Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. April 1997 aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I
Streitig ist die Gewährung von Versichertenrente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU), hilfsweise wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Die 1944 geborene Klägerin stammt aus der Türkei. Nach eigenen Angaben hat sie keinen Beruf erlernt. In der Bundesrepublik Deutschland war sie von 1964 bis 1990 – mit Unterbrechungen – als Bandarbeiterin und Näherin versicherungspflichtig beschäftigt. Nachdem sie bis zum 13. Juli 1992 Arbeitslosengeld bezogen hatte, stellte sie im Oktober 1992 bei der Beklagten einen Rentenantrag, der nach medizinischer Sachaufklärung mit Bescheid vom 26. März 1993 idF des Widerspruchsbescheides vom 28. Juni 1993 abgelehnt wurde, weil die Klägerin noch leichte Frauenarbeiten mit gewissen Einschränkungen vollschichtig verrichten könne. Das von der Klägerin angerufene Sozialgericht (SG) Reutlingen hat die Beklagte durch Urteil vom 29. November 1995 verpflichtet, der Klägerin Rente wegen EU ab 1. Oktober 1993 zu gewähren. Im übrigen ist die Klage abgewiesen worden. Auf die Berufung der Beklagte hat das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg die erstinstanzliche Entscheidung durch Urteil vom 17. April 1997 abgeändert und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. In den Entscheidungsgründen wird im wesentlichen ausgeführt:
Aufgrund der vom Senat durchgeführten Beweisaufnahme stehe zu seiner Überzeugung fest, daß bei der Klägerin ein untervollschichtiges Leistungsvermögen (wenn überhaupt) nicht vor Juni 1995 festzustellen sei. Dabei stütze er sich auf das Sachverständigengutachten von Dr. H., … die Beurteilung der Verwaltungsgutachter S. … und Dr. B. … sowie die sozialmedizinischen Ausführungen von Dr. K. … und Dr. Be. … Dagegen vermöge er der Auffassung von Dr. Dr. M., … die das SG seiner Entscheidung zugrunde gelegt habe, hinsichtlich des Beginns der möglichen quantitativen Leistungseinschränkung und deren Umfanges nicht zu folgen. So hätten bereits die Verwaltungsgutachter psychiatrischerseits lediglich ein mäßiggradiges depressives Syndrom im Klimakterium beschrieben, jedoch ein schwer ausgeprägtes depressives Bild sowie eine schwere Antriebsstörung verneint. Auch würden von ihnen im gesamten Wirbelsäulenverlauf keine paravertebralen Muskelverspannungen angegeben und die Halswirbelsäule sowie die anderen Wirbelsäulenabschnitte als altersentsprechend gut beweglich beschrieben. Auch alle Gelenke der oberen und unteren Extremitäten seien bei der Untersuchung am 18. Februar 1993 aktiv und passiv frei beweglich gewesen. Wenn die Verwaltungsgutachter aufgrund dieser Befunde zu dem Ergebnis kämen, daß die Klägerin noch in der Lage sei, leichte Arbeiten mit gewissen Einschränkungen vollschichtig zu verrichten, so sei dies für den Senat überzeugend, schlüssig und nachvollziehbar. Diese Feststellungen würden auch durch die vom SG eingeholten sachverständigen Zeugenaussagen der behandelnden Ärzte Dr. He. und Dr. G. … bestätigt, welche insbesondere nicht über wesentliche Veränderungen des Gesundheitszustandes der Klägerin in der Zeit bis Mai bzw August 1994 berichteten. Darauf habe Dr. K. … in seiner sozialmedizinischen Stellungnahme vom 15. Dezember 1994 hingewiesen und sei zu dem Ergebnis gekommen, daß bei der Klägerin eindeutig kein schweres psychiatrisches oder orthopädisches Krankheitsbild vorliege.
