Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Beklagten werden die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16. April 1997 und des Sozialgerichts Dresden vom 17. April 1996 aufgehoben. Die Klage gegen den Bescheid vom 14. November 1994 (iVm dem Bescheid vom 14. Juli 1994) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1995 wird abgewiesen.
Außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um den monatlichen Wert des Rechts auf eine Erwerbsunfähigkeitsrente und in diesem Zusammenhang um die Berücksichtigung einer – weiteren – (Ausbildungs-)Anrechnungszeit.
Der 1959 geborene Kläger legte im Juli 1977 das Abitur ab. Vom 1. September 1979 bis 31. August 1982 war er an der Fachschule für Binnenhandel in D. … immatrikuliert; am 22. Juli 1982 legte er dort die mündliche Prüfung ab. Danach, in der Zeit vom 23. Juli bis 31. August 1982 war er als Student gegen eine Pauschalvergütung und ab 1. September 1982 als stellvertretender Filialbereichsdirektor beschäftigt.
Mit Bescheid vom 14. Juli 1994 bewilligte die Beklagte ihm eine Erwerbsunfähigkeitsrente ab 15. Juli 1992; der monatliche Auszahlbetrag belief sich am 1. September 1994 auf 982,29 DM (Wert der monatlichen Rente: 1.050,58 DM abzüglich des Beitragsanteils für Krankenversicherung).
Mit Schreiben vom 16. September 1994, bei der Beklagten eingegangen am 23. September 1994, begehrte der Kläger auch die Berücksichtigung der Zeit vom 23. Juli bis 31. August 1982 als (Ausbildungs-)Anrechnungszeit. Die Beklagte lehnte dies mit Bescheid vom 14. November 1994 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 14. Juni 1995 ab.
Das Sozialgericht Dresden (SG) hat mit Urteil vom 17. April 1996 die Beklagte verurteilt, die Zeit vom 23. Juli bis 31. August 1982 als Anrechnungszeit gemäß § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu berücksichtigen; weil die Fachschulausbildung ausgerichtet sei an „Schuljahrgängen”; sie ende für alle Studenten mit Ablauf des Schuljahres und daher nicht bereits mit der Abschlußprüfung. Durch Urteil vom 16. April 1997 hat das Sächsische Landessozialgericht (LSG) die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und im wesentlichen ausgeführt: Eine Neuberechnung der Rente sei im Hinblick auf den bestandskräftigen Bescheid vom 14. Juli 1994 nur gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) möglich; das Urteil des SG sei entsprechend auszulegen. Die Beklagte habe zu Unrecht den streitigen Zeitraum bei der Rentenberechnung nicht berücksichtigt. Sowohl Aufnahme und Durchführung des Studiums als auch die sich daran anschließende Berufstätigkeit seien in der ehemaligen DDR weitgehend von vornherein festgelegt gewesen; für die Berücksichtigung der Zeiten spreche, daß die Planung und Leitung des Einsatzes der Absolventen „minutiös” an Hand von Fünfjahresplänen und Jahresvolkswirtschaftsplänen erfolgt sei. Eine versicherungspflichtige Beschäftigung habe der Kläger erstmals nach dem staatlich festgelegten Exmatrikulationstermin aufnehmen können. Insoweit sei davon auszugehen, daß es sich hier um eine sog unvermeidbare Zwischenzeit handele. Würde man diese Zeiten nicht anerkennen, käme es bei Studenten der ehemaligen DDR zu Lücken im Versicherungsverlauf.
Mit der vom LSG zugelassenen Revision rügt die Beklagte eine Verletzung von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b SGB VI in der bis zum 31. Dezember 1996 geltenden Fassung. Sie trägt vor:
Das Erreichen des ersten möglichen Abschlusses der jeweiligen Hoch- bzw Fachschulausbildung sei der „Endzeitpunkt” der anerkennungsfähigen (Ausbildungs-) Anrechnungszeit. Entscheidend sei, daß nach Ablegung der Abschlußprüfung keine Ausbildung mehr stattgefunden habe. Der Kläger habe die Fachschule nur bis zur Ablegung des Examens besucht und danach eine nicht versicherungspflichtige Tätigkeit als Student ausgeübt; infolgedessen komme die Zeit nach der Abschlußprüfung bis zur Exmatrikulation als Anrechnungstatbestand nicht in Betracht. Das Institut der unvermeidbaren Zwischenzeit könne nicht – erweiternd – auf Fälle der vorliegenden Art angewandt werden, da der Kläger nach dem Examen an keinen Lehrveranstaltungen mehr teilgenommen habe.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Urteile des Sächsischen Landessozialgerichts vom 16. April 1997 und des Sozialgerichts Dresden vom 17. April 1996 aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. November 1994 (iVm dem Bescheid vom 14. Juli 1994) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1995 abzuweisen.
Der Kläger ist im Revisionsverfahren nicht vertreten.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Beklagten ist auch begründet.
Die Urteile der Vorinstanzen sind aufzuheben und die Klage gegen den Bescheid vom 14. November 1994 (iVm dem Bescheid vom 14. Juli 1994) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Juni 1995 abzuweisen. Die kombinierte Anfechtungs- (und Verpflichtungs-) sowie Leistungsklage (§ 54 Abs 1 und 4 SGG), mit der der Kläger im Wege des Zugunstenverfahrens unter Abänderung des bestandskräftigen Bescheides vom 14. Juli 1994 eine höhere Erwerbsunfähigkeitsrente (§ 33 Abs 3 Nr 2 iVm § 44 SGB VI) unter Berücksichtigung einer – weiteren – (Ausbildungs-)Anrechnungszeit vom 23. Juli bis 31. August 1982 begehrt, hat keinen Erfolg. Ein derartiger Anspruch steht dem Kläger nicht zu.
1. Materiell-rechtliche Grundlage für das Begehren des Klägers auf Berücksichtigung einer Anrechnungszeit vom 23. Juli bis 31. August 1982 ist § 58 Abs 1 Nr 4 Buchst b SGB VI idF des Rentenreformgesetzes 1992 (RRG).
Die zum 1. Januar 1997 durch das Wachstums- und Beschäftigungsförderungsgesetz (WFG) vom 25. September 1996 (Art 1 Nr 11, BGBl I S 1461) geänderte Vorschrift ist zwar am 1. Januar 1997 in Kraft getreten (Art 12 Abs 1 aaO). Die Neufassung von § 58 Abs 1 Nr 4 SGB VI findet jedoch keine Anwendung, obwohl das Bundessozialgericht (BSG) im Revisionsverfahren grundsätzlich neues Recht zu beachten hat, das nach dem Erlaß des angefochtenen Urteils in Kraft getreten ist (vgl BSGE 70, 138, 139 = SozR 3-6180 Art 13 Nr 2; Meyer-Ladewig, SGG, 5. Aufl, § 162 RdNr 8). Denn der zeitliche Anwendungsbereich der Vorschrift erstreckt sich entsprechend dem auch in § 300 Abs 2 SGB VI zum Ausdruck gekommenen Leistungsbeginnprinzip (vgl hierzu auch BVerfGE 94, 241, 245) ausschließlich auf „zukünftige” Leistungsfälle, auf Rentenansprüche, die in der Zeit ab 1. Januar 1997 „beginnen”, die also erstmals zum 1. Januar 1997 fällig geworden sind. Dies ergibt sich auch aus der ebenfalls durch das WFG geänderten Übergangsregelung des § 252 Abs 4 SGB VI iVm der hierzu ergangenen Anlage 18. Darin wird ausdrücklich bestimmt, daß die schrittweise Kürzung der Anrechnungszeiten erst bei einem Rentenbeginn ab 1. Januar 1997 erfolgt. In Übereinstimmung hiermit heißt es in den Materialien: § 252 Abs 4 SGB VI „regelt den Umfang der in Abhängigkeit vom Beginn der Rente (ab 1. Januar 1997) zu berücksichtigenden Anrechnungszeiten” (BT-Drucks 13/4610 S 27); nach Kürzung der (Ausbildungs-)Anrechnungszeiten von sieben auf drei Jahre (§ 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 SGB VI aF und nF) werden diese „in Abhängigkeit vom Beginn der Rente in Monatsschritten reduziert” (BT-Drucks 13/4610 S 25).
2. Nach § 58 Abs 1 Nr 4 Buchst b SGB VI sind Anrechnungszeiten Zeiten, in denen Versicherte nach dem vollendeten 16. Lebensjahr eine Fachschule oder Hochschule besucht und abgeschlossen haben. Die Zeit vom 23. Juli bis 31. August 1982 erfüllt jedoch nicht einen derartigen Ausbildungsanrechnungstatbestand, selbst wenn der Kläger nach bestandenem Abschlußexamen am 22. Juli noch bis 31. August 1982 immatrikuliert gewesen war.
a) § 58 Abs 1 Nr 4 Buchst b SGB VI setzt sowohl den Besuch einer Hochschule als auch ein erfolgreich abgeschlossenes Studium voraus, das den Weg ins Berufsleben (rechtlich) ermöglicht (vgl hierzu BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 9 S 36; SozR 3-2600 § 248 S 8; SozR 2200 § 1259 Nr 96 S 255). Dies ergibt sich jedenfalls für das bis zum 31. Dezember 1996 geltende Recht nicht nur aus dem Wortlaut, sondern auch aus einer am Sinn und Zweck der Vorschrift orientierten Auslegung.
Berücksichtigungsfähig sind nur solche Zeiten, die der „Ausbildung” dienen; das Ende der Ausbildung ist mithin auch grundsätzlich, worauf die Beklagte zutreffend hingewiesen hat, die Abschlußprüfung (vgl hierzu entsprechend: BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 9 S 35 f); dies gilt unabhängig davon, ob der Versicherte eine Fach- oder eine Hochschule besucht hat. Wenn nach der Abschlußprüfung keine lehrspezifischen Veranstaltungen mehr stattgefunden haben, kann im Hinblick auf den Charakter der (Ausbildungs-)Anrechnungszeit dieser Anrechnungszeittatbestand auch nicht mehr erfüllt sein. Der 1. Senat hat die am 6. Februar 1976 ergangene – möglicherweise mißverständliche – Entscheidung (BSG SozR 2200 § 1259 Nr 17) durch Urteil vom 28. Juli 1979 (SozR 2200 § 1259 Nr 42) klargestellt und darauf hingewiesen, daß – auch – die Fachschulausbildung im Regelfall nicht mit ihrer zeitlichen Begrenzung ende, sondern mit der erfolgreichen Abschlußprüfung; die Zeit danach erfülle mithin grundsätzlich nicht den Tatbestand einer Ausbildungszeit.
Diese am Wortlaut sowie am Sinn und Zweck der „Ausbildungszeiten” orientierte Auslegung steht im Einklang mit der Ausgestaltung dieser Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung, die an sich dem Versicherungsprinzip widerspricht. Sie sind als Zeiten ohne Beitragsleistung ein rentenrechtlicher Ausgleich dafür, daß der Versicherte durch sie ohne sein Verschulden gehindert war, einer rentenversicherungspflichtigen Tätigkeit nachzugehen und so Pflichtbeiträge in die gesetzliche Rentenversicherung zu entrichten. Wegen der fehlenden Beitragsleistung sind diese Zeiten Solidarleistungen der Versichertengemeinschaft. In diesem Sinne beruhen sie überwiegend auf „staatlicher Gewährung” und sind Ausdruck „staatlicher Fürsorge”. Im Hinblick hierauf hat der Gesetzgeber im Rahmen des ihm bei ihrer Ausgestaltung zustehenden weiten Gestaltungsspielraums zur Vermeidung einer übermäßigen Belastung der Versichertengemeinschaft davon abgesehen, Ausbildungszeiten schlechthin den Charakter von Anrechnungszeiten zu verleihen. Er hat lediglich bestimmte typische Ausbildungen als Ausbildungsanrechnungstatbestände normiert (vgl hierzu BSGE 55, 224, 229 f = SozR 2200 § 1259 Nr 77; BSG SozR 2200 § 1259 Nr 102 S 276; BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 8 S 44) – und auf der Rechtsfolgenseite ihre Berücksichtigung nur in einem bestimmten zeitlichen Rahmen zugelassen (vgl hierzu BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 9 S 46 ff) –.
Bei Normierung dieser Tatbestände hat der Gesetzgeber angeknüpft an bestimmte typische Ausbildungswege, die wiederum typischerweise durch den Charakter der Ausbildungsstätte geprägt sind; dabei wird typisierend und pauschalierend davon ausgegangen, daß der Versicherte durch diese Ausbildung bei erfolgreichem Abschluß eine berufliche Qualifikation erreicht, die ihm die Aufnahme einer regelmäßigen in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Beschäftigung (rechtlich) ermöglicht. Der erforderliche Abschluß erfaßt nicht die Forderung, daß der Versicherte den erlernten Beruf auch später ergreift oder aber ihn unmittelbar im Anschluß an die erfolgreich abgeschlossene Ausbildung tatsächlich ausüben kann (vgl BSG SozR 2200 § 1259 Nr 96 S 255).
Ersichtlich dienen die ohne Beitragsleistung zurückgelegten (Ausbildungs-) Anrechnungszeiten somit nicht der Vervollständigung der Versicherungsbiographie. Denn sie stellen lediglich eine Solidarleistung der Versichertengemeinschaft dar, ohne daß diese unter dem Gesichtspunkt des Versicherungsprinzips hierzu verpflichtet ist. Art und Umfang der Ausbildung bleiben grundsätzlich im Bereich der Eigenverantwortung des Einzelnen, der selbst entscheidet, ob er durch eine qualifizierte Ausbildung seine Erwerbschancen auf dem Arbeitsmarkt unter Verzicht auf mit Beiträgen belegte Zeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung erhöhen will (vgl hierzu BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr 7). Wenn der Gesetzgeber im Hinblick hierauf den Umfang (und den zeitlichen Rahmen) der Anrechnungszeiten auf Zeiten beschränkt, in denen der Student an einer fachspezifischen Lehrveranstaltung der Hoch- bzw Fachschule teilnimmt, so ist dies nicht zu beanstanden; die Beschränkung steht im Einklang damit, daß die Zuerkennung von (Ausbildungs-)Anrechnungszeiten sich als Akt des sozialen Ausgleichs darstellt und nicht etwa eine Gegenleistung der Solidargemeinschaft dafür ist, daß der Versicherte mit längeren Ausbildungszeiten höhere Verdienste erzielt und entsprechend höhere Beiträge zur Solidargemeinschaft leisten kann (vgl BVerfGE 58, 81, 113 = SozR 2200 § 1255a Nr 7).
Hieraus folgt, daß die vom Kläger begehrte Anerkennung für Zeiten bis zur Exmatrikulation, also für Zeiten nach Beendigung der Ausbildung infolge des bestandenen Examens nicht berücksichtigungsfähig sind (vgl entsprechend zur Beendigung der Ausbildung eines Diplom-Juristen nach bestandener Prüfung: BSG SozR 3-2200 § 1259 Nr 9 S 35 f).
b) Die Zeit vom 23. Juli bis 31. August 1982 ist auch nicht unter dem Gesichtspunkt der unvermeidbaren Zwischenzeit als (Ausbildungs-)Anrechnungszeit anzuerkennen. Zutreffend hat die Beklagte darauf hingewiesen, daß diese „Zwischenzeit” jedenfalls zwischen zwei ihrer Art nach anrechenbaren Ausbildungsabschnitten liegen muß.
Unvermeidbare Zwischenzeiten sind nach der Rechtsprechung – im Sinne einer erweiternden Auslegung – als den Schul- und Semesterferien „innerhalb” des Studiums, vgl BSG SozR 2200 § 1259 Nr 58 S 156) gleichstehend erachtet worden, wenn sie zwischen zwei rentenrechtlich erheblichen Ausbildungsabschnitten liegen, generell unvermeidbar und organisationsbedingt typisch sind und dementsprechend häufig vorkommen und ferner nicht länger als vier Monate andauern; dies gilt für die Zeit zwischen Schulabschluß und Beginn eines Hochschul- bzw Fachschulstudiums sowie für die sich an den Schulbesuch nicht nahtlos anschließende versicherungspflichtige Lehre oder für das sich an den Fachschulbesuch nicht nahtlos anschließende versicherungspflichtige Praktikum. Diese „Zwischenzeiten” stellen sich als einheitliche, notwendig zusammenhängende Ausbildung dar. In allen diesen Fällen wird berücksichtigt, daß der Versicherte, der eine – vom Gesetzgeber vorgesehene typisierte – Ausbildung aus von ihm nicht zu vertretenden organisationsbedingten Gründen ungewollt und unvermeidbar nicht zügig fortsetzen und daher erst dementsprechend später eine rentenversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit aufnehmen kann (in dem entsprechenden zeitlichen Rahmen), keinen rentenversicherungsrechtlichen Nachteil erleiden soll (vgl ua BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 8 mwN; BSGE 70, 220 = SozR 3-2600 § 252 Nr 1). Die og Zeit fällt jedoch nicht unter diesen – von der Rechtsprechung weiter entwickelten – Ausbildungsanrechnungszeittatbestand; denn nach Abschluß des Staatsexamens folgte kein weiterer Ausbildungsabschnitt, der dem Kläger dem Grunde nach erst einen Weg ins Berufsleben eröffnet hätte; er war vielmehr vom Ausbildungsziel gesehen bereits nach dem 22. Juli 1982 in der Lage, einer rentenversicherungspflichtigen Beschäftigung nachzugehen.
c) Entgegen der Auffassung des Klägers kann § 54 Abs 1 Nr 4 Buchst b SGB VI im Hinblick auf „DDR-spezifische” Besonderheiten, nämlich wegen der durch die Planwirtschaft abgestimmten Vorgaben des „Staates” zur Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach erfolgreichem Abschluß des Studiums, auch nicht – darüber hinaus – erweiternd ausgelegt werden.
Es ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob der Kläger unmittelbar nach dem Staatsexamen ohne zeitliche Verzögerung überhaupt in der Lage gewesen wäre, in der ehemaligen DDR einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Denn die (Ausbildungs-) Anrechnungszeit erstreckt sich, wie ausgeführt, nach ihrem Sinn und Zweck ausschließlich auf Zeiten der „Ausbildung” und nicht etwa auf Zeiten nach Abschluß der Ausbildung bis zum Eintritt ins Berufsleben mit dem Ziel einer lückenlosen Auffüllung der Versicherungsbiographie (vgl BSG SozR 3-2600 § 248 Nr 1 S 8 f). Etwas anderes ergibt sich auch nicht im Hinblick auf die Fortentwicklung des Rechtsinstituts der „unvermeidbaren Zwischenzeit” durch die Rechtsprechung. Bei einer ausbildungsfreien Zeit zwischen dem Ende der Schulausbildung und dem Beginn des Wehr-/Zivildienstes bzw zwischen Wehr-/Zivildienstende und Beginn des Studiums, wenn infolge der von hoher Hand festgelegten Termine der Beginn bzw die Fortsetzung der Ausbildung sich zeitlich verzögert (vgl BSG SozR 3-2600 § 58 Nr 3; vgl entsprechend SozR 3-2200 § 1267 Nr 3 und SozR 3-2600 § 48 Nr 1). Insoweit handelt es sich nämlich um Zeitabschnitte, die vor Vollendung der Ausbildung „unvermeidbar” im Sinne der von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze waren.
d) Eine Analogie, die die Berücksichtigung auch dieser Zeiten (Abschluß der Ausbildung bis zum Beginn einer versicherungspflichtigen Beschäftigung), im Hinblick auf die Studien- und Arbeitsverhältnisse in der ehemaligen DDR ermöglichen würde, kommt ebenfalls nicht in Betracht. Denn es liegt keine Regelungslücke vor, die unter Beachtung von Sinn und Zweck durch eine analoge Anwendung von § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b SGB VI geschlossen werden könnte.
§ 58 Abs 1 Nr 4 Buchst b SGB VI enthält insoweit keine planwidrige Unvollständigkeit. Vielmehr entspricht die Nichtberücksichtigung der og Fallgruppe im Rahmen dieser Vorschrift dem dargelegten Sinn und Zweck der (Ausbildungs-)Anrechnungszeiten und auch den übergangsrechtlichen Bestimmungen des „Rentenüberleitungsrechts” (§§ 248 Abs 3 Satz 2, 252a SGB VI) und demnach dem Plan des Gesetzgebers.
Der Senat hat bereits zu dem Institut der planmäßigen wissenschaftlichen Aspirantur in der ehemaligen DDR, einem „durch ein Stipendium abgesicherten Ausbildungsverhältnis an der Hochschule”, entschieden, daß der Gesamtheit der Regelungen des SGB VI keine Anhaltspunkte dafür zu entnehmen seien, § 58 Abs 1 Satz 1 Nr 4 Buchst b SGB VI sei anders als im Sinne der bisherigen Rechtsprechung auszulegen. In diesem Zusammenhang hat der Senat darauf hingewiesen, daß ab Einführung eines einheitlichen Rentenrechts in ganz Deutschland eine ungerechtfertigte Benachteiligung der Beitragszahler der alten Bundesländer gegenüber den Rentenbeziehern des Beitrittsgebietes nicht habe erfolgen sollen; es habe ausgeschlossen werden sollen, daß Rentner für in einem fremden System zurückgelegte Zeiten Bewertungsvorteile erhielten, die dem größten Teil der Rentner in der Bundesrepublik, gerade auch den heute belasteten Beitragszahlern, von vornherein nicht zuwachsen könnten (BSG SozR 3-2600 § 248 Nr 1 S 5 f).
e) Ein Verstoß gegen Art 3 Abs 1 Grundgesetz ist insoweit auch nicht erkennbar.
Es ist nicht ersichtlich, daß eine Gruppe von Normadressaten im Vergleich zu anderen Normadressaten anders behandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen keine Unterschiede von solcher Art und solchem Gewicht bestehen, daß sie die ungleiche Behandlung rechtfertigen könnten (vgl BVerfGE 87, 1, 36 f mwN). Mit der Vorschrift hat der Gesetzgeber eine Regelung getroffen, die nicht zu einer Ungleichbehandlung verschiedener Personengruppen führt. Denn, selbst wenn man als Vergleichspaar „ostdeutsche” und „westdeutsche” Rentner ansehen würde, so würde die – rentenrechtliche – Nichtberücksichtigung der Zeit zwischen Ausbildungsende und Eintritt in das Erwerbsleben als (Ausbildungs-)Anrechnungszeit in gleicher Weise ost- wie westdeutsche Rentner treffen, unabhängig davon, ob die staatliche Planwirtschaft oder die Arbeitsmarktlage oder aber bestimmte Einstellungstermine des Staates (auch der alten Bundesländer) faktisch die Aufnahme einer Erwerbstätigkeit im Anschluß an das bestandene Examen hindern. Im übrigen enthält Art 2 des Rentenüberleitungsgesetzes (RÜG) aus Gründen des Vertrauensschutzes eine Übergangsregelung für Personen, deren Rente in der Zeit vom 1. Januar 1992 bis 31. Dezember 1996 beginnt (Art 2 § 1 RÜG); der Versicherte kann danach bestimmen, ob er eine Leistung nach dem SGB VI oder – sofern günstiger – eine Leistung nach dem Recht des Beitrittsgebietes erhalten will (vgl hierzu § 319b SGB VI).
Nach alledem hat der Kläger in dem streitigen Zeitraum keinen Anrechnungstatbestand und auch keinen sonstigen Erwerbstatbestand für eine rentenrechtliche Zeit iS des SGB VI erfüllt. Gemäß § 248 Abs 3 SGB VI stehen zwar Beitragszeiten nach Bundesrecht Zeiten gleich, für die Beiträge zu einem System der gesetzlichen Rentenversicherung nach vor dem Inkrafttreten von Bundesrecht geltenden Rechtsvorschriften gezahlt worden sind; dies gilt aber nicht, wie § 248 Abs 3 Satz 2 Nr 1 SGB VI zu entnehmen ist, für die eine Versicherungspflicht fingierende sog Studentenversicherung in der ehemaligen DDR.
Die Revision der Beklagten hat mithin Erfolg.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen