Beteiligte
…, Klägerin und Revisionsklägerin |
1.AOK-Bundesverband, Bonn, Kortrijker Straße 1, 2.Bundesverband der Betriebskrankenkassen, Essen, Kronprinzenstraße 6, 3.IKK-Bundesverband, Bergisch Gladbach, Kölner Straße 1-5, 4.Bundesverband der Landwirtschaftlichen.. |
1.Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen, Köln, Herbert-Lewin-Straße 3 |
Tatbestand
G r ü n d e :
I
Der klagende Arzneimittelhersteller wendet sich gegen die Festbetragsfestsetzung gemäß § 35 Sozialgesetzbuch - Fünftes Buch - (SGB V) durch die beklagten Spitzenverbände der Krankenkassen (KKn) für den Wirkstoff "Nifedipin, Gruppe II (retardiert, incl SL)", der von der Klägerin für die Behandlung der akuten und chronischen Insuffizienz der Herzkranzgefäße und des Bluthochdrucks entwickelt worden ist. Das deutsche Basispatent (Stoffschutz) für den Wirkstoff "Nifedipin" ist 1985 abgelaufen. Unter dem 19. Juni 1989 setzten die Beklagten ua für den genannten Wirkstoff Festbeträge fest, die nach Angaben der Klägerin die damaligen Apothekenabgabepreise für ihre betroffenen Arzneimittel "Adalat retard" und "Adalat SL" je nach Packungsgröße zwischen 3,20 DM und 8,80 DM unterschritten. Die Festsetzung wurde im Bundesarbeitsblatt (BArbBl) 7/8/1989, S 50 f, mit dem Hinweis, die Festsetzung und ihre Begründung könne beim Bundesverband der Betriebskrankenkassen (BKKn) eingesehen werden, und einer Rechtsbehelfsbelehrung veröffentlicht.
Der Festbetragsfestsetzung war die in § 35 Abs 1 SGB V vorgesehene Bestimmung von Gruppen von Arzneimitteln, für die Festbeträge festgesetzt werden können, durch den beigeladenen Bundesausschuß der Ärzte und KKn vorausgegangen. Vor dessen Entscheidung war die in § 35 Abs 2 SGB V vorgesehene Anhörung von Sachverständigen der Medizinischen und Pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis, der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker durchgeführt worden.
Gegen die Festbetragsfestsetzung der Beklagten hat die Klägerin am 11. August 1989 vor dem Sozialgericht (SG) Klage erhoben mit dem Antrag, die gemeinsame und einheitliche Festbetragsfestsetzung der Beklagten vom 19. Juni 1989 für den Wirkstoff Nifedipin, Gruppe II (retardiert, incl SL) in allen Wirkstärken, Darreichungsformen und Packungsgrößen aufzuheben, insbesondere soweit sich die Festbetragsfestsetzung auf 20 mg SL-Tabletten erstreckt. Das SG hat die Klage abgewiesen (Urteil vom 25. Februar 1991). Nach seiner Auffassung verstößt die angegriffene Festbetragsfestsetzung nicht gegen einfaches Recht oder Verfassungsrecht und auch nicht gegen EG-Recht. Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung zurückgewiesen (Urteil vom 7. Dezember 1993). Es hat die Klage als unzulässig angesehen, weil die Klägerin durch die Festbetragsfestsetzung als Arzneimittelhersteller nicht in rechtlich geschützten Positionen betroffen werde; es liege allenfalls eine Reflexwirkung vor, deren Hinnahme der Klägerin von der Rechtsordnung ohne Rechtsschutzmöglichkeit zugemutet werde. Die Freiheit der Klägerin bzgl der Preisgestaltung für ihre Arzneimittel werde durch die Festbetragsregelung nicht berührt. Diese habe lediglich die Wirkung, daß die versicherten Patienten den über dem Festbetrag liegenden Mehrpreis selbst zahlen müssen. Dies möge in der Praxis dazu führen, daß sich Arzneimittelhersteller gezwungen sähen, im Interesse ihrer Marktchancen die Preise auf das Festbetragsniveau herabzusetzen. Entscheidend sei aber, daß ein rechtlicher Zwang zu einer solchen Preisgestaltung nicht bestehe und deshalb eine Berufsausübungsregelung iS einer Preisregelung nicht vorliege.
Die Klägerin rügt mit ihrer Revision Verletzung der §§ 54 Abs 1 Satz 2 und Abs 2 Satz 1, 103, 128 Sozialgerichtsgesetz (SGG), des § 35 Abs 1, 2, 3, 5 und 7 SGB V, der §§ 35 Abs 1 und 37 Abs 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch - Verwaltungsverfahren - (SGB X), des Art 12 Grundgesetz (GG) iVm Art 3 GG, der Art 14 Abs 1 und Abs 3, 19 Abs 4, 20 Abs 3 und 103 Abs 3 GG sowie der Art 5 iVm Art 3 Buchst g (früher: f), 85, 86, 90 des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft (EWGVtr) und schließlich einen Verstoß gegen die EG-Richtlinie 89/105/EWG (sog Transparenzrichtlinie). Für die Klagebefugnis der Klägerin reiche es aus, daß die Festbetragsfestsetzung nach § 35 SGB V einen mittelbaren Eingriff faktischer Art in die Preisbildung auf dem Arzneimittelmarkt, die als Bestandteil der Berufsausübungsfreiheit der Marktteilnehmer durch Art 12 Abs 1 GG grundrechtlich geschützt sei, bewirke. Angesichts der im Gesundheits-Reformgesetz (GRG) dokumentierten Absicht des Gesetzgebers, Gewinne der Arzneimittelhersteller iH des geforderten Solidarbeitrags von 2 Mrd DM abzuschöpfen, sei das verfolgte Handlungsziel und seine Zuordnung zum grundrechtlich geschützten Freiheitsraum einer möglichst unreglementierten Unternehmerfreiheit eindeutig belegt.
Die Klägerin beantragt,
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die angefochtenen Urteile zu ändern und nach dem Klageantrag zu erkennen. |
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Die Beklagten beantragen,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Sie halten das angefochtene Urteil für zutreffend. Für den Fall, daß eine Klagebefugnis der Klägerin zu bejahen sei, sei der Eingriff in die Grundrechte der Klägerin verfassungsrechtlich zulässig. Die finanzielle Stabilität der gesetzlichen Krankenversicherung stelle eine Gemeinwohlaufgabe von hohem Rang dar, der der Gesetzgeber sich nicht entziehen dürfe. Festbetragsvorschriften seien geeignete Mittel, um die finanzielle Stabilität des gesetzlichen Krankenversicherungssystems zu sichern.
Der beigeladene Bundesausschuß der Ärzte und KKn beantragt,
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die Revision zurückzuweisen. |
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Er hält die Klage ebenfalls für unzulässig, weil durch die Festbetragsregelung allein der Leistungsanspruch des Versicherten betroffen werde, nicht dagegen der Arzneimittelhersteller als Leistungserbringer. Eine andere Einschätzung sei allenfalls dann geboten, wenn der untergesetzliche Normgeber offensichtlich den Ermächtigungsrahmen, den § 35 SGB V biete, verlassen und damit in die Marktstruktur mit einem offensichtlichen Nachteil für den Arzneimittelhersteller eingegriffen hätte. Das sei aber bei der getroffenen Festbetragsfestsetzung nicht der Fall. Im übrigen sei § 35 SGB V verfassungsgemäß und widerspreche auch nicht dem EG-Recht. Die konkrete Festgruppenbildung sei nach Anhörung von Sachverständigen vorgenommen worden, wobei sich bei der Bioverfügbarkeit und der therapeutischen Bedeutung keine relevanten Unterschiede zwischen den betroffenen Arzneimitteln der Klägerin Adalat retard und Adalat SL und anderen Nifedipin-Retard-Präparaten gezeigt hätten.
Die Beigeladene zu 2. beantragt ebenfalls,
die Revision zurückzuweisen.
II
Nach Art 100 Abs 1 GG war das Verfahren auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) dazu einzuholen, ob § 35 SGB V hinsichtlich der Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel deswegen gegen die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie (Art 20 GG), gegen Art 80 GG oder gegen Art 12 GG verstößt, weil die Festsetzung nicht als Rechtsnorm durch dazu legitimierte Rechtssetzungsorgane, sondern durch Verwaltungsbehörden erfolgt.
Der erkennende Senat entscheidet über Rechtsstreitigkeiten der Leistungserbringer gegen die KKn in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Versicherten und der Arbeitgeber aufgrund seiner geschäftverteilungsmäßigen Zuständigkeit für Streitigkeiten nach § 51 Abs 2 Satz 1 SGG. Es handelt sich nicht um eine Angelegenheit des Kassenarztrechts, für die der Senat für Kassenarztangelegenheiten in der Besetzung mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der KKn und der Kassenärzte (Vertragsärzte) zuständig wäre (§ 12 Abs 3 SGG; Beschluß vom 9. Februar 1995 - 3 RK 22/94 - für SozR vorgesehen).
Über die Begründetheit der Revisionen vermag der Senat nicht zu entscheiden. Er hält die hier einschlägigen Vorschriften des SGB V über die Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel, insbesondere die Ermächtigung in § 35, für verfassungswidrig.
1) In die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wurde das Instrument der Festbetragsfestsetzung durch das Gesetz zur Strukturreform im Gesundheitswesen - Gesundheits-Reformgesetz - (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I, 2477) eingeführt. Das als Art 1 GRG erlassene SGB V bestimmte in § 35:
"§ 35 Festbeträge für Arznei- und Verbandmittel (1) Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen bestimmt in den Richtlinien nach § 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6, für welche Gruppen von Arzneimitteln Festbeträge festgesetzt werden können. In den Gruppen sollen Arzneimittel mit
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denselben Wirkstoffen, |
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pharmakologisch-therapeutisch vergleichbaren Wirkstoffen, insbesondere mit chemisch verwandten Stoffen, |
3. |
pharmakologisch-therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen, |
zusammengefaßt werden; unterschiedliche Bioverfügbarkeiten wirkstoffgleicher Arzneimittel sind zu berücksichtigen, sofern sie für die Therapie bedeutsam sind. Die nach Satz 2 Nr. 2 und 3 gebildeten Gruppen müssen gewährleisten, daß Therapiemöglichkeiten nicht eingeschränkt werden und medizinisch notwendige Verordnungsalternativen zur Verfügung stehen; ausgenommen von diesen Gruppen sind Arzneimittel mit patentgeschützten Wirkstoffen, deren Wirkungsweise neuartig ist und die eine therapeutische Verbesserung, auch wegen geringerer Nebenwirkungen, bedeuten. Der Bundesausschuß der Ärzte und Krankenkassen ermittelt auch die nach Absatz 3 notwendigen rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen.
(2) Sachverständigen der medizinischen und pharmazeutischen Wissenschaft und Praxis sowie der Arzneimittelhersteller und der Berufsvertretungen der Apotheker ist vor der Entscheidung des Bundesausschusses Gelegenheit zur Stellungnahme zu geben; bei der Beurteilung von Arzneimitteln der besonderen Therapierichtungen sind auch Stellungnahmen von Sachverständigen dieser Therapierichtungen einzuholen. Die Stellungnahmen sind in die Entscheidung einzubeziehen.
(3) Die Spitzenverbände der Krankenkassen setzen gemeinsam und einheitlich den jeweiligen Festbetrag auf der Grundlage von rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen fest. Die Spitzenverbände der Krankenkassen gemeinsam können einheitliche Festbeträge für Verbandmittel festsetzen. Für die Stellungnahmen der Sachverständigen gilt Absatz 2 entsprechend.
(4) Ein Festbetrag für Arzneimittel mit denselben Wirkstoffen (Absatz 1 Satz 2 Nr. 1) kann erst 3 Jahre nach der ersten Zulassung eines wirkstoffgleichen Arzneimittels festgesetzt werden.
(5) Die Festbeträge sind so festzusetzen, daß sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten. Sie haben Wirtschaftlichkeitsreserven auszuschöpfen, sollen einen wirksamen Preiswettbewerb auslösen und haben sich deshalb an möglichst preisgünstigen Versorgungsmöglichkeiten auszurichten. Bei der Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel ist grundsätzlich von den preisgünstigen Apothekenabgabepreisen in der Vergleichsgruppe auszugehen; dabei ist sicherzustellen, daß eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl möglich ist. Die Festbeträge sind mindestens einmal im Jahr zu überprüfen; sie sind in geeigneten Zeitabständen an eine veränderte Marktlage anzupassen.
(6) Für das Verfahren zur Festsetzung der Festbeträge gilt § 213 Abs. 2 und 3.
(7) Die Festbeträge sind im Bundesarbeitsblatt bekanntzumachen. Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt. Eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung nach Absatz 1 Satz 1 bis 3, gegen die rechnerischen mittleren Tages- oder Einzeldosen oder anderen geeigneten Vergleichsgrößen nach Absatz 1 Satz 4 oder gegen sonstige Bestandteile der Festsetzung der Festbeträge ist unzulässig."
Das Gesetz zur Sicherung und Strukturverbesserung der gesetzlichen Krankenversicherung - Gesundheitsstrukturgesetz - (GSG) vom 21. Dezember 1992 (BGBl I, 2266) faßte § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 3 wie folgt:
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"3. |
therapeutisch vergleichbarer Wirkung, insbesondere Arzneimittelkombinationen," |
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Dies sollte die Gruppenbildung erleichtern (BT-Drucks 12/3608 S 81).In Abs 1 wurde nach Satz 3 folgender Satz eingefügt:
"Als neuartig gilt ein Wirkstoff, solange derjenige Wirkstoff, der als erster dieser Gruppe in Verkehr gebracht worden ist, unter Patentschutz steht."
Abs 4 wurde gestrichen und Abs 5 Satz 3 Halbsatz 2 wurde wie folgt gefaßt:
"dabei ist soweit wie möglich sicherzustellen, daß eine für die Therapie hinreichende Arzneimittelauswahl möglich ist."
§ 35 Abs 7 Satz 1 idF d Art 1 Nr 10 Zweites Gesetz zur Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (2. SGB V-ÄndG) vom 20. Dezember 1991 (BGBl I, 2325) lautet:
"(7) Die Festbeträge sind im Bundesanzeiger bekanntzumachen."
Der in § 35 Abs 1 Satz 1 SGB V in bezug genommene § 92 Abs 1 Satz 2 Nr 6 lautet:
"§ 92 Richtlinien der Bundesausschüsse (1) Die Bundesausschüsse beschließen die zur Sicherung der ärztlichen Versorgung erforderlichen Richtlinien über die Gewährung für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten; dabei ist den besonderen Erfordernissen der Versorgung psychisch Kranker Rechnung zu tragen, vor allem bei den Leistungen zur Belastungserprobung und Arbeitstherapie. Sie sollen insbesondere Richtlinien beschließen über die 1. ...
6. |
Verordnung von Arznei-, Verband-, Heil- und Hilfsmitteln, Krankenhausbehandlung und häuslicher Pflegehilfe," |
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Der in § 35 Abs 6 in bezug genommene § 213 Abs 2 und 3 lautet:
"(2) Die Spitzenverbände sollen sich über die von ihnen nach diesem Gesetz gemeinsam und einheitlich zu treffenden Entscheidungen einigen. Kommt eine Einigung nicht zustande, erfolgt die Beschlußfassung durch drei Vertreter der Ortskrankenkassen einschließlich der See-Krankenkasse, zwei Vertreter der Ersatzkassen und je einen Vertreter der Betriebskrankenkassen, der Innungskrankenkassen, der landwirtschaftlichen Krankenkassen und der Bundesknappschaft. Beschlüsse bedürfen der Mehrheit der in Satz 2 genannten Vertreter der Spitzenverbände. Das Verfahren zur Beschlußfassung regeln die Spitzenverbände in einer Geschäftsordnung.
(3) Kommen die erforderlichen Beschlüsse nicht oder nicht innerhalb einer vom Bundesminister für Gesundheit gesetzten Frist zustande, entscheidet der Bundesminister für Gesundheit im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Wirtschaft; einer Fristsetzung bedarf es nicht, soweit die Spitzenverbände die Festbeträge für die in § 35 Abs 1 Satz 2 Nr 1 genannten Arzneimittel nicht bis zum 30. Juni 1989 festgelegt haben. ..."
Zum Anspruch des Versicherten gegen seine KK bestimmt § 31 Abs 2 SGB V:
"(2) Für ein Arznei- oder Verbandmittel, für das ein Festbetrag nach § 35 festgesetzt ist, trägt die Krankenkasse die Kosten bis zur Höhe dieses Betrages, für andere Arznei- oder Verbandmittel die vollen Kosten, jeweils abzüglich der vom Versicherten zu leistenden Zuzahlung."
Zur Verpflichtung des Kassenarztes (Vertragsarztes) bestimmt § 73 Abs 5 Satz 2 SGB V:
"(5) ... Verordnet der Arzt ein Arzneimittel, dessen Preis den Festbetrag nach § 35 überschreitet, hat der Arzt den Versicherten über [richtig: auf] die sich aus seiner Verordnung ergebende Pflicht zur Übernahme der Mehrkosten hinzuweisen."
2) |
Die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung zur Festbetragsfestsetzung ist entscheidungserheblich. |
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a) Ist die Regelung verfassungswidrig, dann ist auf die Revision die Fest-betragsfestsetzung mangels einer Rechtsgrundlage aufzuheben.
Die Klage ist zulässig. Über die Zulässigkeit des Rechtswegs ist nicht mehr zu entscheiden (§ 17a Abs 5 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG] idF durch das 4. Änderungsgesetz zur Verwaltungsgerichtsordnung [4. VwGO-ÄndG] vom 17. Dezember 1990 [BGBl I, 2809] iVm § 202 SGG).
aa) Die auf die Aufhebung der Festbetragsfestsetzung gerichtete Klage ist als Anfechtungsklage iS des § 54 Abs 1 SGG zulässig. Die Festbetragsfestsetzung ist formal nicht als Rechtsnorm, sondern als Verwaltungsakt in Form der Allgemeinverfügung (§ 31 Satz 2 SGB X) erlassen worden, wovon alle Beteiligten ausgehen. In der Bekanntmachung der Festbetragsfestsetzung wurde mitgeteilt, daß die Begründung beim Bundesverband der BKKn eingesehen werden könne. Ferner wurde eine Rechtsmittelbelehrung erteilt. Sowohl Begründung als auch Rechtsmittelbelehrung sind beim Erlaß von Normen nicht vorgesehen. Auch spricht dafür, daß die Beklagten die Form der Allgemeinverfügung gewählt haben, ihre Absicht, sich den im Gesetzgebungsverfahren erfolgten Äußerungen anzuschließen (vgl im Ausschußbericht die Deutung "als gestaltender Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung" - BT-Drucks 11/3480 S 54). Ferner legt der Wortlaut des Gesetzes nahe, daß die Festbetragsfestsetzung in der Form des Verwaltungsaktes einfachgesetzlich geboten ist (§ 35 Abs 7 Satz 2 und 3 SGB V bestimmen: "Klagen gegen die Festsetzung der Festbeträge haben keine aufschiebende Wirkung. Ein Vorverfahren findet nicht statt."). Ob die Festbetragsfestsetzung ein Verwaltungsakt iS des § 31 SGB X ist, insbesondere ob sie die Regelung eines Einzelfalls enthält, oder ob sie iS der Verfassung als Rechtsnorm erlassen werden mußte, ist für die Zulässigkeit der Anfechtungsklage ohne Bedeutung. Beim Rechtsschutz gegen hoheitliches Handeln kommt es für den zulässigen Rechtsbehelf entscheidend auf die äußere Form an, nicht darauf, ob die gewählte Form des Verwaltungshandelns rechtlich zutreffend war; dies ist eine Frage der Begründetheit (vgl Kopp, § 35 Verwaltungsverfahrensgesetz [VwVfG] RdNr 30 mwN).
bb) Die Klägerin ist insbesondere klagebefugt. Sie ist als Arzneimittelhersteller durch die Festbetragsfestsetzung in ihrem Grundrecht aus Art 12 GG betroffen, so daß die Festbetragsfestsetzung an Art 12 Abs 1 Satz 2 GG zu messen ist, wonach die Berufsausübung nur durch Gesetz oder aufgrund verfassungsgemäßer gesetzlicher Ermächtigung geregelt werden kann.
Art 12 Abs 1 GG gewährt dem Einzelnen das Recht, jede Tätigkeit, für die er sich geeignet glaubt, als Beruf zu ergreifen und zur Grundlage seiner Lebensführung zu machen. Er schützt insoweit auch inländische juristische Personen wie die Klägerin. Die Wirtschaftsverfassung enthält als eines ihrer Grundprinzipien den freien Marktwettbewerb. Die freie Entfaltung im Wettbewerb ist Bestandteil der Berufsausübung des Unternehmers und wird durch Art 12 Abs 1 GG geschützt (vgl BVerfGE 32, 311, 317; 46, 120, 137 f; BVerwGE 71, 183, 189). Der Schutzbereich, den Art 12 GG gewährleistet, wird nicht nur durch direkte Eingriffe des Gesetzgebers oder der Verwaltung in den freien Wettbewerb berührt; es reichen auch indirekte rechtliche Regelungen aus, die die Wettbewerbsbedingungen tatsächlich verändern. Dies ist schon bei staatlicher Planung und Subventionierung mit berufsregelnder Tendenz möglich (vgl BVerfGE 46, 120, 137; 82, 209, 223 f). Art 12 GG konkretisiert das Grundrecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit im Bereich der individuellen Leistung und Existenzerhaltung und zielt auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung ab (BVerfGE 75, 284, 292 mwN). Dieser Schutzbereich wird durch Normen mit einer objektiv die Berufsausübung regelnden Tendenz betroffen. Hingegen berühren Normen, die eine Reglementierung der beruflichen Betätigung aufheben und damit auf eine möglichst unreglementierte berufliche Betätigung abzielen, im Grundsatz den Schutzbereich des Art 12 GG auch dann nicht, wenn sie eine Gewinnmöglichkeit beseitigen, die mit der aufgehobenen Reglementierung verbunden war.
Die Festbetragsregelung ist geeignet, die Verschreibung teurerer Arzneien durch die Kassenärzte (Vertragsärzte) und ihre Abgabe durch die Apotheker zugunsten billigerer Arzneien weitgehend zurückzudrängen und so einen erheblichen Umsatzrückgang bei den betroffenen Herstellern zu bewirken. Würde sich die Festbetragsregelung darin erschöpfen, den Wettbewerb zwischen den Arzneimittelherstellern wieder herzustellen, der vor Einführung der gesetzlichen Krankenversicherung bestand, dann fehlte es an einer die Berufsausübung regelnden Tendenz. Denn es gibt kein Recht der Arzneimittelhersteller auf Fortbestand der Sozialversicherung. Würde die Sozialversicherung aufgehoben, was alle Arzneimittelhersteller gleichmäßig betrifft, so würde die damit verbundene Einschränkung der Gewinnmöglichkeiten als bloßer Rechtsreflex den Schutzbereich des Art 12 GG nicht berühren. Würde die GKV in einer Form teilweise aufgehoben, die alle Arzneimittelhersteller gleichmäßig trifft, etwa durch eine einheitliche Selbstbeteiligungsquote für alle Arzneimittel oder durch die Herausnahme leichterer Erkrankungen aus dem Krankenversicherungsschutz, dann liefe auch das für die KK auf eine Kostensenkung hinaus, die damit verbundene Einschränkung der Gewinne der Arzneimittelhersteller träfe diese als Folge des wiederhergestellten Wettbewerbs nur iS eines Reflexes. Hat die Festbetragsregelung indes eine darüber hinausgehende preisregulierende Wirkung iS eines dirigistischen Eingriffs in den Marktablauf, dann hat sie eine die Berufsausübung regelnde Tendenz und ist deshalb an Art 12 GG zu messen. Darüber sind sich die Beteiligten im Grunde einig.
Die Festbetragsregelung weist zwar viele Aspekte auf, die es zu rechtfertigen scheinen, die mit ihr verbundenen Umsatzrückgänge der Arzneimittelhersteller als Folge eines verstärkten Wettbewerbs und damit als bloßen Reflex der Regelung zu werten. Das LSG hat sie zutreffend herausgestellt: Die Festbetragsregelung berührt nicht das Recht der Arzneimittelhersteller, für ihre Arzneimittel die Preise frei festzusetzen. Die Festbeträge bewirken, daß die Versicherten den Preis, soweit er den Festbetrag übersteigt, selbst zahlen müssen. Dies mag in der Praxis dazu führen, daß sich Arzneimittelhersteller gezwungen sehen, im Interesse ihrer Marktchancen die Preise auf das Festbetragsniveau herabzusetzen. Ein rechtlicher Zwang zu einer solchen Preisgestaltung besteht aber nicht.
Das LSG hat indes dabei weitere Aspekte nicht zutreffend bewertet oder unberücksichtigt gelassen, die gleichwohl dem Instrument der Festbeträge den Charakter einer Preisregulierung iS eines dirigistischen Eingriffs in den Wettbewerb verleihen. Die Festbetragsregelung für Arzneimittel wendet sich wie die Festbetragsregelung für Hilfsmittel nach der Formulierung der §§ 35 und 36 SGB V iVm §§ 31 Abs 2 und 33 Abs 2 SGB V zwar nur an die Versicherten, ohne die Leistungserbringer (Arzneimittelhersteller und Hilfsmittelerbringer) ausdrücklich anzusprechen. Das legt es nahe, die in der Festbetragsregelung vorgesehene Anhörung der Leistungserbringer als bloße Nutzung von Sachverstand und nicht iS einer Interessenvertretung zu verstehen. Eine solche Auslegung wird indes Sinn und Zweck der Gesamtregelung nicht gerecht. Das mit dem GRG geschaffene Instrument der Festbeträge zielt nämlich ganz vorrangig auf Einsparungen auf Kosten der Leistungserbringer und nimmt nur in engen Grenzen und nur für eine vorübergehende Zeit eine Belastung der Versicherten in Kauf.
Der Gesetzgeber ging davon aus, daß die Ausgaben für Arzneimittel erheblich gesenkt werden können, ohne die Qualität zu beeinträchtigen: Der Arzneimittelmarkt sei durch einen eingeschränkten Wettbewerb gekennzeichnet. Das Bundeskartellamt habe sich verschiedentlich veranlaßt gesehen, einzuschreiten (BT-Drucks 11/2237 S 138). Die Strukturreform solle den überhöhten Arzneimittelverbrauch senken und das hohe Preisniveau auf dem Arzneimittelmarkt durch Belebung des Preiswettbewerbs der pharmazeutischen Unternehmen abbauen (aaO, S 139). Auch im Hilfsmittelbereich hat der Gesetzgeber das Wachstum als überproportional angesehen; die Festbetragsfestsetzung sollte das Wachstum auf ein vertretbares Maß zurückführen (BT-Drucks 11/2237 S 139). Das zu den Festbeträgen erwartete Einsparvolumen wird im Ausschußbericht zum GRG für Arzneimittel mit 1.950 Mio DM, für Brillen mit 760 Mio DM, für Kontaktlinsen mit 45 Mio DM, für Hilfsmittel mit 110 Mio DM und für Hörgeräte mit 170 Mio DM veranschlagt (BT-Drucks 11/3480 S 47).
Nach der amtlichen Begründung zum GSG stiegen die Ausgaben für Arzneimittel von 20,2 Mrd DM im Jahre 1989 auf 24,5 Mrd DM im Jahre 1991; dazu haben vor allem die steigende Zahl von Verordnungen durch niedergelassene Ärzte, die Veränderung des Wertes je Verordnung, die Zunahme von verordneten Großpackungen, aber auch die unzureichende Umsetzung des GRG beigetragen; so wurden bisher nur für ca 40 % der GKV-Arzneimittelausgaben Festbeträge festgesetzt (BT-Drucks 12/3608 S 68). Deshalb sollte mit der Neufassung der Nr 3 in § 35 Abs 1 SGB V die Bildung von Festbeträgen mit dem Ziel erleichtert werden, 70 bis 80 % des GKV-Marktes zu erreichen (BT-Drucks 12/3608 S 73).
Eine Belastung der Versicherten bringt die Festbetragsfestsetzung nur für eine vorübergehende Zeit mit sich. Die Festbeträge sind für Arzneimittel und für Hilfsmittel so festzusetzen, daß sie im allgemeinen eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche sowie in der Qualität gesicherte Versorgung gewährleisten (§ 35 Abs 5 Satz 1 und § 36 Abs 3 SGB V). Das kann zwar vorübergehend - insbesondere in der Anfangsphase - dazu führen, daß für den Festbetrag kein Mittel auf dem Markt zur Verfügung steht, so daß der Versicherte auch notwendige Mittel nur mit Zuzahlung erhalten kann (BT-Drucks 11/2237 S 176 zu Abs 6). Der in der Gesetzesbegründung verwandte Begriff der Zuzahlung bezeichnet in diesem Zusammenhang die Differenz zwischen dem Abgabepreis und dem Festbetrag, und nicht die Zuzahlung nach § 31 SGB V, die an die Stelle der früheren Verordnungsblattgebühr (vgl § 182a RVO aF) getreten ist. Die zur Zuzahlung des Versicherten in § 31 SGB V getroffene Regelung verdeutlicht, daß die zur Kostenbegrenzung vorgesehene Belastung der Versicherten über die je Zuzahlung und nicht über den Festbetrag mit dem dort vorgesehenen Einsparvolumen erfolgen sollte. Das GRG hatte die Zuzahlung für Arzneimittel in § 31 SGB V neu geordnet und dabei Arzneimittel mit Festbeträgen von der Zuzahlung ausgenommen. Mit dem GSG wurden auch Festbetragsarzneimittel zuzahlungspflichtig. Damit sollte die von den Versicherten vielfach nicht nachvollziehbare Regelung geändert werden, daß bei Arzneimitteln, die typischerweise bei schweren Erkrankungen verordnet werden, häufig eine Zuzahlung zu leisten war, während bei Festbetragsarzneimitteln keine Zuzahlung erforderlich ist (BT-Drucks 12/3608 S 74). Nach Sinn und Zweck der Regelung kann damit die Betroffenheit des Versicherten vergleichsweise eher als die des Leistungserbringers in Zweifel gezogen werden.
Die Preisreduzierung soll nicht mit den Mitteln des Marktes durch die Beseitigung von Störungen im Wettbewerb bewirkt werden, auch wenn zu den Festbeträgen für Arzneimittel in der amtlichen Begründung (BT-Drucks 11/2237) und im Ausschußbericht (BT-Drucks 11/3480 S 24) behauptet wird, der Festbetrag diene der Stärkung des Wettbewerbs zwischen den Leistungserbringern. Eine systemimmanente Störung des Wettbewerbs auf dem Gesundheitsmarkt liegt zwar darin, daß infolge der GKV Leistungsnachfrager und Kostenträger auseinanderfallen. Die Festbetragsregelung beschränkt sich aber nicht darauf, diese Störung ganz oder teilweise gleichmäßig für alle Leistungserbringer zurückzunehmen, wie das zB bei einer prozentualen Selbstbeteiligung der Fall wäre. Die Wirkweise der Festbeträge beruht vielmehr wesentlich auf einer Bewertung der von den Leistungserbringern angebotenen Leistungen, die die Leistungserbringer ungleich trifft und die mit einer bloßen Rückkehr zum Wettbewerb durch eine prozentuale Selbstbeteiligung nicht verbunden wäre. Mit der Festbetragsfestsetzung wird für KKn, Versicherte und Ärzte verbindlich entschieden, daß alle in einer Festbetragsgruppe zusammengefaßten Leistungen bezogen auf den verfolgten Zweck ausreichend sind.
Die Festbetragsregelung zielt auch nicht ausschließlich darauf ab, vom Gesetzgeber vermutete Störungen aufgrund eines gleichförmigen Verhaltens der Arzneimittelhersteller (Hilfsmittelerbringer) durch dessen Bekämpfung iS des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen (WettbewG) zu beseitigen. Es soll vielmehr die Marktmacht der Gegenseite, der KKn, gestärkt werden. Den KKn wird gleichsam die Bildung eines Preiskartells gestattet. Der wirtschaftliche Druck der KKn ist nicht ungewollter Nebeneffekt einer nur für das Verhältnis Versicherter - KK gewollten Regelung, sondern das gewollte Mittel zur Kostendämpfung. Bewertung und Preisfestsetzung werden von Verbänden der Kostenträger, nicht von einer unabhängigen Stelle vorgenommen.
Insbesondere das Verhältnis des SGB V zum WettbewG verdeutlicht die preisregulierende Funktion der Festbeträge. Auf dem Hilfsmittelmarkt, mit dem sich die Kartellgerichte mehrfach zu befassen hatten, handeln die KKn, auch wenn sie Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, als Unternehmen iS des WettbewG, wenn es um die Nachfrage nach Versorgungsleistungen für den bei ihr versicherten Personenkreis geht (BGH, Kartellsenat vom 22. März 1994, KZR 9/93, LM WettbewG § 26 Nr 80; BGHZ 114, 218, 230 - Einzelkostenerstattung; BGH, Urteil vom 8. Mai 1990, KZR 21/89, WuW/E 2665, 2666 - Physikalisch-therapeutische Behandlung). Die Hilfsmittelerbringer sind jedenfalls von den KKn iS des § 26 Abs 2 Satz 2 WettbewG abhängig, so daß offenbleiben kann, ob die KKn auf dem Hilfsmittel-Markt ein Oligopol iS des § 22 Abs 2 WettbewG bilden (BGH, Kartellsenat vom 22. März 1994, KZR 9/93, LM WettbewG § 26 Nr 80). Insoweit verstößt zB die Empfehlung der KK für einen bestimmten Brillenanbieter, die objektiv geeignet ist, den Brillenabsatz dieses Anbieters zu fördern bzw einen spürbaren Nachfragerückgang bei anderen Anbietern zu bewirken, gegen § 26 Abs 2 WettbewG (OLG Düsseldorf vom 23. März 1993, 20 W 71/92, WRP 1994, 345).
Eine Betätigung als Nachfrager am Markt kann nicht mit der Begründung verneint werden, die KKn würden nur im Bereich der Sachleistung am Markt tätig, zu dem der Bereich der Festbeträge nicht gehöre. Das Sachleistungsprinzip gilt vielmehr auch für Festbeträge. Die in §§ 31 Abs 2 und 33 Abs 2 SGB V angeordnete Kostentragung ist nicht iS der in der privaten Krankenversicherung üblichen Kostenerstattung zu verstehen. Der Festbetrag läßt den Sachleistungsanspruch des Versicherten bestehen. Das wird im Gesetz zum Hilfsmittelbereich besonders deutlich, gilt aber auch im Arzneimittelbereich. Hilfsmittel dürfen nach § 126 Abs 1 SGB V nur von zugelassenen Leistungserbringern abgegeben werden, was auch für den Festbetragsbereich gilt. Der Versicherte kann von der KK die Auszahlung des Festbetrages nicht verlangen. Die Zahlungsmodalitäten sind vielmehr in den Verträgen nach § 127 Abs 1 SGB V zwischen den Landesverbänden der KKn und den Verbänden der Ersatzkassen mit den Leistungserbringern oder deren Verbänden zu regeln. Diese Verträge binden die Mitgliedskassen, aber nicht die Versicherten. Das Gesetz geht damit davon aus, daß der Anspruch auf den Festbetrag dem Hilfsmittelerbringer gegenüber der KK zusteht (vgl hierzu Krause, ZfSH/SGB 1989, 416, 419 ff). Die KK ist nach § 33 Abs 5 SGB V auch im Festbetragsbereich berechtigt, das Hilfsmittel leihweise zur Verfügung zu stellen. Auch für Arzneimittel kann der Versicherte von der KK nicht die Zahlung des Festbetrages fordern. Im Arzneimittelbereich sind zwar zwischen dem Hersteller und den Versicherten noch die Apotheken und weitere Handelsstufen zwischengeschaltet. Gleichwohl werden die KKn (und deren Verbände) mit der Festbetragsfestsetzung auf dem Arzneimittelmarkt gegenüber den Herstellern tätig, da in diesem Bereich die Preise für die Abgabe an den Endverbraucher gebunden sind.
Die Festbetragsfestsetzung wirkt sich wie eine Preisempfehlung an die Versicherten aus. Die den Ärzten auferlegte Verpflichtung, bei Arzneimitteln, deren Preis den Festbetrag übersteigt, auf den Festbetrag hinzuweisen (§ 73 Abs 5 Satz 2 SGB V), verstärkt den Steuerungseffekt. Darin kann iS des Wettbewerbsrechts eine unbillige Behinderung der Mitbewerber liegen. Insoweit käme im Grundsatz ein Anspruch aus § 26 WettbewG in Betracht, wenn er nicht durch die auf gleicher Normebene stehenden, aber spezielleren Vorschriften des SGB V verdrängt würde. Der Vorrang des Leistungserbringerrechts im SGB V vor dem WettbewG wurde zwar weder bei Erlaß des GRG noch bei Erlaß des GSG ausdrücklich angesprochen. Soweit das Leistungserbringerrecht aber ein bestimmtes Verhalten, zB die Festbetragsfestsetzung, erlaubt oder zu einem Verhalten verpflichtet, etwa den Kassenarzt (Vertragsarzt) zum Hinweis auf den Festbetrag, wenn er ein Arzneimittel verordnet, das den Festbetrag übersteigt (§ 73 Abs 5 Satz 2 SGB V), muß die Erlaubnis auch in Ansehung des WettbewG gelten.
Dieser das WettbewG einschränkende Geltungswille des SGB V wird im Hilfsmittelbereich besonders deutlich. Im Entwurf des GRG bestimmte § 136 für Hilfsmittel in Form der Verweisung auf die für Heilmittel in § 134 getroffene Regelung, daß die KKn berechtigt sind, Leistungserbringer ihren Versicherten zu empfehlen, die sich bereiterklärt haben, Hilfsmittel zu Festbeträgen oder zu niedrigeren Beträgen abzugeben (BT-Drucks 11/2237 S 205). In der weiteren Beratung des GRG hatte der Ausschuß für Wirtschaft einstimmig empfohlen, auf diese Regelung zu verzichten (BT-Drucks 11/3480 S 15). In der Ausschußbegründung zur Änderung des § 136 heißt es: "Das Empfehlungsrecht der KKn soll entfallen. Dies schließt eine Information der Versicherten durch die KKn nicht aus" (BT-Drucks 11/3480 S 62). Nach § 127 Abs 3 Satz 1 SGB V idF durch das GSG können die KKn die Versicherten sowie die Ärzte über preisgünstige Versorgungsmöglichkeiten und über Leistungserbringer informieren, die bereit sind, zum Festbetrag zu liefern. Hierzu wurde zwar in der amtlichen Begründung weder der Zusammenhang mit dem Kartellrecht noch die kartellrechtliche Rechtsprechung zu derartigen Informationen erwähnt (BT-Drucks 12/3608 S 106). Gleichwohl kann nicht zweifelhaft sein, daß damit die Empfehlung nicht im Verhältnis zum Versicherten gerechtfertigt werden sollte, sondern in dem Verhältnis der KKn zu den Leistungserbringern, das durch das WettbewG geregelt wird. Im Arzneimittelbereich kann der Hinweis auf den Festbetrag, zu dem die Ärzte bei der Verordnung von Arzneimitteln, deren Preis den Festbetrag übersteigt, verpflichtet sind (§ 73 Abs 5 Satz 2 SGB V), vom Versicherten nur dahin verstanden werden, daß er auch mit der Wahl eines Arzneimittels zum Festbetrag einen ausreichenden Behandlungserfolg erreichen kann. Darin liegt die Empfehlung kostengünstiger Arzneimittel, die von den KKn und deren Verbänden mit der Festbetragsfestsetzung bewirkt wird. Nach der zum Hilfsmittelbereich aufgezeigten Rechtsentwicklung kann nicht zweifelhaft sein, daß das SGB V in Ansehung des WettbewG auch diese Empfehlung rechtfertigt.
Der Annahme einer Grundrechtsbetroffenheit wird zu Unrecht entgegengehalten, wenn für ein Medikament der vollständige Ausschluß der Verordnungsfähigkeit wegen Unwirtschaftlichkeit nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) nicht an Art 12 GG zu messen sei, dann gelte das erst recht für die Festbetragsfestsetzung, weil diese in ihrer Wirkung die Verordnungsfähigkeit nur teilweise ausschließe, nämlich hinsichtlich des den Festbetrag übersteigenden Preises. Das BSG hat allerdings zu den Arzneimittelrichtlinien (AMRL) und zu den Heilmittel- und Hilfsmittel-RL, die beide nach § 92 SGB V vom Bundesausschuß der Ärzte und KKn beschlossen werden, entschieden, daß ein Arzneimittelhersteller bzw ein Leistungserbringer durch eine Vorschrift in diesen RL, die eine von ihm angebotene Leistung oder Arznei gänzlich von der Verordnungsfähigkeit ausschließt, nicht in seinen Rechten betroffen werde. Die Entscheidungen betreffen einen Arzneimittelhersteller, dessen Hustensaft "Expectorans Solucampher" Nr 21h AMRL von der ärztlichen Verschreibung ausschloß (BSG Urteil vom 1. Oktober 1990 - 6 RKa 3/90 - USK 90107 = Die Leistungen 1992, 315 mit Anm Sodan), sowie einen medizinischer Bademeister und Inhaber eines Kurbades, der den Ausschluß der Verordnungsfähigkeit von römisch-irischen und russisch-römischen Bädern bekämpfte (BSGE 67, 251 = SozR 3-2500 § 92 Nr 2).
Das BVerfG hat später in vier Entscheidungen der 3. Kammer des 1. Senats vom 20. September 1991 einerseits die Herausnahme von Arzneimitteln zur Anwendung bei Erkältungskrankheiten durch § 34 Abs 1 SGB V im Verhältnis zu den Arzeneimittelherstellern nicht als eine Regelung mit einer die Berufsausübung regelnden Tendenz angesehen, da ein Recht der Arzneimittelhersteller auf Beibehaltung der gesetzlichen Krankenversicherung für alle Bereiche nicht in Betracht komme (BVerfG, 1. Senat 3. Kammer, vom 20. September 1991, 1 BvR 1621/89, Die Leistungen 1992, 237 = SGb 1993, 118), aber andererseits den Ausschluß unwirtschaftlicher Arzneimittel aufgrund der Verordnungsermächtigung in § 34 Abs 3 SGB V durch die Verordnung über unwirtschaftliche Arzneimittel (AMuwV) vom 21. Februar 1990 (BGBl I, S 301) als eine in die Berufsfreiheit der Hersteller eingreifende Norm an Art 12 GG gemessen (BVerfG, 1 BvR 879/90, SozR 3-2500 § 34 Nr 1; 1 BvR 1455/90, Meso B 10/493 = SGb 1992,
605; 1 BvR 259/91). Die unterschiedliche Bewertung des Ausschlusses von Arzneimitteln nach § 34 Abs 1 SGB V und "unwirtschaftlicher Arzneimittel" nach § 34 Abs 3 SGB V iVm der AMuwV wird nicht näher begründet.
Der Satz, daß Art 12 GG kein Recht auf das Fortbestehen der GKV einräume, die Herausnahme unwirtschaftlicher Arzneimittel aber die Berufsfreiheit berühre und deshalb an Art 12 GG zu messen sei, entspricht dem Ansatz in der Rechtsprechung des BVerfG, daß ein Unternehmer regelmäßig aus Art 12 GG keinen Anspruch auf Subventionierung ableiten könne, die Versagung einer Subventionierung aber unter bestimmten Umständen die Berufsfreiheit beeinträchtige (zur Aufnahme in den Krankenhausbedarfsplan: BVerfGE 82, 209). Werden nicht Krankheiten (hinsichtlich der Versorgung mit Medikamenten) vom Versicherungsschutz ausgenommen, sondern einzelne Leistungen als unwirtschaftlich, dann liegt die Gefahr ungleicher Subventionierung vergleichsweise näher. Der Ausschluß der Verordnungsfähigkeit wegen Unwirtschaftlichkeit greift damit in die Berufsfreiheit ein. Das gilt für den Ausschluß wegen Unwirtschaftlichkeit in der AMuwV und - entgegen den angeführten Entscheidungen des 6. Senats - auch für den in den genannten Richtlinien. Die Festbetragsregelung kann insoweit nicht mit dem Ausschluß von Krankheiten, sondern allenfalls mit dem Ausschluß unwirtschaftlicher Medikamente verglichen werden. Denn mit der Festbetragsfestsetzung werden Präparate, deren Preise den Festbetrag übersteigen, auf der Grundlage des Sachleistungsprinzips wie dargelegt als unwirtschaftlich bewertet.
An dieser Entscheidung ist der Senat nicht durch § 41 SGG gehindert. Die Anrufung des Großen Senats (GrS) ist nicht erforderlich, wenn ein Senat des BSG im Rahmen einer Vorlage an das BVerfG eine abweichende Rechtsauffassung vertritt. Im übrigen entfällt die Anrufung des GrS auch dann, wenn ein Senat abweichend von einer Entscheidung eines anderen Senats des BSG sich einer später ergangenen Entscheidung des BVerfG oder einer Kammer des BVerfG anschließen will (vgl zum Anschluß an eine spätere Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs [EuGH]: BSG SozR 1500 § 42 Nr 1; des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes: BSGE 34, 269 = SozR Nr 4 zu § 42 SGG; des GrS: BSG SozR 1500 § 161 Nr 31), wie dies hier der Fall ist.
Die prozessualen Vorschriften des GRG zur Festbetragsfestsetzung lassen erkennen, daß die Beschränkung der Ermächtigung zur Festbetragsfestsetzung zumindest auch die Leistungserbringer (Arzneimittelhersteller und Hilfsmittelerbringer) schützen soll. Auf den Einwand der Beklagten, ohne einfachgesetzliche drittbegünstigende Schutznorm sei der unmittelbare Rekurs auf ein Grundrecht zur Begründung einer Klagebefugnis ausgeschlossen, ist deshalb nicht weiter einzugehen.
Im Gesetz ist insoweit angeordnet, daß die Klage gegen die Festbetragsfestsetzung keine aufschiebende Wirkung hat (§ 35 Abs 7 Satz 2 SGB V). Die Vorschrift regelt nach ihrer amtlichen Begründung den Rechtsschutz, dem die Festsetzung der Festbeträge als Verwaltungsakt in der Form einer Allgemeinverfügung unterliegt. Das steht der Auslegung entgegen, der Gesetzgeber habe sowohl den Versicherten, der den Leistungsfall abwarten kann, als auch den Leistungserbringer, der nicht verpflichtet wird, zum Festbetrag zu liefern, als nicht klagebefugt angesehen, und lediglich angeordnet, daß die von einem nicht klagebefugten Versicherten oder Leistungserbringer erhobene und damit unzulässige Klage keine aufschiebende Wirkung hat, die ihr sonst zukäme. Hätte der Gesetzgeber keine Klagemöglichkeit einräumen wollen, dann hätte er allenfalls die aufschiebende Wirkung ausgeschlossen, aber keinesfalls das Vorverfahren (§ 35 Abs 7 Satz 3 SGB V) und er hätte für die Festbetragsfestsetzung auch nicht die örtliche Zuständigkeit konzentriert (§ 57 Abs 4 SGG idF durch das GRG). Die gesetzliche Regelung wird auch im Schrifttum als ausdrückliche Eröffnung einer Klagemöglichkeit verstanden (Kasseler Komm-Hess SGB V § 35 Rz 15). So haben es auch die Beklagten gesehen: Die der Festbetragsfestsetzung beigefügte Rechtsmittelbelehrung bezeichnet diese nicht als unanfechtbar, sondern geht von der Zulässigkeit einer Anfechtungsklage aus.
Als anfechtungsberechtigt kommen nur der Versicherte und der Leistungserbringer in Betracht. Im Schrifttum werden vorrangig der Versicherte und daneben der Leistungserbringer (von Maydell, GemeinschaftsKomm-SGB V, § 35 RdNr 77; Maaßen in Maaßen/Schermer/
Wiegand/Zipperer § 35 SGB V RdNr 39) als anfechtungsberechtigt angesehen, oder der Anfechtungsberechtigte wird nicht bezeichnet (Kasseler Komm-Hess, SGB V § 35 Rz 15 und 16; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V, § 36 RdNr 4 und § 35 RdNr 14; Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, § 35 RdNr 31). Nach der in anderen Revisionsverfahren zur Festbetragsfestsetzung eingeholten Auskunft des Bundesministeriums für Gesundheit, die den Beteiligten dieses Rechtsstreits übersandt wurde, war im Gesetzgebungsverfahren nicht daran gedacht, die Möglichkeit des Versicherten, im Leistungsstreit eine fristfreie Inzidentüberprüfung der Festbeträge zu erreichen, durch eine befristete Anfechtungsklage des Versicherten zu ersetzen. Das bestätigt, daß die Anfechtungsberechtigung vorrangig für die betroffenen Leistungserbringer gedacht ist. Eine Festbetragsfestsetzung, die die Grenzen des § 35 Abs 5 SGB V nicht einhält oder aus anderen Gründen objektiv rechtswidrig ist, betrifft den Leistungserbringer in besonderer Weise, und nicht wie "Jedermann" iS einer Popularklage.
cc) Soweit die Klage auch die Rechtmäßigkeit der Gruppeneinteilung angreift, steht ihrer Zulässigkeit nicht entgegen, daß eine gesonderte Klage gegen die Gruppeneinteilung unzulässig ist (§ 35 Abs 7 Satz 4 SGB V). Damit wird eine gerichtliche Überprüfung der Gruppeneinteilung nicht entgegen Art 19 Abs 4 GG vollständig ausgeschlossen, sondern diese unterliegt erst im Rahmen einer Klage gegen die Festsetzung einer gerichtlichen Nachprüfung (BT-Drucks 11/3480 S 54).
b) Ist die Regelung verfassungsgemäß, könnte der Senat in der Sache noch nicht abschließend entscheiden. Es fehlt an den erforderlichen Tatsachenfeststellungen, insbesondere dazu, ob der Bundesausschuß der Ärzte und KKn und die Spitzenverbände der KKn bei der Festsetzung der Festbeträge die Vorgaben des § 35 Abs 3 und 5 SGB V beachtet haben. Dazu hat das Berufungsgericht infolge seiner abweichenden Rechtsauffassung, daß die Klage unzulässig sei, noch keine Feststellungen getroffen.
Der Senat vermag ohne Vorabentscheidung des EuGH auch nicht zu entscheiden, daß die Festbetragsregelung jedenfalls wegen Verstoßes gegen EG-Recht rechtswidrig ist. Nur für diese Fallgestaltung hat das BVerfG die Zulässigkeit einer Richtervorlage nach Art 100 GG verneint (BVerfGE 85, 191 [Leitsatz 1]).
Insoweit bestehen vernünftige Zweifel, die den Senat zur Vorlage an den EuGH nach Art 177 Abs 3 EWGVtr verpflichten würden (Krück in: von der Groeben/Thiesing/Ehlermann, Komm zum EWGVtr, Art 177 RdNr 68 mwN). Die Rechtsprechung des EuGH hat einen vergleichbaren Sachverhalt noch nicht behandelt; die bisherigen Entscheidungen lassen keinen eindeutigen Schluß auf die Auslegung des EG-Rechts in diesem Fall zu. Die Zweifel beruhen vor allem darauf, daß das Recht der sozialen Sicherheit auch beim heutigen Stand der europäischen Integration weitgehend der Regelungsbefugnis der einzelnen Mitgliedstaaten überlassen geblieben ist, während das Wettbewerbsrecht, soweit es grenzüberschreitende Wirkungen hat, einen wesentlichen Bestandteil des Europarechts ausmacht. Der vorliegende Fall berührt beide Rechtsgebiete, so daß eine eindeutige Zuordnung unter Berücksichtigung der bisherigen Rechtsprechung des EuGH nicht zweifelsfrei möglich ist.
Die Klägerin sieht in der gesetzlichen Festbetragsregelung einen Verstoß gegen Art 5 Abs 2 iVm Art 3 Buchst g, 85, 86, 90 EWGVtr, weil der Gesetzgeber seine Regelungsbefugnis Kartellbeschlüssen eines Nachfragerkartells von KKn überantwortet habe, darin eine nach EG-Recht verbotene Kartellabsprache zulasse sowie den Mißbrauch einer marktbeherrschenden Stellung erlaube. Der Klägerin ist einzuräumen, daß die Anwendung der Wettbewerbsvorschriften des EWGVtr nicht bereits deshalb entfällt, weil sich die Beklagten auf abweichendes nationales Recht und entsprechende hoheitliche Befugnisse berufen können. Der Senat hat auch keine Bedenken, EG-Recht anzuwenden, obwohl das Verfahren nur innerdeutsche Beteiligte betrifft. Durch die Rechtsprechung des EuGH ist insoweit geklärt, daß europäisches Wettbewerbsrecht auch dann anzuwenden ist, wenn Personen und Unternehmen anderer Mitgliedstaaten konkret nicht beteiligt sind, von den beanstandeten nationalen Regelungen aber jederzeit betroffen werden können (EuGH, Urteil vom 23. April 1991 - C 41/90 -, Höfner und Elser/Macrotron/Bundesanstalt für Arbeit [BA]; Slg 1991, 1979, 2010 = NJW 1991, 289 ). Bei der Festsetzung von Festbeträgen werden sowohl einheimische als auch importierte und parallel-importierte Arzneimittel betroffen. Ein auf das gesamte Gebiet eines Mitgliedstaates erstrecktes Preissystem ist schon seinem Wesen nach geeignet, den Handel zwischen Mitgliedstaaten zu beeinträchtigen.
Zweifel bestehen aber daran, ob es sich bei KKn und Verbänden von KKn um Unternehmen iS des EG-Wettbewerbsrechts handelt. Der EuGH hat zwar verschiedentlich zum Ausdruck gebracht, daß es für die Eigenschaft als Unternehmen nicht darauf ankomme, in welcher Rechtsform - sei es privatrechtlich oder öffentlich-rechtlich - es betrieben werde, sofern eine wirtschaftliche Betätigung vorliege (vgl Urteil in der Rechtssache Höfner und Elser/Macrotron/BA, aaO). Er hat aber in einer anderen Entscheidung (Urteil vom 17. Februar 1993 - verbundene Rechtssachen C-159/91 und C-160/91 - Poucet und Pistre, Slg 1993, I-637) die Unternehmenseigenschaft von gesetzlichen KKn verneint mit der Begründung, daß es sich um Einrichtungen mit Aufgaben von ausschließlich sozialem Charakter handele. Diese Entscheidung ist zur Zulässigkeit des Versicherungsmonopols der gesetzlichen KKn und zur Zulässigkeit der Versicherungspflicht ergangen. Der Klägerin ist einzuräumen, daß sich daraus nicht zwingend der Schluß ziehen läßt, gesetzliche KKn seien als solche generell nicht dem EG-Wettbewerbsrecht unterworfen. Andererseits steht angesichts der bisherigen Rechtsprechung des EuGH auch nicht das Gegenteil fest. Soweit man die gesetzlichen KKn als öffentliche Unternehmen iS von Art 90 Abs 1 EWGVtr einordnet, wären sie zwar ebenfalls wie private Unternehmen an die Wettbewerbsregeln der Art 85 und 86 EWGVtr gebunden. Art 90 Abs 2 EWGVtr macht aber davon eine Ausnahme, wenn die Anwendung der Wettbewerbsregeln die Erfüllung der den öffentlichen Unternehmen übertragenen besonderen Aufgabe rechtlich oder tatsächlich verhindert. Ob sich die Beklagten auf diese Ausnahmeregelung berufen könnten, erscheint EG-rechtlich zweifelhaft. Soweit der Senat die Festbetragsregelung für verfassungswidrig hält, begründet sich dies nicht darauf, daß Preisvereinbarungen der Nachfragerseite zum Zwecke der Dämpfung der Arzneimittelpreise generell nicht hingenommen werden können, sondern darauf, daß für ein solches Verhalten - unabhängig von seiner ordnungspolitischen Bedenklichkeit - die verfassungsmäßige Grundlage fehlt. Die EG-rechtliche Beurteilung der Übertragung normativer Regelungsbefugnisse vom Gesetzgeber auf Selbstverwaltungsträger mit Wirkung gegenüber Außenseitern läßt sich auch nicht mit eindeutiger Klarheit aus den von der Klägerin genannten Entscheidungen des EuGH über die Zulässigkeit der Tariffestsetzungsregelung des Deutschen Güterkraftverkehrsgesetzes und des Binnenschiffverkehrsgesetzes herleiten (Urteile vom 9. Juni 1994 - Rs C 185/91 - Reiff - EuZW 1993, 769 und vom 9. Juni 1994 - Rs C-153/93 - Delta). In diesen Entscheidungen hat der EuGH Preisregelungen, die durch unabhängige Tarifkommissionen mit Beteiligten aus den betroffenen Wirtschaftskreisen getroffen werden, als mit EG-Recht vereinbar angesehen, wenn sich der Staat nicht seiner Befugnisse begibt, sondern insbesondere darüber wacht, daß die Kommissionen die Tarife aufgrund von Erwägungen des allgemeinen Wohls festsetzen, und ggf anstelle dieser Kommissionen selbst entscheidet. Daraus läßt sich wohl mit hinreichender Deutlichkeit ableiten, daß der Staat seine Regelungsbefugnisse nicht privaten Wirtschaftsteilnehmern übertragen darf, sondern ein Letztentscheidungsrecht behalten muß. Ob dies auch für die Übertragung von Regelungsbefugnissen auf an Gesetz und Recht gebundene öffentlich-rechtliche Selbstverwaltungsträger gilt und ob es jedenfalls ausreicht, wenn der zuständige Bundesminister gemäß § 214 SGB V die allgemeine Aufsicht ausübt und gemäß § 213 Abs 3 SGB V beim Nichtzustandekommen von Festbetragsfestsetzungen ein Eintrittsrecht behält, bleibt auch nach den genannten Entscheidungen zweifelhaft.
Eine bestimmte Reihenfolge der Vorlagen ist gesetzlich nicht vorgeschrieben und wird - soweit ersichtlich - auch in der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG (vgl BVerfG, 2. Senat, 2. Kammer vom 22. Dezember 1992 - 2 BvR 557/88 -) nicht verlangt (vgl dazu auch Feige, AöR Bd 100, S 530, 558 f; Reiter, ZfSH/SGB 1990, S 10, 19 f). Der EuGH stellt die Reihenfolge der Vorlagen dem vorlegenden Gericht frei (Urteil vom 28. Juni 1991 - Rs C 348/89 - NVwZ 1993, 461). Der Senat hält die Klärung der innerstaatlichen Rechtslage für vorrangig.
3) Die Ermächtigung zur Festsetzung von Festbeträgen für Arzneimittel in § 35 SGB V verstößt gegen die nach dem GG für die Normsetzung geltenden Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit und Demokratie. Das Gesetz regelt die Festbetragsfestsetzung als Erlaß eines Verwaltungsakts. Es hätte in Ansehung des Art 12 Abs 1 Satz 2 GG den Erlaß einer Rechtsverordnung (VO) vorsehen müssen.
a) Die Festbetragsfestsetzung ist verfassungsrechtlich iS der Gewaltenteilung Rechtsetzung.
aa) Die Festbetragsfestsetzung wird zwar im Schrifttum weitgehend als Verwaltungsakt (Allgemeinverfügung) angesehen, der mit der Klage angefochten werden könne (Gerlach in Hauck/Haines, SGB V, § 35 RdNr 31; Kasseler Komm-Hess, SGB V, § 35 Rz 15; Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, SGB V, § 35 RdNr 14; von Maydell, aaO, GemeinschaftsKomm-SGB V, § 35 RdNr 76; Maaßen in Maaßen/Schermer/Wiegand/Zipperer, SGB V, § 35 RdNr 38; Schneider in Schulin, Handbuch des Sozialversicherungsrechts, Bd 1, Krankenversicherungsrecht, § 22 Rz 194). Das wird indes nicht näher begründet. Damit bleibt offen, ob diese Autoren es genügen lassen, daß der einfache Gesetzgeber die Festbetragsfestsetzung als Verwaltungsakt bezeichnet hat, oder ob ihrer Auffassung nach die Festbetragsfestsetzung tatsächlich Verwaltungsakt und keine Normsetzung iS des GG ist, oder ob sie die Regelung der Festbetragsfestsetzung unter dem Gesichtspunkt der Satzungsregelung oder der vereinbarten Norm als verfassungsgemäß ansehen.
In Veröffentlichungen speziell zum Leistungserbringerrecht wird die verfassungsrechtliche Zulässigkeit der nach dem SGB V neben der Ermächtigung zum Erlaß von Rechtsverordnungen eingeräumten weiteren Befugnisse zur untergesetzlichen Normsetzung zunehmend angezweifelt. Soweit hierbei die Festbetragsfestsetzung unerwähnt bleibt, liegt die Erklärung nahe, daß die Festbetragsfestsetzung als Verwaltungsakt angesehen wurde (vgl etwa Ebsen, VSSR 1990, 57-73; Papier, VSSR 1990, 123-137; Clemens, NZS 1994, 337-347; Luthe, SGb 1992, 580-585). Im Falle ausdrücklicher Prüfung wird allerdings eine Deutung der Festbetragsfestsetzung als Verwaltungsakt abgelehnt (Manhardt, Die Festbetragsregelung des Gesundheits-Reformgesetzes, Diss, 1989, S 80, S 90 ff; wohl auch Schwerdtfeger, Schriftenreihe des Deutschen Sozialrechtsverbandes Nr 38, Freiheit und Bindung bei der Leistungserbringung im Gesundheitswesen, Verfassungsrechtliche Grenzen, S 27, der nur die Rechtsverordnung als gangbaren Weg bezeichnet [48]).
bb) Eine Prüfung der Rechtsnatur der Festbetragsfestsetzung erübrigt sich nicht deshalb, weil der Gesetzgeber diese als Verwaltungsakt ansah.
Die im Ausschußbericht enthaltene Deutung der Festbetragsfestsetzung "als gestaltender Verwaltungsakt in der Form der Allgemeinverfügung" (BT-Drucks 11/3480 S 54) hat zwar im Gesamtzusammenhang der gesetzlichen Festbetragsregelung, insbesondere in der Regelung zum Ausschluß der aufschiebenden Wirkung einer Anfechtungsklage, einen hinreichenden Niederschlag gefunden. Sie ist damit als gesetzliche Regelung zu beachten.
Jedoch steht dem einfachen Gesetzgeber über die Begriffe Rechtsetzung und Verwaltungsakt in Ansehung des verfassungsrechtlichen Grundsatzes der Gewaltenteilung jedenfalls außerhalb eines engen Grenzbereichs keine Definitionsmacht zu. Den Art 20 und 80 GG ist zu entnehmen, daß der einfache Gesetzgeber nicht befugt ist, sich der aus diesen Vorschriften ergebenden Begrenzung einer Ermächtigung zur Rechtsetzung dadurch zu entziehen, daß er eine allgemeine Regelung ohne bestimmbaren Adressatenkreis nicht der Rechtsetzung zuordnet, sondern Verwaltungsakt nennt.
Das GG enthält keine Definition der Normsetzung und regelt diese -im Bereich der ausdrücklichen Aussagen- nur unvollständig. Gleichwohl wird im GG die Befugnis des Bundesgesetzgebers beschränkt, Rechtsetzungsbefugnisse auf öffentliche Stellen zu übertragen. Insoweit ist eine prinzipielle Unterscheidung zwischen Normsetzung und Verwaltung schon in Art 20 angelegt. Die Staatsgewalt wird durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt (Art 20 Abs 2 Satz 2 GG). Hierzu verdeutlicht Art 80 GG, der den Erlaß von Rechtsverordnungen regelt, daß die Art 20 und 80 GG an die herkömmliche Unterscheidung zwischen Rechtsetzung und Verwaltung, zwischen Norm und Verwaltungsakt anknüpfen. Art 80 GG ist damit eine Konkretisierung des Grundsatzes der Gewaltenteilung (Pieroth in Jarass/Pieroth, GG, 3. Aufl, Art 80 Rz 1).
Art 80 Abs 1 GG, der von den Änderungen dieser Vorschrift durch die Gesetze vom 20. Dezember 1993 (BGBl I, 2089) und vom 27. Oktober 1994 (BGBl I, 3146) nicht betroffen wird, regelt den Erlaß von Rechtsverordnungen. Er beschränkt die Möglichkeit des Gesetzgebers, Stellen der Exekutive zum Erlaß von Rechtsverordnungen zu ermächtigen. Die Aufzählung der möglichen Adressaten in Art 80 Abs 1 Satz 1 GG ist erschöpfend. Hieraus folgt etwa, daß eine unmittelbare Ermächtigung der Landesminister unzulässig ist, da zu den in Art 80 Abs 1 Satz 1 GG genannten Adressaten nur die Landesregierung und nicht die Landesminister gehören (Maunz/Dürig/Herzog/Scholz, GG, Art 80 Rz 40). Auch die Ermächtigung einer bestimmten, dem Bundesministerium nachgeordneten Behörde ist unzulässig. Das Gesetz darf den ermächtigten Minister zwar zur Delegation der Rechtsetzungsbefugnis an eine nachgeordnete Behörde ermächtigen. Jedoch garantiert Art 80 Abs 1 Satz 4 GG dem Ministerium die Befugnis, von der Delegation keinen Gebrauch zu machen und das Recht, diese jederzeit zu widerrufen, wobei die Delegation und ihr Widerruf in Form einer Rechtsverordnung zu erfolgen hat. § 35 Abs 3 SGB V ermächtigt die Spitzenverbände unmittelbar und wird damit vorgenannten Vorgaben für eine Subdelegation nicht gerecht.
Eine Definitionsmacht mit Auswirkung auf die Anwendung des Gewaltenteilungsgrundsatzes läßt sich nicht daraus ableiten, daß die Würdigung einer bestimmten Regelung als Norm oder als Verwaltungsakt an formale Kriterien anknüpft und daß die Definition des Verwaltungsakts, soweit diese für die Art der Rechtsschutzgewährung von Bedeutung ist, in die Definitionsmacht des einfachen Gesetzgebers fällt. Insoweit ist zB eine Gesetzesvorschrift, daß eine inhaltlich als untergesetzliche Rechtsnorm zu wertende Regelung wie ein Verwaltungsakt (oder als Verwaltungsakt) angefochten werden kann, unbedenklich. Gleichwohl darf der Gesetzgeber nach dem Grundsatz der Gewaltenteilung den Erlaß einer allgemeinen Regelung nicht als Verwaltungsakt iS des SGB X vorsehen und sich so der Bindung durch die verfassungsrechtlichen Vorgaben für die Setzung von Bundesrecht (Art 20 und 80 GG) entziehen. Anderenfalls würde die Nennung der drei Staatsgewalten in Art 20 und die Aufzählung der Adressaten in Art 80 GG jeglicher praktischer Bedeutung entkleidet.
Auch eine Bezeichnung der Festbetragsfestsetzung als "Akt eigener Art" kann den Gesetzgeber von den verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art 20 und 80 GG nicht freistellen. Das BSG hat allerdings in einem anderen verfassungsrechtlichen Zusammenhang anerkannt, der Gesetzgeber dürfe neben dem Verwaltungsakt einen Akt eigener Art ausgestalten. Der 7. Senat des BSG hat die in § 116 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) vorgesehene Entscheidung des Neutralitätsausschusses, die mit einer besonderen beim BSG zu erhebende Klage bekämpft werden kann, als "Akt sui generis" bezeichnet (BSG Urteil vom 4. Oktober 1994 - 7 KlAr 1/93 - SozR 3-4100 § 116 Nr 2). Diese Bezeichnung soll verdeutlichen, daß ein Leistungsempfänger die Entscheidung des Neutralitätsausschusses, insbesondere wenn sie vom BSG bestätigt wurde, in einem Rechtsstreit über seinen Leistungsanspruch ungeprüft (also ohne Prüfungsrecht des SG) als richtig hinzunehmen hat, obgleich er im Verfahren vor dem BSG über die Klage gegen die Entscheidung des Neutralitätsausschusses weder klagebefugt noch notwendig beizuladen ist. Nach allgemeinen Grundsätzen müßte bei Deutung der Entscheidung des Neutralitätsausschusses als Akt der Rechtssetzung im Verfahren vor dem SG eine Inzidentüberprüfung stattfinden, bei einer Deutung als Verwaltungsakt müßten alle Leistungsempfänger als klagebefugt angesehen werden. Der 7. Senat meint zu § 116 AFG, daß der Gesetzgeber den individuellen Rechtsschutz der Leistungsempfänger ohne Verletzung des Art 19 GG dergestalt einschränken durfte, weil der kollektive Rechtsschutz der Arbeitnehmer im Klageverfahren vor dem BSG aus den vom 7. Senat dargelegten Gründen ausreicht. Die Bezeichnung "Akt sui generis" mag geeignet sein, die für die Entscheidung des Neutralitätsausschusses geltende Einschränkung des individuellen Rechtsschutzes zu umschreiben. Insoweit kann nicht zweifelhaft sein, daß die Entscheidung des Neutralitätsausschusses keine abstrakt generelle Regelung ist: Sie betrifft einen Arbeitskampf, der nach Ort, Zeit und den beteiligten Kampfparteien individualisiert und konkretisiert ist, wobei der Kreis der Arbeitnehmer, die im Falle eines Leistungsantrags betroffen werden können, unbestimmt aber bestimmbar ist, während der Kreis der Arbeitnehmer, die ohne die Entscheidung des Neutralitätsausschusses einen Leistungsanspruch erwerben würden und infolge der Entscheidung nicht erwerben, nicht bestimmbar ist. Gleichwohl macht die Beziehung zu einem bestimmten Arbeitskampf die Entscheidung zu einer Einzelfallentscheidung. Es geht also in diesem Zusammenhang darum, ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, neben dem Verwaltungsakt noch weitere Formen der Einzelfallentscheidung vorzusehen, und welche Anforderungen sich insoweit für den zu gewährenden Rechtsschutz aus Art 19 GG ergeben. Hier geht es darum, ob die Begriffe Rechtsnorm und Verwaltungsakt in der Weise zur Disposition des einfachen Gesetzgebers stehen, daß dieser auch eine allgemeine Regelung ohne jeden konkreten Bezugspunkt als Einzelfallentscheidung (in der Form des Verwaltungsakts) ausgestalten darf.
cc) Die Festbetragsfestsetzung ist nach ihrem Inhalt eine allgemeine Regelung iS einer Rechtsnorm und keine Allgemeinverfügung. Der Begriff Rechtssetzung wird durch die Merkmale Außenwirkung für den Bürger und damit Bindung der Gerichte, nicht bestimmbarer Adressatenkreis und inhaltlich abstrakte Regelung gekennzeichnet. Das gilt auch, soweit ausnahmsweise Organe der Exekutive mit der Rechtssetzung beauftragt sind. Die Rechtssetzung ist insoweit in Abgrenzung von dem der Exekutive regelmäßig zugeordneten Exekutivakt mit Außenwirkung für den Bürger zu definieren. Die ebenfalls der Exekutive zuzuordnende Setzung von Verwaltungsbinnenrecht (vgl hierzu BSGE 73, 146, 150 = SozR 3-2500 § 53 Nr 4) kann bei der Beurteilung der Festbetragsfestsetzung unberücksichtigt bleiben. Der damit der Rechtssetzung gegenüber zu stellende Begriff Exekutivakt mit Außenwirkung für den Bürger wird gekennzeichnet durch die Merkmale: Bestimmter, oder doch zumindest bestimmbarer Adressatenkreis, und die inhaltliche Konkretisierung der getroffenen Regelung auf einen bestimmten Lebenssachverhalt. Hierher gehört insbesondere der Verwaltungsakt, auch in Form der Allgemeinverfügung.
Allgemeinverfügung ist nach § 31 Satz 2 SGB X ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet (1. Alternative) oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft (2. Alternative).
Die 1. Alternative ist nicht erfüllt. Der betroffene Personenkreis ist weder individuell bestimmt, noch iS der 1. Alternative im Zeitpunkt der Festsetzung nach allgemeinen Merkmalen bestimmt oder bestimmbar. Im Verhältnis zum Versicherten betrifft die Festbetragsfestsetzung nicht nur die bei der Festsetzung vorhandenen Versicherten. Sie gilt auch für zukünftig hinzutretende Versicherte und demgemäß nicht nur für bereits eingetretene, sondern auch für künftige Leistungsfälle. Das wird auch von den Autoren, die in der Festbetragsfestsetzung eine Allgemeinverfügung sehen, nicht angezweifelt. Die sich aus dem SGB V ergebende kartellrechtliche Zulässigkeit des von der Festbetragsfestsetzung ausgehenden Preisdrucks gilt auch für nach der Festbetragsfestsetzung unter deren Geltung hinzutretende neue Leistungserbringer oder neue Produkte bestehender Leistungserbringer. Auch soweit der Versicherte Arzneimittel erwirbt, die erst nach der Festbetragsfestsetzung auf den Markt gekommen sind, kann er die KK nur bis zur Höhe des Festbetrages zur Zahlung verpflichten. Im Verhältnis zu den Hilfsmittelerbringern ist die Festbetragsfestsetzung unabhängig davon legitimiert, ob diese im Zeitpunkt der Festsetzung bereits zugelassen waren oder ihren Beruf schon damals ausübten.
Auch die 2. Alternative des § 31 Satz 2 SGB X ist nicht erfüllt. Beispiele für die dort umschriebenen dinglichen Verwaltungsakte sind die Widmung oder Einziehung eines Weges, die Verkehrsbeschränkung durch ein Verkehrszeichen, das durch Schilder an einem bestimmten See angeordnete Badeverbot oder die Erklärung eines konkret begrenzten Gebiets zum militärischen Sicherheitsbereich. Bei diesen Verwaltungsakten ist zwar der Kreis der Adressaten so wenig bestimmbar, daß von einem adressatenlosen Verwaltungsakt gesprochen werden kann. Dafür ist die von der Regelung betroffene Sache, also beim Straßenverkehrsschild das betroffene Stück der Erdoberfläche, eindeutig individualisiert. Die Festbetragsfestsetzung gilt demgegenüber auch für Arzneimittel, die erst nach ihrem Erlaß hergestellt werden. Sie gilt abstrakt für Wirkstoffe, die sich nicht bestimmten Arzneimitteln zuordnen lassen.
Es werden zwar ziffernmäßig bestimmte Preise für die Festbetragsgruppen festgelegt. Trotz dieser Bestimmtheit ist die Festbetragsfestsetzung nach ihrem Inhalt abstrakt. Auch eine Gebührensatzung oder eine als Rechtsverordnung erlassene staatliche Gebührenordnung kann unter Berücksichtigung der insoweit einschlägigen Rechtstradition nicht deshalb als Einzelfallgesetz oder Maßnahmegesetz bezeichnet werden, weil die Gebühren ziffernmäßig bestimmt werden. Abgabengesetze bestimmen die Abgaben regelmäßig ziffernmäßig. Diese Eigenart kann für sich alleine die Wertung ihres Inhalts als generell abstrakt nicht in Frage stellen.
Die Festbetragsfestsetzung komplettiert zwar die im Gesetz hinsichtlich der Festbeträge getroffene abstrakt generelle Regelung und wirkt so auf deren Konkretisierung hin. Sie regelt aber keine Anwendung des Gesetzes auf einen konkreten Einzelfall oder auf eine bestimmbare Zahl von Fällen. Vielmehr wird die gesetzliche Regelung durch weitere abstrakt generelle Regelungen ergänzt, wie dies in Durchführungsverordnungen regelmäßig geschieht, deren Normcharakter nicht zweifelhaft ist.
Es gibt im Bereich des Kassenarztrechts (Vertragsarztrecht) und des Rechts der übrigen Leistungserbringer auch keine - eventuell sogar vorkonstitutionelle - Tradition, derartige Regelungen als Verwaltungsakt und nicht als Akt der Rechtssetzung zu erlassen oder anzusehen. Im Gegenteil, andere Regelungen, die nach ihrem Inhalt mit der Festbetragsfestsetzung vergleichbar sind, werden in ständiger Rechtsprechung als Rechtsnorm angesehen. Das gilt für die bereits erwähnten Vorschriften über den Ausschluß der Verordnungsfähigkeit für einige Arznei- und Heilmittel in den von den Bundesausschüssen der Ärzte und KKn erlassenen Richtlinien, die nicht als Allgemeinverfügung, sondern als Satzungsrecht gedeutet wurden (vgl BSGE 67, 251, 252 = SozR 3-2500 § 92 Nr 2; BSG Urteil vom 1. Oktober 1990 - 6 RKa 3/90 - USK 90107 = Die Leistungen 1992, 315). Soweit der Verordnungsausschluß neben den Ärzten die Versicherten und die Leistungserbringer betrifft, wendet er sich an denselben - unbestimmten - Personenkreis wie die Festbetragsfestsetzung. Auch die Festlegung des Kassenarzthonorars für bestimmte Leistungen im Honorarverteilungsmaßstab (HVM) der Kassenärztlichen Vereinigung (KÄV), die auf den Vertragsgebührenordnungen (BMÄ und E-GO) und dem Einheitlichen Bewertungsmaßstab für ärztliche Leistungen (EBM-Ä) aufbaut (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 368g Nr 2), wurde stets wie der EBM-Ä selbst als Rechtsnorm und nicht als Verwaltungsakt angesehen (Zum HVM: BSG SozR 3-2200 § 368f Nr 3; BSG Urteil vom 26. Januar 1994 - 6 RKa 33/91 - MedR 1994, 376 und BSG Urteil vom 24. August 1994 - 6 RKa 15/93 - für BSGE und SozR vorgesehen; zum Ersatzkassen-Honorarvertrag vom 13. März 1987: BSGE 73, 131, 132 = SozR 3-2500 § 85 Nr 4; Zum EBM: BSGE 69, 166, 167 = SozR 3-2500 § 87 Nr 2; BSGE 72, 15 = BSG SozR 3-2500 § 88 Nr 2). Insoweit weist insbesondere die Festlegung von Festbetragsgruppen auf der ersten Regelungsstufe Ähnlichkeiten mit der Festlegung einer Einzelposition des EBM-Ä auf.
Ob die im Gesetz für die Festbetragsfestsetzung ebenso wie für die RLn der Bundesausschüsse vorgesehene "Ersatzvornahme" als Verwaltungsakt zu deuten ist, der mit der Aufsichtsklage angefochten werden kann, bleibt offen. Eine solche Deutung betrifft das Verhältnis des zur Ersatzvornahme Berechtigten zum Normgeber (nur hier Verwaltungsakt) und läßt die Wirkung auf die Normunterworfenen unberührt. Auch aus der Formulierung der jeweils zur Ersatzvornahme getroffenen Regelungen lassen sich keine Argumente für eine Qualifizierung der Festbetragsfestsetzung als Allgemeinverfügung gewinnen. In anderen Gesetzen wird zwar die Ersatzvornahme für unterbliebene Satzungsregelungen in der Weise getroffen, daß die Regelung durch Rechtsverordnung erfolgt (vgl zB zum Anordnungsrecht der BA nach dem AFG dessen § 103 Abs 6). Demgegenüber wird im SGB V angeordnet, daß der zuständige Bundesminister die "Richtlinien erläßt" (§ 94 Abs 1 SGB V) bzw die von den Spitzenverbänden zu treffende "Entscheidung" erläßt. Nach § 213 Abs 3 SGB V idF des GRG vom 20. Dezember 1988 "entscheidet" über die Gruppenbildung der Bundesminister für Arbeit und Sozialordnung (BMA) im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Jugend, Familie, Frauen und Gesundheit und dem Bundesminister für Wirtschaft (BMWi), wenn die erforderlichen Beschlüsse nicht oder nicht innerhalb einer vom BMA gesetzten Frist zustande kommen (Satz 1). Die Entscheidung ist im BArbBl bekanntzumachen (Satz 3). Nach § 213 Abs 3 idF durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SGB V vom 20. Dezember 1991 (BGBl I, 2325) "entscheidet" der Bundesminister für Gesundheit (BMG) im Einvernehmen mit dem BMWi. Die Entscheidung ist im Bundesanzeiger bekanntzumachen. Nach der Ausschußbegründung-GRG (BT-Drucks 11/3480 S 64 zu § 122) sind auch im Rahmen der Ersatzvornahme die gesetzlichen Vorgaben für die Festsetzung der Festbeträge inhaltlicher und formeller Art, zB die Beteiligung von Sachverständigen, einzuhalten.
dd) Die Festbetragsfestsetzung muß auch nicht in Anlehnung an die Deutung der Genehmigung einer Satzung als ein Akt mit Doppelnatur gewertet werden, um den erforderlichen Rechtsschutz zu gewährleisten. Wenn das SGB V die Festbetragsfestsetzung durch VO vorsehen würde, könnte den betroffenen Leistungserbringern eine Normenkontrollklage eingeräumt werden. Verfassungsrechtlich unbedenklich wäre auch folgende Regelung des Rechtsschutzes gegen eine Festbetrags-VO: Den Leistungserbringern wird das Recht eingeräumt, die Feststellung zu beantragen, daß auf ihr Produkt die Festbetragsfestsetzung nicht angewandt werden darf. Hierüber entscheidet das Bundesministerium oder eine nachgeordnete Dienststelle durch Verwaltungsakt. Hinsichtlich des Anspruchs auf Entscheidung durch Verwaltungsakt könnte das SGB V in Anlehnung an die Transparenzrichtlinie (89/105/EWG, dort Art 3 Nr 2) dem Leistungserbringer einen Anspruch auf eine "auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung" einräumen. Eine solche Kombination verbände die mit dem Instrument einer VO verbundenen Garantien der Richtigkeit und einer klaren Verantwortlichkeit gegenüber dem Parlament mit einer Regelung des Rechtsschutzes, die infolge des Begründungszwangs wirksamer wäre als eine bloße Normenkontrollklage. Die Möglichkeit einer solchen Kombination entkräftet den Einwand, durch die Transparenzrichtlinie sei europarechtlich zur Rechtsschutzgewährung eine Festsetzung durch Verwaltungsakt vorgeschrieben, und mit einer Regelung durch VO sei im Vergleich zu der vom Gesetzgeber gewählten Verwaltungsaktlösung notwendigerweise eine Verschlechterung des Rechtsschutzes verbunden.
Die Beigeladene zu 2., vertreten durch das Bundesministerium für Gesundheit, hat in der mündlichen Verhandlung die Deutung der Festbetragsfestsetzung als eine generelle und abstrakte Regelung letztlich eingeräumt mit dem Vorbringen, der historische Gesetzgeber habe die Festbetragsfestsetzung zwar als Allgemeinverfügung angesehen, im Lichte des objektivierten Gesetzeswillens sei die Bezugnahme des Gesetzes auf die Festbetragsfestsetzung aber als dynamische Verweisung auf ein Regelwerk zu verstehen.
b) Die Ermächtigung zur Festbetragsfestsetzung durch Verwaltungsakt kann nicht verfassungskonform als dynamische Verweisung auf ein abstraktes Regelwerk gerechtfertigt oder in eine zulässige Ermächtigung zur Normsetzung umgedeutet werden.
aa) Das SGB V nimmt zwar an vielen Stellen auf die Festbeträge Bezug, zB in § 12 Abs 2 (Wirtschaftlichkeitsgebot), § 31 Abs 2 (Begrenzung des Leistungsanspruchs für Arzneimittel auf den Festbetrag), § 33 Abs 2 Satz 1 (Begrenzung des Leistungsanspruchs für Hilfsmittel auf den Festbetrag), § 73 Abs 5 Satz 2 Verpflichtung des Arztes zum Hinweis auf den Festbetrag), § 92 Abs 2 Satz 1 (Berücksichtigung der Festbeträge in den Richtlinien), § 92a Abs 8 Satz 2 (Angaben zur Höhe der Festbeträge in der Zusammenstellung des Instituts "Arzneimittel in der Krankenversicherung"), § 127 (Verträge), § 128 (Hilfsmittelverzeichnis), § 130 Abs 2 (Apothekenrabatt). Gleichwohl kommt eine Umdeutung der in § 35 SGB V angeordneten Festsetzung durch Verwaltungsakt in eine dynamische Verweisung nicht in Betracht. Dynamische Verweisungen, bei denen der Inhalt der in bezug genommenen Vorschrift der Entscheidung Dritter überlassen ist, sind nur eingeschränkt in dem durch die Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Bundesstaatlichkeit gezogenen Rahmen zulässig, wobei grundrechtliche Gesetzesvorbehalte diesen Rahmen zusätzlich einengen können (BVerfGE 47, 285, 312 ff). Bei einer solchen Verweisung muß der Inhalt des Regelwerks, auf das verwiesen wird, zumindest iS der inhaltlichen Bestimmtheit einer Ermächtigung zum Erlaß einer VO (Art 80 GG) festliegen. Anderenfalls könnte der Gesetzgeber die Schranken des Art 80 GG durch die Wahl einer dynamischen Verweisung unterlaufen. Schon diese äußerste Grenze ist hier nicht eingehalten. Es bedarf deshalb keiner Erörterung, in welchen engeren Grenzen der Inhalt der Regelung, auf die verwiesen wird, feststehen muß (vgl BVerfGE 78, 32, 37; 64, 208, 214).
Der Inhalt möglicher Festbetragsfestsetzungen ist weder im SGB V noch durch eine frühere Übung festgelegt. Nach dem SGB V kommt trotz zahlreicher zu beachtender Parameter für die erste Stufe der Festbetragsfestsetzung eine weite Spanne von festbetragsfähigen Wirkstoffen und Arzneimitteln in Betracht und für die zweite Stufe eine große Preisspanne zwischen dem billigsten und dem teuersten Anbieter. Die Vielzahl der vom Gesetzgeber zur Begrenzung der Ermächtigung verwandten unbestimmten Rechtsbegriffe, die bei einer Umdeutung der Ermächtigung in eine dynamische Verweisung für diese gelten, lassen es nicht annähernd zu, vorausschauend abzuschätzen, für welche Arzneimittel und in welcher Höhe die Festbeträge festgesetzt werden. Dabei können schon Schwankungen von wenigen DM von erheblicher Auswirkung für den einzelnen Arzneimittelhersteller sein.
Es ist dabei ohne Bedeutung, ob die Ermittlung der Festbeträge für Arzneimittel aufgrund eines von den Spitzenverbänden geschaffenen Regelungswerkes auf der Basis sog "multipler Regressionsschätzungen" erfolgt (vgl hierzu Reher/Reichelt, Wissenschaftliches Institut der Ortskrankenkassen, WIdO-Materialien, Bd 32, Bonn 1989, S 21 ff, 29 und Reichelt, WIdO-Materialien, Bd 33, Bonn 1989, S 7 ff). Denn auch ein solches Regelwerk ändert nichts daran, daß die Festbetragslinie letztlich als gegriffene Größe auf jedem beliebigen Preisniveau durch den Markt gezogen werden kann (vgl Reher/Reichelt, aaO, S 78).
Die gesetzlichen Vorgaben schließen überdies nicht mit der erforderlichen und möglichen Sicherheit aus, daß bei der Preisfestsetzung einseitig die wirtschaftlichen Interessen der KKn den Ausschlag geben. Sie weisen insbesondere hinsichtlich des durch Art 12 GG gebotenen Schutzes der Berufsfreiheit der Arzneimittelhersteller vermeidbare Unschärfen auf. § 35 Abs 5 Satz 1 SGB V umschreibt keine Rechtsposition und kein Rechtsgut, daß auf Seiten des Leistungserbringers zu berücksichtigen ist. Die Gewährung von Rechtsschutz durch § 35 Abs 7 SGB V besagt nicht, welche Rechte dem Leistungserbringer eingeräumt und geschützt werden sollen. Es wird nicht im erforderlichen und auch möglichen Ausmaß deutlich, daß die Begrenzung der Ermächtigung auch dem Schutze der Arzneimittelhersteller dient und auch aus dieser Schutzfunktion auszulegen ist. Die Fassung des Gesetzes birgt die Gefahr, daß die ermächtigten Verbände die Existenz des einzelnen Leistungserbringers und die Existenzfähigkeit des Berufsstandes nur insoweit als geschützt ansehen, als die Leistungserbringer für eine geordnete Versorgung notwendig sind.
Der Senat verkennt nicht die Schwierigkeiten des Gesetzgebers, die eingeräumte Kartellmacht zu begrenzen. Gleichwohl erscheint es möglich, zumindest den Gesichtspunkt der Billigkeit zu bezeichnen oder auf das Verbot unbilliger Behinderung in § 26 Abs 2 WettbewG zu verweisen. In Anlehnung an die Transparenzrichtlinie (89/105/EWG, dort Art 3 Nr 2) bestand auch die Möglichkeit, dem Leistungserbringer einen Anspruch auf eine "auf objektiven und überprüfbaren Kriterien beruhende Begründung" der Festbetragsfestsetzung einzuräumen. Eine solche Regelung hätte nicht nur den Streit um die Klagebefugnis vermieden, sie hätte auch den Umfang einer dynamischen Verweisung begrenzt.
bb) Eine Umdeutung in eine Ermächtigung zur Normsetzung kommt ebenfalls nicht in Frage. Damit erübrigt sich die Prüfung, ob die Festbetragsfestsetzung aufgrund einer umgedeuteten Ermächtigung in der vorliegenden Form als untergesetzliche Rechtsnorm hätte erlassen werden dürfen, und ob die Anfechtungsklage in einem solchen Fall abzuweisen wäre. Die Umdeutung in eine Verordnungsermächtigung scheitert daran, daß die ermächtigten Verbände nicht zu den in Art 80 GG genannten Adressaten gehören, wie bereits ausgeführt. Auch eine Umdeutung in eine Ermächtigung, Normen zu vereinbaren oder Satzungsrecht zu setzen, ist nicht möglich. Die Art 20 und 80 GG schließen zwar den Erlaß von Satzungsrecht und die normative Geltung der Tarifverträge jedenfalls in dem bei Erlaß des GG üblichen Maße nicht aus (zum Anordnungsrecht der BA vgl BVerfG SozR 4495 Allg Nr 1). Das gilt auch für die langjährige Übung, im Recht der Krankenversicherung die Beziehungen der KKn und ihrer Verbände zu den Leistungserbringern und deren Verbänden durch Satzungsrecht und durch vereinbarte Normen zu regeln. Die Festbetragsfestsetzung kann keiner der beiden genannten Arten verfassungsrechtlich zulässiger Normerzeugung zugeordnet werden. Deshalb ist auf die gegen eine ständige Ausdehnung der Erzeugung untergesetzlicher Normen im Kassenarztrecht erhobenen Bedenken (vgl etwa Wimmer, NJW 1995, 1577 ff mwN) hier nicht einzugehen. Deren Verfassungsmäßigkeit bleibt offen.
Die Festbetragsfestsetzung paßt nicht in das Bild vereinbarter Normen, obgleich sie durch mehrere Beteiligte einvernehmlich erfolgt. Das Institut der von Verbänden der Beteiligten vereinbarten Preise entspricht dem Modell des Tarifvertrags und hat im Kassenarztrecht eine lange Tradition. Die Festbetragsfestsetzung ist keine vereinbarte Rechtsnorm iS der im Kassenarztrecht bei Schaffung des GG möglicherweise gewohnheitsrechtlich anerkannten Institute.
Die Vergütung für Kassenärzte (seit dem GSG: Vertragsärzte) wurde und wird nicht durch Gesetz oder Rechtsverordnung bestimmt. Sie wird vielmehr durch die Beteiligten nach Maßgabe des Gesetzes in einem ständig verfeinerten, komplizierten, mehrstufigem Verfahren auf Bundesebene und auf regionaler Ebene unter Einschaltung der Kassen(zahn)ärztlichen Vereinigungen (KÄV, KZÄV) und der Kassen(zahn)ärztlichen Bundesvereinigungen (KÄBV, KZÄBV) festgelegt (vgl zum Ineinandergreifen der einzelnen Festsetzungen und zum objektivrechtlichen Charakter der Honorarverteilungsgerechtigkeit (BSG Urteil vom 12. Oktober 1994 - 6 RKa 5/94 - für BSGE und SozR vorgesehen). Im Verhältnis Vertragsarzt - KK (genauer: KÄV - KK) werden bei Abschluß der Normvereinbarung auf beiden Seiten öffentlich-rechtlich organisierte Verbände tätig. Sie repräsentieren die wirtschaftlichen Gegenspieler. Auf diese Tradition kann zur Rechtfertigung der Festbetragsfestsetzung schon deshalb nicht zurückgegriffen werden, weil bei der Festbetragsfestsetzung die Arzneimittelhersteller als wirtschaftliche Gegenspieler der KKn anzusehen sind. Es sind zwar nach § 35 Abs 2 Satz 1 SGB V Sachverständige "der Arzneimittelhersteller" anzuhören, aber nicht iS einer Vereinbarung.
Ob die Festbetragsfestsetzung jedenfalls nach dem Sprachgebrauch des SGB V als Vereinbarung bezeichnet werden kann, ist für die Rechtsnatur nicht entscheidend. Die Festbetragsfestsetzung erfolgt nach § 35 Abs 1 Satz 1 SGB V durch den Bundesausschuß der Ärzte und KKn (in der ersten Stufe) und nach § 35 Abs 3 Satz 1 SGB V durch eine "gemeinsame und einheitliche Entscheidung" der Spitzenverbände (in der zweiten Stufe). Ob diese Formulierung des Gesetzes eher einem einstimmig zu fassenden Beschluß entspricht oder einer Vereinbarung, kann offenbleiben. Die Einordnung als Satzungsbeschluß oder als vereinbarte Rechtsnorm erfolgt nach dem materiellen Gehalt der Regelung.
Sie kann nicht nach den in der gesetzlichen Ermächtigung gebrauchten Begriffen vorgenommen werden.
Die Festbetragsfestsetzung kann auch nicht als Satzungserlaß bewertet werden (vgl zur Satzungsermächtigung ohne Bindung an Anforderungen des Art 80 GG: BSGE 68, 123, 124 = SozR 3-2200 § 803 Nr 2; BSGE 54, 243, 245 = SozR 2200 § 803 Nr 2). Satzungsrecht gilt bei körperschaftlicher Struktur des Satzungsgebers regelmäßig nur für Mitglieder. Ob der Kreis der Mitglieder bei einer gestuften Verbandsstruktur (hier zB: AOK, AOK-Landesverband, AOK-Bundesverband) so weit ausgelegt werden kann, daß eine mittelbare Repräsentation ausreicht (vgl zur 5fach gestuften Wahl Ebsen, Autonome Rechtssetzung in der Sozialversicherung und der Arbeitsförderung als Verfassungsproblem, VSSR 1990, 57, 64), und welche Grenzen insoweit für eine ausreichende Repräsentation zu ziehen sind, kann offenbleiben. Denn die Festbetragsfestsetzung kann gegenüber den Arzneimittelherstellern schon deshalb nicht als Satzungsrecht gelten, weil diese an der Besetzung der Gremien, die in erster und zweiter Stufe die Festbeträge ordnen, nicht, auch nicht mittelbar, mitwirken.
Eine Erstreckung der Ermächtigung zu Satzungsrecht von Körperschaften und selbstverwalteten Anstalten auf Nichtrepräsentierte (Außenseiter) ist im Prinzip unzulässig (Luthe, Rechtssetzungskompetenzen im Bereich der mittelbaren Staatsverwaltung SGb 1992, 580, 581; Clemens, Normenstrukturen im Sozialrecht - Unfallversicherungs-, Arbeitsförderungs- und Kassenarztrecht, NZS 1994, 337, 340 und 346). Satzungsrecht kann nur in Randbereichen unter dem Gesichtspunkt der Annexmaterie auf "Nichtmitglieder" (= auf an der Selbstverwaltung nicht Beteiligte) anwendbar sein (vgl etwa zur Regelung der Vergütung für Notfallbehandlung durch Nichtmitglieder der KÄV BSG Urteile vom 12. Oktober 1994 - 6 RKa 31/93 - und vom 1. Februar 1995 - 6 RKa 9/94 -; vgl auch BSGE 71, 117, 118 f = SozR 3-2500 § 120 Nr 2). Weiterhin hat die Rechtsprechung auch in vereinbarten Normen Regelungen für Nichtmitglieder im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung zugelassen (ebenfalls zum Notfalldienst: BSGE 70, 240, 244 = SozR 3-5533 Allg Nr 1).
Auf die insoweit verfassungsrechtlich gebotenen Grenzen ist hier nicht näher einzugehen (vgl hierzu etwa BVerfG 37, 1, 26). Diese sind eindeutig überschritten. Die Arzneimittelhersteller sind bei der Vergütung ihrer Leistung für Kassenpatienten nicht nur am Rande, sondern wesentlich betroffen. Die Festsetzung ist nach ihrem wirtschaftlichen Gewicht für die KKn von gleicher Bedeutung wie für die Leistungserbringer als Gegenseite. Der Bereich, für den nach dem Gesetz für Arzneimittel Festbeträge zulässig sind, kann schon nach seiner absoluten Größe nicht als Annex gewertet werden. Das gilt nach der erheblichen Ausweitung dieses Bereichs durch das GSG in verstärktem Maße. Es kann daher offenbleiben, ob dieser Bereich bezogen auf die Gesamtzuständigkeit der Spitzenverbände und den ganzen Gesundheitssektor relativ nur von untergeordneter Bedeutung ist.
Die Umdeutung der Festbetragsfestsetzung in eine Satzungsregelung scheitert auch daran, daß zwar im Bereich der Verwaltungstätigkeit die Mitwirkung Privater als "Beliehene" zulässig ist, nicht aber im Bereich der Rechtssetzung aufgrund einer Satzungsermächtigung. Die in § 213 Abs 1 SGB V als Spitzenverbände genannten Verbände der Ersatzkassen, die als Beklagte zu 5. und 6. beteiligt sind, sind privatrechtlich in der Form eingetragener Vereine organisiert.
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit, bestimmten Verbänden von Selbstverwaltungskörperschaften - wobei diese Verbände teils privatrechtlich und teils öffentlich-rechtlich organisiert sind - Rechtssetzungsbefugnisse mit Wirkung für nichtrepräsentierte Betroffene einzuräumen, kann auch nicht aus anderen anerkannten Erscheinungen der Übertragung von Normierungsaufgaben an private Verbände (hierzu Hoffmann-Riem, DVBl 1994, 1381, 1388) abgeleitet werden.
Die Allgemeinverbindlicherklärung von Tarifverträgen ist im Verhältnis zu den ohne sie nicht tarifgebundenen Arbeitgebern und Arbeitnehmern ein Rechtssetzungsakt eigener Art zwischen autonomer Regelung und staatlicher Rechtssetzung, der seine eigenständige Grundlage in Art 9 Abs 3 GG findet; er kann nicht an Art 80 GG gemessen werden (BVerfGE 44, 322 und 34, 307). Die hierzu gegebene Begründung des Gerichts bestätigt, daß der Geltung vereinbarter Normen für Nichtrepräsentierte enge Grenzen gesetzt sind und daß dem einfachen Gesetzgeber zur Übertragung von Normierungsaufgaben außerhalb von Satzungsrecht und vereinbarten Normen kein Findungsrecht zusteht.BUNDESSOZIALGERICHT
Fundstellen