Verfahrensgang
SG Kassel (Urteil vom 24.04.1990) |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 24. April 1990 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat dem Kläger die außergerichtlichen Kosten auch für das Revisionsverfahren zu erstatten.
Tatbestand
I
Der Kläger begehrt Krankengeld für Zeiträume in den Jahren 1984 und 1985.
Der bei der Beklagten versicherte, als Arbeiter beschäftigte Kläger hatte wegen der Folgen eines am 10. Juni 1981 schuldlos erlittenen Verkehrsunfalls (Fraktur des ersten Lendenwirbelkörpers) am 12. Januar 1984 mit der Haftpflichtversicherung seines Schädigers einen Abfindungsvergleich geschlossen, wonach er sich gegen eine Abfindungssumme von 45.000,– DM „wegen aller bisherigen und künftigen Ansprüche aus dem Schadensereignis vom 10. Juni 1981 … für endgültig abgefunden” erklärte.
Wegen einer Wiedererkrankung an den Unfallfolgen war der Kläger vom 13. bis 17. November 1984, vom 4. bis 7. September 1985 und vom 6. November bis 8. Dezember 1985 arbeitsunfähig krank. Nachdem der Arbeitgeber unter Hinweis auf die Regelungen des Lohnfortzahlungsgesetzes (LFZG) und den Abfindungsvergleich die Lohnfortzahlung abgelehnt hatte, beantragte der Kläger bei der Beklagten die Zahlung von Krankengeld für die genannten Zeiträume. Diesen Antrag lehnte die Beklagte mit der Begründung ab, daß das Krankengeld nach § 189 der Reichsversicherungsordnung (RVO aF) ruhe, weil der Kläger aufgrund des Abfindungsvergleichs so zu stellen sei, als habe er Lohnfortzahlung erhalten (Bescheid vom 10. September 1986; Widerspruchsbescheid vom 11. Mai 1987). Auf die hiergegen erhobene Klage wurde die Beklagte verurteilt, dem Kläger für die streitigen Zeiträume Krankengeld zu zahlen; die Berufung wurde zugelassen (Urteil des Sozialgerichts ≪SG≫ Kassel vom 24. April 1990). Zur Begründung ist im wesentlichen ausgeführt, der während der Arbeitsunfähigkeit des Klägers bestehende Anspruch auf Krankengeld habe nicht nach § 189 RVO aF geruht Zwar habe der in dem Abfindungsvergleich enthaltene Verzicht auf künftige Vermögensansprüche gegen den Unfallgegner bzw dessen Haftpflichtversicherung auch einen Verdienstausfall wegen einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit eingeschlossen. Demgemäß habe der Arbeitgeber nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG die Lohnfortzahlung verweigern dürfen. Eine entsprechende Regelung gebe es jedoch im Krankenversicherungsrecht nicht. Zwar werde aus dem Sinn und Zweck des § 189 RVO aF über dessen Wortlaut hinaus ein Ruhen des Krankengeldes auch dann in Betracht gezogen, wenn der Versicherte auf den Lohnfortzahlungsanspruch zum Schaden der Krankenkasse verzichtet habe (Hinweis auf das Urteil des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 16. Dezember 1980 – 3 RK 27/79 – USK 80270). Dabei sei die kontrovers diskutierte Frage, ob ein Verzicht auf Lohnfortzahlung in jedem Fall oder nur bei schuldhaftem Handeln des Versicherten zum Ruhen des Krankengeldanspruchs führe, vom BSG im letztgenannten Sinne beantwortet, hingegen die Frage der Verschuldensform offengelassen worden. Nach Ansicht des BSG spreche jedoch einiges dafür, die Ruhensvorschrift auf die Fälle zu beschränken, in denen Versicherte vorsätzlich oder bewußt auf die Lohnfortzahlung zum Schaden der Krankenkasse verzichtet haben. In Anknüpfung an § 192 RVO und §§ 60 ff des Ersten Buches des Sozialgesetzbuchs (SGB I) dürfe die Krankengeldzahlung nur dann versagt werden, wenn ein vorsätzliches Handeln zu Lasten der Beklagten nachgewiesen werden könne. Daran fehle es im vorliegenden Fall. Dem Kläger sei die Tragweite der von ihm unterschriebenen Abfindungserklärung nicht bewußt gewesen; auf die weitreichenden Konsequenzen des Abfindungsvergleichs sei er nicht hingewiesen worden.
Mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision rügt die Beklagte eine Verletzung des § 189 RVO aF sowie des Grundsatzes der Vermeidung von Doppelleistungen. Entgegen der Ansicht des SG führe § 189 RVO aF unabhängig von einem Verschulden des Klägers zum Ruhen des Krankengeldes, weil er ansonsten für die Zeiten der Arbeitsunfähigkeit doppelte Leistungen erhielte. Wenn er auf Ansprüche aus künftigen krankheitsbedingten Lohnausfällen gegen Zahlung einer Abfindungssumme verzichtet habe, müsse er so gestellt werden, als ob er Lohnfortzahlung erhalten hätte. Insoweit müsse § 189 RVO aF analog angewendet werden, ohne daß es auf ein Verschulden ankomme. Dem stehe die Entscheidung des BSG (aaO) nicht entgegen, weil der Kläger des dort entschiedenen Falles für den Verzicht auf Lohnfortzahlung keine Gegenleistung erhalten habe, während vorliegend eine Gegenleistung in Form einer Abfindung gewährt worden sei. Jedenfalls in diesen Fällen sei der – arbeitsrechtlich zulässige – Verzicht auf Lohnfortzahlung automatisch auch als Verzicht auf Krankengeld zu werten, weil sonst die gesetzlich vorgesehene Lastenverteilung zwischen Arbeitgeber und Krankenkasse gestört werde. Das gelte auch dann, wenn – wie im vorliegenden Fall – ein Verzicht auf Lohnfortzahlung nicht gegenüber dem Arbeitgeber direkt ausgesprochen worden sei, sondern sich aus einem Abfindungsvergleich ergebe. Sei der zukünftige Verdienstausfall des Versicherten durch die Abfindungssumme bereits kompensiert, müsse dies auch auf den Krankengeldanspruch „durchschlagen”, weil dann ein Anspruch auf Krankengeld als Lohnersatz schon vom Grundgedanken her nicht bestehen könne. Werde dem nicht gefolgt und ein Verschulden verlangt, so müsse es ausreichen, wenn der Kläger – wie hier – damit habe rechnen müssen, daß unfallbedingt noch weitere Erkrankungen wahrscheinlich seien.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kassel vom 24. April 1990 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Der Kläger beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend und führt ergänzend aus, daß vorliegend ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG zu verneinen sei, weil der Abfindungsvergleich nicht Zeiten der Arbeitsunfähigkeit erfaßt habe, die zur Zeit seines Abschlusses und mehr als zwei Jahre nach dem Unfallereignis objektiv unvorhersehbar gewesen seien. Fehle insoweit ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers und habe er den Lohnfortzahlungsanspruch nicht erfüllt, so sei dieser Anspruch auf die Krankenkasse übergegangen mit der Folge, daß dem Kläger Krankengeld zustehe. Gehe man hingegen von einem wirksamen Verzicht auf die Lohnfortzahlung aus, so könne dieser die Ruhensfolge des § 189 RVO aF nur dann nach sich ziehen, wenn der Versicherte vorsätzlich bzw bewußt zum Schaden der Krankenkasse gehandelt habe. Insoweit werde auf die Gründe des angefochtenen Urteils verwiesen.
Entscheidungsgründe
II
Die vom SG zugelassene Sprungrevision der Beklagten ist unbegründet. Das SG hat die Beklagte zu Recht verurteilt, dem Kläger Krankengeld für die Zeit vom 14. bis 17. November 1984, vom 5. bis 7. September 1985 und vom 7. November bis 8. Dezember 1985 zu zahlen.
Die Voraussetzungen des hier noch anzuwendenden § 182 Abs. 1 Nr. 2 RVO haben – wie sich aus den Feststellungen des SG ergibt und zwischen den Beteiligten unstreitig ist – in den genannten Zeiträumen vorgelegen, weil der Kläger infolge (unfallbedingter) Krankheit jeweils arbeitsunfähig war. Dem Anspruch auf Krankengeld stünde auch nicht entgegen, wenn der Kläger – was nicht festgestellt ist – infolge und im Anschluß an den am 10. Juni 1981 erlittenen Lendenwirbelkörperbruch innerhalb des zu diesem Zeitpunkt beginnenden ersten Dreijahreszeitraums bereits für 78 Wochen Krankengeld (einschließlich Lohnfortzahlung) erhalten hätte; denn dann wäre nach § 183 Abs. 2 Satz 1 RVO aF nach Beginn eines neuen Dreijahreszeitraums (11. Juni 1984) für Wiedererkrankungen an demselben Grundleiden wieder Krankengeld zu gewähren, da der Kläger zu diesem Zeitpunkt noch versichert war.
Das SG hat zutreffend entschieden, daß die Zahlung des Krankengeldes nicht deshalb versagt werden darf, weil der Kläger mit der Haftpflichtversicherung des Unfallschädigers einen Abfindungsvergleich (§ 779 des Bürgerlichen Gesetzbuches ≪BGB≫) geschlossen hat. Mit diesem Vergleich hat sich zwar der Kläger gegen Zahlung einer Abfindungssumme von 45.000,– DM „wegen aller bisherigen und zukünftigen Ansprüche aus dem Schadensereignis vom 10. Juni 1981” abfinden lassen. Daraus kann jedoch allenfalls der Arbeitgeber – wie noch auszuführen sein wird – ein Recht herleiten, Leistungen wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit zu verweigern (§ 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG). Ein entsprechendes Leistungsverweigerungsrecht der Krankenkasse sieht das Gesetz nicht vor. Insbesondere kann sich die beklagte Betriebskrankenkasse (BKK) nicht darauf berufen, daß der Anspruch auf Krankengeld wegen der Wirkungen des Abfindungsvergleichs auf den Lohnfortzahlungsanspruch des Klägers nach § 189 RVO (hier idF durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983, BGBl I 1532) ruht
Eine unmittelbare Anwendung des § 189 RVO aF kommt, wovon auch die Revision ausgeht, schon nach seinem Wortlaut nicht in Betracht, weil er ausdrücklich verlangt, daß der Versicherte das Arbeitsentgelt „während der Krankheit” erhält (Abs. 1 Satz 1). Entscheidend ist danach die tatsächliche Zahlung von Arbeitsentgelt während der gleichen Zeit, für die das Krankengeld beansprucht wird (vgl. BSGE 33, 69/70; Peters, Handbuch der Krankenversicherung, Teil II. § 189 RVO S 17/437, Stand: Februar 1984). Im vorliegenden Fall hat der Kläger während der streitigen Zeiträume kein Arbeitsentgelt erhalten. Der Arbeitgeber hat vielmehr die seinem Arbeiter an sich nach § 1 Abs. 1 LFZG geschuldete Lohnfortzahlung unter Berufung auf den Abfindungsvergleich und ein daraus in Anspruch genommenes Leistungsverweigerungsrecht nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG verweigert Dies kann Jedoch entgegen der Auffassung der Revision eine (dann allenfalls in Betracht kommende) analoge Anwendung des § 189 RVO aF nicht rechtfertigen, und zwar unabhängig davon, ob ein Leistungsverweigerungsrecht des Arbeitgebers bestanden hat oder nicht.
