Beteiligte
Deutsche Angestellten-Krankenkasse |
Tenor
Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Oktober 1994 wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat der Klägerin auch die außergerichtlichen Kosten des Revisionsverfahrens zu erstatten.
Gründe
I
Streitig ist ein Anspruch nach § 33 Sozialgesetzbuch – Fünftes Buch – (SGB V) auf Versorgung mit einem Telefaxgerät als Hilfsmittel der Krankenversicherung (KV).
Die am 13. September 1977 geborene, bei der beklagten Krankenkasse (KK) über ihren Vater (§ 10 SGB V) krankenversicherte Klägerin ist gehörlos und kann nur sehr unartikuliert sprechen. Lediglich ihr Vater ist in der Lage, ihre Worte zu verstehen; andere Personen haben sehr erhebliche Verständnisschwierigkeiten. Seit der Trennung ihrer Eltern lebt sie mit ihrem Vater zusammen in einem Einfamilienhaus. Sie besucht eine Schule für Hörsprachbehinderte in F. Nach der Rückkehr von der Schule ist sie ab ca 16.00 Uhr allein zu Hause, bis ihr berufstätiger Vater von seiner Arbeitsstelle zurückkommt.
Im September 1990 beantragte die Klägerin, die Kosten für die Anschaffung eines Telefaxgerätes zu übernehmen, das der sie behandelnde Kinderarzt anstelle eines sonst erforderlichen Schreibtelefons verordnet hatte. Mit diesem Gerät könne sie zu ihrem Vater jederzeit Kontakt aufnehmen. Ihr Vater könne sie von der Arbeitsstelle oder von einem Postamt unterwegs benachrichtigen, zB daß er später als vereinbart nach Hause komme. Im übrigen sei ein Telefaxgerät billiger als ein Schreibtelefon.
Der Medizinische Dienst der Krankenversicherung (MDK) befürwortete den Antrag, da aufgrund einer angeborenen Darmerkrankung (Morbus Hirschsprung) die Gefahr eines Darmverschlusses bestehe und deshalb die Möglichkeit einer sofortigen Kontaktaufnahme mit dem Vater erforderlich sei. Der Antrag blieb dennoch erfolglos (Bescheid vom 2. November 1990; Widerspruchsbescheid vom 1. März 1991). Die Klägerin sei nicht unumgänglich auf die Benutzung eines Telefaxgeräts angewiesen; sie sei durchaus in der Lage, ihrem Vater telefonisch Nachrichten zukommen zu lassen. Außerdem sei sie nicht an persönlichen und brieflichen Kontakten zur Vermeidung einer Isolation gehindert. Die Leistungspflicht sei nicht aus einer eventuell einmal eintretenden Notfallsituation abzuleiten.
Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte verurteilt, der Klägerin „ein Telefaxgerät als Hilfsmittel zu gewähren” (Urteil vom 19. März 1992). Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben (Urteil vom 27. Oktober 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat einen generellen Anspruch aller Gehörlosen und Taubstummen auf Versorgung mit einem Schreibtelefon oder einem Telefaxgerät angenommen, weil erst dadurch der Freiraum geschaffen werde, der diesem Personenkreis die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben ermöglicht. Darüber hinaus sei die Benutzung des Telefons mittlerweile zu den elementaren Lebensbetätigungen aller Menschen in der Bundesrepublik Deutschland zu zählen. Aber auch unabhängig davon sei der Anspruch aufgrund der besonderen Lebensumstände der Klägerin (berufstätiger Vater als einzige Bezugsperson; sofortiger Hilfebedarf bei etwaigen Komplikationen aufgrund ihrer Darmerkrankung) begründet. Hilfsweise lasse sich der Anspruch auch auf § 43 Nr 2 SGB V stützen, da sich die Versorgung mit einem Telefaxgerät hier als ergänzende Leistung zur Rehabilitation darstelle.
Mit der Revision rügt die Beklagte eine Verletzung der §§ 33 Abs 1 und 43 Nr 2 SGB V. Telefaxgeräte seien als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen und daher von der Leistungspflicht der KKn ausgeschlossen. Zudem seien Kommunikationshilfen für Blinde und Gehörlose ausschließlich unter dem Gesichtspunkt der Hilfsmittel zu betrachten (§ 33 SGB V); die Vorschrift des § 43 SGB V über ergänzende Leistungen zur Rehabilitation lasse nur die Gewährung medizinischer, von einem Behandlungszweck geprägter Maßnahmen zu, woran es bei einem Telefaxgerät für Gehörlose fehle.
Die Beklagte beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Urteile des Landessozialgerichts Rheinland-Pfalz vom 27. Oktober 1994 und des Sozialgerichts Mainz vom 19. März 1992 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt nach ihrem schriftlichen Vorbringen,
die Revision zurückzuweisen.
Sie verteidigt das angefochtene Berufungsurteil.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren nach § 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) einverstanden erklärt.
II
Die Revision der Beklagten ist nicht begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Versorgung mit einem Telefaxgerät zu.
1. Die Klägerin hat vor dem SG beantragt, die Beklagte zu verurteilen, ihr „ein Telefaxgerät als Hilfsmittel zu gewähren” und dies im Berufungs- und Revisionsverfahren aufgrund ihrer Anträge auf Zurückweisung der Rechtsmittel inhaltlich wiederholt. Dieser Antrag ist iS der Verurteilung zur Verschaffung einer Sachleistung zu verstehen. Auch im sozialgerichtlichen Verfahren gilt als Zulässigkeitsvoraussetzung das Erfordernis eines bestimmten Klageantrages (BSGE 60, 87, 90 = SozR 1200 § 53 Nr 6). Diesem Erfordernis genügt der gestellte Klageantrag, obgleich er offenläßt, welche Geräteart (zB kombiniertes Telefon-und Telefaxgerät oder einfaches Telefaxgerät mit separatem Anschluß an das Telefonnetz) und welches Fabrikat begehrt wird und ob das Gerät übereignet oder nur leihweise zur Verfügung gestellt werden soll. Die KK hat im angefochtenen Bescheid ihre Leistungspflicht wegen fehlender Erforderlichkeit des Hilfsmittels unterschiedslos für alle Telefaxgeräte im Grundsatz verneint. In Fällen, in denen nicht nur die Entscheidung über die Art der Gewährung (Leihe oder Übereignung), sondern auch die Spezifizierung der geschuldeten Leistung im Zusammenwirken der Behörde mit dem Leistungsempfänger erfolgt, ist eine Klage auf eine wie im Ablehnungsbescheid nur global umschriebene Leistung zulässig, aber auch eine entsprechende Feststellungsklage, jeweils verbunden mit der Anfechtungsklage (vgl BSG SozR 3-4100 § 58 Nr 6), jedenfalls wenn – wie hier – kein Anhaltspunkt dafür vorliegt, daß die Beteiligten im Falle einer Verurteilung der Behörde über die Auswahl streiten werden (vgl auch Urteil des 3. Senats des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 23. August 1995 – 3 RK 7/95 – zum Anspruch auf ein elektronisches Lese-Sprechgerät und vom 25. Oktober 1995 – 3 RK 30/94 – zum Anspruch auf ein Schreibtelefon – jeweils zur Veröffentlichung vorgesehen). Verschiedentliche Hinweise der Klägerin auf die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit eines kombinierten Telefon- und Telefaxgerätes waren nur als Anregung und Entscheidungshilfe für die Beklagte zu verstehen, nicht aber als Konkretisierung bzw Beschränkung des Versorgungsanspruchs auf diese Geräteart.
2. Die Klägerin hat nach Auffassung der Vorinstanzen einen Anspruch auf ein Telefaxgerät als Hilfsmittel. Dem ist zuzustimmen.
Nach § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V idF durch das Gesundheitsreformgesetz (GRG) vom 20. Dezember 1988 (BGBl I 2477) haben Versicherte Anspruch auf Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg der Krankenbehandlung zu sichern (1. Alternative) oder eine Behinderung auszugleichen (2. Alternative), soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs 4 SGB V ausgeschlossen sind. Ein Telefaxgerät ist für einen Gehörlosen, ähnlich wie ein Schreibtelefon (dazu BSG SozR 2200 § 182b Nrn 26 und 30; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 5 sowie Urteil des erkennenden Senats vom 25. Oktober 1995 – 3 RK 30/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen), als Hilfsmittel iS dieser Vorschrift anzusehen, da der allgemeine Hilfsmittelbegriff iS der 2. Alternative als Ausgleich der Behinderung auch den ersetzenden Ausgleich umfaßt.
Das LSG hat die Frage nach der Erforderlichkeit des Hilfsmittels zu Recht bejaht. Eine KK ist nur dann leistungspflichtig, wenn das Hilfsmittel im krankenversicherungsrechtlichen Sinne erforderlich ist. Die Rechtsprechung hat Hilfsmittel, die nicht unmittelbar an der Behinderung ansetzen, sondern bei deren Folgen auf beruflichem, gesellschaftlichem oder auch nur privatem Gebiet, grundsätzlich nicht als Hilfsmittel der KV anerkannt und insoweit zwischen Hilfsmitteln der KV und solchen der Eingliederungshilfe unterschieden (BSG SozR 2200 § 187 Nr 1; BSG SozR 2200 § 182b Nr 5). Nur soweit der Einsatz des Hilfsmittels der alltäglichen Lebensbetätigung im Rahmen der allgemeinen Grundbedürfnisse eines Menschen dient, fällt auch der Ausgleich der Folgen der Behinderung auf den genannten Gebieten in die Leistungspflicht der KV (BSG SozR 2200 § 182 Nr 10; BSG SozR 2200 § 182b Nr 30; ständige Rechtsprechung).
Die vom LSG positiv beantworteten Fragen, ob die Fernkommunikation mittels Telefon unter den hier maßgeblichen Bedingungen des Jahres 1994 (letzte mündliche Verhandlung in einer Tatsacheninstanz, vgl BSGE 43, 1, 5 mwN) zu den elementaren Grundbedürfnissen aller Menschen in der Bundesrepublik Deutschland oder wenigstens zu denen aller Gehörlosen und Ertaubten zu zählen ist und deshalb bei diesen Abgrenzungskriterien der Erforderlichkeit iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V ein Telefaxgerät generell als erforderliches Hilfsmittel für jede hörunfähige Person angesehen werden kann (für Schreibtelefone verneinend der 3. Senat des BSG in SozR 2200 § 182b Nr 26 zur Situation von 1982 und der 8. Senat in SozR 2200 § 182b Nr 30 zur Situation von 1983; offengelassen vom 1. Senat in SozR 3-2500 § 33 Nr 5 zur Situation von 1993 und vom erkennenden Senat im Urteil vom 25. Oktober 1995 – 3 RK 30/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen – zur Situation von 1994) können dahingestellt bleiben. Denn nach ständiger Rechtsprechung ist ein das Standardtelefon ersetzendes Gerät wie das Telefaxgerät oder das Schreibtelefon für einen Gehörlosen oder Ertaubten jedenfalls dann als erforderliches Hilfsmittel iS des KV-Rechts anzusehen, wenn der Versicherte wegen seiner Behinderung aufgrund besonderer Umstände auf die Verbindung mit anderen Benutzern von Telefaxgeräten bzw Schreibtelefonen unumgänglich angewiesen ist (3. Senat des BSG SozR 2200 § 182b Nr 26 sowie Urteil vom 25. Oktober 1995 – 3 RK 30/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen; 8. Senat SozR 2200 § 182b Nr 30; 1. Senat SozR 3-2500 § 33 Nr 5). Maßgeblich sind die Gegebenheiten des Einzelfalls. Derartige Voraussetzungen liegen im Falle der Klägerin vor. Ein Telefaxgerät stellt für einen Gehörlosen und Ertaubten ein erforderliches Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V dar, wenn dadurch – wie hier – die Möglichkeit der Kommunikation zwischen einem gehörlosen Kind und seinem außerhalb der Familienwohnung berufstätigen und deshalb tagsüber abwesenden Vater sichergestellt wird und keine sonstigen Bezugspersonen des Kindes vorhanden sind (vgl zur ähnlichen Situation einer gehörlosen vierköpfigen Familie BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 5).
Solange sich die Klägerin tagsüber in der Schule aufhält, kann – soweit erforderlich – die Kontaktaufnahme zwischen ihr und ihrem Vater über die in der Schule und am Arbeitsplatz des Vaters vorhandenen Telefaxgeräte erfolgen. In der Zeit zwischen ihrer täglichen Rückkehr von der Schule (gegen 16.00 Uhr) und der abendlichen Heimkehr ihres Vaters sowie an Tagen ohne Schulbesuch (zB Ferien; Krankheit der Klägerin) können die Klägerin und ihr Vater während dessen berufsbedingter Abwesenheit aber nur „telefonisch” miteinander in Verbindung treten. Gleiches gilt bei sonstigen Abwesenheiten des Vaters, während derer er ggf, zB von einer Poststelle aus, Nachrichten nach Hause übermitteln kann. Ein Standardtelefon reicht für die Verständigung nicht aus, weil der Vater der Klägerin als einzige Person die sehr unartikulierte Sprache seiner Tochter zwar verstehen, die Klägerin aber ihren Vater nicht hören kann.
Da bereits aus diesem Grunde die Bereitstellung eines Telefaxgerätes als erforderlich anzusehen ist, bedarf es keiner Ausführungen dazu, ob auch die angeborene Darmerkrankung der Klägerin (Morbus Hirschsprung) und die damit verbundene latente, zumindest seit 1988 aber eher gering einzuschätzende Gefahr ernsthafter Komplikationen (vgl Auskunft der behandelnden Ärzte vom 27. Juni 1991) ebenfalls geeignet wäre, die Erforderlichkeit der Versorgung mit einem Telefaxgerät zu begründen (verneinend BSG SozR 3-2200 § 182b Nr 2 bei Beiträgen für die Teilnahme an einem Nothilfsdienst und für eine entsprechende Notrufanlage). Es braucht auch nicht entschieden zu werden, ob sich der Anspruch unter Umständen auf § 43 Nr 2 SGB V stützen ließe.
Die Leistung durfte auch nicht aus sonstigen Gründen versagt werden.
Ein Anspruchsausschluß nach § 34 Abs 4 SGB V idF durch das GRG, der durch Gesetz vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 2266) einziger Absatz der Vorschrift wurde, greift nicht ein. Nach dieser Vorschrift idF durch das GRG vom 20. Dezember 1988 kann der Bundesminister für Arbeit, nach der Fassung durch Gesetz vom 20. Dezember 1991 (BGBl I 2325) kann der Bundesminister für Gesundheit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates Heil-und Hilfsmittel von geringem oder umstrittenem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis bestimmen, deren Kosten die KK nicht übernimmt (Satz 1). In der aufgrund dieser Ermächtigung erlassenen Verordnung über Hilfsmittel von geringem therapeutischen Nutzen oder geringem Abgabepreis in der gesetzlichen KV (KVHilfsmittelV) vom 13. Dezember 1989 (BGBl I 2237), die idF durch die Verordnung vom 17. Januar 1995 (BGBl I 44) gilt, sind Telefaxgeräte nicht erfaßt.
Ein Ausschluß der Telefaxgeräte aus der Leistungspflicht der KKn ergibt sich auch nicht aus den Vorschriften zum Hilfsmittelverzeichnis. Diese ermächtigen nicht dazu, den Anspruch des Versicherten einzuschränken, sondern nur dazu, eine für die Gerichte unverbindliche Auslegungshilfe zu schaffen. Nach § 128 SGB V idF durch das GRG erstellen die Spitzenverbände der KKn gemeinsam ein Hilfsmittelverzeichnis (Satz 1), in dem die von der Leistungspflicht umfaßten Hilfsmittel aufzuführen sind (Satz 2). Nach § 128 Satz 2 SGB V idF durch das Zweite Gesetz zur Änderung des SGB V (2. SGB V-ÄndG) vom 20. Dezember 1991 (BGBl I 2325) sind in dem Verzeichnis auch die für die von der Leistungspflicht umfaßten Hilfsmittel vorgesehenen Festbeträge oder vereinbarten Preise anzugeben. Das Hilfsmittelverzeichnis schließt Telefaxgeräte nicht aus (Hilfsmittelverzeichnis vom 29. Januar 1993, BAnz Beilage 1993, Nr 50a 1-140 mit Ergänzungen; vgl auch Gemeinsames Rundschreiben der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Versorgung mit Seh- und Hörhilfen, Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln nach dem Recht der gesetzlichen KV vom 15. August 1990, ErsK 1990, 454).
Das Telefaxgerät war im hier maßgeblichen Jahre 1994 (letzte mündliche Verhandlung in einer Tatsacheninstanz, vgl BSGE 43, 1, 5 mwN) auch (noch) nicht als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V anzusehen. Der gegenteiligen Ansicht der Beklagten vermag der Senat sich nicht anzuschließen.
Das LSG hat hierzu festgestellt, Telefaxgeräte seien in privaten Betrieben und öffentlichen Einrichtungen zwar weit verbreitet, bei Privatpersonen fänden sie bisher aber noch keine allgemeine Verwendung. Diese Feststellungen sind hinreichend deutlich und rechtfertigen die Ansicht, diese Geräte seien bisher (1994) keine allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens.
Was unter dem Begriff des allgemeinen Gebrauchsgegenstandes des täglichen Lebens im Hilfsmittelbereich zu verstehen ist, läßt sich nicht für jeden Gegenstand, der als erforderliches Hilfsmittel iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V oder als Heilmittel iS des § 32 SGB V (dort gilt die Regelung des § 33 Abs 1 Satz 1 letzter Halbsatz SGB V entsprechend, vgl BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 15) in Betracht kommt, einheitlich beantworten. Der Gesetzgeber hat sowohl im SGB V als auch in anderen Gesetzen, die einen derartigen Leistungsausschluß enthalten (zB § 59 Strafvollzugsgesetz idF durch Art 51 Nr 1 GRG), auf eine Definition dieses Begriffes verzichtet. Gleiches gilt für den in § 18 Orthopädieverordnung (OrthV) vom 4. Oktober 1989 (BGBl I 1834) ohne den Zusatz „allgemein” enthaltenen Begriff des Gebrauchsgegenstandes des täglichen Lebens.
Der Begriff des „allgemeinen Gebrauchsgegenstandes des täglichen Lebens” ist nicht nach unverzichtbaren Einzelkriterien bestimmbar. Er erfordert vielmehr eine Gesamtwürdigung verschiedener Merkmale und erweist sich damit als „Typusbegriff” (ähnlich zum Begriff des Arbeitsverhältnisses BAG AP Nr 34 zu § 611 BGB Abhängigkeit). Die Frage des allgemeinen Gebrauchs eines Gegenstandes hängt in erster Linie von seiner praktischen Bedeutung für die Lebensführung der Menschen und ihre alltäglichen Lebensbetätigungen ab. Ist ein Gegenstand für alle Menschen oder jedenfalls ihre Mehrzahl unentbehrlich oder besitzt ihn die Mehrzahl der Menschen unabhängig von etwaigen Krankheiten oder Behinderungen aus sonstigen Gründen, kann stets von einem allgemeinen Gebrauch dieses Gegenstandes gesprochen werden, ohne daß es näherer Feststellungen zur Verbreitung des Gegenstandes bedarf. So können zB antiallergene Matratzenüberzüge, die Gegenstand des anhängigen Revisionsverfahrens – 1 RK 8/95 – sind, weil sie vorrangig in ihrer Funktion als „normale” Bettwäsche allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens und daneben, wegen ihrer zusätzlichen therapeutischen Wirkung, auch Heilmittel sind (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 15), allein wegen der Primärfunktion als Bettwäsche und deren Unentbehrlichkeit für jeden Menschen als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens angesehen werden, ohne die Verbreitung dieses Gegenstandes näher zu erörtern. Hingegen wäre es nicht gerechtfertigt, zB eine bei Inkontinenz erforderliche Gummieinlage wegen Zugehörigkeit zur Bettwäsche ebenfalls ohne weiteres als allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens zu werten. Hier erweist sich als ausschlaggebend, daß eine solche Einlage üblicherweise nicht von nichtbehinderten Erwachsenen benutzt wird (Primärfunktion als Hilfsmittel, Sekundärbedeutung als Gebrauchsgegenstand). In einem solchen Fall können Feststellungen zur Verbreitung des Gebrauchsgegenstandes nicht als entbehrlich angesehen werden.
Neben der tatsächlichen Verbreitung ist auch der Preis in die Wertung mit einzubeziehen. Das folgt aus Sinn und Zweck der Regelung. Diese trägt einmal dem Gesichtspunkt der Kausalität Rechnung, weil bei Gebrauchsgegenständen, deren sich praktisch jeder bedient, angenommen werden kann, daß diese auch ohne Krankheit erworben worden wären. Der Gesichtspunkt der Kausalität wird in der Regelung zum Bundesversorgungsgesetz (BVG) deutlicher als in der zur KV angesprochen. Im Bereich der KV kommt der Gesichtspunkt hinzu, ob eine weithin übliche Anschaffung, auch wenn die Verbreitung des Gebrauchsgegenstandes nicht so groß ist, daß der Versicherte ihn mutmaßlich auch ohne Krankheit erworben hätte, nicht gleichwohl unter dem Gesichtspunkt der Zumutbarkeit vom Krankenversicherungsschutz ausgenommen und dem privaten Bereich zugeordnet werden kann. Es liegt auf der Hand, daß dies bei geringwertigen Gegenständen leichter angenommen werden kann. Eine solche an verschiedenen Gesichtspunkten orientierte Gesamtwertung entspricht der Rechtsentwicklung und der bisherigen Rechtsprechung.
Erstmals niedergelegt war eine solche Regelung in § 182b Satz 1 Reichsversicherungsordnung (RVO), der ab 1. Januar 1989 durch § 33 SGB V ersetzt worden ist. Nach der mit Wirkung zum 1. Januar 1982 in Kraft getretenen Fassung des Art 1 Nr 4 lit a des Kostendämpfungs-Ergänzungsgesetzes (KVEG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1578) hatten Versicherte einen „Anspruch auf Ausstattung mit Körperersatzstücken, orthopädischen und anderen Hilfsmitteln, die erforderlich sind, um einer drohenden Behinderung vorzubeugen, den Erfolg der Heilbehandlung zu sichern oder eine körperliche Behinderung auszugleichen, soweit sie nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen sind”. In der Begründung zur Änderung des § 182b RVO durch das KVEG (BT-Drucks 9/845, S 13) heißt es dazu, es sei, dem allgemeinen Prinzip der gesetzlichen KV folgend, nicht gerechtfertigt, die Beitragszahler mit Aufwendungen für allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens zu belasten; beispielhaft wurden Wärmflaschen genannt. Durch die Regelung im Gesetz werde insoweit eine einheitliche Leistungserbringung durch die KKn erreicht. Mit dem Hinweis auf das „allgemeine Prinzip der gesetzlichen KV” bezog sich der Gesetzgeber insbesondere auf den generellen Leistungsgrundsatz, daß die KKn den Versicherten die Leistungen der KV unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots zur Verfügung stellen, „soweit diese Leistungen nicht der Eigenverantwortung des Versicherten zugerechnet werden” (so jetzt ausdrücklich § 2 Abs 1 Satz 1 SGB V).
Der Gesetzgeber nahm damit die Rechtsprechung des BSG zu § 182 Abs 2 RVO und § 182b Satz 1 RVO aF (eingeführt zum 1. Oktober 1974 durch § 21 Nr 7 des Gesetzes über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation ≪RehaAnglG≫ vom 7. August 1974, BGBl I 1881) auf, nach der aufgrund des Prinzips der Eigenverantwortung der Versicherten und des Gebots der Erforderlichkeit und Notwendigkeit der Hilfsmittel Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens von der Leistungspflicht der KV nicht umfaßt werden und dementsprechend bei Hilfsmitteln, die einen solchen Gebrauchsgegenstand ersetzen, vom Versicherten ein Eigenanteil für ersparte Aufwendungen in Höhe des wirtschaftlichen Werts zu tragen ist. Am Beispiel orthopädischer Schuhe hatte das BSG (Urteil vom 28. September 1976 – 3 RK 9/76 – BSGE 42, 229 = SozR 2200 § 182b Nr 2) entschieden, daß der Versicherte in jedem Fall, in dem solche Schuhe angeschafft werden, für die Kosten von Normalschuhen anteilmäßig selbst aufzukommen habe, und zwar auch dann, wenn der Versicherte infolge verbleibender Gehfehler häufiger orthopädische Schuhe benötigt, als er Normalschuhe benötigen würde, wenn er gesund wäre. Denn zu dem durch die KV nicht erfaßten Lebensbereich gehörten auch etwaige Mehrausgaben für Gebrauchsgüter, die wegen der Krankheit oder Behinderung erforderlich werden. Auch ein normaler Autokindersitz wurde, im Gegensatz zu einem schwenkbaren Autositz (BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 3), als „Gebrauchsgegenstand des privaten Bereichs” erachtet, der von der Leistungspflicht der KV ausgeschlossen war (BSG SozR 2200 § 182b Nr 6).
Die Rechtsprechung war seither insbesondere aufgrund der technischen Entwicklung und der Markteinführung vieler neuartiger Geräte häufig mit der Frage befaßt, ob ein bestimmtes Hilfsmittel oder Heilmittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen ist (verneinend zB BSG SozR 2200 § 182 Nr 86 für ein Fahrrad-Ergometer; BSG SozR 2200 § 182 Nr 97 für eine geeichte Personen-Standwaage zur Selbstüberwachung einer Dauererkrankung; BSGE 66, 245 = SozR 3-2500 § 33 Nr 1 für Einmalwindeln bei Inkontinenz Erwachsener; BSG Urteil vom 23. August 1995 – 3 RK 7/95 –, zur Veröffentlichung vorgesehen, für ein elektronisches Lese-Sprechgerät; BSG SozR 2200 § 182b Nr 37 für eine Baby-Rufanlage bei Taubheit der Mutter; BSG SozR 3-4100 § 56 Nr 15 für orthopädische Arbeitssicherheitsschuhe; bejahend zB BSG Urteil vom 23. August 1995 aaO für Personalcomputer in üblicher Ausstattung; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 5 für Standardtelefone; LSG Niedersachsen Urteil vom 26. April 1995 – L 4 Kr 7/95 – für ein Wasserbett; LSG Niedersachsen Urteil vom 12. August 1994 – L 4 Kr 229/93 – für eine Bettausstattung ≪Matratzen, Einziehdecken, Kissen≫ aus nichtorganischem Material; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 27. Juli 1981 – L 16 Kr 75/80 – ErsK 1982, 195 für ein durch Motorbetrieb verstellbares Bettlattenrost). Soweit ein Hilfsmittel einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand ersetzt, ist dabei grundsätzlich ein entsprechender Eigenanteil vom Versicherten zu tragen (BSG SozR 2200 § 182b Nr 10 für allgemeine Installationsmaßnahmen beim clos-o-mat; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 5 für ein Schreibtelefon, das ein Standardtelefon ersetzt; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 15 für antiallergene Kissen- und Matratzenbezüge; BSG Urteil vom 23. August 1995 aaO für elektronische Lese-Sprechgeräte, soweit sie als Personalcomputer benutzt werden können). Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt worden sind und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden, sind niemals als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen. Dies gilt auch dann, wenn sie millionenfach verbreitet sind (zB Brillen, Hörgeräte); denn Bewertungsmaßstab ist insoweit der Gebrauch eines Geräts durch Menschen, die nicht an der betreffenden Krankheit oder Behinderung leiden. Die Frage, ob ein Hilfsmittel als allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens einzustufen ist, stellt sich daher erst dann, wenn ein Gegenstand, der von der Konzeption her vorwiegend für Kranke oder Behinderte gedacht ist, in nennenswerter Umfang auch von insoweit nicht betroffenen Menschen benutzt wird, oder wenn ein Gegenstand, der nicht eigens für Kranke oder Behinderte entwickelt worden ist, sowohl von der Allgemeinheit als auch – als Hilfsmittel -von Betroffenen verwendet wird. Ferner wird diese Frage dann relevant, wenn ein Hilfsmittel bei einem Kranken oder Behinderten ein normales Gebrauchsgut ersetzt, weil hierfür ein Eigenanteil vom Versicherten zu leisten ist, sofern dieses normale Gebrauchsgut die Qualität eines allgemeinen Gebrauchsgegenstands des täglichen Lebens besitzt.
Diese Fragestellung ergibt sich nicht nur bei Gegenständen, die einen relativ niedrigen Anschaffungs- oder Herstellungspreis haben. Dafür könnte zwar das in der Begründung zur Änderung des § 182b RVO allein aufgeführte Beispiel der Wärmflasche (BT-Drucks 9/845, S 13) sprechen. Jedoch können Hilfsmittel „von geringem Abgabepreis” bereits durch Rechtsverordnung nach § 34 SGB V von der Leistungspflicht der KV ausgenommen werden. Außerdem hat der Gesetzgeber auf die Einführung einer Wertgrenze in § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V verzichtet. Es kann somit grundsätzlich jeder Gebrauchsgegenstand unabhängig von seinem Anschaffungs- oder Herstellungspreis von dem Leistungsausschluß erfaßt werden. Ausgangspunkt ist die Verbreitung eines Gegenstandes in der Gesellschaft.
Da der Gesetzgeber nicht pauschal alle „Gebrauchsgegenstände” von der Leistungspflicht der KV ausgenommen hat, sondern lediglich die allgemeinen Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens, kann nicht die Verbreitung bzw übliche Verwendung eines Gegenstandes in bestimmten Bereichen der Gesellschaft wie zB in der gewerblichen Wirtschaft, in der Verwaltung oder bei freien Berufen maßgeblich sein, sondern die Verbreitung innerhalb der privaten Haushalte der gesamten Bevölkerung in der Bundesrepublik Deutschland, wobei Einschränkungen auf die betroffenen Teile der privaten Haushalte zu machen sind, wenn ein Gegenstand von seiner Verwendungsmöglichkeit her nur in bestimmten Haushalten vorkommen kann (zB Baby-Rufanlage nur in Haushalten mit Kleinkindern, BSG SozR 2000 § 182b Nr 37; Autokindersitze nur in Haushalten mit Kindern bis zum 12. Lebensjahr, BSG SozR 2200 § 182b Nr 6). Kommt ein Gegenstand in einem Haushalt üblicherweise nicht nur einmal vor, sondern – zB wegen des persönlichen Gebrauchs – häufig mehrfach, ist die Verbreitung pro Kopf der Bevölkerung entscheidend. Die Gegenstände müssen grundsätzlich für jedermann zugänglich, dh im Handel käuflich zu erwerben sein und üblicherweise durch eine große Anzahl von Menschen verwendet werden (insoweit ständige Rechtsprechung, vgl BSG SozR 2200 § 182b Nrn 86 und 97; BSG SozR 3-2500 § 33 Nr 7). Dabei kann angesichts der fortschreitenden serienmäßigen, teilweise sogar industriellen Fertigung auch von Spezialgeräten und -einrichtungen für Kranke und Behinderte (zB Rollstühle, elektronische Lese-Sprechgeräte, Farberkennungsgeräte) und des abnehmenden Anteils handwerklicher Herstellungsweisen in diesem Bereich nur noch aufgrund besonderer Gegebenheiten des Einzelfalls (zB BSGE 73, 142 = BSG SozR 3-3100 § 11 Nr 1 zu § 27 Abs 1 Nr 2 OrthV für die Ausstattung eines Pkw mit einem automatischen Getriebe), nicht aber generell auf die Art der Produktion und die Angebotslage auf dem Markt abgestellt werden, wenn es darum geht, ob es sich um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens handelt oder nicht.
Wann von der üblichen Verwendung eines Gegenstands durch eine große Anzahl von Menschen gesprochen werden kann, ist bisher nicht grundsätzlich entschieden worden, und diese Frage kann auch hier offenbleiben. Wenn zB 12 von 100 Menschen einen bestimmten Gegenstand besitzen, kann stets von einer üblichen Verwendung durch eine große Anzahl von Menschen und damit von einem allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens gesprochen werden (so BSG Urteil vom 23. August 1995 – 3 RK 7/95 – aaO, zum Personalcomputer in üblicher Ausstattung). Bei einem Verbreitungsgrad innerhalb der privaten Haushalte oder innerhalb der Gesamtbevölkerung von jeweils weniger als 3 % ist dies aber noch nicht zu bejahen. Bei Gegenständen, die für den allgemeinen Gebrauch hergestellt werden und bei denen der Hersteller in den Prospekten und Bedienungsanleitungen auch nicht auf eine spezielle Eignung für Kranke oder Behinderte hinweist, kann zumindest dann die übliche Verwendung durch eine große Anzahl von Menschen – widerlegbar – vermutet werden, wenn der Anschaffungspreis bei der Mehrzahl der Anbieter 1.000,– DM nicht überschreitet und deshalb anzunehmen ist, daß sie auch in Haushalten mit einem durchschnittlichen Einkommen nicht nur vereinzelt anzutreffen sind. Ob und unter welchen Voraussetzungen sehr teure Gegenstände (zB Luxusartikel) oder auf sehr spezialisierte Interessen einzelner Menschen abzielende Gegenstände, die von vornherein nur eine sehr geringe Verbreitung in der Bevölkerung finden können, als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens gelten können, bedarf an dieser Stelle ebenfalls keiner Entscheidung.
Vor diesem Hintergrund konnten Telefaxgeräte zumindest im hier maßgeblichen Jahr 1994 noch nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens angesehen werden. Die Anschaffungspreise für Telefaxgeräte sind in den letzten Jahren zwar stetig gefallen und dürften gegenwärtig, Anfang des Jahres 1996, schon generell unter 1.000,– DM liegen. Im Jahre 1994 war dies aber noch nicht der Fall. Auf vorgenannte Vermutung kann sich die Beklagte somit nicht stützen.
Die Zahl der Telefaxanschlüsse und der Telefaxgeräte in der Bundesrepublik Deutschland nimmt rasch zu. Im Jahre 1990 gabe es erst rund 682.200 Telefaxanschlüsse, 1991 waren es schon 946.000, 1992 1.172.700 und 1993 1.296.000 Anschlüsse (Statistisches Jahrbuch für die Bundesrepublik Deutschland 1994 S 359, 1995 S 344). Die Zahl der Telefaxgeräte nahm dementsprechend in gleichem Ausmaß zu. Mitte des Jahres 1995 gab es dann schon rund 5.700.000 Telefaxgeräte, wovon 85 % in gewerblichem Einsatz waren (Beilage der Süddeutschen Zeitung Nr 238 vom 16. Oktober 1995, S V); 15 % waren im nicht-gewerblichen Einsatz. Diese Zahl wird man in etwa der Nutzung in Privathaushalten gleichstellen können; dies sind 855.000 Geräte. Bei rund 36.230.000 privaten Haushalten (Statistisches Jahrbuch 1995 S 65 – Stand: April 1993; er dürfte in etwa auch dem Stand von 1994 und 1995 entsprechen) und einem Gerät pro Haushalt entspricht dies einer Verbreitung in 2,3 % aller Haushalte. Unter Berücksichtigung einer Haushaltsgröße von durchschnittlich 2,25 Personen und rund 81.000.000 Einwohnern (Statistisches Jahrbuch 1995 S 65) ergibt sich eine private Nutzung durch rund 1.923.000 Personen (2,3 % der Gesamtbevölkerung). Die Grenze von 3 % war 1994 folglich noch nicht erreicht.
Die begehrte Leistung entspricht dem Gebot der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Notwendigkeit (§ 12 Abs 1 SGB V). Die Kommunikation kann auf die von der Klägerin gewünschte Weise erfolgen; denn am Arbeitsplatz ihres Vaters ist ein Telefaxgerät vorhanden. Es gibt keine Anhaltspunkte für die Annahme, daß ihm die private Mitnutzung dieses Gerätes nicht erlaubt wäre. Mit Blick auf das Wirtschaftlichkeitsgebot wird die Beklagte zu prüfen haben, welcher Gerätetyp und welches Fabrikat der Klägerin zur Verfügung zu stellen ist und ob dies im Wege der Übereignung oder der Dauerleihe zu geschehen hat (§ 33 Abs 5 Satz 1 SGB V).
Das Telefaxgerät ersetzt bei Gehörlosen und Ertaubten ein Standardtelefon; dieses ist ein allgemeiner Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens iS des § 33 Abs 1 Satz 1 SGB V. In derartigen Fällen sind die Anschaffungs- und Betriebskosten für ein Standardtelefon als Eigenanteil vom Versicherten grundsätzlich selbst zu tragen (vgl BSGE 42, 229, 231 = SozR 2200 § 182b Nr 2; ständige Rechtsprechung). Das gilt bei Übereignung des Hilfsmittels wie bei dessen leihweiser Überlassung (Nutzungsentgelt) gleichermaßen (BSG, Urteil vom 23. August 1995 – 3 RK 7/95 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Dieser Grundsatz gilt aber nur dann, wenn der durch das Hilfsmittel zu ersetzende allgemeine Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens im Haushalt tatsächlich nicht vorhanden ist; denn nur dann ist die Ersetzungsfunktion in vollem Umfang erfüllt (BSG Urteil vom 25. Oktober 1995 – 3 RK 30/94 – zum Schreibtelefon). Der Vater der Klägerin besitzt ein eigenes Telefon. Ohne ihre Behinderung würde die Klägerin dieses Standardtelefon mitbenutzen und sich keinen zweiten Apparat beschaffen. Hier ist die Auferlegung eines Eigenanteils hinsichtlich der Anschaffungskosten und der monatlichen Grundgebühren für das Telefaxgerät somit nicht gerechtfertigt. Die Gebühren für die verbrauchten Einheiten hat sie jedoch selbst zu tragen, da die Gebührenrechnung für das von ihr ansonsten benutzte Telefon entsprechend höher ausfiele.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 651683 |
BSGE, 209 |
Breith. 1996, 795 |
SozSi 1997, 152 |