Verfahrensgang
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. April 1994 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten auch des Revisionsverfahrens sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Klägerin begehrt von der Beklagten eine Rente wegen Berufsunfähigkeit (BU).
Die im Mai 1965 geborene Klägerin erlernte von 1982 bis 1985 den Beruf einer Fleischereifachverkäuferin und übte diesen Beruf bis zum Jahre 1989 aus. Wegen der Folgen einer Bandscheibenoperation erhielt sie von der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit (EU) auf Zeit, und zwar von Juli 1989 bis April 1991. Ihren Antrag (vom 20. März 1991) auf (Weiter-)Gewährung einer Erwerbsunfähigkeits-/Berufsunfähigkeitsrente (EU/BU-Rente) lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 10. Juni 1991 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 2. Oktober 1991 ab. Nach dem Gutachten, das dem Bescheid zugrunde lag, bestand bei der Klägerin eine geringe Restsymptomatik nach Bandscheibenoperation sowie eine hochgradige Fehlstatik der Wirbelsäule mit muskulärer Insuffizienz; als Fleischereifachverkäuferin war die Klägerin danach nicht mehr einsetzbar; andere Tätigkeiten waren ihr vollschichtig in wechselnder Körperhaltung zumutbar.
Durch Urteil vom 21. September 1993 hat das Sozialgericht (SG) Oldenburg die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Rente wegen BU ab 1. Mai 1991 zu gewähren, weil sie ihren Beruf als Fleischereifachverkäuferin nicht mehr ausüben könne und Verweisungstätigkeiten nicht zur Verfügung stünden. In dem vom SG eingeholten Gutachten war der Sachverständige zu dem Ergebnis gelangt, die Klägerin könne vollschichtig noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung verrichten.
Das Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen hat durch Urteil vom 28. April 1994 das Urteil des SG aufgehoben und die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Klägerin stehe kein Anspruch auf eine BU-Rente gemäß § 23 Angestelltenversicherungsgesetz (AVG) iVm § 300 Abs 2 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) zu. Bisheriger Beruf der Klägerin iS von § 23 Abs 2 AVG sei der Beruf einer Fleischereifachverkäuferin. Sie habe diesen Beruf drei Jahre erlernt und bis 1989 ausgeübt. Als Fleischereifachverkäuferin sei sie in die dritte Stufe (von unten) des vom Bundessozialgericht (BSG) entwickelten sog Mehrstufenschemas einzuordnen; in diese Stufe gehörten Versicherte, die eine Ausbildungszeit von mehr als zwei Jahren zurückgelegt hätten. Infolgedessen könne die Klägerin auf eine gleichwertige oder auf eine Tätigkeit der zweiten Stufe verwiesen werden. Als sozial und körperlich sowie geistig zumutbare Verweisungstätigkeit komme eine Tätigkeit als Kassiererin an der Sammelkasse in Betracht, wie sie die Firma K. … AG für 350 Personen eingerichtet habe. Es handele sich insoweit um eine leichte Arbeit, die im Wechsel von Sitzen, Stehen und Gehen ausgeübt werden könne. Der Klägerin seien auch noch leichte bis gelegentlich mittelschwere Arbeiten im Wechsel von Gehen, Stehen und Sitzen vollschichtig zumutbar. Die Wirbelsäule sei gut beweglich, die Klägerin könne, ohne das Knie zu beugen, die Fußspitzen erreichen; die erlittene Halswirbelsäulendistorsion sei klinisch und radiologisch ohne objektivierbare Folgen geblieben; es bestehe weder eine funktionelle Einschränkung im Bereich der Halswirbelsäule, noch würden irgendwelche radikulären Symptome geschweige denn Ausfallerscheinungen vorliegen. Mit diesem Leistungsvermögen könne die Klägerin an einer Sammelkasse der Firma K. … AG tätig sein. Bedenken gegen die soziale Zumutbarkeit der Tätigkeit bestünden nicht. Die Klägerin benötige nur eine kurze Einweisungszeit von unter drei Monaten. Als gelernte Fleischereifachverkäuferin werde sie bei der Verweisungstätigkeit sofort in die Tarifgruppe II des Lohn- und Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Niedersachsen eingestuft, nach der auch eine Verkäuferin bezahlt werde. Eine Veranlassung, Ermittlungen über die Anzahl der insoweit vorhandenen Arbeitsplätze anzustellen, bestehe nicht, weil die Versicherte fähig sei, auf Dauer vollschichtig zu arbeiten und die Tätigkeit auch tarifvertraglich erfaßt sei. Bei 350 Arbeitsplätzen, die nach der Auskunft der Firma K. … AG nicht nur leistungsgeminderten Angehörigen des eigenen Betriebes vorbehalten seien, könne davon ausgegangen werden, daß die Klägerin eine reale Chance habe, eingestellt zu werden. In der gesetzlichen Rentenversicherung komme es nicht darauf an, ob die fraglichen Arbeitsplätze frei oder besetzt seien.
Die Klägerin hat die vom LSG zugelassene Revision eingelegt. Sie rügt eine Verletzung von § 23 AVG und trägt vor:
Entgegen der Auffassung des LSG könne sie nicht zumutbar auf die Tätigkeit einer Kassiererin an einer Sammelkasse bei der Firma K. … AG verwiesen werden. Bei einer Verweisung auf eine Tätigkeit bei einem einzelnen Arbeitgeber habe der Leistungsgeminderte eine schlechte Chance, eingestellt zu werden. Falls sie sich bewerben und diese Bewerbung abgelehnt würde, sei der Arbeitsmarkt für sie tatsächlich verschlossen. Dies habe zur Folge, daß sie dann eine Rente wegen BU erhalten müsse. Darüber hinaus habe sich das LSG auch nicht korrekt mit dem Begriff der Anlernzeit auseinandergesetzt. Es fehlten auch Ausführungen zur Verweisungstätigkeit. Es gebe keine Berufsordnung für eine Kassiererin an der Sammelkasse; nach der Auskunft der Firma K. … AG würden für diese Tätigkeit sowohl Fachverkäuferinnen als auch ungelernte Angestellte ohne abgeschlossene Berufsausbildung eingestellt. Sie sei aber als Facharbeiterin lediglich auf Tätigkeiten verweisbar, die zu den sonstigen staatlich anerkannten Ausbildungsberufen gehörten oder bei denen eine Einweisung oder Einarbeitung von wenigstens drei Monaten erforderlich sei. Weil die Einarbeitungszeit unter drei Monaten liege, sei ihr diese Tätigkeit infolgedessen nicht zumutbar. Darüber hinaus liege die Beweislast, was das LSG nicht hinreichend gewürdigt habe, für das Vorhandensein derartiger Stellen bei der Beklagten. Das LSG habe die Tätigkeit nicht beschrieben und auch nicht geprüft, ob es sich insoweit nicht doch um eine mittelschwere bis schwere Tätigkeit handele, wenn schwere Gegenstände verpackt werden müßten. Sollte eine derartige Tätigkeit vorliegen, wäre der Arbeitsmarkt für sie verschlossen. Auch hätte geprüft werden müssen, ob bei der Vergabe dieser (Vertrauens-)Stellen nicht ausschließlich bewährte Mitarbeiter der Firma K. … AG berücksichtigt würden. Sie sei im übrigen davon überzeugt, daß es sich bei der Kassiererin an der Sammelkasse um eine heute in Kaufhauskonzernen übliche Teilzeitbeschäftigung handele. Auch dies hätte das Berufungsgericht klären müssen. Schließlich habe das BSG bisher noch nicht entschieden, ab welcher Zahl Arbeitsplätze als so gering anzusehen seien, daß von einem verschlossenen Arbeitsmarkt gesprochen werden könne. Bei einer nicht tarifvertraglich erfaßten Verweisungstätigkeit, für die es auch keine Berufsordnung gebe, sei, wovon auch der 13. Senat im Urteil vom 12. Oktober 1993 – 13 RJ 41/92 – ausgegangen sei, folglich zu prüfen, ob eine große Anzahl von Personen über die für die Stelle geforderte Qualifikation verfüge. Dabei sei hier zu berücksichtigen, daß nicht nur Fleischereifachverkäuferinnen, sondern alle Angestellten ohne abgeschlossene berufliche Ausbildung, also sämtliche Frauen mit Ausnahme derjenigen, die höher qualifiziert seien, diese Tätigkeit ausüben könnten. Bei Abwägung dieser Umstände müsse der Arbeitsmarkt für sie als verschlossen angesehen werden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
das Urteil des Landessozialgerichts Niedersachsen vom 28. April 1994 aufzuheben und die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Oldenburg vom 21. September 1993 zurückzuweisen.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie trägt vor:
Die vom LSG genannte Verweisungstätigkeit einer Kassiererin an der Sammelkasse bei der Firma K. … AG sei vorbild- und beispielhaft für sämtliche Tätigkeiten an Sammelkassen vergleichbarer Unternehmen. Wenn bei einem Unternehmen, wie dem der Firma K. … AG, bereits 350 Arbeitsplätze vorhanden seien, so sei ohne weitere Ermittlungen der Schluß zulässig, daß bundesweit auch bei anderen Arbeitgebern solche Arbeitsplätze in nicht unbedeutender Anzahl zur Verfügung stünden. Die Einbeziehung in die Tarifgruppe II des Gehaltstarifvertrages für den Einzelhandel in Niedersachsen sei ein geeignetes Hilfsmittel und lasse den Schluß auf eine der tarifvertraglichen Einordnung entsprechende Qualifikation zu. Zutreffend sei das LSG auch davon ausgegangen, daß die Einarbeitungszeit für eine Verweisungstätigkeit höchstens drei Monate betragen dürfe. Tatsächlich nicht durchführbar und ohne Rechtsgrundlage sei die Ansicht, es sei die Anzahl der Bewerber der Anzahl der offenen Stellen gegenüberzustellen.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung durch Urteil einverstanden erklärt (§ 124 Abs 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Entscheidungsgründe
II
Die zulässige Revision der Klägerin ist nicht begründet. Das LSG hat zu Recht auf die Berufung der Beklagten das Urteil des SG aufgehoben und die zulässige Anfechtungs- und Leistungsklage gegen die eine BU-Rente ablehnenden Bescheide der Beklagten abgewiesen.
Der Klägerin steht ein Anspruch auf eine Rente wegen BU nicht zu. Der die Einstandspflicht der Beklagten begründende Tatbestand (im folgenden: haftungsbegründender Tatbestand) der BU-Versicherung ist nicht erfüllt. Der Versicherungsfall der BU ist nicht eingetreten. Die Klägerin ist weiterhin berufsfähig.
Gemäß § 23 Abs 1 AVG, der nach § 300 Abs 2 SGB VI für die Beurteilung der vor dem 1. Januar 1992 gelegenen streitigen Zeiträume weiterhin maßgeblich ist, hat derjenige Versicherte „Anspruch” auf Rente wegen BU, der bei der beklagten Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) versichert und berufsunfähig (bu) ist, die Wartezeit erfüllt hat und zuletzt vor Eintritt der BU eine versicherungspflichtige Beschäftigung oder Tätigkeit ausgeübt hat. Dasselbe gilt gemäß § 43 Abs 1 Satz 1 SGB VI für die Zeit ab 1. Januar 1992, für welche die Klägerin sinngemäß gleichfalls geltend macht, die Voraussetzungen einer Rente wegen BU seien (jedenfalls) seither erfüllt worden.
Die og versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, von denen die Anwendung dieser Haftungsnormen abhängt, liegen vor; denn die Klägerin ist (bei der BfA) „Versicherte” und hat „die Wartezeit erfüllt”, da sie vor dem streitigen Zeitraum eine Versicherungszeit von mehr als 60 Kalendermonaten zurückgelegt hat (§§ 50, 51 SGB VI, §§ 23 Abs 3, 27 AVG). Jedoch ist der die Einstandspflicht des Versicherungsträgers begründende Tatbestand nicht erfüllt, weil der Versicherungsfall der BU nicht eingetreten ist.
Nach § 23 Abs 2 Satz 1 AVG und § 43 Abs 2 Satz 1 SGB VI ist ein Versicherter bu, wenn seine Erwerbsfähigkeit infolge von Krankheit oder Behinderung (bzw „anderen Gebrechen oder Schwäche seiner körperlichen oder geistigen Kräfte”) auf weniger als die Hälfte derjenigen eines körperlich und geistig gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist. Die „Erwerbsfähigkeit” (nicht: Erwerbsmöglichkeit) des Versicherten (genauer: seine Berufsfähigkeit) muß also allein wesentlich durch Krankheit oder Behinderung für die Dauer von mehr als 26 Wochen (§ 53 Abs 1 Satz 1 AVG, § 101 Abs 1 SGB VI) auf weniger als die Hälfte derjenigen eines gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken sein; die verbliebene Berufsfähigkeit darf somit nur noch für weniger als die Hälfte der entsprechenden Arbeit eines gleichqualifizierten gesunden Versicherten ausreichen. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Berufsfähigkeit des Versicherten zu beurteilen ist, umfaßt gemäß § 23 Abs 2 Satz 2 AVG, § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI alle Tätigkeiten, die seinen Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihm unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs seiner Ausbildung sowie seines bisherigen Berufes unter Berücksichtigung der besonderen Anforderungen seiner bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können.
BU im Sinne der sozialen (gesetzlichen) BU-Versicherung ist also das Unvermögen des Versicherten, seine durch Ausbildung oder bisherige Tätigkeit erworbene berufliche Qualifikation (Berufskompetenz) im (inländischen) Arbeitsleben zur Erzielung von Einkommen einzusetzen. Die Haftung des Versicherungsträgers tritt demnach erst ein, wenn das gesundheitliche Vermögen des Versicherten bei keinem Beruf, der seiner geschützten Berufskompetenz entspricht (dh ihn also fachlich-qualitativ weder über- noch unterfordert) dafür ausreicht, ihn (zeitlich und inhaltlich) wenigstens hälftig auszuüben (vgl hierzu Urteil des Senats vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Wie das LSG bindend festgestellt hat, kann die Klägerin ihren bisherigen Beruf (Hauptberuf) zwar nicht mehr ausüben. Sie erfüllt somit die Tatbestandsvoraussetzungen, für die sie darlegungs- und beweispflichtig ist. Allerdings ist sie aber nicht allein schon deswegen bu. Denn sie kann einen qualitativ gleichwertigen Beruf, den einer Kassiererin an einer Sammelkasse, vollwertig und vollschichtig verrichten (sog Vergleichsberuf), so daß die Anspruchsschwelle des Versicherungsfalls der BU nicht überschritten ist.
Die Voraussetzungen dieser von Amts wegen zu berücksichtigenden rechtshindernden Einwendung „des Vergleichsberufes”, für die die Beklagte die Darlegungs-und objektive Beweislast trägt, liegen nur dann vor, wenn dieser Beruf dem bisherigen Beruf des Versicherten qualitativ gleichwertig ist und noch vollwertig und vollschichtig verrichtet werden kann, wenn also der Versicherte den typischen Aufgaben dieses qualitativ gleichwertigen und deshalb zumutbaren Vergleichsberufs (fachliches Anforderungsprofil) und den mit diesen Anforderungen üblicherweise verbundenen gesundheitlichen Belastungen (gesundheitliches Belastungsprofil) genügen kann.
Nur ausnahmsweise – wenn das Verfahrensergebnis dazu drängt – stellt sich dann – weiter – im Wege eines von Amts wegen zu beachtenden Gegenrechts (im Sinne eines materiell-rechtlichen Einwendungsausschlusses, der nunmehr wiederum vom Versicherten darzulegen und zu beweisen ist) noch die Frage, ob der Versicherte im Vergleichsberuf sonstigen allgemeinen, zwar nicht berufstypischen, jedoch arbeitsbedingten Belastungen gesundheitlich gewachsen ist (Unüblichkeitsfälle) oder ob ein derartiger (Vergleichs-)Beruf arbeitsmarktgängig ist, dh nicht nur betriebsintern vergeben oder aus anderen Gründen nur in ganz geringer Zahl über den sog Arbeitsmarkt angeboten, besetzt und wiederbesetzt wird (Seltenheitsfälle; vgl hierzu im übrigen SozR 3-2200 § 1246 Nr 41, sog Katalogfälle).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hat das LSG zutreffend einen „zumutbaren Vergleichsberuf” angenommen und die Klägerin daher für berufsfähig erachtet; Anhaltspunkte für das Vorliegen eines in den sog Katalogfällen aufgeführten Ausnahmetatbestandes liegen nicht vor.
Das LSG hat ausgeführt, der Beruf der Kassiererin an einer Sammelkasse, wie er jedenfalls in Kaufhäusern der Firma K. … AG an 350 Arbeitsplätzen vorkomme, weise einen bestimmten Aufgabenbereich auf, die damit verbundenen Tätigkeiten seien körperlich leicht und in wechselnder Körperhaltung ausführbar; er werde wie der Beruf einer gelernten Verkäuferin bezahlt. Damit hat das Berufungsgericht sämtliche Anforderungen an eine konkrete Benennung der Verweisungstätigkeit erfüllt und zugleich die genannten Tatsachen mit bindender Wirkung für das Revisionsgericht festgestellt.
Der Vergleichsberuf einer Kassiererin an einer Sammelkasse kann der Klägerin auch zugemutet werden; denn er ist ihrem bisherigen Beruf als Fleischereifachverkäuferin der Art nach fachlich-qualitativ gleichwertig, ist ihr deshalb „sozial zumutbar” und bedeutete für sie, falls sie ihn ergriffe, keinen „unzumutbaren sozialen Abstieg”.
Nach den gesetzlichen (§ 23 Abs 2 Satz 2 AVG, § 43 Abs 2 Satz 2 SGB VI) Vorgaben für den Vergleich des qualitativen Wertes des bisherigen Berufs mit dem des Verweisungsberufs kommt es darauf an, ob der Vergleichsberuf Kenntnisse und Fähigkeiten erfordert, die denjenigen gleichwertig sind, denen der Versicherte in seinem bisherigen Beruf genügen mußte. Für die vergleichende Bewertung schreibt das Gesetz zwingend vor, daß Ähnlichkeiten, Dauer und Umfang der Ausbildung sowie die besonderen Anforderungen der bisherigen Berufstätigkeit des Versicherten zu berücksichtigen sind. Es kommt grundsätzlich auf einen bewertenden Vergleich im Einzelfall an, dh auf eine wertende Gesamtschau der Kenntnisse und Fähigkeiten des Versicherten in seinem bisherigen Beruf sowie derjenigen, die der Vergleichsberuf typischerweise erfordert.
Zur praktischen Ausführung dieser rechtlichen Vorgaben und zur Vermeidung einer rechtlich nicht zu rechtfertigenden unterschiedlichen Anwendung ua des § 23 Abs 2 Satz 2 AVG bei Berufen mit gleicher Qualität (SozR 2200 § 1246 Nr 137) ist das sog Mehrstufenschema entwickelt worden, das inzwischen auf sechs Hauptstufen begrenzt ist. Die Stufen sind nach ihrer Leistungsqualität, diese gemessen nach Dauer und Umfang der im Regelfall erforderlichen Ausbildung, nicht nach Entlohnung oder Prestige, geordnet. Fachlich qualitativ gleichwertig sind danach alle Vergleichsberufe, die nach dem „Schema” in die gleiche oder in die nächstniedrigere Stufe einzuordnen sind.
Dabei kann dahinstehen, ob die tatsächlichen Feststellungen des LSG für die Einstufung des bisherigen Berufs der Klägerin in die dritte Stufe dieses „Mehrstufenschemas” ausreichen; dies wäre angezeigt, wenn die Versicherte als Fleischereifachverkäuferin einen Beruf mit einer Regelausbildungszeit von mehr als zwei Jahren ausgeübt hätte. Denn die Tatsachenfeststellungen reichen jedenfalls aus, um zu erkennen, daß der bisherige Beruf der Klägerin keinesfalls in die vierte Stufe des „Schemas” (Angestellte mit Vorgesetztenfunktion, spezifisch qualifizierte Angestellte) und mindestens in die zweite Stufe (angelernte Angestellte mit einer Ausbildungszeit von drei Monaten bis zwei Jahren) einzuordnen ist. Für die Beurteilung der qualitativen Gleichwertigkeit beider Berufe kommt es nicht darauf an, ob die Versicherte – die Klägerin – die für die vollwertige Ausübung des bisherigen Berufs erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten auf dem Weg der für den Regelfall vorgeschriebenen oder üblichen Ausbildung oder auf sonstige Weise erworben hat. Hier hat das LSG – ausreichend – bindend festgestellt, daß die Klägerin den Beruf einer Fleischereifachverkäuferin von 1982 bis 1985 erlernt und danach bis 1989 und damit vollwertig ausgeübt und die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten gehabt hat.
Das LSG hat den Vergleichsberuf zumindest der zweiten Stufe des „Schemas” zugeordnet. Dies ist revisionsgerichtlich nicht zu beanstanden.
Das LSG hat seine Bewertung auf die bindend festgestellte (Hilfs-)Tatsache gestützt, daß im Lohn- und Gehaltstarifvertrag für den Einzelhandel Niedersachsen für die Vergleichstätigkeit eine Lohngruppe für gelernte Angestellte, wie die der Verkäuferin, einschlägig ist. Da die nach dem Gesetz zu berücksichtigenden Vergleichskriterien bezüglich der beiden hier zu vergleichenden Berufe keine abschließende Bewertung zulassen, durfte das Berufungsgericht auf das richterrechtlich anerkannte Hilfskriterium der tarifvertraglichen Klassifizierung einer Tätigkeit innerhalb eines nach Qualitätsstufen geordneten Tarifvertrages zurückgreifen (vgl hierzu im übrigen Urteil des Senats vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 – zur Veröffentlichung vorgesehen).
Auch der Vergleichsberuf ist hiernach mindestens der zweiten, uU der dritten Stufe des „Mehrstufenschemas” zuzuordnen. Hieraus folgt, daß, falls der bisherige Beruf der Klägerin der dritten Stufe angehört, die Vergleichsberufe der dritten oder zweiten Stufe fachlich-qualitativ gleichwertig „sozial zumutbar”) sind; war der bisherige Beruf (dem oberen Bereich) der zweiten Stufe zuzuordnen, dann sind gleichwertig die Vergleichsberufe der zweiten und (jedenfalls hier) diejenigen der ersten Stufe, die nicht nur ganz einfache Arbeiten umfassen. War der Hauptberuf der Klägerin der zweiten Stufe und der Vergleichsberuf der dritten Stufe zuzuordnen, so ist der Vergleichsberuf ebenfalls zumutbar. Denn fachlich-qualitativ gleichwertig „sozial zumutbar”) sind auch alle höherstufigen Vergleichsberufe, soweit der Versicherte durch sie nicht fachlich überfordert wird. Dies ist dann nicht der Fall, wenn er dafür eine Einarbeitungs- oder Einweisungszeit von höchstens drei Monaten benötigt. Das LSG hat hierzu festgestellt, eine Fleischereifachverkäuferin bedürfte bis zur vollwertigen Ausübung des Berufs der Kassiererin an einer Sammelkasse nur einer kurzen Einweisung, die jedenfalls weniger als drei Monate dauern würde. Das LSG hat nach alledem in rechtlich nicht zu beanstandender Weise ausgeführt, die Klägerin sei nach ihrer Berufskompetenz den Aufgaben des Berufs der Kassiererin an einer Sammelkasse (Anforderungsprofil) gewachsen.
Das Restleistungsvermögen der Klägerin reicht nach den Feststellungen des LSG ebenfalls aus, den üblichen gesundheitlichen Belastungen einer Kassiererin an der Sammelkasse vollschichtig zu genügen. Dies folgt aus dem gebotenen Vergleich zwischen den krankheits- bzw behinderungsbedingten Einschränkungen der Leistungsfähigkeit der Klägerin und den festgestellten gesundheitlichen Belastungen, die mit dem Kassieren, Geldwechseln, Ausstellen von Rechnungen und Quittungen, der Behandlung von Warenrückgaben und von Auswahlen, dem Verpakungsservice, den Kontrolltätigkeiten und dem Informationsservice für Kunden regelmäßig verbunden sind. Diese Tätigkeiten sind nach den Feststellungen des LSG leichte Arbeiten, die im Wechsel zwischen Sitzen, Stehen und Gehen verrichtet werden können; sie entsprechen dem vom LSG festgestellten Leistungsvermögen der Klägerin.
Zutreffend ist das LSG entgegen der Auffassung der Klägerin auch davon ausgegangen, es handele sich bei dem og Vergleichsberuf nicht um einen sog Katalogfall (BSG SozR 2200 § 1246 Nr 137).
Ein sog „Unüblichkeitsfall” liegt nicht vor. Es besteht kein Anhalt, die Klägerin könne gesundheitlich gehindert sein, solchen Arbeitsbedingungen zu genügen, die zwar mit den typischen fachlichen Aufgaben des Vergleichsberufs nicht verbunden, jedoch an den Arbeitsplätzen, an denen dieser Beruf verrichtet wird, generell anzutreffen sind.
Um einen sog „Seltenheitsfall” handelt es sich ebenfalls nicht; denn der Beruf der Kassiererin an einer Sammelkasse ist arbeitsmarktgängig „zugänglich”).
Von Arbeitsmarktgängigkeit ist bei in abhängiger Beschäftigung ausgeübten Berufen, die es in der Arbeitswelt gibt, die also „vorhanden” sind, grundsätzlich und im Regelfall auszugehen. Ausnahmsweise kann dies anders sein, wenn die Arbeitsplätze, an denen dieser Beruf verrichtet wird, generell nur an Betriebsangehörige vergeben werden, somit als Eingangsstelle für Betriebsfremde nicht zur Verfügung stehen, oder wenn sie nur in ganz geringer Zahl vorkommen, dh so selten über den Arbeitsmarkt angeboten, besetzt und wiederbesetzt werden, daß sie praktisch dort nicht vorkommen und deswegen als Vergleichsberufe ausscheiden. Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Das LSG hat festgestellt, daß die 350 Arbeitsplätze bei der Firma K. … AG nicht den Betriebsangehörigen vorbehalten, insbesondere keine „Schonarbeitsplätze” sind, also nicht nur betriebsintern vergeben werden. Ferner wird der Vergleichsberuf auch nicht nur an Arbeitsplätzen ausgeübt, die nur in ganz geringer Anzahl vorkommen. Dies ist bei in einem Tarifvertrag erfaßten Beruf grundsätzlich auszuschließen. In besonderen Fällen kann zwar das Verfahrensergebnis nahe legen, daß der Beruf trotz seiner tarifvertraglichen Erfassung nur in ganz geringer Zahl vorkommt. Hier kann jedoch dahinstehen, ob ein „besonderer Fall” bereits deswegen angenommen werden könnte, weil die 350 Arbeitsplätze nur von einer Arbeitgeberin vorgehalten werden. Denn diese Zahl an Arbeitsplätzen ist jedenfalls nicht „gering” (vgl im übrigen hierzu Urteil des Senats vom 14. Mai 1996 – 4 RA 60/94 –, zur Veröffentlichung vorgesehen). Zutreffend ist das LSG aus diesem Grunde auch nicht näher darauf eingegangen, wie niedrig die „Mindestzahl” der Arbeitsplätze für den Vergleichsberuf der Kassiererin an einer Sammelkasse der Firma K. … AG sein müßte,
um als „ganz gering”, „nicht ins Gewicht fallend”, „nicht nennenswert” oder „unbedeutend” gewertet zu werden.
Das LSG ist ebenfalls zu Recht davon ausgegangen, daß es nicht darauf ankommt, ob diese 350 Arbeitsplätze frei oder (auch im Antragszeitraum oder voraussichtlich auf die Dauer von mehr als einem Jahr oder länger) besetzt sind; denn die Risiken, die für die Erwerbsmöglichkeit des Versicherten auf dem sog Arbeitsmarkt, also im Wechselspiel von Angebot und Nachfrage einschließlich des Risikos der Unvermittelbarkeit bestehen, sind (anders als bei der Teilzeitarbeitsmarktrente auf Zeit in Form der BU-Rente ≪oder EU-Rente≫) in der Arbeitslosenversicherung abgesichert, die kein Bestandteil der Rentenversicherung ist. Lediglich anhand im Arbeitsleben wirklich vorkommender und damit regelmäßig arbeitsmarktgängiger Vergleichsberufe ist zu prüfen, ob das Ausmaß der krankheits- oder behinderungsbedingten Einschränkung der Berufskompetenz des Versicherten so groß ist, daß die Anspruchsschwelle des Versicherungsfalles überschritten und die Versichertengemeinschaft grundsätzlich gehalten ist, Nachteilsausgleich durch Rente zu gewähren. Dies ist bei der berufsfähigen Klägerin nicht der Fall.
Nach alledem ist die Revision der Klägerin zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Fundstellen