Entscheidungsstichwort (Thema)
Kurzarbeitergeld. Anerkennungsverfahren. Leistungsverfahren. Leistungsklage. Vorrang vor Verpflichtungsklage. Übergang von der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage zur Anfechtungs- und Leistungsklage. Klageänderung. Klageerweiterung. Revisionsverfahren. Anschlußrevision
Orientierungssatz
1. Lehnt das Arbeitsamt auf eine Anzeige des Arbeitsausfalls die Anerkennung der Voraussetzungen nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG für die Gewährung von Kurzarbeitergeld ab, ist Rechtsschutz grundsätzlich durch die verbundene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) mit dem Ziel der Anerkennung zu suchen. Lehnt das Arbeitsamt dagegen im Leistungsverfahren geltend gemachte Leistungen ab, sei es gänzlich, in bezug auf einzelne Arbeitnehmer oder hinsichtlich der Höhe der für einzelne Arbeitnehmer oder von dem Arbeitgeber beanspruchten Leistungen, ist die verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) gegeben, die darauf abzielt, die Verurteilung der Beklagten zur Leistung bestimmter oder höherer Leistungen zu erreichen (vgl BSG vom 28.7.1987 7 RAr 92/85). Diese Klageart, und nur diese Klageart, ist auch gegeben, wenn das Arbeitsamt schon auf die Anzeige des Arbeitsausfalls hier Leistungen gänzlich ablehnt. Mit der weniger weitreichenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, die nur auf Anerkennung der betrieblichen Voraussetzungen zielt, können Leistungen wegen Kurzarbeit nicht unmittelbar und möglicherweise auch nicht ohne ein weiteres Verfahren erreicht werden. Da die Rechtsordnung dem Rechtsuchenden grundsätzlich nur das Recht gibt, den begehrten Rechtsschutz auf dem kürzesten Weg zu suchen (vgl BSG vom 10.3.1976 10 RV 185/75 = BSGE 41, 218, 219 = SozR 3100 § 35 Nr 3), ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Fällen dieser Art unzulässig.
2. Der Grundsatz, daß die Rechtsordnung dem Rechtsuchenden grundsätzlich nur das Recht gibt, den begehrten Rechtsschutz auf dem kürzesten Weg zu suchen, ist auch dann zu beachten, wenn während des Rechtsstreits um die Anerkennung der allgemeinen und betrieblichen Kurzarbeitergelder Voraussetzungen im Leistungsverfahren die geltend gemachten Leistungen abgelehnt werden. Die Ablehnung des Leistungsantrags ersetzt nämlich, soweit die Leistungsentscheidung reicht, die Ablehnung der Anerkennung; denn die Ablehnung eines geltend gemachten Leistungsantrags ist die zwingende Folge der Ablehnung des Anerkennungsantrags. Dies aber hat gemäß § 96 SGG zur Folge, daß die Ablehnung der Leistung Gegenstand eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens über die Ablehnung der Anerkennung der betrieblichen Voraussetzungen wird. Da bei Ablehnung des Leistungsantrags der Anspruch auf Leistungen wegen Kurzarbeit mit der der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage vorgehenden Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist, muß der Kläger in einem solchen Falle zu dieser Klageart übergehen; jede andere Klageart ist unzulässig.
3. Als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird (§ 99 Abs 3 Nr 2 SGG). Die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG soll den Leistungsanspruch lediglich vorbereiten. Geht ein Kläger von dem kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag gegen einen (negativen) Anerkennungsbescheid zu einem Leistungsantrag über, erstrebt er mithin nunmehr unmittelbar ohne Änderung des Klagegrundes den Endzweck. Der Übergang zu einem Leistungsantrag gemäß § 99 Abs 3 Nr 2 SGG ist zulässig, selbst wenn eine Verwaltungsentscheidung im Leistungsverfahren noch nicht getroffen worden war (vgl BSG vom 17.5.1983 7 RAr 13/82 = SozR 4100 § 63 Nr 2, insoweit nicht abgedruckt). Eine solche Erweiterung durch den Revisionskläger ist auch im Revisionsverfahren zulässig (vgl BSG vom 20.9.1989 7 RAr 110/87 = SozR 4100 § 78 Nr 8). Für den Fall, daß eine ablehnende Entscheidung des Arbeitsamts im Leistungsverfahren ergangen ist, gilt dies erst recht.
4. Stellt ein Kläger, der Rechtsmittelbeklagter ist, im Rechtsmittelverfahren einen neuen Klageantrag, müssen die Voraussetzungen zumindest für eine unselbständige Anschließung an das Rechtsmittel gegeben sein (vgl BSG vom 16.10.1968 3 RK 25/65 = SozR Nr 11 zu § 521 ZPO). Dies kann indessen dann nicht gelten, wenn die Vorinstanzen verkannt haben, was kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens geworden ist, infolgedessen ein nicht sachdienlicher Klageantrag gestellt worden ist und der Rechtsmittelführer auf diese Tatsachen gestützt die Abweisung der Klage als unzulässig begehrt. Es ist allgemein anerkannt, daß es keines Anschlußrechtsmittels bedarf, wenn der Rechtsmittelgegner lediglich geltend machen will, daß die angegriffene Entscheidung zwar nicht aus den von der Vorinstanz angegebenen, aber aus anderen Gründen zutreffend ist. So bedarf es insbesondere keines Anschlußrechtsmittels, wenn ein Beklagter vorbringt, daß die Klage nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen sei (vgl BSG vom 11.12.1973 2 RU 114/71 = BSGE 37, 28, 33 = SozR Nr 4 zu § 556 ZPO). Entsprechend darf es auch außerhalb eines Anschlußrechtsmittels nicht verwehrt sein, geltend zu machen, daß bei richtiger Verfahrensweise der Vorinstanzen auch ein sachdienlicher Antrag zu erwarten gewesen wäre, und diesen nunmehr zu stellen. 5. Ein Abänderungs- oder Ersetzungsbescheid, der nach Ergehen des Widerspruchsbescheids, aber vor Erhebung der Klage erlassen wird, wird nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens (vgl BSG vom 1.8.1978 - 7 RAr 37/77 = SozR 1500 § 86 Nr 1). Geht dann durch Erhebung der Klage die Sache an das SG, wird auch der abändernde oder ersetzende Bescheid Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens.
Normenkette
AFG §§ 63, 64 Abs. 1; SGG § 54 Abs. 1, 4, §§ 96, 99 Abs. 3 Nr. 2, § 168; ZPO § 556; SGG § 86 Abs. 1
Verfahrensgang
Tatbestand
Die Klägerin, ein Hoch-, Tief- und Straßenbauunternehmen, zeigte am 7. Dezember 1984 dem Arbeitsamt M. an, daß wegen Auftragsmangels in ihrer Hochbauabteilung (mit 53 Beschäftigten) die regelmäßige betriebsübliche wöchentliche Arbeitszeit von 40 Stunden vom 10. Dezember 1984 an bis voraussichtlich 30. Mai 1985 auf 20 Stunden herabgesetzt werde. Das Arbeitsamt erkannte daraufhin an, daß die in den §§ 63 und 64 Abs 1 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) genannten Voraussetzungen für die Gewährung von Kurzarbeitergeld (Kug) erfüllt sind und den vom Arbeitsausfall betroffenen Arbeitnehmern der Hochbauabteilung vom 10. Dezember 1984 für die Zeit des Vorliegens der Anspruchsvoraussetzungen, längstens jedoch bis zum 30. Mai 1985, Kug gewährt werde, allerdings mit dem Zusatz, daß die acht Beschäftigten auf der Baustelle Amtsgericht W. und die neun Arbeitnehmer auf der Baustelle S. Kaserne W. bis zur Fertigstellung der Bauobjekte von der Bewilligung des Kug ausgeschlossen seien. Dieser Zusatz ist damit begründet worden, daß durch das vorhandene Gesamtbauvolumen die Unvermeidbarkeit des Arbeitsausfalls nicht gegeben sei. Zu erwartende Nachtragsaufträge bezüglich des Amtsgerichts W. hinderten die Durchführung der schon vergebenen Abbruch- und Umbauarbeiten nicht; auf der Baustelle S. Kaserne W. werde keine Kurzarbeit durchgeführt (Bescheid vom 29. Januar 1985, Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1985).
Mit der am 18. März 1985 erhobenen Klage hat die Klägerin geltend gemacht, infolge Umplanung durch das Staatsbauamt habe sie die Rohbauarbeiten an der Baustelle Amtsgericht W. nicht fortsetzen können, so daß der Arbeitsausfall auf dieser Baustelle unvermeidbar gewesen sei; er habe auch durch Umsetzungen der Arbeitnehmer auf andere Baustellen nicht aufgefangen werden können. Nachdem die Klägerin zunächst die Aufhebung der genannten Bescheide und später unter Abänderung dieser Bescheide die Verurteilung der Beklagten beantragt hatte, die Voraussetzungen zur Gewährung von Kug bezüglich des Arbeitsausfalls auf der Baustelle Amtsgericht W. anzuerkennen, beschränkte sie sich schließlich auf den Antrag, den Bescheid vom 29. Januar 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1985 aufzuheben, soweit darin die auf der Baustelle Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmer von der Bewilligung des Kug ausgeschlossen worden sind. Das Sozialgericht (SG) hat dem so gefaßten Klageantrag entsprochen (Urteil vom 12. Juni 1986). Die Berufung der Beklagten, die das SG zugelassen hatte, hat das Landessozialgericht (LSG) zurückgewiesen (Urteil vom 2. November 1988).
Zur Begründung seines Urteils hat das LSG ua ausgeführt, die Klage sei zulässig, auch wenn sich die Klägerin auf die Anfechtung des sie belastenden Zusatzes in dem Anerkennungsbescheid beschränkt habe. Insoweit liege eine selbständig anfechtbare Regelung vor. Es fehle auch nicht an dem Rechtsschutzinteresse, obwohl die Klägerin den Antrag auf die eigentliche Leistung offenbar noch nicht gestellt habe; denn sie könne diesen Antrag nach positivem Ausgang dieses Rechtsstreits noch nachholen. Der Senat gehe davon aus, daß die dreimonatige Ausschlußfrist des § 72 Abs 2 AFG durch das anhängige Verfahren gehemmt sei. Zutreffend habe das SG den Ausschluß der auf der Baustelle Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmer von der Bewilligung des Kug als rechtswidrig angesehen. Denn der nach § 72 Abs 1 Satz 4 AFG unverzüglich nach Erstattung der Anzeige zu erteilende Bescheid dürfe lediglich eine Entscheidung über das Vorliegen der Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach §§ 63, 64 Abs 1 AFG dem Grunde nach treffen. Ein solcher Grundbescheid befasse sich nur mit der Feststellung bestimmter Mindestvoraussetzungen von Betrieben oder selbständigen Betriebsabteilungen, nicht jedoch mit den Leistungsansprüchen einzelner Arbeitnehmer oder Gruppen von Arbeitnehmern. Einzelne Arbeitnehmer hätten erst dann ausgeschlossen werden dürfen, wenn die konkrete Leistung für konkrete Arbeitnehmer beantragt worden wäre.
Mit der Revision rügt die Beklagte die Verletzung von Prozeßrecht und der §§ 63, 64 und 72 AFG.
Zu Unrecht sei das LSG von der Zulässigkeit der Klage ausgegangen. Unter Verletzung des § 103 Sozialgerichtsgesetz (SGG) habe das LSG angenommen, daß die Klägerin Leistungen für die auf der Baustelle Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmer nicht beantragt habe. Tatsächlich habe die Klägerin dies am 7. Februar 1985 getan. Dieser Antrag sei mit Bescheid vom 5. März 1985 abgelehnt worden, wie sich aus Bl 67 der Leistungsakte ergebe. Mit Schriftsatz vom 25. November 1985 habe die Beklagte ausdrücklich auch darauf hingewiesen, daß die Klägerin ausschließlich für den Monat Januar 1985 für die Baustelle Amtsgericht W. Kug beantragt habe. Hiernach sei die Klage von Anfang an unzulässig gewesen; denn die Klägerin habe allein eine Anfechtungsklage erhoben, die nicht zulässig gewesen sei. Sei der Bescheid vom 5. März 1985 nicht Gegenstand des Rechtsstreits und damit gemäß § 77 SGG bindend geworden, so habe die Klägerin an der begehrten teilweisen Aufhebung kein geschütztes Interesse mehr gehabt; denn die Aufhebung sei für sich nicht geeignet, die Gewährung von Kug zu erlangen. Sei der Bescheid vom 5. März 1985 dagegen Gegenstand des Rechtsstreits geworden, fehle der Klage gleichwohl die Zulässigkeit; denn die Klägerin hätte dann von Anfang an eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage erheben müssen, um ein Rechtsschutzbedürfnis bejahen zu können (vgl Urteil des erkennenden Senats vom 28. Juli 1987 - 7 RAr 92/85 -).
Die Klage wäre, wenn sie zulässig sein sollte, sachlich nicht begründet. Die Vorinstanzen hätten die mögliche Reichweite der Regelungsbefugnis bei Entscheidungen nach § 72 Abs 1 Satz 4 AFG verkannt, die ergangenen Bescheide inhaltlich falsch bewertet und zu Unrecht angenommen, die Beklagte habe unzulässigerweise die Entscheidung nach § 72 Abs 1 Satz 4 AFG mit der Entscheidung nach § 72 Abs 2 AFG verquickt. Entscheidungen nach § 72 Abs 1 Satz 4 AFG würden zur Vorbereitung der Feststellung des Anspruchs auf die Leistung getroffen und sollten dem Arbeitgeber Entscheidungshilfen für die zukünftige Planung geben, weshalb sie beschleunigt zu ergehen hätten. Dabei gebe die Anerkennung den Betroffenen die Zusicherung, daß die Beklagte Kug gewähre, sofern die persönlichen Anspruchsvoraussetzungen gegeben seien und die betrieblichen Voraussetzungen entsprechend der Anzeige bzw der Glaubhaftmachung vorlägen oder, soweit es sich um künftige Tatsachen handele, tatsächlich auch einträten. Damit werde der Anspruch dem Grunde nach anerkannt; es handele sich um den verselbständigten Teil einer Entscheidung, durch die Leistungen gewährt würden. Umgekehrt bedeute die Versagung der Anerkennung nicht nur die Ablehnung der Zusicherung, Kug zu zahlen, sondern die Verneinung der Voraussetzungen der Ansprüche und damit die Versagung der Ansprüche selbst. Hiernach seien die angefochtenen Bescheide auch rechtmäßig, soweit nach ihnen hinsichtlich der auf der Baustelle Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmer die Gewährung von Kug unzulässig sei. Damit sei keineswegs über das Vorliegen der persönlichen Voraussetzungen bei bestimmten Arbeitnehmern der Hochbauabteilung entschieden worden. Entschieden sei vielmehr, daß wegen des Umfangs der Bautätigkeit auf dieser Baustelle und des Zeitpunkts der geplanten Fertigstellung des Projekts für eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern kein Arbeitsausfall aus wirtschaftlichen Gründen bzw kein unvermeidbarer Arbeitsausfall eintrete, und daß insoweit Kug nicht gewährt werde. Diese Entscheidung stehe im unmittelbaren Zusammenhang mit der entsprechenden Angabe der Klägerin bei der Anzeige des Arbeitsausfalls und sei auch sachgerecht. Tatsächlich sei die Arbeit auf der Baustelle Amtsgericht W. nur in der Zeit bis zum 18. Januar 1985 ausgefallen, und zwar nicht aus wirtschaftlichen Gründen, sondern allein wegen extremer Witterungsbedingungen, die ein Weiterarbeiten nicht zugelassen hätten. Entscheidungen nach § 72 Abs 1 Satz 4 AFG hätten daher nicht nur auf Anerkennung oder Versagung der Anerkennung zu lauten; sie könnten vielmehr auch die Anerkennung unter Einschränkung zum Inhalt haben, wenn die Einschränkung auf dem Fehlen betrieblicher Voraussetzungen beruhe.
Die Beklagte beantragt,
die Urteile des LSG und des SG aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen und die Beklagte zu verurteilen, Kug in Höhe von 4.922,28 DM zu zahlen.
Sie macht geltend, der ursprüngliche Antrag sei zu erweitern, da der Bescheid vom 5. März 1985 den Bescheid vom 29. Januar 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Februar 1985 bestätigt habe, soweit den auf der Baustelle Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmern Kug verweigert worden sei. Die Zahlungsverpflichtung der Beklagten ergebe sich daraus, daß der Arbeitsausfall dort im Januar 1985 unvermeidbar gewesen sei. Es treffe nicht zu, wenn die Beklagte wiederum vortrage, daß die Arbeit nicht aus Gründen ausgefallen sei, die die Gewährung von Kug rechtfertige. Die Arbeiten hätten erst fortgeführt werden können, nachdem ein Anschlußauftrag erteilt worden sei.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Beklagten ist begründet. Zu Unrecht haben die Vorinstanzen den Bescheid vom 29. Januar 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 1985 aufgehoben, soweit darin die auf der Baustelle Amtsgericht W. beschäftigten Arbeitnehmer von der Bewilligung von Kug ausgeschlossen worden sind; denn für ein solches beschränktes Klagbegehren fehlt der Klägerin das Rechtsschutzinteresse.
Die Klägerin will mit ihrer Klage letztlich bewirken, daß die vom Arbeitsausfall auf der Baustelle Amtsgericht W. im Januar 1985 betroffenen Arbeitnehmer Kug erhalten und ihr die Zuschüsse bewilligt werden, die die Beklagte bis zum 31. Dezember 1988 zu den Beiträgen der Arbeitgeber zur Krankenversicherung (§ 163 Abs 2 Sätze 2 bis 4 AFG in den bis zum 31. Dezember 1988 geltenden Fassungen) zu gewähren hatte und zur Rentenversicherung (§ 166 Abs 3 Sätze 2 und 3 AFG) weiterhin gewähren muß.
Das Verwaltungsverfahren für die Gewährung von Leistungen bei Kurzarbeit ist - wie beim Zuschuß zu witterungsbedingten Mehrkosten von Bauarbeiten (§§ 78 f, 81 AFG) und Leistungen wegen witterungsbedingtem Arbeitsausfall in der Bauwirtschaft (§§ 83 ff AFG) - zweistufig ausgestaltet. Mit der Anzeige des Arbeitsausfalls (§ 64 Abs 1 Nr 4 AFG), die der Arbeitgeber oder die Betriebsvertretung erstattet (§ 72 Abs 1 Sätze 1 und 2 AFG), wird eine Entscheidung des Arbeitsamtes darüber herbeigeführt, ob anerkannt wird, daß die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG vorliegen (§ 72 Abs 1 Satz 4 AFG). Der Anerkennungsbescheid ist ein verselbständigter Teil einer Entscheidung, durch die Leistungen bewilligt werden (vgl BSG SozR 4100 § 78 Nr 3); er hat die Zusicherung zum Inhalt, daß den Arbeitnehmern Kug und dem Arbeitgeber die Zuschüsse gewährt werden, sofern die persönlichen (vgl §§ 65, 70 AFG), allgemeinen und betrieblichen (vgl §§ 63, 64 Abs 1, 66 AFG) Anspruchsvoraussetzungen entsprechend der Anzeige vorliegen und, soweit es sich um künftige Tatsachen handelt, diese tatsächlich auch eintreten (vgl BSG SozR 4100 § 64 Nr 5 und § 66 Nr 1). An das Verfahren auf die Anzeige des Arbeitsausfalls (sog Anerkennungsverfahren) schließt sich das Leistungsverfahren an, in dem jeweils für Zeiträume, die durch den Leistungsantrag bestimmt werden, das dem einzelnen Arbeitnehmer zustehende Kug und die dem Arbeitgeber zustehenden Zuschüsse bewilligt werden (vgl § 72 Abs 2 AFG).
Lehnt das Arbeitsamt auf eine Anzeige des Arbeitsausfalls die Anerkennung der Voraussetzungen nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG für die Gewährung von Kug ab, ist Rechtsschutz grundsätzlich durch die verbundene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§ 54 Abs 1 SGG) mit dem Ziel der Anerkennung zu suchen. Lehnt das Arbeitsamt dagegen im Leistungsverfahren geltend gemachte Leistungen ab, sei es gänzlich, in bezug auf einzelne Arbeitnehmer oder hinsichtlich der Höhe der für einzelne Arbeitnehmer oder von dem Arbeitgeber beanspruchten Leistungen, ist die verbundene Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) gegeben, die darauf abzielt, die Verurteilung der Beklagten zur Leistung bestimmter oder höherer Leistungen zu erreichen (vgl das nicht veröffentlichte Urteil des Senats vom 28. Juli 1987 - 7 RAr 92/85 -). Diese Klageart, und nur diese Klageart, ist auch gegeben, wenn das Arbeitsamt schon auf die Anzeige des Arbeitsausfalls hier Leistungen gänzlich ablehnt (Senat aaO). Mit der weniger weitreichenden Anfechtungs- und Verpflichtungsklage, die nur auf Anerkennung der betrieblichen Voraussetzungen zielt, können Leistungen wegen Kurzarbeit nicht unmittelbar und möglicherweise auch nicht ohne ein weiteres Verfahren erreicht werden. Da die Rechtsordnung dem Rechtsuchenden grundsätzlich nur das Recht gibt, den begehrten Rechtsschutz auf dem kürzesten Weg zu suchen (BSGE 8, 3, 8; 41, 218, 219 = SozR 3100 § 35 Nr 3), ist die Anfechtungs- und Verpflichtungsklage in Fällen dieser Art unzulässig (Senat aaO).
Der Grundsatz, daß die Rechtsordnung dem Rechtsuchenden grundsätzlich nur das Recht gibt, den begehrten Rechtsschutz auf dem kürzesten Weg zu suchen, ist auch dann zu beachten, wenn während des Rechtsstreits um die Anerkennung der allgemeinen und betrieblichen Kug-Voraussetzungen im Leistungsverfahren die geltend gemachten Leistungen abgelehnt werden. Die Ablehnung des Leistungsantrags ersetzt nämlich, soweit die Leistungsentscheidung reicht, die Ablehnung der Anerkennung; denn die Ablehnung eines geltend gemachten Leistungsantrags ist die zwingende Folge der Ablehnung des Anerkennungsantrags. Dies aber hat gemäß § 96 SGG zur Folge, daß die Ablehnung der Leistung Gegenstand eines anhängigen gerichtlichen Verfahrens über die Ablehnung der Anerkennung der betrieblichen Voraussetzungen wird. Da bei Ablehnung des Leistungsantrags der Anspruch auf Leistungen wegen Kurzarbeit mit der der Anfechtungs- und Verpflichtungsklage vorgehenden Anfechtungs- und Leistungsklage zu verfolgen ist, muß der Kläger in einem solchen Falle zu dieser Klageart übergehen; jede andere Klageart ist unzulässig (Senat aaO).
Das LSG hat gemeint, die Klägerin könne sich auf die Anfechtung des sie belastenden Zusatzes in dem Anerkennungsbescheid beschränken, demzufolge die acht Beschäftigten auf der Baustelle Amtsgericht W. bis zur Fertigstellung der Bauobjekte von der Bewilligung des Kug ausgeschlossen seien, und hat dies damit gerechtfertigt, daß insoweit eine selbständig anfechtbare Regelung vorliege. Es kann dahingestellt bleiben, ob der Rechtsauffassung des LSG zuzustimmen wäre, wenn lediglich der Anerkennungsbescheid ergangen wäre; denn das ist nicht der Fall.
Dem LSG ist nämlich völlig entgangen, daß das Arbeitsamt M. mit Bescheid vom 5. März 1985 für die Zeit vom 10. bis 31. Dezember 1984 und vom 1. bis 31. Januar 1985 Kug und Beitragszuschüsse in Höhe von insgesamt 92.168,97 DM bewilligt, gleichzeitig aber Kug und Beitragszuschüsse für die auf der Baustelle Amtsgericht W. acht eingesetzten Arbeitnehmer B. , E. , F. , H. , H. , Pf. , R. und Sch. abgelehnt hat, weil "für die Baustelle ... kein Anspruch auf Kug" bestehe. Dieser Bescheid aber ist über § 86 SGG Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens geworden. Die Ablehnung von Leistungen für die acht auf der Baustelle Amtsgericht W. im Januar 1985 eingesetzten Arbeitnehmer durch den Bescheid vom 5. März 1985 ersetzt nämlich iS des § 86 SGG bezüglich Januar 1985 die Regelung in dem Bescheid vom 29. Januar 1985 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 1985), wonach die acht Beschäftigten auf der Baustelle Amtsgericht W. bis zur Fertigstellung des Bauobjekts von der Bewilligung des Kug ausgeschlossen sind, was immer das Arbeitsamt M. hiermit gemeint hat. Der Bescheid vom 5. März 1985 ist damit gemäß § 86 SGG Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden, auch wenn der Widerspruchsbescheid vom 18. Februar 1985 vor dem Ergehen des Bescheids vom 5. März 1985 erlassen worden ist; denn wie der Senat schon entschieden hat, wird ein Abänderungs- oder Ersetzungsbescheid, der nach Ergehen des Widerspruchsbescheids, aber vor Erhebung der Klage erlassen wird, nach § 86 SGG Gegenstand des Vorverfahrens (SozR 1500 § 86 Nr 1). Geht dann durch Erhebung der Klage die Sache an das SG, wird auch der abändernde oder ersetzende Bescheid Gegenstand des gerichtlichen Verfahrens (aaO).
Ungeachtet des Umstandes, daß die Klägerin ihre Klage nicht gegen den Bescheid vom 5. März 1985 gerichtet hat, war dieser mithin von Anfang an Gegenstand des Verfahrens. Die Klägerin durfte sich daher nicht darauf beschränken, lediglich den Bescheid vom 29. Januar 1985 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 1985 anzufechten, soweit dieser sie belastete; denn nach der Ablehnung eines Leistungsantrags sind, wie der Senat schon entschieden hat, solche beschränkten Klagen unzulässig (Urteil vom 28. Juli 1987 - 7 RAr 92/85 - nicht veröffentlicht). Das LSG hätte daher nicht, wie geschehen, über das Anfechtungsbegehren in der Sache entscheiden dürfen. Auf diesen Verfahrensmangel der Vorinstanzen, den das Revisionsgericht von Amts wegen zu beachten hat, hat die Revision zu Recht hingewiesen.
Das ergangene Urteil kann hiernach keinen Bestand haben. Ungeachtet des in den Vorinstanzen gestellten Klagantrags führt die Revision der Beklagten jedoch nicht zur Abweisung der Klage, sondern nur zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Die Klägerin ist nunmehr zu dem gebotenen Leistungsantrag übergegangen. Dies hat das Revisionsgericht zu beachten.
Dem Übergang steht nicht entgegen, daß Klageänderungen im Revisionsverfahren grundsätzlich nicht zulässig sind (§ 168 SGG). Denn als eine Änderung der Klage ist es nicht anzusehen, wenn ohne Änderung des Klagegrundes der Klageantrag in der Hauptsache oder in bezug auf Nebenforderungen erweitert oder beschränkt wird (§ 99 Abs 3 Nr 2 SGG). So liegt der Fall hier. Die Anerkennung der Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG soll den Leistungsanspruch lediglich vorbereiten. Geht ein Kläger von dem kombinierten Anfechtungs- und Verpflichtungsantrag gegen einen (negativen) Anerkennungsbescheid zu einem Leistungsantrag über, erstrebt er mithin nunmehr unmittelbar ohne Änderung des Klagegrundes den Endzweck. Der Senat hat daher in Fällen vorliegender Art den Übergang zu einem Leistungsantrag gemäß § 99 Abs 3 Nr 2 SGG als zulässig angesehen, selbst wenn eine Verwaltungsentscheidung im Leistungsverfahren noch nicht getroffen worden war (Urteil vom 17. Mai 1983 - 7 RAr 13/82 - SozR 4100 § 63 Nr 2, insoweit nicht abgedruckt). Eine solche Erweiterung durch den Revisionskläger ist auch im Revisionsverfahren zulässig (Urteil des Senats vom 20. September 1989 - 7 RAr 110/87 - zur Veröffentlichung vorgesehen). Für den hier gegebenen Fall, daß eine ablehnende Entscheidung des Arbeitsamts im Leistungsverfahren ergangen ist, gilt dies erst recht.
Dem neuen Klagantrag steht auch nicht entgegen, daß die Klägerin ihn erst nach Ablauf der Fristen für eine selbständige Revision und für eine Anschlußrevision gestellt hat. Zwar müssen im allgemeinen, wenn ein Kläger, der Rechtsmittelbeklagter ist, im Rechtsmittelverfahren einen neuen Klagantrag stellt, die Voraussetzungen zumindest für eine unselbständige Anschließung an das Rechtsmittel gegeben sein (vgl BSG SozR Nr 11 zu § 521 ZPO). Dies kann indessen dann nicht gelten, wenn die Vorinstanzen verkannt haben, was kraft Gesetzes Gegenstand des Verfahrens geworden ist, infolgedessen ein nicht sachdienlicher Klagantrag gestellt worden ist und der Rechtsmittelführer auf diese Tatsachen gestützt die Abweisung der Klage als unzulässig begehrt, wie das hier der Fall ist. Es ist allgemein anerkannt, daß es keines Anschlußrechtsmittels bedarf, wenn der Rechtsmittelgegner lediglich geltend machen will, daß die angegriffene Entscheidung zwar nicht aus den von der Vorinstanz angegebenen, aber aus anderen Gründen zutreffend ist. So bedarf es insbesondere keines Anschlußrechtsmittels, wenn ein Beklagter vorbringt, daß die Klage nicht als unbegründet, sondern als unzulässig abzuweisen sei (vgl BSG SozR Nr 2 zu § 556 ZPO; BSGE 37, 28, 33 = SozR Nr 4 zu § 556 ZPO). Entsprechend darf es in einem Falle wie dem vorliegenden dem Kläger auch außerhalb eines Anschlußrechtsmittels nicht verwehrt sein, geltend zu machen, daß bei richtiger Verfahrensweise der Vorinstanzen auch ein sachdienlicher Antrag zu erwarten gewesen wäre, und diesen nunmehr zu stellen. Etwas anderes dürfte gelten, wenn ein Kläger trotz eines entsprechenden Hinweises durch die Vorinstanzen an einem nicht sachdienlichen Antrag festgehalten hat; doch ist darüber hier nicht zu entscheiden.
Die Klägerin konnte daher noch im Revisionsverfahren dazu übergehen, unter entsprechender Abänderung der Bescheide vom 29. Januar 1985 (in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 18. Februar 1985) und vom 5. März 1985 die Verurteilung der Beklagten zu verlangen, den namentlich genannten acht Arbeitnehmern für Januar 1985 Kug und ihr die entsprechenden Zuschüsse zur gesetzlichen Renten- und Krankenversicherung zu gewähren, wie das die Klägerin sinngemäß getan hat.
Hiernach ist im vorliegenden Verfahren nicht darüber zu entscheiden, ob das Arbeitsamt für die Hochbauabteilung der Klägerin die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG für die Zeit vom 10. Dezember 1984 bis 30. Mai 1985 unter Einschluß der auf der Baustelle Amtsgericht W. zu erbringenden Arbeiten anzuerkennen hatte, sondern ob den Arbeitnehmern B. , E. , F. , H. , H. , Pf. , R. und Sch. für Januar 1985 die geltend gemachten Kurzarbeitergelder in Höhe von insgesamt 4.922,28 DM und der Klägerin die entsprechenden Zuschüsse zustehen. Auf die Frage, ob die Arbeitsämter schon im Anerkennungsverfahren die Gewährung von Kug für bestimmte Arbeitnehmer ablehnen dürfen oder ob sie jedenfalls im Anerkennungsverfahren entscheiden können, daß für bestimmte Arbeiten (hier: für die Arbeiten am Amtsgericht W. ) die Voraussetzungen für die Gewährung von Kug nach den §§ 63 und 64 Abs 1 AFG nicht vorliegen, wofür (zB bei der Vermeidbarkeit des Ausfalls dieser Arbeiten) manches spricht, kommt es hiernach nicht an.
Ob den Arbeitnehmern das Kug und der Klägerin die Zuschüsse zustehen, kann aufgrund der getroffenen Feststellungen nicht entschieden werden. Das LSG hat die Voraussetzungen, die in der Person der anspruchsberechtigten Arbeitnehmer gegeben sein müssen (§ 65 AFG), von seinem Rechtsstandpunkt aus zutreffend nicht geprüft und festgestellt. Es fehlen ferner Feststellungen, die die Beurteilung zulassen, ob der auf der Baustelle Amtsgericht W. im Januar 1985 eingetretene Arbeitsausfall auf wirtschaftlichen Ursachen einschließlich betrieblicher Strukturveränderungen oder auf einem unabwendbaren Ereignis beruht (§ 64 Abs 1 Nr 1 AFG) und ob es unvermeidbar war (§ 64 Abs 1 Nr 2 AFG). Denn nur, wenn auch diese Voraussetzungen gegeben sind, ist für den Arbeitsausfall auf der Baustelle Amtsgericht W. Kug zu zahlen. Das Vorliegen dieser Voraussetzungen ist aber unter den Beteiligten streitig. Während die Klägerin meint, sie habe wegen des zu erwartenden Anschlußauftrags die Arbeiten nicht fortführen können, ist die Beklagte der Ansicht, daß - unabhängig von dem erwarteten Anschlußauftrag - der vorhandene Auftrag von der auf der Baustelle eingesetzten Kolonne hätte ausgeführt werden können.
Fehlt es hiernach an erforderlichen Feststellungen, ist das angefochtene Urteil gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen, das bei der erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben wird.
Fundstellen