Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 9. Januar 1997 sowie der Bescheid der Beklagten vom 22. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1995 aufgehoben.
Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1991 436,00 DM monatlich zu bezahlen.
Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin.
Tatbestand
I
Die Parteien streiten zuletzt noch über den Anspruch der Klägerin auf (Weiter-)Zahlung ihrer Witwenrente aus dem Sonderversorgungssystem der ehemaligen DDR für Mitarbeiter des Ministeriums für Staatssicherheit/Amtes für Nationale Sicherheit (MfS/AfNS) für die Zeit vom 1. Januar bis 31. Dezember 1991.
Die am 9. März 1941 geborene Klägerin bezog entsprechende Leistungen nach ihrem am 2. August 1982 verstorbenen Ehemann K.-F.T. gemäß der – auch in ihrer letzten Fassung (Ordnung Nr 7/87) nie amtlich veröffentlichten – Ordnung Nr 7 über die Soziale Versorgung der Berufsoffiziere, Fähnriche, Berufsunteroffiziere und Unteroffiziere auf Zeit des MfS (Versorgungsordnung ≪VersO≫) zunächst auf der Grundlage des Bescheides des Ministerrats der DDR vom 15. September 1982 in Höhe von 749,00 M (entsprechend dem für erwerbsunfähige Witwen maßgeblichen Prozentsatz von 60 % aus der fiktiven Invalidenrente des Verstorbenen in Höhe von 75 % der in der Zeit von August 1981 bis Juli 1982 erzielten durchschnittlichen monatlichen Vergütung von 1.662,50 M ≪Teil IV 821 Nr 9 Abs 2 VersO≫). Mit Bescheid vom 15. August 1984 wurde der monatliche Zahlbetrag der Witwenrente für die Zeit ab dem 1. September 1984 – nunmehr ausgehend von dem für erwerbsfähige Witwen zugrunde zu legenden Prozentsatz von 50 % (Teil IV 701 Nr 2 VersO) – auf 624,00 M herabgesetzt. Hieraus wurden zuletzt im September 1990 436,00 DM monatlich überwiesen.
Im November 1995 beantragte die Klägerin die Nachzahlung der Witwenrente in Höhe von 436,00 DM, mindestens jedoch 404,00 DM monatlich für die Zeit vom 1. Oktober 1990 bis 31. Dezember 1991. Die Beklagte wies dieses Begehren mit dem streitgegenständlichen Bescheid vom 22. November 1995 (in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1995) unter Hinweis auf § 4 des Gesetzes über die Aufhebung der VersO vom 29. Juni 1990 (Aufhebungsgesetz ≪AufhebG≫, GBl DDR I Nr 38 S 501) und die daraufhin erfolgte Zahlungseinstellung zum 30. September 1990 zurück.
Das Sozialgericht (SG) Berlin hat die hiergegen auf Zahlung eines Betrags in Höhe von 436,00 DM über den 30. September 1990 hinaus gerichtete Klage mit Urteil vom 9. Januar 1997 in vollem Umfang abgewiesen und zur Begründung im wesentlichen folgendes ausgeführt: Der ehemalige Träger des MfS-Sonderversorgungssystems habe die der Klägerin bis zum 30. September 1990 gewährte Hinterbliebenenversorgung gemäß § 4 Satz 1 AufhebG zu diesem Zeitpunkt rechtswirksam eingestellt. Die Regelung habe nach dem Einigungsvertrag (EV) bis zum 31. Dezember 1991 fortgegolten und der Beseitigung einer sachwidrigen Ungleichheit gedient, die nach Ansicht des DDR-Gesetzgebers darin bestanden habe, daß in der allgemeinen Sozialpflichtversicherung der DDR ein Recht auf Witwen- bzw Witwerrente erst bei Erreichen bestimmter Altersgrenzen oder bei Vorliegen von Invalidität habe entstehen können. Die Rechtsprechung des erkennenden Senats zu § 26 Abs 1 Rentenangleichungsgesetz (RAG) stehe dem nicht entgegen. Abweichend von der Auffassung der Klägerin habe es auch keines separaten Einstellungsbescheides durch den Versorgungsträger bedurft.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der vom SG zugelassenen Sprungrevision: Nach den im Rechtssystem der DDR geltenden Vorschriften habe es auf der Grundlage von § 4 AufhebG zur Leistungseinstellung sehr wohl eines Bescheides bedurft. Die entsprechende Vorschrift finde sich in Teil IV/8 821 Nr 7 VersO und analog in § 73 der Ersten Rentenverordnung (RentVO) vom 22. November 1979. Eine ausdrückliche gesetzliche Regelung des Selbstvollzugs von § 4 AufhebG fehle demgegenüber, so daß insoweit von einer Anknüpfung des Gesetzgebers an das bestehende Rechtssystem auszugehen sei. Der Bescheid vom 15. August 1984 sei demgemäß nach Art 19 EV auch nach dem 2. Oktober 1990 grundsätzlich bestandskräftig geblieben. Mit der Formulierung des Antrags werde bereits dem rechtlich möglichen Umfang einer zulässigen Abänderung der damals getroffenen Regelung Rechnung getragen.
Die Klägerin beantragt,
unter Aufhebung des Urteils des Sozialgerichts Berlin vom 9. Januar 1997 und des Bescheides vom 22. November 1995 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1995 die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 1. Januar 1991 bis zum 31. Dezember 1991 eine Witwenrente in Höhe von monatlich 436,00 DM zu zahlen.
Die Beklagte hat im Revisionsverfahren keinen Antrag gestellt.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 des Sozialgerichtsgesetzes ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist begründet, weil das SG ihre isolierte Anfechtungsklage (iS von § 54 Abs 1 Satz 1 SGG) gegen den Bescheid vom 22. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1995, die zulässigerweise (§ 56 SGG) mit einer allgemeinen Leistungsklage (iS von § 54 Abs 5 SGG) auf Zahlung von 436,00 DM monatlich verbunden war, jedenfalls hinsichtlich des zuletzt noch streitigen Zeitraums von Januar bis einschließlich Dezember 1991 zu Unrecht abgewiesen hat. Denn der Klägerin steht der geltend gemachte Aufhebungs- und Leistungsanspruch zu.
1. Das Begehren, das Gericht möge den Bescheid vom 22. November 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 18. Dezember 1995 aufheben, ist als isolierte Anfechtungsklage iS von § 54 Abs 1 Satz 1 Regelung 1 SGG statthaft. Denn in diesen Bescheiden hat die Beklagte nicht lediglich ein Zahlungsbegehren abgelehnt, sondern darüber hinaus schlüssig iS von § 31 Satz 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) geregelt, sie stelle fest, daß der Klägerin ab Januar 1991 kein Recht auf Witwenrente aus dem Versorgungsverhältnis ihres verstorbenen Ehemannes zustehe. Da die Klägerin mit ihrem Antrag bereits auf den Bescheid des Ministerrats der DDR als diejenige Anspruchsgrundlage hingewiesen hatte, aus der sie ihr Recht auf Weiterzahlung herleitete, weil aber andererseits die Beklagte auch verdeutlicht hat, sie halte diesen Verwaltungsakt kraft § 4 AufhebG für erledigt, können die angefochtenen Bescheide weder als bloße Ablehnungsmitteilungen noch als bloß formelle Verwaltungsakte ohne materiellen Regelungsgehalt, aber auch nicht als Aufhebungs-/Abänderungsregelungen gegenüber dem Rentenbescheid vom 15. August 1984 verstanden werden. Ein mit der Sach- und Rechtslage vertrauter Adressat dieser Bescheide durfte vielmehr nach Treu und Glauben davon ausgehen, daß die Beklagte über die bloße Ablehnung des Zahlungsbegehrens hinaus die Feststellung treffen wollte, der Klägerin stehe – ua für den noch streitigen Zeitraum – kein Recht auf Witwenrente zu. Diese isolierte Anfechtungsklage ist auch im übrigen zulässig; die Klagebefugnis (§ 54 Abs 1 Satz 2 SGG) ergibt sich bereits aus der Möglichkeit, die von der Beklagten getroffene Feststellung könne rechtswidrig in das durch den Verwaltungsakt vom 15. August 1984 bewilligte Recht eingreifen.
Die Klägerin konnte diese Klage zulässig iS von § 56 SGG mit der allgemeinen Leistungsklage iS von § 54 Abs 5 SGG auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung von monatlich 436,00 DM (als Teilbetrag) aus dem Bescheid vom 15. August 1984 verbinden, da beide Klagen in unmittelbarem sachlichen Zusammenhang stehen. Würden nämlich die angefochtenen Bescheide bestandskräftig (bindend iS von § 77 SGG), wäre schon allein durch sie für das Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten maßgeblich festgestellt, daß die Klägerin kein Recht hat, von der Beklagten die begehrten monatlichen Zahlungen zu verlangen. Gemäß § 54 Abs 5 SGG war hier die (isolierte) allgemeine Leistungsklage statthaft, weil ein Verwaltungsakt über die begehrte Leistung nicht (mehr) zu ergehen hatte; denn ein – gegebenenfalls nach Art 19 Satz 1 EV im Bundesrecht wirksam gebliebener – Bescheid über die Zuerkennung des Rechts auf Hinterbliebenenrente, aus dem die Klägerin ihre Zahlungsansprüche herleitet, lag bereits vor. Schon deswegen wäre eine kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs 4 SGG nicht statthaft gewesen.
Die Anfechtungsklage ist begründet, weil die angefochtene Feststellung, der Klägerin stehe das – hier streitige – Recht auf Hinterbliebenenrente ab Januar 1991 nicht mehr zu, rechtswidrig ist und ungerechtfertigt in das ihr bindend zuerkannte Recht auf diese Sozialleistung eingreift. Denn die Klägerin hat das – zuletzt durch den Bescheid vom 15. August 1984 – anerkannte, in der fortgeltenden VersO, dort Teil IV 701 Nr 1, begründete Recht auf Hinterbliebenenrente. Nach dieser Vorschrift erhält der Ehegatte desjenigen, der während der Dauer des Dienstverhältnisses mit dem MfS verstorben ist, Hinterbliebenenrente.
a) Keiner Darlegung bedarf, daß der Bescheid des MfS vom 15. August 1984 ein Verwaltungsakt iS von Art 19 Satz 1 EV und weder nichtig noch – wie gesetzlich vorgeschrieben – gemäß Teil IV 821 Nr 9 Abs 2 VersO (oder gemäß § 73 RentVO) oder nach § 48 SGB X durch einen Verwaltungsakt aufgehoben worden ist.
b) Der sich (schon) aus diesem Verwaltungsakt ergebende „Anspruch”, dh das Recht auf Witwenrente – jedenfalls in der hier eingeklagten Höhe – hat sich auch weder „kraft Gesetzes” erledigt noch ist er durch die sog Zahlungseinstellung entfallen. § 4 AufhebG ist nämlich bundesrechtlich nicht gültig; darüber hinaus ist das Unterlassen einer geschuldeten Zahlung ohnehin kein Erlöschensgrund für ein Recht:
Für Entscheidungen, welche an das Grundgesetz (GG) für die Bundesrepublik Deutschland gebundene staatliche Stellen seit dem Beginn des 3. Oktober 1990 über Rechte (Ansprüche, Anwartschaften) von Zusatz- oder Sonderversorgungsberechtigten aus diesen Versorgungssystemen zu treffen haben, hat der Deutsche Bundestag in EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und Buchst c Satz 1 den Organen der vollziehenden Gewalt folgendes zwingend vorgeschrieben: Die Versorgungssysteme werden bis zur Überführung der darin erworbenen Ansprüche und Anwartschaften in die Rentenversicherung weitergeführt. Bis zur Überführung (am 31. Dezember 1991) sind die leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme weiter anzuwenden, soweit sich „aus diesem Vertrag” nichts anderes ergibt. Zutreffend haben das SG und die Beklagte erkannt, daß damit ua das AufhebG zu sekundärem Bundesrecht geworden ist; sie haben jedoch übersehen, daß dies auch für die VersO gilt. Nur deren einschlägige Bestimmungen kommen angesichts der offenkundigen Bruchstückhaftigkeit des AufhebG als weiter anzuwendende leistungsrechtliche Regelungen des fortzuführenden MfS-Versorgungssystems und damit als Grundlage für Rechte und Ansprüche in Betracht, auch soweit sie iS von EV Nr 9 Buchst e nicht in die Rentenversicherung überführbar sind (vgl §§ 9, 11, 13 Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz).
Von der DDR oder ihren Untergliederungen erlassene Vorschriften (hier: VersO und AufhebG) sind jedoch – lückenfüllend – jeweils nur insoweit sekundäres Bundesrecht geworden, als sie mit Vorschriften des originären Bundesrechts, insbesondere demjenigen des EV und des GG, vereinbar sind. Bei diesem sekundären Bundesrecht handelt es sich um sog vorkonstitutionelles Recht iS von Art 100 Abs 1 GG (BVerfG SozR 3-8560 § 26 Nr 1).
§ 4 AufhebG ist für Bezugszeiten seit dem 1. Juli 1990 kein anwendbares (Bundes-) Recht, soweit danach Versorgungen an erwerbsfähige Witwen und Witwer mit Wirkung vom 30. September 1990 eingestellt werden, sofern sie bereits zwei Jahre und länger gezahlt wurden und im übrigen auf 270,00 DM monatlich herabgesetzt werden. Die Vorschrift sollte – im Zusammenhang mit dem damaligen DDR-Recht – Rechte auf Leistungen beseitigen, die nach dem Maßstab des – geplanten – DDR-Rentenversicherungsrechts als ungerechtfertigt empfunden wurden. Sie entsprach – abgesehen vom vorverlegten Entziehungszeitpunkt – in allen für die Rechtsstellung der Betroffenen wesentlichen Regelungen der Einstellungsvorschrift des § 26 Abs 1 Satz 1 Regelung 2 RAG. Der Senat hält an der hierzu vorliegenden ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ (BSGE 75, 262 = SozR 3-8560 § 26 Nr 2; Urteil vom 15. Dezember 1994, 4 RA 64/94; Urteil vom 19. Dezember 1995, 4 RA 20/94; SozR 3-1300 § 24 Nr 11) fest. Sie gilt uneingeschränkt auch für § 4 AufhebG. Denn Art 30 Abs 5 EV und dessen Anlage I Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III haben grundsätzlich bestimmt, daß der Zwischenschritt eines eigenständigen DDR-Rentenversicherungsrechts entfallen und die Überführung am 31. Dezember 1991 „sofort” (näher dazu BSGE 72, 50, 56, 66) in das Sechste Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) ab 1. Januar 1992 erfolgen sollte. Damit aber wurde der rechtliche Maßstab dafür, was eine gerechtfertigte oder ungerechtfertigte Leistung an Hinterbliebene ist, entscheidend geändert. Denn nach § 46 SGB VI kann ein Recht auf Witwen- oder Witwerrente auch in der Person eines jungen erwerbsfähigen Hinterbliebenen entstehen, wenn – wie hier – die Mindestversicherungszeit (Wartezeit) erfüllt ist. Zutreffend trägt die Klägerin somit vor, die og Rechtsprechung des BSG müsse auch auf § 4 AufhebG angewandt werden.
2. Die Vorinstanzen und die Beklagte haben keinen stichhaltigen Grund benannt, weshalb dies nicht der Fall sein sollte:
a) Auf den Unterschied zwischen Zusatz- und Sonderversorgungssystemen kommt es ausweislich EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und Buchst c Satz 1 für die Frage der Fortgeltung von leistungsrechtlichen Regelungen der jeweiligen Versorgungssysteme und ihrer Weiterführung nicht an.
b) Entgegen der Ansicht der Beklagten darf das BSG – prozeßrechtlich wegen § 162 SGG, materiell-rechtlich ua wegen EV Nr 9 – nicht prüfen, welche Vorstellungen die DDR-Regierung mit § 4 AufhebG verbunden hat. Im gesamten Bereich der vom EV programmierten Rentenüberleitung ist – abgesehen von dort geregelten Ausnahmen (zB Art 19 Satz 1 EV) – bei allen an das Bundesrecht gebundenen staatlichen Entscheidungen darauf abzustellen, daß für Zeiten ab dem 1. Juli 1990, dem faktischen Beginn der Währungs-, Wirtschafts- und Sozialunion, die Sachverhalte nur insoweit nach von der DDR erlassenen Vorschriften maßstäblich beurteilt werden dürfen, als diese zu sekundärem Bundesrecht geworden sind. Im übrigen dürfte es mit der gewaltenteiligen Struktur, welche die demokratisierte DDR ab 1. Juli 1990 rechtlich erreicht hatte, auch kaum vereinbar sein, die DDR-Regierung als „Gesetzgeber” zu sehen, auf dessen „Willen” bei der Auslegung von § 4 AufhebG abzustellen wäre. Auf den von der Beklagten angesprochenen völkerrechtlichen Status der DDR, die ein dreizehnter Staat in Deutschland, aber für die Bundesrepublik Deutschland rechtlich niemals Ausland war und auch nicht als solches (nachträglich noch) behandelt werden darf (vgl BVerfGE 77, 137, 165 mwN), kommt es ua schon deswegen nicht an, weil sie mit Ablauf des 2. Oktober 1990 erloschen ist.
c) Ebensowenig ist erheblich, „wann” Organe der vollziehenden Gewalt nach originärem Bundesrecht unanwendbares DDR-Recht durch Verwaltungsakte vollzogen haben. Soweit ein auf § 4 AufhebG gestützter wirksamer Aufhebungsbescheid vor dem 3. Oktober 1990 zugestellt worden ist, „bleibt” er nach Art 19 Satz 1 EV kraft Bundesrecht wirksam, bis er seinerseits aufgehoben oder abgeändert wird (dazu näher Senatsurteil vom 25. März 1997, 4 RA 50/96, D-spezial 1997, Nrn 18, 8 = ZAP-Ost EN-Nr 95/97). Ein solcher Verwaltungsakt ist aber gegenüber der Klägerin nicht ergangen. Diese rügt ferner zutreffend, daß § 4 AufhebG auch kein sog sich selbst vollziehendes Gesetz ist; auch insoweit hält der Senat an seiner ständigen Rechtsprechung (ua BSGE 77, 253, 258 ff, 269 f = SozR 3-8570 § 13 Nr 1 und in den og Entscheidungen) fest. Es kommt nach originärem Bundesrecht (EV Nr 9 Buchst b Satz 2 und Buchst c) entgegen der Auffassung der Beklagten gerade nicht darauf an, ob § 4 AufhebG den von der Entziehung der Versorgung betroffenen Personenkreis im Kontext des DDR-Rechts anhand der unterschiedlichen Rentenhöhen für Hinterbliebene, die erwerbsfähig (50 vH der Versichertenrente) oder erwerbsunfähig (60 vH der Versichertenrente) waren, abstrakt hinreichend klar beschrieben hatte. Denn es hätte in jedem einzelnen Falle der Prüfung anhand der Aktenlage oder des letzten Bewilligungsbescheides bedurft, ob der jeweilige Hinterbliebene iS des DDR-Rechts die Rente eines Erwerbsfähigen oder eines Erwerbsunfähigen erhalten hatte und ob dies länger als zwei Jahre war oder nicht; dies alles konnte schon zu DDR-Zeiten dem Gesetz selbst nicht entnommen werden, das also in jedem Einzelfall der konkretisierenden Feststellung einer Rechtsänderung oder Rechtsentziehung durch Organe der vollziehenden Gewalt bedurfte. Diese war auch im übrigen (wie oben unter 2a gesagt) entgegen dem Vortrag der Beklagten im DDR-Recht damals vorgesehen. Da § 4 AufhebG kein gültiges sekundäres Bundesrecht geworden ist, bedarf keiner Ausführung, daß die Vorschrift nach Maßgabe des GG ohnehin durch Verwaltungsakt hätte vollzogen werden müssen.
d) Letztlich kommt es auch nicht darauf an, daß die DDR ab 1. Oktober 1990 nicht mehr gezahlt hat. Hört der Schuldner auf zu zahlen, ändert dies nichts daran, daß der Gläubiger seine Forderung behält.
Nach alledem war die Revision der Klägerin begründet; die Beklagte mußte unter Aufhebung des Urteils des SG antragsgemäß verurteilt werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs 1 SGG.
Fundstellen