Beteiligte
Gmünder Ersatzkasse (GEK) |
Tenor
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 6. November 1998 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I
Die Beteiligten streiten um die Versorgung des Klägers mit einem sog Rollstuhl-Bike.
Der im Jahre 1971 geborene Kläger ist versicherungspflichtiges Mitglied der beklagten Ersatzkasse und aufgrund eines Motorradunfalls querschnittsgelähmt. Er lebt mit seiner berufstätigen Ehefrau in einer Erdgeschoßwohnung mit behindertengerechtem Zugang über eine Rampe. Die Wohnung ist etwa 1,5 km vom ca 50 Meter tiefer gelegenen Ortskern entfernt, wo Einkaufsmöglichkeiten und Veranstaltungsstätten vorhanden sind. Der Kläger ist von Beruf Werkzeugmacher und arbeitet täglich vier Stunden als Qualitätsprüfer an einem 15 km entfernten Arbeitsplatz, den er mit einem behindertengerecht ausgestatteten PKW erreicht. Von der Beklagten ist der Kläger mit einem Rollstuhl für die Wohnung und einem Greifreifen-Rollstuhl für außerhalb versorgt.
Im März 1997 verordnete der leitende Arzt im Berufsförderungswerk Bad W., ein Facharzt für physikalische und rehabilitative Medizin, dem Kläger ein sog Rollstuhl-Bike, auch „Rolli-Bike” oder „Handy-Bike” genannt (Modell „Citybike” der Firma S. mit Radstandsverlängerung und Bergschaltung zum Preis von 6.962,10 DM laut Kostenvoranschlag). Dabei handelt es sich um eine Handkurbel in Brusthöhe mit Kette oder Kupplungsgestänge zur Kraftübertragung auf die Räder, wodurch ein effektiverer Antrieb als mit den Greifreifen möglich ist. Die Beklagte lehnte den Antrag des Klägers auf Versorgung mit dem Gerät ab (Bescheid vom 10. April 1997), nachdem ein Arzt des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) die Auffassung vertreten hatte, das Gerät sei kein Hilfsmittel zur Erfüllung von „Basisbedürfnissen”. Nach erneuter negativer Stellungnahme des MDK wies die Beklagte auch den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück (Widerspruchsbescheid vom 1. Juli 1997).
Das Sozialgericht (SG) hat der hiergegen gerichteten Klage stattgegeben und die Beklagte verpflichtet, das beantragte Rollstuhl-Bike zu gewähren (Urteil vom 23. Juli 1998). Auf die Berufung der Beklagten hat das Landessozialgericht (LSG) das Urteil des SG abgeändert und die Klage abgewiesen (Urteil vom 6. November 1998). Zur Begründung hat es im wesentlichen ausgeführt, die Versorgung des Klägers mit einem Rollstuhl-Bike sei nicht erforderlich. Zwar könne der Kläger mit seinem Greifreifen-Rollstuhl nur einen weitaus geringeren Radius bewältigen als mit einem Rollstuhl mit Handkurbel; zudem könnten mit einem Greifreifen-Rollstuhl üblicherweise nur Steigungen bis zu 5 Grad überwunden werden, wodurch gerade der Kläger in seinem Wohnort sehr eingeschränkt sei. Der Kläger könne jedoch nicht verlangen, für Entfernungen zwischen 200 bis 300 m (die er mit seinem Rollstuhl noch bewältigen könne) und 1,5 bis 2 km (ab denen üblicherweise ein PKW erst eingesetzt werde), ein Rollstuhl-Bike zu erhalten. Denn auch für diesen Bereich könne er auf die Benutzung seines PKW verwiesen werden, den er selbständig bedienen könne. Die Mobilitätsmöglichkeiten des Klägers seien auch deshalb ausreichend, weil ihm seine Ehefrau helfen könne.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt der Kläger eine Verletzung der §§ 12, 27 und 33 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V). Auch das LSG habe eine Mobilitätslücke zwischen derjenigen Entfernung, die mit einem Greifreifen-Rollstuhl erreicht werden könne, und derjenigen, ab der ein PKW benutzt werde, gesehen, ihn insoweit aber zu Unrecht auf die Benutzung eines PKW verwiesen. Durch die Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike könne er einen Grad der Unabhängigkeit und Mobilität erlangen, der mit einem Greifreifen-Rollstuhl nicht zu verwirklichen sei. Vor allem könne er mit erheblich geringerem Kraftaufwand längere Wegstrecken zurücklegen und Steigungen bewältigen; dadurch werde er nichtbehinderten Verkehrsteilnehmern mit Fahrrad gleichgestellt. Auf die Hilfe seiner Ehefrau könne er nicht verwiesen werden, weil diese im Gegensatz zu ihm ganztägig berufstätig sei. Im Hinblick auf die Benutzung des Kfz für kurze Strecken habe das LSG nicht berücksichtigt, welche Erschwernisse ein Querschnittsgelähmter beim Ein- und Aussteigen auch eines behindertengerecht umgebauten PKW's überwinden müsse. Auch das Verladen des Rollstuhls in den PKW erfordere einen so hohen Aufwand, daß Kurzfahrten möglichst vermieden würden. Seine Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike entspreche auch dem Gebot der Wirtschaftlichkeit, weil er nicht mit einem im Vergleich zu dem Rollstuhl-Bike doppelt so teuren Elektrorollstuhl versorgt sei.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 6. November 1998 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Heilbronn vom 23. Juli 1998 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung gemäß § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zugestimmt.
II
Die Revision des Klägers ist unbegründet. Das LSG hat das erstinstanzliche Urteil, das dem Kläger das beantragte Hilfsmittel zugesprochen hat, zu Recht abgeändert. Die Beklagte ist nicht verpflichtet, den Kläger mit dem beantragten Rollstuhl-Bike auszustatten.
1. Der Anspruch des Klägers auf Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike ergibt sich nicht bereits aus der nach den Feststellungen des LSG vorliegenden vertragsärztlichen Verordnung (vgl Urteil des 8. Senats des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 29. September 1997 - 8 RKn 27/96 – SozR 3-2500 § 33 Nr 25). Dies folgt schon daraus, daß nach § 275 Abs 3 Nr 2 SGB V die Krankenkassen vor Bewilligung eines Hilfsmittels in geeigneten Fällen durch den MDK prüfen lassen können, ob das Hilfsmittel erforderlich ist. Hiermit steht in Einklang, daß nach den die Verordnungstätigkeit regelnden Bundesmantelverträgen (§ 30 Abs 8 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte ≪BMV-Ä≫, Stand: 1. Januar 1996; ebenso § 16 Abs 8 Satz 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte/Ersatzkassen ≪EKV-Ä≫, Stand: 1. Januar 1996) die Abgabe von Hilfsmitteln einer Genehmigung durch die Krankenkasse bedarf, soweit – wie hier – in ihren Bestimmungen nichts anderes vorgesehen ist.
2. Der Anspruch scheitert nicht schon daran, daß das Rollstuhl-Bike die Funktion eines Fahrrads ausfüllt und Fahrräder zu den allgemeinen Gebrauchsgegenständen des täglichen Lebens gehören. Versicherte haben im Rahmen der Krankenbehandlung (vgl § 27 Abs 1 Satz 2 Nr 3 SGB V) ua Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen, soweit es sich nicht um allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens handelt (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V). Das Rollstuhl-Bike ist kein Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Darunter fallen nur Gegenstände, die allgemein im täglichen Leben verwendet werden (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 5; SozR 2200 § 182b Nr 6). Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt worden sind und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden, sind nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Dies gilt selbst dann, wenn sie millionenfach verbreitet sind (zB Brillen, Hörgeräte). Die Frage, ob ein Mittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen ist, stellt sich für einen Gegenstand, der von der Konzeption her vorwiegend für Kranke oder Behinderte gedacht ist, erst dann, wenn er in nennenswertem Umfang auch von gesunden Menschen benutzt wird (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 19). Das Rollstuhl-Bike kann bauartbedingt nur in der Kombination mit einem Rollstuhl genutzt werden. Es kommt damit für Gesunde nicht in Betracht (so bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27).
3. Der Anspruch des Klägers ist aber deshalb ausgeschlossen, weil ein Rollstuhl-Bike für Erwachsene kein Hilfsmittel iS des § 33 SGB V ist. Das Gesetz stuft sächliche Mittel nur dann als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung ein, wenn sie „im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern oder eine Behinderung auszugleichen” (§ 33 Abs 1 Satz 1 SGB V). Ein Hilfsmittel ist nach der Rechtsprechung (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 3 und 5) bei der 2. Alternative nur dann „erforderlich”, wenn sein Einsatz zur Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse benötigt wird. Dazu gehören zum einen die körperlichen Grundfunktionen (Gehen, Stehen, Treppensteigen, Sitzen, Liegen, Greifen, Sehen, Hören, Nahrungsaufnahme, Ausscheidung) und zum anderen die elementare Körperpflege, das selbständige Wohnen sowie die dazu erforderliche Erschließung eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums, der auch die Aufnahme von Informationen, die Kommunikation mit anderen zur Vermeidung von Vereinsamung sowie das Erlernen eines lebensnotwendigen Grundwissens (Schulwissens) umfaßt. Maßstab ist stets der gesunde Mensch, zu dessen Grundbedürfnissen der kranke oder behinderte Mensch durch die medizinische Rehabilitation und mit Hilfe des von der Krankenkasse gelieferten Hilfsmittels wieder aufschließen soll (vgl BSGE 66, 245, 246 = SozR 3-2500 § 33 Nr 1; BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 7, 13 und 16 sowie die Rechtsprechung zur Reichsversicherungsordnung: BSG SozR 2200 § 182b Nrn 29, 34 und 37).
Nach diesen Abgrenzungskriterien ist ein Rollstuhl-Bike für Personen im Erwachsenenalter kein Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung. Nur bei Kindern und Jugendlichen kann das Rollstuhl-Bike als „Hilfsmittel” iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V eingestuft werden; der Versorgungsanspruch hängt insoweit von den Umständen des Einzelfalls ab (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27). Die Unterscheidung beruht darauf, daß die bisherige Rechtsprechung, an der festzuhalten ist, auch das Grundbedürfnis der Erschließung „eines gewissen körperlichen Freiraums” nur im Sinne eines Basisausgleichs der Behinderung selbst und nicht im Sinne des vollständigen Gleichziehens mit den letztlich unbegrenzten Mobilitätsmöglichkeiten des Gesunden verstanden hat. So hat der Senat in seiner Entscheidung vom 8. Juni 1994 - 3/1 RK 13/93 – (SozR 3-2500 § 33 Nr 7 ≪Rollstuhlboy≫) zwar die „Bewegungsfreiheit” als Grundbedürfnis bejaht, dabei aber lediglich auf diejenigen Entfernungen abgestellt, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt. Soweit überhaupt die Frage eines größeren Radius über das zu Fuß Erreichbare hinaus aufgeworfen worden ist, sind zusätzliche qualitative Momente verlangt worden. In seiner Entscheidung vom 16. April 1998 - B 3 KR 9/97 R – (SozR 3-2500 § 33 Nr 27) zum Rollstuhl-Bike für Jugendliche hat der Senat zwar auch Entfernungen berücksichtigt, die ein Jugendlicher mit dem Fahrrad zurücklegt. Das Hilfsmittel ist aber nicht wegen dieser Erweiterung des Freiraums, sondern nur wegen der dadurch geförderten Einbeziehung des behinderten Klägers in den Kreis der – laufenden und Fahrrad fahrenden – gleichaltrigen Jugendlichen (soziale Integration in der jugendlichen Entwicklungsphase) zugesprochen worden. Ebenso war schon in der Entscheidung vom 2. August 1979 - 11 RK 7/78 – (SozR 2200 § 182b Nr 13 ≪Faltrollstuhl≫) nicht die angesprochene „Fortbewegung auch in Orten außerhalb seines Wohnortes”, sondern die Ermöglichung des Schulbesuchs der maßgebliche Gesichtspunkt gewesen (vgl auch BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 22 zum Anspruch eines Schülers auf Ausstattung mit einem Computer).
Der so umgrenzte Basisausgleich der – im Verlust der Gehfähigkeit bestehenden – Behinderung ist durch die Versorgung des Klägers mit zwei handbetriebenen Rollstühlen in ausreichender Weise erfolgt. Zum Grundbedürfnis gehbehinderter Menschen auf Erschließung bzw Sicherung „eines gewissen körperlichen Freiraums” zählt nicht das Zurücklegen längerer Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer.
a) Das Radfahren gehört zwar in breiten Bevölkerungsschichten zum normalen Lebensstandard; existenznotwendig ist der Besitz eines Fahrrads hingegen nicht. Wenn es die Aufgabe der gesetzlichen Krankenversicherung ist, dem durch eine Krankheit oder Behinderung beeinträchtigten Menschen die eigenständige und unabhängige Erfüllung seiner vitalen Lebensbedürfnisse zu ermöglichen, kann ihre Leistungspflicht nicht an den üblichen Besitz eines Fahrrads anknüpfen und dazu führen, es für den Behinderten nutzbar zu machen oder – wie hier – eine dem Radfahren vergleichbare Fortbewegungsmöglichkeit mit dem Rollstuhl zu eröffnen. Die grundlegenden Organfunktionen der Beine, um deren Ausfall es hier allein geht, sind das Gehen und Stehen. Diese Funktionen sind bei Gehbehinderten im Rahmen des technisch Machbaren und wirtschaftlich Vertretbaren, ua durch Hilfsmittel, ganz oder teilweise herzustellen oder zu ersetzen, nicht hingegen die Fähigkeit, mittels der Beine ein schnelleres und bequemeres Fortbewegungsmittel zu betreiben (so bereits Urteil vom 6. August 1998 - B 3 KR 3/97 R – SozR 3-2500 § 33 Nr 29 zur behindertengerechten Umrüstung eines Kfz). Die Möglichkeit, sich als Rollstuhlfahrer mit Hilfe des Rollstuhl-Bikes wie ein Radfahrer zu bewegen und zB Ausflüge in die Umgebung zu unternehmen, zählt daher nicht zu den Grundbedürfnissen.
b) Soweit es die Geschwindigkeit, die Streckenlänge und die körperliche Dauerleistung betrifft, kann das Fahren mit dem Rollstuhl-Bike unter Umständen auch ausgedehntes Jogging ersetzen. Dies kann den geltend gemachten Anspruch indes ebenfalls nicht rechtfertigen. Das Jogging ist eine sportliche Betätigung im Freizeitbereich. Freizeitbeschäftigungen – welcher Art auch immer – werden vom Begriff des vitalen Lebensbedürfnisses bzw des allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens nicht erfaßt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 5 und 27; BSG SozR 2200 § 182b Nrn 12, 30, 34 und 37). Auch die Einordnung des Jogging als Sonderform des „Laufens” führt zu keinem anderen Ergebnis. Das „Laufen” bzw „Rennen” zählt nur bei Kindern und Jugendlichen (so bereits BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 27 zum Rollstuhl-Bike für Jugendliche), nicht aber bei Erwachsenen zu den Vitalfunktionen.
c) Das allgemeine Grundbedürfnis, selbständig zu gehen, kann den Anspruch gleichfalls nicht begründen. Dieses Grundbedürfnis kann nämlich nicht dahin verstanden werden, daß die Krankenkasse einen Behinderten durch die Bereitstellung von Hilfsmitteln in die Lage versetzen muß, Wegstrecken jeder Art und Länge zurückzulegen, die ein nicht Behinderter bei normalem Gehen zu Fuß bewältigen kann. Auch hier ist zu berücksichtigen, daß die gesetzliche Krankenversicherung bei dem Verlust der Gehfähigkeit nur für einen Basisausgleich zu sorgen hat. Zu den insoweit maßgeblichen vitalen Lebensbedürfnissen im Bereich des Gehens gehört jedoch nur die Fähigkeit, sich in der eigenen Wohnung zu bewegen und die Wohnung verlassen zu können, um bei einem kurzen Spaziergang „an die frische Luft zu kommen” oder um die – üblicherweise im Nahbereich der Wohnung liegenden – Stellen erreichen zu können, an denen Alltagsgeschäfte zu erledigen sind. In diesem Sinne ist die in früheren Entscheidungen verwandte Formulierung zu präzisieren, es sei auf diejenigen Entfernungen abzustellen, die ein Gesunder üblicherweise zu Fuß zurücklegt (BSG SozR 3-2500 § 33 Nrn 7, 27 und 29). Ein über den vorgenannten Rahmen hinausgehendes Bedürfnis zu gehen kann nicht als Grundbedürfnis anerkannt werden. Der Senat hält daher seine im Urteil vom 8. Juni 1994 - 3/1 RK 13/93 – (SozR 3-2500 § 33 Nr 7) enthaltene Andeutung, er tendiere dazu, „daß zwischen dem durch einen Selbstfahrerrollstuhl regelmäßig eröffneten Freiraum und den Entfernungen, die ein Gesunder auch bei eingeschränktem Gesundheitszustand vor allem im ländlichen Bereich zu Fuß zurücklegt, eine Lücke besteht, die ebenfalls noch den Grundbedürfnissen zuzurechnen ist” nicht aufrecht. Dies gilt auch dann, wenn im Einzelfall die genannten Stellen der Alltagsgeschäfte nicht im Nahbereich der Wohnung liegen, also dafür längere Strecken zurückzulegen sind, die die Kräfte eines Rollstuhlfahrers möglicherweise übersteigen. Besonderheiten der Wohnlage können für die Hilfsmitteleigenschaft nicht maßgeblich sein. Dem Grundbedürfnis auf freie Bewegung in der eigenen Wohnung und in deren Nahbereich hat die Beklagte durch die Versorgung des Klägers mit handbetriebenen Rollstühlen hinreichend Rechnung getragen.
d) Maßgebend kann auch nicht sein, daß das Rollstuhl-Bike zur Stärkung der noch vorhandenen Muskulatur, des Herz-Kreislauf-Systems und der Lungenfunktion beiträgt. Dieses Ziel läßt sich durch weniger aufwendige Geräte oder durch entsprechende krankengymnastische und sportliche Übungen mit geringerem Kostenaufwand erreichen.
4. Da nach allem Erwachsene keinen Anspruch auf Versorgung mit einem Rollstuhl-Bike haben, weil das Gerät für diesen Personenkreis nicht als Hilfsmittel der gesetzlichen Krankenversicherung einzustufen ist, kommt es nicht mehr darauf an, ob der Kläger darauf verwiesen werden könnte, daß er über einen behindertengerecht ausgestatteten Pkw verfügt und von seiner Ehefrau betreut wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen