Entscheidungsstichwort (Thema)

Kindererziehungsleistungen. Ausland. gewöhnlicher Aufenthalt

 

Leitsatz (amtlich)

§ 30 Abs 1 SGB I, § 37 SGB I iVm § 1316 RVO und Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG sind mit dem GG vereinbar, soweit sie dazu führen, daß eine als Verfolgte anerkannte Mutter, die Deutschland nach dem 31.12.1949 (erneut) verlassen hat, um bei ihren verfolgungsbedingt im Ausland wohnenden Töchtern zu leben, keine Kindererziehungsleistungen erhält.

 

Normenkette

ArVNG Art. 2 § 62; RVO §§ 1316, 1320; SGB I §§ 30, 37; GG Art. 3 Abs. 1, Art. 6 Abs. 1, Art. 20 Abs. 1; WGSVG § 18

 

Verfahrensgang

LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 20.12.1989; Aktenzeichen L 2 J 1024/89)

SG Karlsruhe (Urteil vom 21.12.1988; Aktenzeichen S 8 J 557/88)

 

Tenor

Die Revision der Klägerinnen gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 20. Dezember 1989 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch für das Revisionsverfahren nicht zu erstatten.

 

Tatbestand

I

Die Klägerinnen begehren als Rechtsnachfolgerinnen ihrer Mutter, M.… R.…, die Gewährung von Leistungen für Kindererziehung. Zwischen den Beteiligten ist insbesondere umstritten, ob diese Leistungen auch bei einem gewöhnlichen Aufenthalt der Berechtigten im Ausland zu erbringen sind.

Die Klägerin zu 1) wurde 1925, die Klägerin zu 2) 1928 in Mannheim geboren. Die 1897 geborene und am 26. Juni 1992 verstorbene Mutter der Klägerinnen hielt sich von 1938 bis 1957 verfolgungsbedingt in Israel auf. Nach ihrer Rückkehr wurde sie als Verfolgte iS des § 1 des Bundesentschädigungsgesetzes (BEG) anerkannt und wohnte bis 1973 erneut in M.…. Sodann wanderte sie nach Israel aus, wo ihre erste Tochter, die Klägerin zu 1), lebt. Seit Juni 1979 hielt sie sich ständig in Australien auf, wo ihre zweite Tochter, die Klägerin zu 2), wohnt.

Ab Dezember 1969 gewährte die Beklagte der Mutter der Klägerinnen Altersruhegeld (Arg) wegen Vollendung des 65. Lebensjahres. Im Juli 1987 beantragte diese die Gewährung von Kindererziehungsleistungen für ihre beiden Töchter. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 10. September 1987 ab, weil die Mutter grundsätzlich nur dann anspruchsberechtigt sei, wenn sie sich in der Bundesrepublik Deutschland einschließlich Berlin (West) aufhalte. Eine Ausnahme hiervon gebe es dann, wenn die Berechtigte als Verfolgte gemäß § 1 BEG die Voraussetzungen der §§ 18, 19 des Gesetzes zur Regelung der Wiedergutmachung nationalsozialistischen Unrechts in der Sozialversicherung (WGSVG) erfülle. Dies sei hier nicht der Fall. Widerspruch, Klage und Berufung hatten keinen Erfolg (Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 3. Februar 1988, Urteile des Sozialgerichts ≪SG≫ Karlsruhe vom 21. Dezember 1988 und des Landessozialgerichts ≪LSG≫ Baden-Württemberg vom 20. Dezember 1989).

Das LSG hat seine Entscheidung im wesentlichen auf folgende Erwägungen gestützt: Dem Grunde nach bestehe gemäß Art 2 § 62 Abs 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts der Rentenversicherung der Arbeiter (Arbeiterrentenversicherungs-Neuregelungsgesetz ≪ArVNG≫) ein Anspruch auf Leistungen für Kindererziehung, weil die Mutter der Klägerinnen ihre beiden Töchter im Geltungsbereich der Reichsversicherungsordnung (RVO) lebend geboren habe. Jedoch ergebe sich aus dem Abs 4 dieser Vorschrift, daß diese Leistung nur an Personen gewährt werde, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich der Bundesrepublik Deutschland hätten.

Die Leistung für Kindererziehung sei eine Leistung der gesetzlichen Rentenversicherung iS des § 23 Abs 1 Nr 1 Buchst f des Ersten Buches des Sozialgesetzbuches

– Allgemeiner Teil – (SGB I). Für die Gewährung dieser Leistung gelte das sog Territorialitätsprinzip, welches in § 30 SGB I kodifiziert sei. Im Regelfall gelten die Vorschriften des Sozialgesetzbuches, zu denen auch die RVO mit den zugehörigen Gesetzen zähle, nur für Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich hätten. Nach § 30 Abs 2 SGB I seien zwar abweichende Regelungen des besonderen Teils sowie Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts möglich und blieben vom Territorialitätsprinzip unberührt; eine Regelung, auf die sich die Mutter der Klägerinnen zu ihren Gunsten berufen könne, insbesondere eine solche zwischenstaatlichen Rechts, liege aber nicht vor. Eine Ausnahme ergebe sich aus Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG, der die Vorschriften der §§ 18 und 19 WGSVG für anwendbar erkläre. Die Mutter der Klägerinnen sei zwar zweifellos Verfolgte iS des § 1 BEG, sie halte sich jedoch nicht verfolgungsbedingt in Australien auf. Sie sei nämlich nach ihrer verfolgungsbedingten Abwesenheit wieder in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt und habe diese erst im Jahre 1973 verlassen. Zu dieser Auswanderung hätten sie aber keine Verfolgungsgründe veranlaßt. Vielmehr habe sie sich, wie sie selbst vorgetragen habe, im Alter bei ihren Töchtern aufhalten wollen. Aus diesem Grunde führe die Anwendung der Vorschrift des § 18 WGSVG nicht zur Gewährung der von ihr beantragten Leistung.

Nach der Überzeugung des Senats verstoße die Anwendung des Territorialitätsprinzips auf die Leistungen für Kindererziehung nicht gegen das Gleichheitsgebot des Grundgesetzes (GG). Es könne nicht als willkürlich angesehen werden, wenn für den Personenkreis, für den Sozialleistungen gewährt würden, ein bestimmter Bezug zum Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland verlangt werde. Dieser Bezug werde im Regelfall durch den Aufenthalt im Bundesgebiet hergestellt. Dies gelte insbesondere dann, wenn Leistungen gewährt würden, denen, wie im vorliegenden Fall, keine besonderen Beitragsleistungen zugrunde lägen.

Gegen diese Entscheidung hat die Mutter der Klägerinnen die vom Senat zugelassene Revision eingelegt. Nach dem Tode der Mutter haben die Klägerinnen als deren alleinige Erbinnen den Rechtsstreit aufgenommen. Zur Revisionsbegründung wird im wesentlichen vorgetragen:

Entgegen der Ansicht der Beklagten und der Vorinstanzen enthalte das Gesetz über Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung für Kindererziehung an Mütter der Jahrgänge vor 1921 (Kindererziehungsleistungs-Gesetz ≪KLG≫) vom 17. Juli 1987 (BGBl I, 1585) kein Verbot, Kindererziehungsleistungen an Mütter mit Wohnsitz oder ständigem Aufenthalt in Ländern, mit denen kein Sozialversicherungsabkommen besteht, zu zahlen. Demnach könnten Mütter, die die Voraussetzungen des Art 2 § 62 Abs 1 Satz 1 ArVNG erfüllten, die Auszahlung von Kindererziehungsleistungen in solche Länder begehren. Außerdem enthalte das KLG keine ausdrückliche Bestimmung, wonach die Vorschriften der §§ 1316 Abs 1, 1317 bis 1323 RVO anwendbar wären. Das in § 30 Abs 1 SGB I kodifizierte Territorialitätsprinzip stehe der Zahlung von Kindererziehungsleistungen nicht entgegen, weil nach den Spezialvorschriften des Sechsten Buches des Sozialgesetzbuches – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) Berechtigte, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hätten, Leistungen nach § 294 Abs 1 und 5 SGB VI erhielten, soweit nicht die dem § 110 SGB VI folgenden Vorschriften über Leistungen an Berechtigte im Ausland etwas anderes bestimmten. In den §§ 111 bis 114 SGB VI seien zwar konkrete Leistungen angesprochen, die nicht exportiert würden, nicht aber Kindererziehungsleistungen.

Ihrer Ansicht nach hätte der Gesetzgeber im KLG generell festlegen müssen, daß Mütter, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in einem Staat hätten, mit dem kein Sozialversicherungsabkommen bestehe, von Leistungen ausgeschlossen seien. Da dies nicht der Fall sei, könne eine grundgesetzkonforme Auslegung des KLG unter Beachtung der Art 3 Abs 1 und 20 Abs 1 und 3 GG nur dahin führen, daß Kindererziehungsleistungen auch solchen Müttern zu gewähren seien, die im Geltungsbereich der RVO Kinder lebend geboren hätten und ihren Lebensabend in einem Staat verbrächten, mit dem noch kein Sozialversicherungsabkommen bestehe. Der Wille des Gesetzgebers gehe eindeutig dahin, daß alle Mütter, welche die Grundvoraussetzungen erfüllten, Leistungen für Kindererziehung erhielten.

Eine Versagung der beantragten Leistungen für Kindererziehung im vorliegenden Fall sei gemessen an Art 3 Abs 1 GG willkürlich. Für eine Differenzierung nach dem Wohnsitz im In- oder Ausland gebe es keine rechtfertigenden Gründe. Bei der Gesamtbetrachtung aller Umstände sei auch zu berücksichtigen, ob eine Mutter Arg aus der Sozialversicherung beziehe und daher einen bestimmten Bezug zum Sozialsystem der Bundesrepublik Deutschland habe. Wenn ohnehin Versichertenrente aus der gesetzlichen Rentenversicherung an deutsche Mütter der Jahrgänge vor 1921 mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland zu zahlen sei, so sei nicht einzusehen, warum diese nicht um die im Gesetz vorgesehenen Pauschalzuschläge für Kindererziehung erhöht werden könne.

Die Leistungsverweigerung sei ihr gegenüber auch deshalb unbillig, weil diejenige Verfolgte, die in die Bundesrepublik Deutschland zurückgekehrt sei, nicht schlechter als eine solche Verfolgte gestellt werden dürfe, die ihren Aufenthalt aus Verfolgungsgründen nach wie vor im Ausland habe und nicht zurückgekehrt sei. Der einmal anerkannte Sachverhalt einer verfolgungsbedingten Auswanderung könne im nachhinein nicht mehr entfallen. Schließlich dürfe auch nicht übersehen werden, daß sich hier auch die beiden Töchter verfolgungsbedingt im Ausland aufhielten und daß es der Mutter nach dem Tode ihres Ehemannes nicht zumutbar gewesen sei, allein in Deutschland zu verbleiben.

Die Klägerinnen beantragen,

  • die Urteile des SG Karlsruhe vom 21. Dezember 1988 und des LSG Baden-Württemberg vom 20. Dezember 1989 sowie den Bescheid der Beklagten vom 10. September 1987 idG des Widerspruchsbescheides vom 3. Februar 1988 aufzuheben,
  • die Beklagte zu verurteilen, ihnen zur gesamten Hand Kindererziehungsleistungen nach Frau M.… R.… für die Zeit vom 1. Oktober 1987 bis 30. Juni 1992 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

 

Entscheidungsgründe

II

Die Revision der Klägerinnen ist zulässig. Deren Eintritt in das Verfahren (vgl § 202 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫ iVm §§ 239, 250 der Zivilprozeßordnung) beruht auf der Rechtsnachfolge als Erbinnen ihrer Mutter (vgl § 58 SGB I iVm §§ 1918 ff des Bürgerlichen Gesetzbuches).

Die Revision ist jedoch nicht begründet. Die Beklagte und die Vorinstanzen haben einen Anspruch auf Kindererziehungsleistungen zu Recht verneint.

Für die Mutter der Klägerinnen, die Arg aus der gesetzlichen Rentenversicherung der Arbeiter von der Beklagten bezog (vgl Art 2 § 64 Abs 2 ArVNG), ist Anspruchsgrundlage noch Art 2 § 62 ArVNG idF des Art 13 des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen Rentenversicherung (Rentenreformgesetz 1992 ≪RRG 1992≫). Zwar ist diese Bestimmung mit Wirkung vom 1. Januar 1992 aufgehoben worden (vgl Art 83 Nr 7, Art 85 Abs 1 RRG 1992), jedoch hier gemäß § 300 Abs 2 SGB VI weiter anzuwenden, weil der Anspruch vor Ablauf von drei Kalendermonaten nach der Aufhebung geltend gemacht worden ist und sich auch auf einen Zeitraum vor Inkrafttreten des RRG 1992 bezieht (vgl Bundessozialgericht ≪BSG≫ SozR 3-2200 § 1246 Nr 29 mwN).

Nach Art 2 § 62 Abs 1 Satz 1 ArVNG erhalten Mütter, die vor dem 1. Januar 1921 geboren sind, für jedes Kind, das sie im Geltungsbereich dieses Gesetzes lebend geboren haben, eine Leistung für Kindererziehung. Diese Anspruchsvoraussetzungen erfüllte die Mutter der Klägerinnen. Sie gehörte zum Geburtsjahrgang 1897 und hatte ihre Töchter in M.… zur Welt gebracht. Nach Art 2 § 62 Abs 2 Nr 1 ArVNG ist für Mütter ihres Alters ein Leistungsbezug vom 1. Oktober 1987 an vorgesehen. Im vorliegenden Fall steht jedoch der ständige Auslandsaufenthalt der Mutter einer Leistungsgewährung entgegen.

Ausgangspunkt der Prüfung eines Auslandsbezuges sozialrechtlicher Sachverhalte ist § 30 Abs 1 SGB I. Danach gelten die Vorschriften des SGB für alle Personen, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt in seinem Geltungsbereich haben. § 30 Abs 2 SGB I bestimmt, daß Regelungen des über- und zwischenstaatlichen Rechts unberührt bleiben. Nach § 37 SGB I gilt das SGB I für alle Sozialleistungsbereiche dieses Gesetzbuches, soweit sich aus dem Zweiten bis Neunten Buch nichts Abweichendes ergibt. Dieser Systematik kann der Grundsatz entnommen werden, daß das SGB (einschließlich der als besondere Teile geltenden spezialgesetzlichen Regelungen, vgl Art II § 1 SGB I) regelmäßig nur auf die Wohnbevölkerung der Bundesrepublik Deutschland Anwendung findet (Territorialitätsprinzip; vgl BSGE 53, 150, 152 f; BSG SozR 7830 § 13 Nr 8; SozR 3-5750 Art 2 § 62 Nr 3; ähnlich auch GK-SGB I/von Maydell, § 30 Rz 27; RVO-SGB-GesKomm/Bley, § 30 SGB I, Anm 2 Buchst a bb). Zu diesem Personenkreis gehörte die Mutter der Klägerinnen nicht, weil sie sich nach den unangegriffenen Feststellungen des LSG, an die der Senat gebunden ist (vgl § 163 SGG), ab 1979 ständig in Australien aufhielt. Da das ArVNG, welches zur Änderung und Ergänzung der RVO erlassen worden ist, gemäß Art II § 1 Nr 4 SGB I als besonderer Teil des SGB gilt, wurde die Mutter der Klägerinnen nach § 30 Abs 1 SGB I wegen ihres gewöhnlichen Aufenthalts in Australien grundsätzlich von einer Leistungsberechtigung nach Art 2 § 62 ArVNG ausgeschlossen (vgl bereits BSG SozR 3-5750 Art 2 § 62 Nr 3 S 10).

Allerdings tritt § 30 Abs 1 SGB I hinter besonderen Normen zurück, die einen “Leistungsexport” ins Ausland zulassen. Für die Zahlung von Kindererziehungsleistungen nach Australien gibt es jedoch keine Ausnahmebestimmungen, auf die sich die Mutter der Klägerinnen hätte berufen können. Regelungen des über- oder zwischenstaatlichen Rechts iS des § 30 Abs 2 SGB I greifen hier nicht ein. Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und Australien besteht kein Abkommen über soziale Sicherheit.

Auch die §§ 1315 ff RVO (Erbringung der Leistungen an Berechtigte außerhalb des Geltungsbereiches dieses Gesetzes) begründen für Kindererziehungsleistungen keinen Auszahlungsanspruch nach Australien. Allerdings sind diese Vorschriften auf Leistungen für Kindererziehung anwendbar, weil diese gemäß § 23 Abs 1 Nr 1 Buchst f SGB I zu den Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung gehören (so auch Költzsch, Kindererziehungsleistung an Mütter der Jahrgänge vor 1921 – KLG, 1988, Rz B 121; ders, DAngVers 1988, 64, 65). Nach § 1316 Abs 1 RVO erhält ein Berechtigter, der seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht im Geltungsbereich dieses Gesetzes hat, für diese Zeit die Leistungen der Rentenversicherung der Arbeiter (nur) insoweit, als die §§ 1317 bis 1323 RVO dies bestimmen. In den §§ 1317 bis 1323 RVO ist ein Kindererziehungsleistungs-Export nicht vorgesehen (vgl insbes § 1322 RVO; dazu auch von Einem, SozVers 1988, 34, 35). Soweit § 1320 Abs 2 RVO eine Regelung für “Rentenzuschläge” trifft, werden Kindererziehungsleistungen dadurch nicht erfaßt. Zwar wird diese Leistung gemäß Art 2 § 65 Abs 1 Satz 2 ArVNG bei rentenberechtigten Müttern “wie ein Zuschlag zur Rente behandelt”. Diese Vorschrift bezieht sich jedoch nur auf die Zahlungsweise und läßt die Rechtsnatur der Kindererziehungsleistung unberührt (vgl Költzsch, DAngVers 1988, 64, 66). Wegen seines eindeutigen, engen Wortlautes (“im Rahmen dieser Vorschrift”) ist Art 2 § 65 Abs 1 Satz 2 ArVNG nach Auffassung des Senats keiner erweiternden Auslegung zugänglich. Demnach folgt aus dem Regelungszusammenhang der §§ 1316 ff RVO, daß eine Gewährung der Kindererziehungsleistungen ins Ausland grundsätzlich ausgeschlossen ist.

Entgegen der Auffassung der Klägerinnen läßt sich aus Art 2 § 62 ArVNG nicht entnehmen, daß Kindererziehungsleistungen unbeschränkt ins Ausland zu erbringen sind. Im Hinblick auf § 30 Abs 1 SGB I, § 1316 RVO wäre insofern eine ausdrückliche Regelung erforderlich. Daran fehlt es hier. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den Ausführungen, die bei der Gesetzesberatung von Politikern im Bundestag gemacht worden sind. Soweit dabei zum Ausdruck gebracht worden ist, daß die Kindererziehungsleistungen allen Müttern der Geburtsjahrgänge vor 1921 zugute kämen, bezieht sich dies ersichtlich auf den Umstand, daß eine bestehende Beziehung zur Rentenversicherung nicht vorausgesetzt wird (vgl zB Deutscher Bundestag, 11. WP, stenographische Berichte, 11. und 20. Sitzung vom 8. Mai und 25. Juni 1987, S 643 D ≪Abgeordnete Würfel≫, S 646 A ≪Abgeordneter Peter/Kassel≫, S 1221 B ≪Abgeordneter Müller/Wesseling≫, S 1225 A ≪Abgeordneter Heinrich≫). Im übrigen können die absoluten Begriffe “alle” und “jede” in diesem Zusammenhang nicht wörtlich genommen werden. Denn es dürfte offenkundig sein, daß nicht alle auf Erden lebenden Mütter gemeint gewesen sind. Auch eine Beschränkung auf deutsche Staatsangehörige wäre unzutreffend, da auch Ausländerinnen mit gewöhnlichem Aufenthalt im Geltungsbereich des Gesetzes Kindererziehungsleistungen erhalten können, wenn sie die Voraussetzungen erfüllen. Am ehesten beziehen sich die betreffenden Ausführungen daher auf die inländische Wohnbevölkerung. Die speziellen Anforderungen eines Leistungsbezuges im Ausland sind im Rahmen der Plenarberatung des Bundestages nicht besonders erörtert worden. Daß sie jedoch Gegenstand der Beratungen der gesetzgebenden Körperschaften gewesen sind, ergibt sich aus der Begründung des Regierungsentwurfs (vgl BT-Drucks 11/197, S 11).

Schließlich ließ auch die Ausnahmevorschrift des Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG eine Leistungserbringung an die Mutter der Klägerinnen nicht zu. Danach finden auf die Leistungen für Kindererziehung die §§ 18 und 19 WGSVG entsprechende Anwendung. Nach § 18 Abs 1 Satz 1 WGSVG können Verfolgte, die zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 das Gebiet des Deutschen Reiches oder der Freien Stadt Danzig verlassen haben, um sich von einer von ihnen nicht zu vertretenden und durch die politischen Verhältnisse bedingten besonderen Zwangslage zu entziehen, oder aus den gleichen Gründen nicht in das Gebiet des Deutschen Reiches oder der Freien Stadt Danzig zurückkehren konnten, die Rente wie Verfolgte erhalten, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Geltungsbereich dieses Gesetzes haben. § 19 WGSVG trifft ergänzende Bestimmungen für vertriebene Verfolgte. Indem Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG diese Vorschriften für entsprechend anwendbar erklärt, erstreckt er den darin vorgesehenen Rentenexport auch auf Kindererziehungsleistungen. Er begünstigt also – in Abweichung von den allgemeinen Regeln (§ 30 Abs 1 SGB I, § 1316 RVO) – Verfolgte nach Maßgabe der §§ 18, 19 WGSVG insoweit, als ihnen Kindererziehungsleistungen auch ins Ausland gezahlt werden, falls sie die sonstigen anspruchsbegründenden Voraussetzungen des Art 2 § 62 Abs 1 bis 3 ArVNG erfüllen (vgl BSG SozR 3-5750 Art 2 § 62 Nr 3 S 10; BSG, Urteil vom 29. Mai 1991, 4/1 RA 25/90, Umdr S 7). Aus dieser auf einen bestimmten Personenkreis begrenzten Sonderregelung ist der Umkehrschluß zu ziehen, daß es für die übrigen berechtigten Mütter bei dem grundsätzlichen Ausschluß eines Leistungsexports verbleiben soll (vgl RegEntw zum KLG, BT-Drucks 11/197, S 11; ähnlich auch Schmidt, DAngVers 1987, 179, 180; Wolf, SozVers 1987, 265, 267). Dieser Regelungsgehalt kommt jetzt in § 294 Abs 5 SGB VI, der Nachfolgevorschrift zu Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG, klar zum Ausdruck (vgl dazu HDR/Schmidt, 30 Rz 21). Dort heißt es nämlich, daß eine Mutter, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland hat, eine Leistung für Kindererziehung nur erhält, wenn sie zu den in §§ 18, 19 WGSVG genannten Personen gehört.

Es kann davon ausgegangen werden, daß die Mutter der Klägerinnen die persönlichen Voraussetzungen des § 18 WGSVG (abgesehen von den hier nicht maßgebenden Beitragszeitenerfordernissen, vgl dazu Költzsch, KLG, Rz B 128; ders, DAngVers 1988, 64, 66) ursprünglich erfüllt hatte. Sie war anerkannte Verfolgte iS des § 1 BEG. Auch hatte sie im Jahre 1938 (dh zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945) das Gebiet des Deutschen Reiches verfolgungsbedingt verlassen, also um sich einer Zwangslage iS des § 18 Abs 1 Satz 1 WGSVG zu entziehen. Darüber hinaus verlangt diese Vorschrift jedoch, daß der durch die damalige Zwangslage verursachte Auslandsaufenthalt auch im streitbefangenen Zeitraum ab Oktober 1987 fortgedauert hat.

Zu § 1321 Abs 5 RVO in der bis zum 31. Mai 1979 geltenden Fassung (aF), der mit wörtlich übereinstimmender Formulierung ebenfalls daran anknüpft, ob die betreffenden Personenkreise “zwischen dem 30. Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 das Gebiet des Deutschen Reiches oder das Gebiet der Freien Stadt Danzig verlassen haben, um sich einer von ihnen nicht zu vertretenden und durch die politischen Verhältnisse bedingten Zwangslage zu entziehen …”, hat der 4. Senat des BSG in seinem Urteil vom 29. Mai 1968 – 4 RJ 407/87 – entschieden, daß diese Verfolgten von dem Ruhen ihrer Rente gemäß § 1315 Abs 1 Nr 1 RVO aF nicht verschont werden, wenn sie zunächst dauernd in den Geltungsbereich der RVO zurückgekehrt waren und dann doch erneut ausgewandert sind (vgl BSGE 28, 99 = SozR Nr 2 zu § 1321 RVO). Dazu hat sich der 4. Senat zum einen auf den Gesetzeswortlaut gestützt. Die gewählte Zeitform – das Perfekt (“verlassen haben”) – kennzeichnet einen Sachverhalt, welcher einerseits der Vergangenheit angehört, andererseits aber bis in die Gegenwart hinein fortwirkt. Danach darf die durch die Zwangsemigration ausgelöste Abwesenheit von Deutschland nicht durch eine spätere, auf Dauer berechnete Rückkehr abgebrochen worden sein (vgl BSGE 28, 99 f). Zum anderen entspricht diese Auslegung nach Auffassung des 4. Senats dem Zweck des § 1321 Abs 5 RVO aF. Es soll derjenige, der aus der Not der Verfolgung heraus ins Ausland verzogen war und dort geblieben ist, nicht leer ausgehen. Von denjenigen, die in einem anderen Land heimisch geworden sind, kann die Aufgabe der neugeschaffenen Existenz nicht erwartet werden. Wer aber von sich aus wieder in Deutschland ansässig geworden ist, hat sich in die gleiche Situation versetzt, in der sich die Verfolgten befinden, die in den Jahren nationalsozialistischer Gewaltherrschaft in Deutschland geblieben sind. Dabei ist zu bedenken, daß nach 1945 alle geboten erscheinenden Vorkehrungen getroffen worden sind, um den Verfolgten die Rückkehr und den Wiederanfang im Bundesgebiet wirtschaftlich zu ermöglichen (vgl BSGE 28, 99, 101).

Dieser Beurteilung hat sich der 11. Senat des BSG in seinem Urteil vom 23. September 1981 – 11 RA 59/80 – auch in bezug auf § 19 WGSVG in der bis zum 30. Juni 1977 geltenden Fassung angeschlossen. Er hält diese Vorschrift nicht auf Verfolgte für anwendbar, die nach dem 8. Mai 1945 in die 1938/39 in das Deutsche Reich eingegliederten Gebiete zurückgekehrt sind und diese erst nach 1949 wieder verlassen haben (vgl BSG SozR 2200 § 1321 Nr 12). Eine andere Auslegung würde Verfolgte, die nach dem Ende der Verfolgung in ihr Herkunftsgebiet zurückgekehrt sind, ohne einsichtigen Grund gegenüber solchen Verfolgten begünstigen, die im Verfolgungsgebiet verblieben oder gar in ein Konzentrationslager verbracht worden sind; während die letzteren Leistungen nur bei einem Verlassen des Gebietes vor dem 1. Januar 1950 erhalten können, würde es bei Verfolgten, die nach dem 8. Mai 1945 wieder in das Vertreibungsgebiet zurückgekehrt waren, auf den Zeitpunkt des endgültigen Verlassens des Vertreibungsgebietes nicht ankommen (vgl BSG aaO S 19; ähnlich bereits BSG SozR 5070 § 19 Nr 1 S 4 f).

Diese Erwägungen sind nach Auffassung des erkennenden Senats auch bei der Anwendung des § 18 Abs 1 WGSVG zugrundezulegen. Dieser ist folglich dahin auszulegen, daß der während des begehrten Rentenbezuges bestehende Auslandsaufenthalt durch Verfolgungsmaßnahmen begründet worden sein muß (vgl Költzsch, DAngVers 1977, 379, 382). Schon der übereinstimmende Gesetzeswortlaut läßt eine abweichende Beurteilung kaum zu. Darüber hinaus stimmen die von § 18 WGSVG erfaßten Verfolgten in ihren wesentlichen anspruchsbegründenden Merkmalen (verfolgungsbedingter Auslandsaufenthalt) mit den durch § 1321 Abs 5 RVO aF, § 1321 Abs 2 RVO aF iVm § 19 WGSVG aF begünstigten Personenkreisen überein. Eine dauerhafte Rückkehr in das Herkunftsgebiet bricht also eine durch Verfolgungsmaßnahmen bedingte Abwesenheit in jedem Fall ab; damit entfallen die sich aus § 18 WGSVG ergebenden Vorteile (so auch Költzsch, aaO). Da im Rahmen der durch Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG angeordneten entsprechenden Anwendung des § 18 WGSVG nichts anderes gelten kann, lag bei der Mutter der Klägerinnen mit ihrer Rückkehr nach Deutschland im Jahre 1957 ein verfolgungsbedingter Auslandsaufenthalt iS dieser Vorschrift nicht mehr vor. Er konnte auch durch die erneute Auswanderung der Mutter nicht wieder aufleben. Die bloße Eigenschaft als Verfolgte iS des § 1 BEG reicht insofern nicht aus (vgl Költzsch, DAngVers 1988, 64, 67). Vielmehr läßt Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG iVm §§ 18, 19 WGSVG Zahlungen ins Ausland nur zu, wenn Deutschland spätestens bis zum 31. Dezember 1949 verlassen wurde (vgl § 18 Abs 2 WGSVG). Auf die Gründe der erneuten Auswanderung der Mutter der Klägerinnen kommt es in diesem Zusammenhang somit nicht an. Insbesondere werden mittelbare Nachwirkungen der Verfolgung (vgl zu § 1251 Abs 1 Nr 4 RVO: BSG SozR Nr 46 zu § 1251 RVO; SozR 2200 § 1251 Nr 106) jenseits des genannten Stichtages (31. Dezember 1949) vom WGSVG nicht erfaßt (vgl BSGE 63, 282, 289). Gerade durch diese Stichtagsregelung hat der Gesetzgeber deutlich gemacht, daß das Wiedergutmachungsrecht keinen zeitlich unbegrenzten Ausgleich indirekter Verfolgungswirkungen vorsieht (vgl BSG aaO). Insofern kann es nach der Systematik des WGSVG keine Berücksichtigung finden, wenn sich die Mutter der Klägerinnen nach dem Tode ihres Ehemannes im Jahre 1973 wegen einer zunehmenden altersbedingten Gebrechlichkeit entschlossen hat, zu ihren verfolgungsbedingt im Ausland wohnenden Töchtern zu ziehen.

III

Nach Auffassung des erkennenden Senats sind die hier einschlägigen Vorschriften (§ 30 Abs 1 SGB I, §§ 1316 ff RVO, Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG) mit dem GG vereinbar, auch soweit sie dazu führen, daß die Mutter der Klägerinnen während der Dauer ihres Auslandsaufenthaltes keinen Anspruch auf Gewährung von Kindererziehungsleistungen hatte.

Aus Art 6 Abs 1 GG läßt sich eine Verpflichtung des Gesetzgebers, Kindererziehungsleistungen auch für deutsche Mütter im Ausland vorzusehen, nicht herleiten. Zwar enthält diese Verfassungsbestimmung eine “wertentscheidende Grundsatznorm”, die für den Staat die Pflicht begründet, Ehe und Familie zu schützen und zu fördern. Der Staat ist jedoch weder gehalten, jegliche die Familie betreffenden Belastungen auszugleichen, noch hat er die Familie ohne Rücksicht auf sonstige öffentliche Belange zu fördern. Demgemäß läßt sich aus der Wertentscheidung des Art 6 Abs 1 GG iVm dem Sozialstaatsprinzip wohl die allgemeine Pflicht des Staates zu einem Familienlastenausgleich entnehmen, nicht aber die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher Ausgleich vorzunehmen ist. Daher lassen sich aus diesem Verfassungsauftrag konkrete Folgerungen für die einzelnen Rechtsgebiete und Teilsysteme, in denen der Familienlastenausgleich zu verwirklichen ist, nicht ableiten. Insoweit besteht vielmehr grundsätzlich Gestaltungsfreiheit (vgl Bundesverfassungsgericht ≪BVerfG≫, Urteil vom 7. Juli 1992, 1 BvL 61/86 ua, BVerfGE 87, 1, 35 f). Dies muß insbesondere dann gelten, wenn es, wie hier, nicht um den Ausgleich aktueller familienbezogener Belastungen, sondern um Altersleistungen an Mütter geht, die im Ausland wohnen.

Ebenso wie in dem zitierten Urteil des BVerfG (BVerfGE 87, 1, 36) ist auch hier in erster Linie Art 3 Abs 1 GG Prüfungsmaßstab. Der darin enthaltene Gleichheitssatz verbietet es, eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders zu behandeln, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie eine ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 55, 72, 78). Ebenso verstieße auch eine für alle Betroffenen gleiche Regelung gegen Art 3 Abs 1 GG, wenn sie für eine Personengruppe Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht zur Folge hätte, daß ihr gegenüber die gleichartige Behandlung nicht mehr zu rechtfertigen wäre (vgl BVerfGE 72, 141, 150). Die Anwendung dieser Verfassungsnorm verlangt den Vergleich von Lebenssachverhalten, die nicht in allen, sondern stets nur in einzelnen Elementen gleich sein können. Grundsätzlich ist es Sache des Gesetzgebers zu entscheiden, welche von diesen Elementen er als maßgebend für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung ansieht. Bei der Überprüfung eines Gesetzes auf seine Vereinbarkeit mit dem Gleichheitssatz hat das zuständige Gericht daher nicht zu untersuchen, ob der Gesetzgeber die zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat, sondern nur, ob er die verfassungsrechtlichen Grenzen seiner Gestaltungsfreiheit eingehalten hat (vgl zB BVerfGE 83, 395, 401). Diese werden auch durch Art 6 Abs 1 GG sowie das Sozialstaatsprinzip (Art 20 Abs 1 GG) bestimmt, da es sich bei der Kindererziehungsleistung nach Art 2 § 62 ArVNG um eine Sozialleistung im Rahmen des Familienlastenausgleichs handelt (vgl BVerfGE 75, 382, 393; 87, 1, 34 f).

Für eine leistungsrechtliche Berücksichtigung der durch die Mutter der Klägerinnen erfolgten Kindererziehung sind im vorliegenden Zusammenhang namentlich fünf Sachverhaltselemente maßgebend, die zugleich auch Anknüpfungspunkte für eine Gleich- oder Ungleichbehandlung mit anderen Müttern sind: Der Geburtsjahrgang einer Mutter (vor oder ab 1921) entscheidet darüber, ob für sie das KLG (Art 2 §§ 62 ff ArVNG) oder § 1251a RVO, eingeführt durch Art 1 Nr 19 des Gesetzes zur Neuordnung der Hinterbliebenenrenten sowie zur Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung (Hinterbliebenenrenten- und Erziehungszeiten-Gesetz ≪HEZG≫) vom 11. Juli 1985 (BGBl I, 1450), einschlägig ist. Der gewöhnliche Aufenthalt im Ausland führt über §§ 30, 37 SGB I zu besonderen leistungsrechtlichen Konsequenzen, die unterschiedlich sein können, je nach dem, ob internationale Verträge über soziale Sicherheit anwendbar sind und ob die deutsche Staatsangehörigkeit (fort-)besteht. Gemäß Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG iVm §§ 18, 19 WGSVG ist bei Verfolgten iSd § 1 BEG danach zu differenzieren, ob ihr Auslandsaufenthalt verfolgungsbedingt ist. Diese Merkmale sollen im folgenden zur Bildung der Vergleichsgruppen herangezogen werden, deren Rechtsstellung mit derjenigen der Mutter der Klägerinnen in Beziehung zu setzen ist.

Zunächst kann die Mutter der Klägerinnen mit (deutschen und ausländischen) Müttern entsprechenden Alters (Jahrgänge vor 1921) verglichen werden, die im Geltungsbereich des ArVNG (Inland) wohnen. Diese erhalten ohne weiteres Kindererziehungsleistungen, wenn sie die allgemeinen Anspruchsvoraussetzungen erfüllen (vgl Art 2 § 62 ArVNG). Die sich insofern zeigende Benachteiligung der Mutter der Klägerinnen erscheint als sachlich gerechtfertigt. Ausgangspunkt der Beurteilung ist dabei der Grundsatz, daß der Gesetzgeber durch das verfassungsrechtliche Sozialstaatsgebot (Art 20 Abs 1 GG) nur verpflichtet ist, denen eine soziale Sicherheit zu garantieren, für die er verantwortlich ist. Das sind in erster Linie deutsche Staatsangehörige und die in seinem Gebiet lebenden Ausländer (vgl BVerfGE 51, 1, 27). Soweit es deutsche Staatsangehörige betrifft, liegt es zudem in der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit, Leistungen, die vornehmlich fürsorgerischen Gesichtspunkten entsprechen, auf Berechtigte im Inland zu beschränken. Diese sind der Fürsorge des Gesetzgebers eher anvertraut als diejenigen, deren Verbindung zur Bundesrepublik durch die Wahl ihres Wohnsitzes im Ausland weniger eng ist (vgl BVerfGE 48, 251, 290). Dieser Gedanke ist im vorliegenden Fall entscheidend, da die Kindererziehungsleistung als Teil des allgemeinen Familienlastenausgleichs zum Bereich der öffentlichen Fürsorge gehört (vgl BVerfGE 87, 1, 35). Diese Zuordnung ergibt sich im wesentlichen aus der fehlenden Anknüpfung an ein Versicherungsverhältnis und aus der Ausgestaltung als eine vom Bund finanzierte Absicherung der betroffenen Mütter. Anders als bei Versichertenrenten war hier keine Wechselbeziehung zwischen Leistung (Beitragsverpflichtung) und Gegenleistung (Anspruchsberechtigung) zu beachten (vgl dazu allgemein BSGE 53, 150, 154). Zwar hat die Kindererziehung für das System der Altersversorgung eine bestandssichernde Bedeutung, weil die Renten jeweils aus den Beiträgen der nachrückenden Generation erbracht werden (vgl BVerfGE 87, 1, 37); jedoch ergibt sich aus Art 3 Abs 1 iVm Art 6 Abs 1 GG keine Pflicht des Gesetzgebers, hinsichtlich der Begründung von Leistungsanwartschaften die Kindererziehung der Beitragszahlung gleichzustellen (vgl BVerfG aaO S 39 f). Art 6 Abs 1 GG zwingt auch insofern zu keiner anderen Wertung, als die Versagung der Kindererziehungsleistungen bei Auslandsaufenthalt nicht auf der Familienbeziehung beruht, sondern auf dem sog Territorialitätsprinzip, das vom Gesetzgeber bei der Frage eines “Leistungsexportes” grundsätzlich berücksichtigt werden kann (vgl BVerfGE 55, 1, 27). Ebensowenig steht das Sozialstaatsprinzip in diesem Zusammenhang einer Leistungsversagung entgegen, da die soziale Schutzpflicht des Staates bei im Ausland wohnenden Deutschen geringer ist als bei Inländern (vgl BVerfGE 48, 282, 290 f).

Soweit über- oder zwischenstaatliche Regelungen (Europarecht oder mehrseitige Sozialversicherungsabkommen der Bundesrepublik mit anderen Staaten) einen gewöhnlichen Aufenthalt im Ausland einem solchen in Deutschland gleichstellen (sog Gebietsgleichstellungsregelungen), können auch Mütter, die in den betreffenden anderen Staaten leben und die weiteren Anspruchsvoraussetzungen erfüllen, Kindererziehungsleistungen erhalten (vgl Költzsch, KLG, Rz B 131 ff). Wenn mit Australien keine entsprechenden Absprachen bestehen und die dort wohnende Mutter der Klägerinnen folglich keinen Leistungsanspruch hatte, kann diese Rechtslage nicht als willkürlich angesehen werden. Denn sie beruht auf den vielfältigen Gegebenheiten, die für den Abschluß internationaler Verträge bestimmend sind. Solche Vereinbarungen setzen nicht zuletzt einen Ausgleich der oft sehr unterschiedlichen Interessen der beiden Staaten voraus. In dem damit angesprochenen Bereich außenpolitischer Gestaltung läßt Art 3 Abs 1 GG dem Gesetzgeber besonders viel Raum (vgl BVerfGE 53, 164, 182; BVerfG SozR 5070 § 10a Nr 8). Dieser darf insofern auch dem völkerrechtlichen Grundsatz der Gegenseitigkeit Rechnung tragen (vgl BVerfGE 30, 409, 413 f), zumal es sich nicht um durch Beiträge erworbene Leistungsansprüche handelt (vgl BVerfGE 51, 1, 23 f).

Eine weitere Ungleichbehandlung der Mutter der Klägerinnen läßt sich gegenüber deutschen Müttern der Jahrgänge ab 1921 verzeichnen, die sich gewöhnlich im Ausland aufhalten. Diese erhalten zwar aus Altersgründen keine Kindererziehungsleistungen, jedoch wird ihre Kindererziehung durch die rentenbegründende und (grundsätzlich auch) rentensteigernde Anrechnung besonderer Versicherungszeiten bei der Rentengewährung berücksichtigt (vgl §§ 1251a, 1255a Abs 5 RVO). Diese Vergünstigung bleibt ihnen auch dann erhalten, wenn sie in einem anderen Staat (außerhalb des Geltungsbereiches der RVO; für die Zeit bis zur deutschen Einheit vgl auch § 1317 RVO) wohnen, mit dem keine einschlägigen Gebietsgleichstellungsregelungen verreinbart sind. Denn § 1320 Abs 1 Satz 2 RVO sieht vor, daß die Rente für Zeiten der Kindererziehung (vor dem 1. Januar 1986 im Geltungsbereich der RVO) auch bei ständigem Auslandsaufenthalt einer deutschen Berechtigten in vollem Umfang geleistet wird. Im Vergleich dazu ist der grundsätzliche Ausschluß eines “Exports” von Kindererziehungsleistungen gleichwohl nicht sachwidrig.

Ein hinreichender Differenzierungsgrund ergibt sich aus der unterschiedlichen Konzeption und Ausgestaltung beider Leistungen (einerseits Versicherungsrente für Kindererziehungszeiten, andererseits pauschale Leistungen für Kindererziehung). Solange nicht feststeht, daß eine Bestimmung innerhalb des eigenen Sachbereichs nicht oder nicht mehr sachgerecht ist, kann sie grundsätzlich nicht mit Hilfe des Gleichheitssatzes im Hinblick auf andere Bestimmungen eliminiert werden, die anderen rechtlichen Ordnungsbereichen angehören und in anderen systematischen und sozialgeschichtlichen Zusammenhängen stehen (vgl BVerfGE 40, 121, 139 f). Zwar sollte sowohl mit dem HEZG als auch mit dem KLG die mit der Kindererziehung verbundene Leistung anerkannt werden (vgl Begr der jew RegEntw, BT-Drucks 10/2677 S 28, BT-Drucks 11/197, S 9). Die Besonderheiten des durch das KLG begünstigten Personenkreises (Mütter über 65 Jahre) veranlaßte jedoch den Gesetzgeber, für diesen eine besondere Leistungsart zu entwickeln, die durch pauschale und typisierende Tatbestandsmerkmale gekennzeichnet ist. Während dabei eine organisatorische Aufgabenzuweisung an den Rentenversicherungsträger erfolgte, wurde inhaltlich der Systembereich der gesetzlichen Rentenversicherung verlassen und eine Zuordnung zum Bereich der öffentlichen Fürsorge vorgenommen (vgl BVerfGE 87, 1, 34 f). Diese gesetzgeberische Vorgehensweise begegnet keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, da sich eine Einbeziehung der älteren Mütter in die rentenversicherungsrechtliche Lösung des HEZG schon deshalb nicht anbot, weil sonst in eine große Zahl bereits abgeschlossener Rentenbiographien hätte eingegriffen werden müssen. Auch sonst sprachen gewichtige rentensystematische und verwaltungspraktische Gründe dagegen (vgl dazu BVerfGE 87, 1, 43 ff).

Nach Auffassung des erkennenden Senats läßt sich die Beschränkung des Exports von Kindererziehungsleistungen im Vergleich zu Renten für Zeiten der Kindererziehung gerade mit den bestehenden systematischen Besonderheiten dieser Leistung rechtfertigen. Durch die Regelungen des HEZG wurden die ersten zwölf Monate der Kindererziehung für jedes Kind als Versicherungszeit anerkannt. Soweit diese Zeit nach dem 31. Dezember 1985 liegt, handelt es sich um eine Beitragszeit (vgl § 1227a RVO), ansonsten um eine Versicherungszeit besonderer Art, deren Anrechenbarkeit weitgehend der einer Beitragszeit entspricht (vgl §§ 1251a, 1255a Abs 5 RVO). Daher lag es nahe, Kindererziehungszeiten auch im Auslandsrentenrecht (vgl § 1315 ff RVO) wie Beitragszeiten zu behandeln (vgl §§ 1319, 1320 Abs 1 Satz 2 RVO). Die weitgehende Exportfähigkeit einer Rente für Kindererziehungszeiten ergibt sich insofern aus der anwartschaftsbegründenden Wirkung dieser Zeiten. Die Wechselbeziehung zwischen Vorsorge und Leistungsverhältnis in der Sozialversicherung (vgl dazu allgemein BSGE 31, 288; 33, 280, 53, 150) läßt es gerechtfertigt erscheinen, die Leistungserbringung nicht ohne weiteres an einem Wohnsitz des Berechtigten im Ausland scheitern zu lassen. Dagegen handelt es sich bei der Kindererziehungsleistung um eine pauschale Zuwendung mit starker fürsorgerischer Ausprägung. Eine konkrete Anknüpfung an das Rentenversicherungsverhältnis fehlt. Zwar hat sich der Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der mit der Geburt des Kindes zusammenhängenden anspruchsbegründenden Tatbestandsmerkmale (vgl Art 2 § 62 Abs 1 bis 3 ArVNG) weitgehend an der versicherungsrechtlichen Lösung des HEZG orientiert (vgl dazu BSG SozR 3-5750 Art 2 § 72 Nrn 3, 5; SozR 3-5050 § 28b Nr 1), er war jedoch von Verfassungs wegen nicht gezwungen, dies auch auf der Leistungsseite zu tun. Hier konnte er dem Fürsorgecharakter dieser Leistung Rechnung tragen und die Gewährung grundsätzlich auf Berechtigte im Inland beschränken (vgl allgemein BVerfGE 48, 281, 290). Diese differenzierte Regelung entspricht der besonderen Eigenart der Kindererziehungsleistung als sozialrechtlicher “Mischtyp” im Grenzbereich zwischen Rentenversicherung und sozialer Fürsorge.

Die für Kindererziehungsleistungen vorgesehenen Exportbeschränkungen sind nicht nur gemessen an der Konzeption dieser Zuwendung folgerichtig, sondern lassen im Vergleich zu der Regelung des § 1320 Abs 1 Satz 2 RVO auch keine “systemübergreifende” Sachwidrigkeit erkennen. Zwar mögen die Parallelen bei der Zielsetzung eine Betrachtung über die von der gesetzlichen Ausgestaltung gezogenen Grenzen hinweg nahelegen. Bedenklich erschiene die Benachteiligung älterer Mütter hinsichtlich des Leistungsexports insbesondere dann, wenn es ein verfassungsrechtliches Gebot gäbe, die Kindererziehung dieses Personenkreises in jeder Hinsicht zumindest in gleicher Weise zu berücksichtigen wie die Erziehungsleistungen von Müttern der Jahrgänge ab 1921, die von der rentenrechtlichen Lösung des HEZG (vgl § 1320 Abs 1 Satz 2 RVO) erfaßt werden. Von einer derartigen Einschränkung der gesetzgeberischen Gestaltungsmöglichkeiten kann jedoch nicht ausgegangen werden. Das BVerfG hat es im Rahmen seiner verfassungsrechtlichen Prüfung nicht beanstandet, daß Mütter der Jahrgänge vor 1921 nicht nur von der rentenrechtlichen Lösung des HEZG ausgeschlossen wurden, sondern auch erst ab einem späteren Zeitpunkt – stufenweise nach Jahrgangsgruppen geordnet – die pauschalen Kindererziehungsleistungen erhielten (vgl BVerfGE 87, 1, 45 ff). Daraus folgt, daß der Gesetzgeber – nicht zuletzt aus finanziellen Erwägungen – die nach dem KLG Begünstigten in mancher Beziehung schlechter stellen konnte als die vom HEZG erfaßten Erziehungspersonen, wenn es dafür sachliche Gründe gibt. Dies gilt umso mehr, als es sich bei Art 2 § 62 ff ArVNG um Übergangsregelungen handelt, die für einen gewissen Zeitraum die leistungsrechtlichen Lücken schließen sollten, die das HEZG gelassen hatte (vgl dazu allgemein BVerfGE 49, 192, 210).

Auch sonst treten die konzeptionellen Unterschiede beider Vergünstigungen für Kindererziehung nicht so sehr hinter der übereinstimmenden Zielsetzung zurück, daß eine Gleichbehandlung hinsichtlich der Exportfähigkeit zwingend geboten wäre. Die Abweichungen beschränken sich nämlich nicht auf die leistungsrechtliche Ausgestaltung, sondern erstrecken sich auch auf den Kreis der Begünstigten. Während die rentenrechtliche Lösung nach dem HEZG die Erfüllung der Wartezeit für eine Rente voraussetzt, bedürfen die vom KLG betroffenen Mütter keines Bezuges zur Rentenversicherung. Nach § 1255a Abs 5 RVO läuft die Anerkennung der Kindererziehungszeiten (teilweise) praktisch leer, wenn die betreffenden Zeiträume bereits mit anrechenbaren Versicherungszeiten belegt sind. Hingegen erhalten ältere Mütter die pauschalen Kindererziehungsleistungen immer ungekürzt. Da Art 2 § 62 Abs 1 ArVNG – anders als § 1251a Abs 1 RVO – nur die Lebendgeburt eines Kindes voraussetzt, braucht die Mutter ihr Kind nicht selbst erzogen zu haben. Andererseits sind nach dieser Vorschrift jedoch für Väter sowie Adoptiv- und Pflegeeltern keine Kindererziehungsleistungen vorgesehen. Diese werden wiederum durch § 1251a Abs 1 RVO begünstigt. § 1251a RVO setzt grundsätzlich einen gewöhnlichen Inlandsaufenthalt der Erziehungsperson während der Zeit der Kindererziehung voraus. Demgegenüber ist dies nach Art 2 § 62 ArVNG nicht der Fall, sofern die Geburt des Kindes im Inland erfolgt ist. Gerade die letztgenannte Anspruchserleichterung bei der Kindererziehungsleistung läßt Exportbeschränkungen angezeigt erscheinen. Insofern stellen diese ein gewisses Gegengewicht zu den typisierenden, teilweise recht weit gefaßten Tatbestandsmerkmalen des Art 2 § 62 ArVNG dar (vgl Schmidt, DAngVers 1987, 179, 180). Dadurch wird weitgehend verhindert, daß auch solche Mütter in den Genuß der Kindererziehungsleistung gelangen, die keinen Bezug zum deutschen System der sozialen Sicherung haben. Soweit auch ältere Mütter davon betroffen werden, die eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung beziehen, ist dies eine Folge der typisierenden Fassung der Leistungsvoraussetzungen. Zwar könnten die Kindererziehungsleistungen in solchen Fällen wie ein Rentenzuschlag mit ins Ausland überwiesen werden (vgl Art 2 § 65 Abs 1 Satz 2 ArVNG), eine derartige Verfahrensweise würde jedoch wiederum eine neue Ungleichbehandlung gegenüber Müttern mit sich bringen, die während ihres ständigen Auslandsaufenthaltes zwar nicht durch den Bezug einer Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung, aber in anderer Weise mit den Sozialsystemen der Bundesrepublik Deutschland verbunden geblieben sind (zB durch Bezug von Leistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung oder nach dem Bundesversorgungsgesetz). Ferner wäre es bedenklich, wenn bei einer Leistung, die gerade nicht an das Bestehen eines Versicherungsverhältnisses anknüpfen soll, ein solches für die Gewährung ins Ausland doch wieder gefordert würde. Im übrigen ist das Vorhandensein sonstiger anrechnungsfähiger Versicherungszeiten auch nach dem HEZG nicht zwingende Voraussetzung für eine Anwendung des § 1320 Abs 1 Satz 2 RVO. Denn eine exportfähige Rente kann ausschließlich auf der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten (für mindestens fünf Kinder) beruhen (vgl §§ 1249, 1250 Abs 1 Buchst c RVO). Die Rechtsstellung der Mutter der Klägerinnen als Altersrentnerin ist also gegenüber der Situation anderer älterer Mütter nicht so herausgehoben, daß ihr eine Gleichbehandlung mit jenen im vorliegenden Zusammenhang nicht zugemutet werden könnte.

Die Mutter der Klägerinnen wurde auch im Vergleich zu solchen Müttern, welche die Voraussetzungen des Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG iVm §§ 18, 19 WGSVG erfüllen, schlechter behandelt. Letztere erhalten nämlich Kindererziehungsleistungen auch bei einem ständigen Aufenthalt im Ausland. Dabei handelt es sich um als Verfolgte anerkannte Frauen, die bis zu einem bestimmten Stichtag (8. Mai 1945, jedenfalls aber vor dem 1. Januar 1950) Deutschland oder ein Vertreibungsgebiet unter besonderen, näher bezeichneten Umständen verlassen haben und im Ausland verblieben sind. Eine Besserstellung dieses Personenkreises gegenüber der Mutter der Klägerinnen läßt sich nach Auffassung des erkennenden Senats hinreichend rechtfertigen. Sie ist lediglich eine Folge der nach sachgerechten Kriterien vorgenommenen Abgrenzung der gemäß §§ 18, 19 WGSVG Anspruchsberechtigten. Es sollten nur die Verfolgten begünstigt werden, die in unmittelbarem zeitlichem Zusammenhang mit den nationalsozialistischen Zwangsmaßnahmen auf Dauer ins Ausland gegangen sind. Wer sich nach dem Stichtag ständig in der Bundesrepublik Deutschland aufgehalten hat, muß sich hingegen bei einer späteren (erneuten) Auswanderung hinsichtlich einer Mitnahme seiner Leistungsansprüche aus der gesetzlichen Rentenversicherung wie alle anderen Versicherten behandeln lassen. Dabei wird in nachvollziehbarer Weise von einer Integration dieser Verfolgten in die bundesdeutsche Rechts- und Sozialordnung ausgegangen. Unter diesen Umständen konnte eine weitere Wiedergutmachung durch Leistungsexport ins Ausland entfallen. Zwar mag es sozialpolitisch wünschenswert erscheinen, die Begünstigung nach §§ 18, 19 WGSVG auch auf Fälle einer mittelbaren Nachwirkung der Verfolgung zu erstrecken, wie zB dem vorliegenden, wo die spätere Auswanderung offenbar dem Zweck diente, daß die betagte Mutter von ihren verfolgungsbedingt im Ausland lebenden Töchtern betreut werden konnte. Eine derartige gesetzliche Ausgestaltung ist jedoch von Verfassungs wegen nicht geboten. Insbesondere ist es nicht zu beanstanden, daß mit den Regelungen des WGSVG nicht das Ziel verbunden ist, alle Nachteile auszugleichen, die bestimmten Personengruppen allgemein durch Verfolgungsmaßnahmen und ihre Nachwirkungen erwachsen sind (vgl allgemein BVerfG SozR 5070 § 10a Nr 8). Auch die auf den 1. Januar 1950 bezogene Stichtagsregelung selbst hält sich im Rahmen der gesetzgeberischen Gestaltungsfreiheit (vgl dazu BSG SozR 5070 § 19 Nr 1 S 3 f). Nach der Begründung zum Regierungsentwurf des WGSVG (BT-Drucks VI/715, S 10 f) sollte sie nämlich der Tatsache Rechnung tragen, daß die Besatzungsmächte und viele Aufnahmeländer erst geraume Zeit nach Kriegsende die Aus- bzw Einwanderung in größerem Umfange zugelassen haben. Auch wurde darauf hingewiesen, daß sich dieser Stichtag mit dem Zeitpunkt deckt, bis zu dem das Rentenrecht den Auslandsaufenthalt als Ersatzzeit anerkennt (vgl § 1251 Abs 1 Nr 4 RVO).

Es bleibt noch der Vergleich der Situation der Mutter der Klägerinnen mit derjenigen von ausländischen Müttern im (vertragsfreien) Ausland, die nicht nach Art 2 § 62 Abs 4 ArVNG begünstigt sind. Letztere erhalten ebenfalls keine Kindererziehungsleistungen. Darüber hinaus ist für diese Vergleichsgruppe auch der Export einer Rente für Kindererziehungszeiten nach dem § 1315 ff RVO ausgeschlossen. Während jüngere ausländische Mütter insofern gleichaltrigen deutschen Müttern gegenüber benachteiligt werden, liegt bei den Jahrgängen vor 1921 eine Gleichbehandlung zwischen Deutschen und Ausländerinnen vor, wenn beide außerhalb des Geltungsbereichs der RVO wohnen. Diese übereinstimmende rechtliche Behandlung nach dem KLG ist lediglich Folge der sachgerechten Differenzierung zwischen (ständigem) Inlands- und Auslandsaufenthalt von Müttern, die ansonsten die Voraussetzungen des Art 2 § 62 ArVNG erfüllen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen insofern nicht.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

 

Fundstellen

Haufe-Index 913301

BSGE, 293

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