Wenn dagegen Dr. Dr. M. … nach Untersuchung der Klägerin am 26. April 1995 zu der Beurteilung gelangt sei, auch bei leichterer Arbeit sei das Leistungsvermögen auf unterhalbschichtig herabgesetzt, wobei eine Verschlimmerung ab etwa 1993 angenommen werden müsse, so sei dies für den Senat aufgrund der Vorgutachten aus dem Jahre 1993 nicht nachvollziehbar und daher nicht überzeugend. Er vermöge auch die von Dr. Dr. M. … begründete Leistungseinschränkung auf unterhalbschichtig, die dieser mit der deutlich herabgesetzten Belastbarkeit des rechten Beines begründe, nicht zu teilen. Mit Dr. K. … sei der Senat vielmehr der Auffassung, daß eine wesentliche Verschlechterung im Gesundheitszustand der Klägerin bis zur Untersuchung durch Dr. Dr. M. … nicht eingetreten sei, lediglich seien Beschwerden im Lendenwirbelsäulen(LWS)-Bereich auf Höhe L4/L5 hinzugekommen, allerdings ohne gravierende Funktionseinschränkungen. Die Leistungseinschätzung von Dr. Dr. M. … und das von diesem aufgezeigte Pausenerfordernis könne sich demnach nur auf eine „Tätigkeit in nicht ganz optimaler Haltung am Arbeitsplatz” beziehen, wobei allerdings die Annahme von Dr. Dr. M., … daß die Klägerin lediglich eine 30minütige Tätigkeit in irgendeiner Haltung ausführen könne, durch die auch von ihm erhobenen Befunde nicht gestützt werde. Darauf weise Dr. K. … überzeugend in seiner Stellungnahme vom 14. November 1995 hin, wenn er darlege, daß dies nur dann der Fall sein könnte, wenn hochgradige Funktionseinschränkungen bei der Klägerin gegeben wären, was aber nach den von allen Ärzten erhobenen Befunden tatsächlich nicht der Fall sei.
Das Sachverständigengutachten von Dr. Dr. M. … werde schließlich auch durch die vom Sachverständigen Dr. H. … am 3. September 1996 erhobenen Befunde relativiert. So werde die von Dr. Dr. M. … in erster Linie als leistungsbeeinträchtigend angegebene, deutlich herabgesetzte Belastbarkeit des rechten Beines von Dr. H. … nicht festgestellt. Dieser sehe vielmehr als vor allem leistungseinschränkend einen chronischen Reizzustand mit deutlicher Bewegungseinschränkung, Trageschwäche und Nervenwurzelbeteiligung im Bereich der LWS an. Aufgrund des von ihm als erheblich bezeichneten LWS-Schadens und der etwas labilen psychischen Verfassung mit vorzeitiger Erschöpfbarkeit komme Dr. H. … dann zu dem Ergebnis, daß die Klägerin leichte Tätigkeiten im Sitzen und Stehen nicht mehr vollschichtig verrichten könne und dieser Gesundheitszustand „anhaltsmäßig” seit Juni 1995 bestehe, wobei er dies aus dem Befundvergleich mit dem Gutachten Dr. Dr. M. … schließe.
Ob in diesem Zeitpunkt tatsächlich eine quantitative Leistungseinschränkung eingetreten sei, brauche hier vom Senat nicht entschieden zu werden. Denn auch bei Annahme eines untervollschichtigen Leistungsvermögens ab Juni 1995 hätte die Klägerin keinen Anspruch auf Gewährung der begehrten Versichertenrente, da bezogen auf diesen Zeitpunkt die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für eine Rentengewährung nicht erfüllt seien. Dies ergäbe sich für den Senat eindeutig aus dem von der Beklagten vorgelegten Versicherungsverlauf, wonach im Zeitraum vom 1. Januar 1989 bis 29. Juni 1995 lediglich 26 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt und auch die Voraussetzungen des § 241 Abs 2 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) nicht erfüllt seien.
Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügt die Klägerin eine Verletzung von § 103 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG). Dazu trägt sie vor: Das LSG sei einem von ihr mit Schriftsatz vom 12. Februar 1997 gestellten Beweisantrag auf Einholung eines Obergutachtens zu der Frage, ob bei ihr seit September 1993 von einer unterhalbschichtigen quantitativen Beschränkung des Leistungsvermögens ausgegangen werden müsse, ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt. Der gerichtliche Sachverständige Dr. H. … habe den Beginn einer rentenberechtigenden Leistungseinschränkung lediglich „anhaltsmäßig” auf Juni 1995 gelegt. Dabei habe er einen zuverlässigen Vergleich mit dem Gutachten des nach § 109 SGG gehörten Arztes Dr. Dr. M. … wegen einer Unvollständigkeit der von diesem angegebenen Befunde als unmöglich bezeichnet. Darüber hinaus habe Dr. H. … in seinem Gutachten offensichtlich den szintigraphischen Untersuchungsbefund vom 21. April 1994 fehlerhaft gewertet. Dazu habe Dr. Dr. M. … in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 20. November 1996 darauf hingewiesen, daß durch diese Untersuchung ein entzündliches Geschehen in der LWS-Etage L4/5 gefunden worden sei, welches eine rentenberechtigende Erwerbsminderung begründe. In seiner Stellungnahme vom 23. Januar 1997 habe Dr. Dr. M. … ferner erklärt, nach seinen Aufzeichnungen seien bereits im September 1993 die Beschwerden der LWS mit Schmerzverstärkung beim Husten und Niesen sowie eine Fußheberschwäche vorhanden gewesen. Aufgrund dieser Widersprüche hätte sich das LSG zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müssen. Zumindest hätte es in Bezugnahme auf die ergänzenden Ausführungen Dr. Dr. M. … eine weitere Stellungnahme des Sachverständigen Dr. H. … einholen müssen.
Zwar setze sich das LSG im genannten Urteil teilweise mit der unterschiedlichen Auffassungen des Dr. Dr. M. … einerseits und von Dr. K. … und Dr. H. … andererseits auseinander. Gleichwohl fehle es an einer hinreichenden Begründung zu den divergierenden Auffassungen. Soweit sich das LSG auf die Verwaltungsgutachter berufe, verkenne es, daß diese bei der Untersuchung am 18. Februar 1993 zwar eine freie Beweglichkeit aller Gelenke der oberen und unteren Extremitäten, jedoch bereits auch zum damaligen Zeitpunkt im Bereich der LWS eine maximale Zwischenwirbelraumverschmälerung bei L 4/L 5 durch Gefügestörung sowie eine Hemisacralisation bei L 5/S 1 rechts festgestellt hätten. Entscheidend sei jedoch, daß Dr. Dr. M. … im September 1993, dh nach der Untersuchung durch die Verwaltungsgutachter, die Klägerin erneut untersucht und hierbei eine Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes festgestellt habe.
Hätte das LSG den beantragten Beweis erhoben, so hätte der dann beauftragte Sachverständige die geschilderten Differenzen überprüfen müssen. Unter korrekter Auswertung der von Dr. Dr. M. … in der ergänzenden Stellungnahme vom 23. Januar 1997 genannten Aufzeichnungen sowie des szintigraphischen Untersuchungsbefundes vom 21. April 1994 wäre dieser zu dem Schluß gekommen, daß seit September 1993 von einer rentenberechtigenden Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auszugehen sei. Insoweit beruhe das Urteil des LSG auch auf der unterlassenen Beweisaufnahme. Wie das SG zu Recht ausgeführt habe, lägen bezogen auf diesen Zeitpunkt die Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen EU vor.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. April 1997 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Reutlingen vom 29. November 1995 zurückzuweisen,
hilfsweise,
das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 17. April 1997 aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung, Beweisaufnahme und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie macht geltend: Eine Verletzung des § 103 SGG komme durch unbegründetes Übergehen eines Beweisantrages nur dann in Betracht, wenn ein Beweisantritt iS der einschlägigen Vorschriften der Zivilprozeßordnung (ZPO) erfolgt sei, beim Sachverständigenbeweis also die zu begutachtenden Punkte bezeichnet worden seien (§ 118 Abs 1 SGG iVm § 403 ZPO). Diesen Anforderungen werde der Schriftsatz der Bevollmächtigten der Klägerin vom 12. Februar 1997 nicht gerecht.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision der Klägerin ist zulässig. Insbesondere genügt ihre Begründung den Anforderungen des § 164 Abs 2 Satz 3 SGG. Danach muß die Revisionsbegründung einen bestimmten Antrag enthalten, die verletzte Rechtsnorm und, soweit Verfahrensmängel gerügt werden, die Tatsachen bezeichnen, die den Mangel ergeben.
Zur Begründung rügt die Klägerin allein eine Verletzung der Amtsermittlungspflicht iS von § 103 SGG. Zur Darlegung eines derartigen Verfahrensmangels ist insbesondere anzugeben, warum sich das LSG zu weiteren Ermittlungen hätte gedrängt fühlen müssen, welche Beweismittel hätten erhoben werden sollen und zu welchen Ergebnissen diese Ermittlungen voraussichtlich geführt hätten (vgl BSG SozR Nr 28 zu § 164 SGG). Anders als bei einer Nichtzulassungsbeschwerde (vgl dazu § 160 Abs 2 Nr 3 SGG) muß sich die mit der Revision geltend gemachte Verletzung von § 103 SGG – entgegen der Ansicht der Beklagten – nicht auf einen Beweisantrag beziehen, dem das LSG ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist. Auf die von der Beklagten aufgeworfene Frage, ob der von der Klägerin zweitinstanzlich gestellte Beweisantrag prozeßordnungsgerecht war (wovon der erkennende Senat allerdings bei seiner Zulassung der Revision unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts des Schriftsatzes der Klägerin vom 12. Februar 1997 ausgegangen ist), kommt es daher im jetzigen Stadium des Verfahrens nicht mehr an.
Diesen Begründungserfordernissen hat die Klägerin hinreichend Rechnung getragen, indem sie im Rahmen einer ausführlichen Auseinandersetzung mit den im Berufungsverfahren vorliegenden Beweismitteln auf Unzulänglichkeiten und Widersprüche hingewiesen hat, welche dem LSG ihrer Ansicht nach hätten Veranlassung geben müssen, den Sachverhalt hinsichtlich des Zeitpunktes, von dem ab bei ihr nur noch ein untervollschichtiges Leistungsvermögen vorgelegen habe, weiter aufzuklären. Ferner ist mit der Revision aufgezeigt worden, daß insoweit als zusätzliches Beweismittel neben dem von der Klägerin beantragten „Obergutachten” auch eine ergänzende Stellungnahme des Sachverständigen Dr. H. … zu den Äußerungen des behandelnden Orthopäden Dr. Dr. M. … vom 20. November 1996 und 23. Januar 1997 in Betracht gekommen wäre. Schließlich hat die Klägerin dargetan, daß eine entsprechende Beweiserhebung zu dem Schluß geführt hätte, es sei bereits ab September 1993 von einer rentenberechtigenden Einschränkung der Erwerbsfähigkeit auszugehen.
Die Revision der Klägerin ist auch begründet. Sie führt zur Zurückverweisung der Sache an das LSG. Es bedarf noch weiterer Tatsachenfeststellungen zum Eintritt eines Versicherungsfalles.
Die Klägerin begehrt in erster Linie Rente wegen EU. Darauf haben nach § 44 Abs 1 Satz 1 SGB VI Versicherte bis zur Vollendung des 65. Lebensjahres Anspruch, wenn sie
- erwerbsunfähig sind,
- in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der EU drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit (vgl dazu § 38 Satz 2 SGB VI) haben und
- vor Eintritt der EU die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Erwerbsunfähig iS von § 44 Abs 1 Satz 1 Nr 1 SGB VI sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, eine Erwerbstätigkeit in gewisser Regelmäßigkeit auszuüben oder Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zu erzielen, das 1/7 der monatlichen Bezugsgröße (vgl § 18 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch ≪SGB IV≫) übersteigt (vgl § 44 Abs 2 Satz 1 SGB VI). Erwerbsunfähig ist nach § 44 Abs 2 Satz 2 SGB VI ua nicht, wer eine Tätigkeit vollschichtig ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.
Anders verhält es sich bei einem Versicherten, der aufgrund seines Gesundheitszustandes nur noch Teilzeitarbeit verrichten kann. Für die Beurteilung, ob dieser berufs- oder erwerbsunfähig ist, kommt es nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) darauf an, ob für die in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten Arbeitsplätze vorhanden sind, die der Versicherte mit seinen Kräften und Fähigkeiten noch ausfüllen kann. Dabei darf er auf solche Teilzeittätigkeiten nicht verwiesen werden, für die der Arbeitsmarkt praktisch verschlossen ist. Das ist der Fall, wenn weder der Rentenversicherungsträger noch das zuständige Arbeitsamt dem Versicherten innerhalb eines Jahres seit Stellung des Rentenantrages einen für ihn in Betracht kommenden Arbeitsplatz anbieten kann (vgl dazu BSGE 43, 75 ff = SozR 2200 § 1246 Nr 13).
Bei der Prüfung von EU ist ein Versicherter zwar (anders als im Rahmen des § 43 Abs 2 SGB VI) mangels eines gesetzlich verankerten Berufsschutzes ohne subjektive Zumutbarkeitsbeschränkungen auf alle Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes verweisbar; ob aber die Klägerin mit ihrem Restleistungsvermögen – gemessen an den tatsächlichen Anforderungen der Arbeitswelt – noch in ausreichendem Umfang erwerbstätig sein kann (vgl dazu BSG SozR 3-2200 § 1247 Nr 8), vermag der erkennende Senat auf der Grundlage der berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht zu beurteilen.
Das LSG hat dem Umstand, ob und ggf seit wann die Klägerin nicht mehr über eine vollschichtige Leistungsfähigkeit verfügt, zu Recht Bedeutung beigemessen. Die berufungsgerichtliche Feststellung, bei der Klägerin sei ein nur noch untervollschichtiges Leistungsvermögen nicht vor Juni 1995 eingetreten, kann der erkennende Senat seiner Entscheidung jedoch nicht zugrunde legen, weil sie in verfahrensfehlerhafter Weise zustande gekommen ist. Insoweit greift die auf § 103 SGG gestützte Verfahrensrüge der Klägerin durch. Nach den Umständen des vorliegenden Falles hätte sich das LSG hinsichtlich dieses Punktes zu weiteren Ermittlungen gedrängt fühlen müssen.
Bei seiner tatrichterlichen Beurteilung hat sich das LSG auf das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H., … die im Verwaltungsverfahren von den Ärzten S. … und Dr. B. … erstatteten Gutachten sowie die sozialmedizinischen Stellungnahmen der beratenden Ärzte der Beklagten, Dr. K. … und Dr. Be., … gestützt. Wie die Klägerin zutreffend geltend macht, sind diese Beweismittel nicht geeignet, mit hinreichender Sicherheit die Möglichkeit auszuschließen, daß die Leistungsfähigkeit der Klägerin vor Juni 1995 auf untervollschichtig herabgesunken war. Insbesondere reichen diese ärztlichen Äußerungen nicht aus, um die Auffassung des nach § 109 SGG gehörten, die Klägerin behandelnden Orthopäden Dr. Dr. M. … zu widerlegen, eine entsprechende Verschlechterung des Leistungsvermögens sei bereits im September 1993 zu verzeichnen gewesen.
Zunächst sind die schon im Februar 1993 erstatteten Verwaltungsgutachten für den streitigen Zeitraum ab September 1993 wenig aussagekräftig. Auch diskutieren sie nicht die Schmerzproblematik bezogen auf die Anforderungen eines vollschichtigen Arbeitseinsatzes der Klägerin. Allerdings trifft es zu, daß die behandelnden Ärzte Dr. He. … und Dr. G. … in ihren Befundberichten vom 19. Mai und 5. Oktober 1994 keine wesentliche Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Klägerin verzeichnet haben. Andererseits handelt es sich dabei nur um kurze nicht näher begründete Mitteilungen eines Allgemeinmediziners und eines Nervenarztes, die sich insbesondere nicht mit der von dem Orthopäden Dr. Dr. M. … speziell zum LWS-Syndrom abgegebenen Beurteilung befassen. Ferner ist zu berücksichtigen, daß die beratenden Ärzte der Beklagten Dr. K. … und Dr. Be. … die Klägerin nicht untersucht haben, also nur eingeschränkt in der Lage waren, sich zur Schmerzsymptomatik zu äußern.
Entscheidend ist jedoch, daß die Vorinstanz dem Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. … nicht ohne weitere Sachaufklärung gegenüber der gutachtlichen Äußerung von Dr. Dr. M. … den Vorzug geben durfte. Soweit das LSG darauf abgestellt hat, Dr. H. … habe die von Dr. Dr. M. … in erster Linie als leistungseinschränkend angegebene deutlich herabgesetzte Belastbarkeit des rechten Beines nicht festgestellt, ist zweierlei nicht hinreichend gewürdigt worden: Zum einen hat Dr. Dr. M. … – insbesondere in seinen späteren Stellungnahmen – ganz allgemein die – schmerzhaften – Auswirkungen der LWS-Symptomatik als maßgebend hervorgehoben (also nicht so sehr die mangelnde Belastbarkeit des rechten Beines); zum anderen hat auch Dr. H. … (auf S 8 und 23 seines Gutachtens vom 3. September 1996) – ebenso wie bereits die Verwaltungsgutachter – Beeinträchtigungen an der rechten unteren Gliedmaße festgestellt. Darüber hinaus weist die Klägerin zu Recht darauf hin, daß Dr. H. … den Zeitpunkt des Beginns eines nur noch untervollschichtigen Leistungsvermögens der Klägerin nur sehr vage bestimmt hat. Hinzu kommt, daß diesem Sachverständigen für seine ergänzende Stellungnahme vom 28. November 1996 offenbar nicht erneut die vollständigen Verfahrensakten (also einschließlich der Verwaltungsgutachten) vorgelegen haben, da er sich nicht in der Lage gesehen hat, die unter dem 30. Oktober 1996 von Dr. Be. … vertretene Auffassung, die von dem Verwaltungsgutachter Dr. B. … und von Dr. H. … erhobenen Befunde stimmten überein, detailliert zu überprüfen. Schließlich hätte sich das LSG durch die Mitteilung des Sachverständigen Dr. H. … (S 27 des Gutachtens vom 3. September 1996), ihm sei ein zuverlässiger Vergleich mit dem Gutachten von Dr. Dr. M. … wegen dessen unvollständiger Befundwiedergabe unmöglich, veranlaßt sehen müssen, von Dr. Dr. M. … einen ergänzenden Befundbericht anzufordern. Zumindest wäre es im Hinblick darauf geboten gewesen, die weiteren Stellungnahmen Dr. Dr. M. … vom 20. November 1996 und 23. Januar 1997, welche nähere Angaben zu einer Befundverschlechterung im September 1993 enthalten, dem Sachverständigen Dr. H. … zur Stellungnahme vorzulegen.
Kann der erkennende Senat mithin die tatrichterliche Beurteilung des LSG, ein untervollschichtiges Leistungsvermögen sei bei der Klägerin nicht vor Juni 1995 eingetreten, nicht verwerten, so reichen auch die übrigen berufungsgerichtlichen Tatsachenfeststellungen nicht aus, um über den Rentenanspruch der Klägerin – und sei es auch nur für einen Teilzeitraum – abschließend befinden zu können. Lediglich von einer Erfüllung der allgemeinen Wartezeit (vgl § 44 Abs 1 Satz 1 Nr 3 SGB VI) kann aufgrund der Feststellungen des LSG iVm dem Inhalt des angefochtenen Bescheides vom 26. März 1993 ausgegangen werden.
Hinsichtlich der Zeit bis Mai 1995, also soweit die Vorinstanz von einem noch vollschichtigen Leistungsvermögen der Klägerin ausgegangen ist, läßt sich der Eintritt eines Versicherungsfalles auch deswegen nicht eindeutig beurteilen, weil das LSG die berufliche Einsatzfähigkeit der Klägerin nicht näher konkretisiert hat (vgl dazu Senatsurteil vom 19. August 1997 – 13 RJ 1/94 –, zur Veröffentlichung in BSGE und SozR vorgesehen). Für die anschließende Zeit ab Juni 1995 hat das Berufungsgericht ein Vorliegen der tatsächlichen Voraussetzungen von EU letztlich offengelassen und insbesondere ein Herabsinken des Leistungsvermögens der Klägerin auf ein untervollschichtiges Maß lediglich unterstellt. Soweit es einen Rentenanspruch der Klägerin für diesen Fall wegen Fehlens der besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen nach § 44 Abs 1 Satz 1 Nr 2 SGB VI (drei Jahre Pflichtbeiträge in den letzten fünf Jahren) verneint hat, vermag der erkennende Senat auch diese Beurteilung nicht ohne weiteres zu bestätigen. Denn diesbezüglich scheitert eine revisionsgerichtliche Prüfung ebenfalls an unzulänglichen Tatsachenangaben. Dazu wird im Berufungsurteil nur mitgeteilt, die Klägerin habe im Zeitraum von Januar 1989 bis 29. Juni 1995 nur 26 Monate mit Pflichtbeiträgen belegt. Ausführungen zu sog Streckungszeiten (vgl § 44 Abs 4 iVm § 43 Abs 3 SGB VI) fehlen. Ebensowenig werden die Voraussetzungen der Übergangsregelung in § 240 Abs 2, § 241 Abs 2 SGB VI näher erörtert. Jedenfalls in Anbetracht des aktenkundigen Versicherungsverlaufs der Klägerin bedarf die Auffassung des LSG, die Voraussetzungen des § 241 SGB VI seien nicht erfüllt, weiterer Darlegungen. Wenn bei der Klägerin nämlich die Zeit von Januar 1984 bis Juli 1992 lückenlos mit Anwartschaftserhaltungszeiten (insbesondere Beitragszeiten und beitragsfreien Zeiten ≪hier: Anrechnungszeiten wegen Arbeitslosigkeit≫) belegt sein sollte, so griffe § 241 Abs 2 SGB VI ein, da für die fehlenden Kalendermonate ab August 1992 im Hinblick auf das seit Oktober 1992 laufende Rentenverfahren eine Beitragszahlung auch jetzt noch zulässig wäre (vgl §§ 7, 197 Abs 2, § 198 Satz 1 Nr 2 SGB VI).
Da der erkennende Senat die somit noch erforderlichen Ermittlungen im Revisionsverfahren nicht selbst nachholen kann (vgl § 163 SGG), ist das Berufungsurteil gemäß § 170 Abs 2 Satz 2 SGG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das LSG zurückzuverweisen. Dieses Gericht wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.
Fundstellen