Die in der Literatur kontrovers diskutierte und in der Rechtsprechung noch nicht abschließend entschiedene Frage, ob dem tatsächlichen Bezug von Arbeitsentgelt iS von § 189 RVO aF der Fall gleichzustellen ist, daß der Versicherte (mit oder ohne sein Verschulden) zum Schaden der Krankenkasse den Lohnfortzahlungsanspruch wirksam zum Erlöschen bringt, kann der Senat letztlich offenlassen (vgl. dazu ua Kunze, DOK 1980, 77; U. Schmalz. BKK 1981, 173 f). Eine derartige Gleichstellung mag in Fällen gerechtfertigt sein, in denen der Versicherte unmittelbar gegenüber seinem Arbeitgeber wirksam und ggf schuldhaft auf Lohnfortzahlung „verzichtet” hat, zB durch Vergleich, Erlaßvertrag oder negatives Schuldanerkenntnis (offengeblieben in zwei Urteilen des 3. Senats des BSG vom 16. Dezember 1980 – 3 RK 27/79 – USK 80270 und – 3 RK 40/79 – BSGE 51, 82 – SozR 2200 § 189 Nr. 2 zur sog Ausgleichsquittung). Denn wenn der Versicherte durch einen solchen Verzicht den Untergang seines Lohnfortzahlungsanspruchs bewirkt, ist der Krankenkasse die Möglichkeit verwehrt, einen mit der Zahlung des Krankengeldes nach § 182 Abs. 10 RVO aF bzw ab 1. Juli 1983 nach § 115 des Zehnten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB X) auf sie übergegangenen Anspruch gegen den Arbeitgeber geltend zu machen, weil letzterer ihr gemäß §§ 404, 412 BGB das Erlöschen des Arbeitsentgeltsanspruchs entgegenhalten kann. Eine solche „zum Schaden der Krankenkasse” bewirkte Verzichtslage, die zu einer über den Wortlaut des § 189 RVO aF hinausgehenden Anwendung der Ruhensregel führen könnte, liegt jedoch in Fällen, in denen – wie hier – ein Dritter für den krankheitsbedingten Arbeitsausfall des Arbeiters (Klägers) schadensersatzpflichtig ist, nicht vor, denn hier kann die Krankenkasse zum Ausgleich dafür, daß sie bei Verweigerung der Lohnfortzahlung nach dem Gesetz Krankengeld zu erbringen hat, aus übergegangenem Recht Rückgriff nehmen, sei es beim Arbeitgeber, sei es beim Schädiger bzw seiner Haftpflichtversicherung oder sogar beim Geschädigten selbst. Das ergibt sich aus folgendem Zusammenhang:
Hat ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit verursacht, bleibt der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, im Rahmen des § 1 LFZG das Arbeitsentgelt fortzuzahlen. Zahlt er das Arbeitsentgelt fort, so geht ein auf gesetzlichen Vorschriften beruhender Schadensersatzanspruch des Arbeiters gegen den Dritten wegen des durch Arbeitsunfähigkeit entstandenen Verdienstausfalls mit der Zahlung insoweit auf den Arbeitgeber über (§ 4 Abs. 1 LFZG). Hat der Arbeiter den Übergang des Schadensersatzanspruchs gegen den Dritten auf den Arbeitgeber (§ 4 LFZG) verhindert, so ist der Arbeitgeber nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG berechtigt, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu verweigern, wenn der Arbeiter dies zu vertreten hat (Satz 2). Verhindert der Arbeiter den Übergang des Schadensersatzanspruchs dadurch, daß er mit dem Schädiger bzw dessen Haftpflichtversicherung einen Abfindungsvergleich schließt, der sämtliche aus dem Schadensfall herrührenden Ansprüche erfaßt, so hat der Arbeitgeber ein (endgültiges) Leistungsverweigerungsrecht nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG jedenfalls dann, wenn der Arbeiter bei Abschluß des Abfindungsvergleichs damit hätte rechnen müssen, daß aus dem Schadensfall noch Folgen in Gestalt späterer Arbeitsunfähigkeit eintreten werden, die einen Lohnfortzahlungsanspruch entstehen lassen (BAG AP Nr. 2 zu § 5 LFZG).
Ob vorliegend die Voraussetzungen des § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG erfüllt sind oder nicht – hierzu fehlen Feststellungen des SG – kann der Senat offenlassen. Wären diese Voraussetzungen nicht erfüllt, etwa weil der Kläger mit der späteren Arbeitsunfähigkeit nicht mehr hätte rechnen können, und wäre mithin der Arbeitgeber nicht berechtigt gewesen, die Fortzahlung des Arbeitsentgelts in den streitigen Zeiträumen zu verweigern, muß die Krankenkasse wegen der Nichterfüllung des – dann fortbestehenden – Lohnfortzahlungsanspruchs mit Krankengeld einspringen mit der Folge, daß sie in diesem Fall aus dem Anspruchsübergang nach § 115 SGB X beim Arbeitgeber wegen ihrer Aufwendungen Rückgriff nehmen kann.
Hätte hingegen der Arbeitgeber die Fortzahlung des Arbeitsentgelts zu Recht verweigert, etwa weil der Kläger den Übergang (auch nur eines Teils) seines Schadensersatzsanspruchs gegen den Dritten auf den Arbeitgeber vereitelt hat, so bliebe auch in diesem Fall die Krankenkasse leistungspflichtig. Sie könnte dann allerdings zum Ausgleich für die erbrachten Leistungen nicht beim Arbeitgeber, sondern beim Schädiger Rückgriff nehmen. Denn jedenfalls in den Fällen, in denen ein Forderungsübergang auf den Arbeitgeber nach § 4 LFZG entfällt, weil der Arbeitgeber die Lohnfortzahlung nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG verweigern durfte, kann sich die dann leistungspflichtige Krankenkasse gegenüber dem Schädiger auf den Forderungsübergang nach § 1542 RVO aF berufen.
Nach § 1542 RVO aF. der für Schadensfälle vor dem 1. Juli 1983 weitergilt (Art. II § 22 Abs. 1 Satz 2 SGB X vom 4. November 1982, BGBl I 1450, idF des Art. 5 Nr. 3 des Rentenreformgesetzes 1992 vom 18. Dezember 1989, BGBl I 1261), gehen die gesetzlichen Ersatzansprüche, die dem Geschädigten aufgrund des Unfalls gegen den Schädiger (bzw seine Haftpflichtversicherung) wegen des auf Krankheit beruhenden Schadens erwachsen, bereits im Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses insoweit auf die Krankenkasse über, als diese dem Geschädigten nach den Vorschriften der RVO in den Grenzen der zeitlichen und sachlichen Kongruenz zu der Schadensersatzpflicht des Schädigers Leistungen zu gewähren hat. Dieser Forderungsübergang erfaßt Ersatzansprüche des Geschädigten wegen eines zukünftigen Arbeitsausfalls selbst dann, wenn zum Zeitpunkt des Forderungsübergangs noch nicht annähernd feststeht, daß und in welchem Umfang die Krankenkasse dafür in der Folgezeit Leistungen zu erbringen haben wird. Es reicht vielmehr aus, wenn Sozialleistungsansprüche des Geschädigten nach den Umständen des Falles in Betracht zu ziehen sind. Denn für den Rechtsübergang genügt im Interesse eines möglichst weitgehenden Schutzes des Versicherungsträgers vor anderweitigen Verfügungen des Verletzten schon eine, wenn auch weit entfernte, Möglichkeit von Leistungspflichten; es darf nur die Entstehung solcher Pflichten nicht völlig unwahrscheinlich, also geradezu ausgeschlossen sein (grundlegend BGHZ 48, 181, 184 ff; BGH NJW 1990, 2933 f, 2934 mwN). Im vorliegenden Fall war die künftige, auch noch mehrere Jahre nach dem Unfallereignis eintretende Wiedererkrankung an den Unfallfolgen nach der Schwere des erlittenen Unfallschadens – Lendenwirbelkörperbruch – jedenfalls nicht völlig unwahrscheinlich. Auch war eine Verpflichtung der Krankenkasse zur Gewährung des Krankengeldes für die hier streitigen Zeiträume nicht bereits deshalb von vornherein ausgeschlossen, weil der Arbeitgeber im Rahmen des § 1 Abs. 1 LFZG zur Fortzahlung des Arbeitsentgelts grundsätzlich auch dann verpflichtet blieb, wenn – wie hier – ein Dritter die Arbeitsunfähigkeit und damit den Verdienstausfall verschuldet hatte. Das hat nicht zur Folge, daß der Anspruch auf Krankengeld für die entsprechenden Zeiträume nicht entsteht oder wegfällt. Der Anspruch entsteht vielmehr und ist nur dann nicht zu erfüllen, wenn und solange der Arbeitgeber den Lohn fortzahlt Nur in diesen Fällen, in denen die Krankenkasse wegen der Ruhenswirkung des § 189 RVO aF nicht mehr leistungspflichtig ist, tritt der mit § 1542 RVO aF bezweckte Schutz der Krankenkasse vor der Tragung fremdverschuldeter Leistungen hinter dem mit § 4 LFZG für den Arbeitgeber bei Lohnfortzahlung bezweckten gleichartigen Schutz zurück. Mit der Lohnfortzahlung ist das Sicherungsbedürfnis der Krankenkasse entfallen, so daß der Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegen den Dritten mit der Lohnfortzahlung auf den Arbeitgeber übergeht. Zahlt hingegen der Arbeitgeber das Arbeitsentgelt nicht fort, so ist jedenfalls in den Fällen, in denen die Nichtzahlung nach § 5 Satz 1 Nr. 2 LFZG berechtigt ist, eine Leistungspflicht der Krankenkasse – mangels einer entsprechenden Einschränkung in der RVO – iS von § 1542 RVO aF „in Betracht zu ziehen”, so daß es zugunsten der Krankenkasse bei dem Forderungsübergang nach dieser Regelung verbleibt. Das bedeutet, daß vorliegend bereits im Zeitpunkt des Schadensereignisses – am 10. Juni 1981 – die auf Gesetz beruhenden Schadensersatzansprüche des Klägers gegen den Schädiger wegen seines zukünftigen Verdienstausfalls jedenfalls dem Grunde nach auf die Krankenkasse übergegangen waren (vgl. BGHZ 19, 177, 178; 27, 107, 111). Deshalb ist die Krankenkasse, wenn sie später wegen unfallbedingter Arbeitsunfähigkeit Krankengeld zu gewähren hat, grundsätzlich in der Lage, beim Schädiger (bzw seiner Haftpflichtversicherung) aus übergegangenem Recht Rückgriff zu nehmen. Die Krankenkasse muß den nach dem Forderungsübergang zwischen Schädiger und Kläger geschlossenen Abfindungsvergleich nicht gegen sich gelten lassen, es sei denn, daß der Schädiger bei Abschluß des Abfindungsvergleichs gutgläubig gewesen wäre (§§ 407, 412 BGB). Dies trifft im Regelfall nicht zu, so daß der Schädiger von seiner Verpflichtung gegenüber der Krankenkasse zur Erstattung des gezahlten Krankengeldes nicht frei wird. Denn es entspricht festen Rechtsprechungsgrundsätzen, daß für die Kenntnis des Schädigers von einem Forderungsübergang nach § 1542 RVO aF schon das Wissen von den Umständen genügt, aus denen sich ergibt, daß der Verletzte sozialversichert ist (vgl. BGH NJW 1990, S 2935 mwN). Dazu würde die Kenntnis des Haftpflichtversicherers bzw die ihm zuzurechnende Kenntnis des Schädigers ausreichen, daß der Verletzte bei Abschluß des Abfindungsvergleichs im Jahre 1984 als Arbeiter beschäftigt war (vgl. v. Maydell in GK-SGB X 3, § 116 Anm. 263 mwN); denn dann muß der Haftpflichtversicherer damit rechnen, daß ein Versicherungsträger Leistungen zu erbringen hat (BGH VersR 1975, 446, 447). Hätte hingegen der Schädiger bzw sein Haftpflichtversicherer mit befreiender Wirkung an den Geschädigten (Kläger) geleistet, so müßte dieser insoweit der Krankenkasse die erbrachten Leistungen erstatten (§§ 407 Abs. 1, 412, 816 Abs. 2 BGB; vgl. dazu v. Maydell aaO, § 116 Anm. 474 mwN).
Hat mithin die Krankenkasse – anders als bei dem Verzicht des Arbeiters auf Lohnfortzahlung gegenüber dem Arbeitgeber – Rückgriffsmöglichkeiten aus § 115 SGB X oder § 1542 RVO aF. so besteht kein sachlich gerechtfertigter Grund, dem Kläger die Zahlung von Krankengeld mit der Begründung zu versagen, sein Anspruch habe entsprechend § 189 RVO aF geruht, weil er „zum Schaden der Krankenkasse” gehandelt habe.
Die Revision war daher zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen