-Bergischen Kreis), Kreis Mettmann (vormals AOK für den Kreis Mettmann) und Düren-Jülich (vormals AOK Düren-Jülich) in dem Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 31. Dezember 1995 im Zusammenhang mit dem Einzug von Beiträgen zur Rentenversicherung der Arbeiter entstandenen Zinsen;
- die in dem Zeitraum vom 1. Januar 1990 bis 31. Dezember 1995 bei den im Antrag zu 1. genannten Regionaldirektionen bzw ihren Rechtsvorgängerinnen entstandenen Zinsen in noch zu beziffernder Höhe an die Klägerin herauszugeben.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte durch Teilurteil gemäß dem Antrag zu 1. verurteilt (Urteil vom 26. Februar 1996). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung gegen dieses Urteil zurückgewiesen (Urteil vom 10. Oktober 1996).
Mit der Revision rügt die Beklagte sinngemäß eine Verletzung der §§ 28d ff des Sozialgesetzbuchs – Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV). Diese Vorschriften enthielten keine gesetzliche Verpflichtung der Einzugsstellen zur Auskehrung erwirtschafteter Zinsen und somit auch keine Rechtsgrundlage für den mit der Auskehrungspflicht korrespondierenden Anspruch auf Rechnungslegung.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts vom 10. Oktober 1996 und das Urteil des Sozialgerichts vom 26. Februar 1996 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision der Beklagten zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht die Berufung gegen das der Klage stattgebende Urteil des SG zurückgewiesen.
Die Beklagte ist verpflichtet, der Klägerin in dem vom SG im Urteil ausgesprochenen Umfang Rechnung zu legen. Die Pflicht zur Rechnungslegung folgt aus der Verpflichtung der Beklagten, der Klägerin die Zinsen herauszugeben, die sie zwischen dem 1. Januar 1990 und dem 31. Dezember 1995 bei der Anlage von Beiträgen zur Rentenversicherung der Angestellten in der Zeit zwischen Eingang der Beiträge auf ihren Konten und Weiterleitung an die Klägerin erzielt hat.
Der Anspruch der Klägerin gegen die Beklagte auf Herausgabe der erzielten Zinsen ergibt sich aus dem zwischen den Beteiligten bestehenden Treuhandverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) besteht zwischen der Einzugsstelle und dem Rentenversicherungsträger ein Treuhandverhältnis, bei dem die Einzugsstelle Inhaberin der Beitragsforderung gegenüber den Beitragsschuldnern (Arbeitgebern) ist, die Beitragsforderung jedoch im Innenverhältnis zum Rentenversicherungsträger ein für die Einzugsstelle fremdes Recht bleibt. Das zwischen der Einzugsstelle und dem Rentenversicherungsträger begründete fremdnützige Treuhandverhältnis, das ähnlich einem (entgeltlichen) Geschäftsbesorgungsvertrag iS des § 675 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ausgestaltet ist, hat auch zum Inhalt, daß die Einzugsstelle Zinsen an den Rentenversicherungsträger herauszugeben hat, die sie durch die Anlage von Rentenversicherungsbeiträgen als Termingeld erzielt, bevor sie die Beiträge fristgerecht weiterleitet, wie der Senat für das bis zum 31. Dezember 1988 geltende Recht bereits entschieden hat (BSGE 73, 106, 110 = SozR 3-2200 § 1436 Nr 1).
Die Pflicht der Beklagten zur Herausgabe von Zinsgewinnen, die durch Anlage von Rentenversicherungsbeiträgen vor fristgerechter Weiterleitung erzielt werden, besteht auch nach dem seit dem 1. Januar 1989 geltenden Recht.
Die Beziehungen der Träger der Rentenversicherung zu den Einzugsstellen sind seit dem 1. Januar 1989 in den §§ 28h bis 28r SGB IV geregelt, die die bis dahin geltenden § 121 Abs 3 und 4, §§ 155 bis 159 des Angestelltenversicherungsgesetzes (AVG) idF des Art 1 des Angestelltenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (AnVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I S 88) sowie § 1399 Abs 3 und 4, §§ 1433 bis 1437 der Reichsversicherungsordnung (RVO) idF des Art 1 des Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetzes (ArVNG) vom 23. Februar 1957 (BGBl I S 45) abgelöst haben (Art 1, Art 2 Nr 1, Art 3 Nr 1, Art 19 Abs 1 Satz 1, Satz 2 Nr 4, Abs 2 bis 4 des Gesetzes zur Einordnung der Vorschriften über die Meldepflichten des Arbeitgebers in der Krankenversicherung und Rentenversicherung sowie im Arbeitsförderungsrecht und über den Einzug des Gesamtsozialversicherungsbeitrages in das SGB IV vom 20. Dezember 1988 ≪BGBl I 2330≫). Die Neuregelung hat im Verhältnis zwischen den Einzugsstellen und den Rentenversicherungsträgern in den konkreten Ausprägungen der fremdnützigen Treuhand nicht zu einer rechtserheblichen Änderung geführt. Die gegenseitigen Rechte und Pflichten von Einzugsstelle und Fremdversicherungsträgern sind im wesentlichen unverändert geblieben. Wie nach dem bis 1988 maßgeblichen Recht (§ 121 Abs 3 AVG, § 1399 Abs 3 RVO) entscheidet die Einzugsstelle auch nach dem seit 1989 geltenden Recht (§ 28h Abs 2 SGB IV) über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Kranken- und Rentenversicherung sowie über die Beitragspflicht und Beitragshöhe nach dem Arbeitsförderungsgesetz (AFG), ferner seit 1995 auch über die Versicherungspflicht und die Beitragshöhe in der Pflegeversicherung. Die Einzugsstelle tritt im Außenverhältnis gegenüber den Beitragsschuldnern (den Arbeitgebern nach § 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV) weiterhin als Inhaberin der Beitragsforderung auf (§ 28h Abs 1 Satz 1 SGB IV). Im Innenverhältnis bleibt jedoch der Rentenversicherungsträger Inhaber des Beitragsanspruchs. Darüber hinaus trifft die Einzugsstelle „fremdnützige” Entscheidungen im Zusammenhang mit der Geltendmachung der Beitragsansprüche. Dazu gehört die Entgegennahme der Beiträge ebenso wie die Zahlungsaufforderung an den Arbeitgeber bei nicht rechtzeitiger Beitragszahlung (vgl § 28h Abs 1 SGB IV), die Erhebung von Säumniszuschlägen (§ 24 SGB IV), Einleitung und Durchführung von Vollstreckungsmaßnahmen, in begrenztem Umfang die Stundung, Niederschlagung oder der Erlaß von Beiträgen (§ 76 Abs 3 SGB IV) sowie der Abschluß von Vergleichen über rückständige Beitragsansprüche (§ 76 Abs 4 SGB IV). Verletzt die Einzugsstelle schuldhaft eine der Verpflichtungen, die ihr hinsichtlich des Einzugs der Beiträge obliegen, so ist sie dem Rentenversicherungsträger wie bisher schadensersatzpflichtig und hat bei schuldhaft verzögerter Abführung der Beiträge dem Rentenversicherungsträger Verzugszinsen zu zahlen (früher § 158 Abs 2 AVG, § 1436 Abs 2 RVO; jetzt § 28r Abs 1 und 2 SGB IV). Die Träger der Rentenversicherung waren und sind berechtigt und verpflichtet, die Einziehung und Abführung der Beiträge bei den Einzugsstellen zu überprüfen (früher § 159 AVG, § 1437 RVO; jetzt § 28q Abs 1 bis 4 SGB IV). Für die Erledigung der „Fremdaufgaben” im Zusammenhang mit dem Beitragseinzug sowie der Beitragsüberwachung erhält die Einzugsstelle eine pauschale Vergütung (früher § 156 AVG, § 1434 RVO; bis zum 31. Dezember 1995 § 28l SGB IV idF des Gesetzes vom 20. Dezember 1988 ≪BGBl I S 2330≫, seit 1. Januar 1996 § 28l Abs 1 SGB IV idF des Art 2 Nr 7 des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches SGB und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 ≪BGBl I 1824≫ iVm der RV-Beitragseinzugs-Vergütungsverordnung vom 10. Juli 1985 ≪BGBl I S 1497≫ idF der VO vom 20. Dezember 1995 ≪BGBl I S 2092≫; vgl für die Zeit ab 1. Juli 1996 die Beitragseinzugs- und MeldevergütungsVO vom 18. Oktober 1996 ≪BGBl I S 1525≫).
Danach ist die Beklagte als Einzugsstelle auch nach dem seit dem 1. Januar 1989 geltenden Recht im Rahmen des Beitragseinzugs verpflichtet, ihre Aufgaben nach Treu und Glauben im Interesse des Rentenversicherungsträgers wahrzunehmen. Aufgrund dieses Treuhandverhältnisses ist die Beklagte verpflichtet, die von ihr mit den eingezogenen Rentenversicherungsbeiträgen erzielten Zinsen (Zinsgewinne) an die Klägerin herauszugeben.
Eine Änderung der Rechtslage im Hinblick auf den Anspruch auf Herausgabe der Zinsgewinne ist in den §§ 28h bis 28r SGB IV nicht ausdrücklich angeordnet worden. Das Einfügen des § 28l Abs 2 SGB IV (Art 2 Nr 7 des Gesetzes zur Änderung des Sechsten Buches SGB und anderer Gesetze vom 15. Dezember 1995 ≪BGBl I 1824≫) zeigt, daß der Gesetzgeber von einem Anspruch der Rentenversicherungsträger und der Bundesanstalt für Arbeit (BA) auf Herausgabe der vor Weiterleitung der Beiträge erzielten Zinsen ausgeht und mit den §§ 28h ff SGB IV keine Änderung dieses Rechtszustandes beabsichtigt war. Die Vorschrift sieht vor, daß die Aufteilung der bei der Verwaltung von Fremdbeiträgen erzielten Gewinne durch Vereinbarungen zwischen den Krankenkassen als Einzugsstellen oder deren Verbänden und den Trägern der Rentenversicherung oder dem Verband Deutscher Rentenversicherungsträger sowie der BA geregelt werden soll. Dies setzt voraus, daß ein Anspruch auf Auszahlung dieser Gewinne, dh der erzielten Zinsen, besteht. Unzutreffend ist die Ansicht, erst mit dieser Vorschrift sei ein Anspruch auf Herausgabe der Gewinne begründet worden, oder dieser Anspruch bestehe sogar nur dann, wenn eine solche Vereinbarung abgeschlossen worden sei. Die Vorschrift ermächtigt zum Abschluß von Vereinbarungen über die Aufteilung der Gewinne, und zwar auch zum Abschluß von Vereinbarungen auf Verbandsebene. Letzteres wäre ohne diese gesetzliche Ermächtigung nicht zulässig. Ohne einen bereits bestehenden Anspruch der Fremdversicherungsträger auf die von der Einzugsstelle bei Anlage der Beiträge erzielten Zinsen wäre die Vorschrift nicht verständlich. Die Einzugsstellen hätten insbesondere keinen Anlaß, entsprechende Vereinbarungen abzuschließen, wenn ohne diese Vereinbarungen kein Anspruch bestünde. Da der Anspruch auf Herausgabe der erzielten Zinsen in § 28l Abs 2 SGB IV vorausgesetzt wird, kann er ungeachtet der Geltung dieser Vorschrift erst seit dem 1. Januar 1996 (Art 17 des Gesetzes vom 17. Dezember 1995 ≪BGBl I S 1824≫) auch für die vorhergehende Zeit nicht ausgeschlossen werden.
Die Gesetzeslage vor Geltung des § 28l Abs 2 SGB IV und der dadurch vom Gesetzgeber herbeigeführten Klarstellung bot im übrigen keinen Anlaß, den Herausgabeanspruch auszuschließen. Das ergab sich auch nicht mittelbar aus der zum 1. Januar 1989 eingeführten Pflicht zur arbeitstäglichen Weiterleitung der Beiträge (§ 28k Abs 1 SGB IV). Die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift sagt nur aus, daß der Gesetzgeber mit der Einführung der arbeitstäglichen Weiterleitung eine schnellere Weiterleitung der Fremdbeiträge von den Einzugsstellen zu den Rentenversicherungsträgern beabsichtigte (vgl BT-Drucks 11/2221 S 25f). Der Zeitraum, der zwischen dem Eingang der Beiträge bei der Einzugsstelle und ihrer Weiterleitung liegen darf, war vor Inkrafttreten des § 28k Abs 1 Satz 1 Halbsatz 1 SGB IV nicht einheitlich bestimmt. Nach § 155 AVG (§ 1433 RVO) war die Einzugsstelle verpflichtet, die eingezogenen Rentenversicherungsbeiträge „unverzüglich”, mindestens zweimal in der Woche an die Rentenversicherung der Angestellten (Rentenversicherung der Arbeiter) abzuführen. Zu der Frage, wann eine „unverzügliche” Weiterleitung der eingezogenen Rentenversicherungsbeiträge vorlag, bestanden unterschiedliche Ansichten (vgl Kasseler Komm-Seewald, § 28k SGB IV RdNr 4). Die Beiträge zur BA waren nach § 5 Abs 1 der Verordnung über den Einzug der Beiträge zur BA und über die Höhe der Einzugskostenpauschale (Beitragseinzugsverordnung) vom 27. April 1972 (BGBl I S 754) an zwei von der BA zu bestimmenden Wochentagen an deren Dienststellen abzuführen. In der Praxis leiteten die Einzugsstellen die Beiträge allgemein nur an zwei Tagen in der Woche weiter. Aus der Sicht der Rentenversicherungsträger und der BA sollten die verkürzten Weiterleitungsintervalle in § 28k Abs 1 SGB IV diesen Versicherungsträgern Zinsvorteile durch die raschere Verfügbarkeit der Beiträge ermöglichen. Die bisherige Weiterleitungspraxis hatte zB bei den Rentenversicherungsträgern zu beachtlichen Einnahmeausfällen in Form von Zinsverlusten geführt. Darauf hatten die Rentenversicherungsträger bereits hingewiesen (vgl Grintsch/Neidert, DRV 1989 S 72, 82; siehe auch den Bericht des Bundesrechnungshofes zur Haushalts- und Wirtschaftsführung 1988 unter 65.5 S 139, der von einem Zinsverlust allein für die Träger der Rentenversicherung in Höhe von etwa 11 Mio DM für das Jahr 1986 spricht). Danach ist davon auszugehen, daß mit der Verkürzung der Weiterleitungsintervalle in § 28k Abs 1 SGB IV die Einnahmeausfälle verringert werden sollten, die den Rentenversicherungsträgern durch die bisherige Weiterleitungspraxis in Form von Zinsverlusten entstanden. Dies rechtfertigt jedoch nicht die Annahme, mit der Regelung habe der Gesetzgeber auch die bei ordnungsgemäßer Weiterleitung der Fremdbeiträge von der Einzugsstelle erzielten Zinsgewinne dieser zuordnen wollen. Angesichts des nunmehr in der Regel nur kurzen Zeitraums, in dem die Fremdbeiträge den Einzugsstellen vor ordnungsgemäßer Weiterleitung zur Verfügung stehen, mag der Gesetzgeber davon ausgegangen sein, nennenswerte Zinsen seien bei der Anlage der Fremdbeiträge durch die Einzugsstelle nicht mehr zu erzielen und eine Regelung, wie sie später in § 28l Abs 2 SGB IV getroffen wurde, sei entbehrlich. Die sich aus dem Treuhandverhältnis ergebende Zuordnung von tatsächlich erzielten Zinsgewinnen ist vom Gesetz jedoch nicht beseitigt oder geändert worden.
Die Ansicht, bei den eingezogenen Rentenversicherungsbeiträgen handele es sich bis zur ordnungsgemäßen Weiterleitung um eigenes Geld der Einzugsstelle, dessen Nutzungen sie behalten dürfe, traf für den Rechtszustand bis 1988 nicht zu und ist auch für die Rechtslage seit 1989 unzutreffend. Auch hier ist maßgebend, daß das Treuhandverhältnis, aufgrund dessen die eingezogenen Rentenversicherungsbeiträge wirtschaftlich gesehen Geld des Rentenversicherungsträgers sind (vgl BSGE 73, 106, 111 = SozR 3-2200 § 1436 Nr 1), durch die Neuregelungen inhaltlich nicht verändert worden ist. Die Verfügungen der Krankenkasse über eingezogene Fremdbeiträge vor Weiterleitung an die Rentenversicherungsträger bleiben Verfügungen über fremdes Geld.
Der Hinweis der Beklagten, auch der Arbeitgeber sei nicht verpflichtet, Zinsen an den Arbeitnehmer abzuführen, die er bei Anlage des vom Arbeitsentgelt abgezogenen Arbeitnehmeranteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag vor dessen Abführung an die Einzugsstelle erzielt, kann eine andere Entscheidung nicht begründen. Die Stellung der Einzugsstelle beim Einzug der Fremdversicherungsbeiträge ist mit der Stellung des Arbeitgebers bei der Beitragsabführung und dessen Recht zum Einbehalt des Arbeitnehmeranteils am Gesamtsozialversicherungsbeitrag nicht vergleichbar. Der Arbeitgeber schuldet den ganzen Gesamtsozialversicherungsbeitrag als eigene Schuld (§ 28e Abs 1 Satz 1 SGB IV). Er hat lediglich einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Anteil gegen diesen, den er grundsätzlich nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend machen kann (§ 28g SGB IV). Er behält diesen Betrag nicht als Treuhänder einer vom Arbeitnehmer zu erfüllenden Pflicht ein. Im übrigen würde der hier von der Beklagten bestrittenen Verpflichtung der Einzugsstelle zur Auskehrung des Zinsgewinns an den Rentenversicherungsträger eine Verpflichtung des Arbeitgebers zur Auskehrung eines Zinsgewinns an die Einzugsstelle – und nicht etwa an den Arbeitnehmer – entsprechen. Dafür ist eine Rechtsgrundlage indes nicht ersichtlich.
Soweit von anderer Seite auf die Entscheidung des BSG vom 20. März 1981 (BSGE 51, 247 = SozR 2200 § 1399 Nr 14) hingewiesen wird, sind die Grundsätze, die dieser Entscheidung zugrunde lagen, nicht geeignet, einen Anspruch auf Herausgabe der erzielten Zinsen zu verneinen. Die Einzugsstellen sind danach verpflichtet, über den reinen Beitragseinzug hinaus die Interessen der Fremdversicherungsträger auch bei der Verfolgung von Beitrags- und Schadensersatzansprüchen wegen Verletzung der Beitragsabführungspflicht wahrzunehmen. Die Kosten der Verfolgung dieser Ansprüche sind dabei insgesamt durch die in der RV-Beitragseinzugs-Vergütungsverordnung festgelegte pauschale Vergütung mit abgegolten. Damit ist nicht gesagt worden, diese Verordnung beinhalte eine abschließende Regelung aller möglichen gegenseitigen Ansprüche.
Herauszugeben sind alle von der Einzugsstelle erzielten Zinsen. Unerheblich ist, ob diese aufgrund einer besonderen Vereinbarung für den einzelnen Betrag oder aufgrund einer allgemeinen Vereinbarung über die Verzinsung von Guthaben auf dem Girokonto der Einzugsstelle beruhen. Alle aus den Fremdbeiträgen durch deren Anlage auf Giro- oder Festgeldkonten erzielten Zinsen sind als Nutzungen iS des § 100 BGB aus der Geschäftsbesorgung erlangt und deshalb nach den im Auftragsrecht maßgeblichen Wertungen herauszugeben (vgl für das Auftragsrecht Palandt/Thomas, BGB, 56. Aufl 1997, § 667 RdNr 3; Staudinger-Wittmann, BGB, 13. Bearbeitung 1995, § 667 RdNr 10), soweit nicht eine abweichende Vereinbarung nach § 28l Abs 2 SGB IV getroffen wird.
Der Senat verkennt nicht, daß es im Einzelfall schwierig sein kann, die Höhe der jeweils erzielten Zinsen festzustellen oder Zinsen einem Fremdbeitrag zuzuordnen, wenn zB die eingezogenen Beiträge auf einem bestimmten Konto verbucht sind und die Belastung bei der Weiterleitung der Fremdbeiträge auf einem anderen Konto erfolgt und außerdem auf beiden Konten unterschiedliche Tagesgeldzinssätze gegolten haben. Diese Schwierigkeiten beseitigen jedoch nicht die Pflicht der Einzugsstellen, die mit den Fremdbeiträgen erzielten Zinsen an die jeweils zuständigen Versicherungsträger herauszugeben.
Aus dem zwischen der beklagten Krankenkasse als Einzugsstelle und dem klagenden Rentenversicherungsträger bestehenden, ähnlich einer (entgeltlichen) Geschäftsbesorgung des Zivilrechts ausgestalteten Treuhandverhältnis erwächst für die Beklagte die Pflicht zur Rechnungslegung über die bei ihr mit dem Einzug und der Weiterleitung der Beiträge zur Angestelltenversicherung entstandenen Zinsen in entsprechender Anwendung des § 666 BGB. Sie folgt im übrigen aus dem allgemeinen Rechtsgrundsatz, daß derjenige, der fremde Angelegenheiten oder solche, die zugleich eigene und fremde sind, besorgt, auskunfts- und rechenschaftspflichtig ist (vgl Erman/Ehmann, BGB, 9. Aufl 1993, § 666 BGB, Rz 6 mwN).
Der Anspruch der Klägerin auf Rechnungslegung über die entstandenen Zinsgewinne besteht unabhängig davon, ob sich ein Anspruch der Klägerin auf Herausgabe von Zinsen errechnen und realisieren läßt (vgl BGHZ 109, 260, 266; Palandt/Thomas, BGB, 56. Aufl 1997, § 666 RdNr 4). Es genügt insoweit bereits die Möglichkeit eines solchen Anspruchs und die Tatsache, daß die Rechnungslegung der Klärung dieser Frage dient (Staudinger/ Wittmann, BGB, 13. Bearbeitung 1995, § 666 RdNr 7).
Inhalt und Umfang der Rechnungslegungspflicht der Beklagten ergeben sich in entsprechender Anwendung des § 259 BGB. Als Teil des Anspruchs auf Rechnungslegung kann die Klägerin jedenfalls die Vorlage der Buchungsunterlagen beanspruchen, aus denen sich ihrer Ansicht nach die erzielten Zinsen ergeben. Das Rechtsschutzbedürfnis der Klägerin auf Verurteilung zur Rechnungslegung ist gegeben, weil die Beklagte die begehrte Einsichtnahme in Buchungsunterlagen abgelehnt hat.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 des Sozialgerichtsgesetzes.
Fundstellen