Verfahrensgang
LSG Baden-Württemberg (Urteil vom 15.11.1989) |
Tenor
Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 15. November 1989 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand
I
Die Beteiligten streiten um die Gewährung von Verletztengeld anstelle von Übergangsgeld für die Zeit vom 19. Januar 1986 bis zum 17. August 1987.
Die Klägerin hatte den Beruf einer Chemielaborantin erlernt und war vom Jahre 1962 an in diesem Beruf tätig, seit dem Jahre 1973 bei der Universität Tübingen, Anorganische Chemie I. Nachdem bei ihr bereits im Jahre 1978 eine allergische Hautreaktion gegen Halogene ärztlich angezeigt worden war, gab sie ihre Erwerbstätigkeit als Chemielaborantin am 30. November 1981 auf. Der Beklagte stellte „Akne symptomatica im Gesicht und Dekolleté-Bereich sowie Närbchen” als Berufskrankheit (BK) nach Nr 5101 der Anlage 1 zur Berufskrankheiten-Verordnung (BKVO) mit dem Versicherungsfall am 1. Dezember 1981 fest, lehnte es aber zugleich ab, eine Verletztenrente zu gewähren, da die durch die BK bedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit nur 10 vH betrage (Bescheid vom 24. Juni 1982, der hinsichtlich der Rentenablehnung durch das rechtskräftige Urteil des Landessozialgerichts -LSG-Baden-Württemberg vom 26. September 1990 – L 2 U 2343/89 -bestätigt wurde).
Der Beklagte bewilligte der Klägerin vom 1. Dezember 1981 an eine Übergangsleistung nach § 3 Abs 2 BKVO (Schreiben vom 12. Juli 1982) und wurde verurteilt, der Klägerin vom 16. Februar 1982 bis zum 3. Januar 1983 Verletztengeld nach § 560 Reichsversicherungsordnung (RVO) zu gewähren (rechtskräftiges Urteil des Sozialgerichts -SG- Karlsruhe vom 23. Februar 1984 – S 2 U 3334/82 –). Von diesem Zeitpunkt an unterzog sich die Klägerin einer Umschulung zur Zahntechnikerin, die ihr der Beklagte als berufsfördernde Leistung zur Rehabilitation (Berufshilfe) gewährte; der Beginn der Ausbildung war für Januar 1983, das Ende für Dezember 1985 vorgesehen (Bescheid vom 29. April 1981). Zusätzlich zahlte ihr der Beklagte vom 3. Januar 1983 an Übergangsgeld nach § 568 RVO. Nachdem die Klägerin die Gesellenprüfung im Zahntechniker-Handwerk am 15. Dezember 1984 nicht bestanden hatte, erklärte sich der Beklagte bereit, die Kosten für die Wiederholung des vierten Ausbildungsabschnitts vom 16. Januar 1985 bis 5. Juli 1985 zu übernehmen und ihr Übergangsgeld weiterzugewähren (Schreiben vom 14. Januar 1985). Während die Klägerin in der Kenntnisprüfung die Note „sehr gut” erreicht hatte, bestand sie auch am 6. Juli 1985 nicht die Fertigkeitsprüfung. Wiederum erklärte sich der Beklagte bereit, zum Zwecke der weiteren Wiederholung des praktischen Teils der Prüfung für die Zeit ab 1. Juli 1985 bis längstens zum Prüfungstage die Kosten der Umschulung zu übernehmen. Auch die zweite Wiederholungsprüfung am 18. Januar 1986 bestand die Klägerin nicht. Auf ihren Widerspruch hin wurde diese Prüfungsentscheidung aus formalen Gründen aufgehoben. Die Klägerin wurde später zu einer letztmöglichen Wiederholungsprüfung zugelassen, die sie am 27. Februar 1988 bestand.
Nach dem Scheitern der zweiten Wiederholungsprüfung vertrat der Beklagte zunächst die Ansicht, es fehlten die Voraussetzungen, der Klägerin nunmehr wieder Verletztengeld zu zahlen. Er stellte der Klägerin anheim, sich arbeitslos zu melden. Dem kam die Klägerin nach und bezog in der streitbetroffenen Zeit vom 19. Januar 1986 bis zum 17. August 1987 nacheinander Arbeitslosengeld und Arbeitslosenhilfe. Ihren aufrechterhaltenen Anspruch auf Verletztengeld für denselben Zeitraum lehnte der Beklagte ab (Bescheid vom 18. März 1986, Widerspruchsbescheid vom 24. Juli 1986). In dem anschließenden Rechtsstreit erklärte sich der Beklagte vor dem SG bereit, während der erneuten Prüfungsvorbereitungen für die Fertigkeitsprüfung Kosten für Lehr- und Lernmaterial, Prüfungsgebühren, Schulgeld, Sozialversicherungsbeiträge sowie Übergangsgeld gemäß § 568 RVO vom Beginn der Maßnahme bis zu ihrem Ende zu übernehmen. Für den Zeitraum vom 19. Januar 1986 bis zum Beginn der Maßnahme (Prüfungsvorbereitung für die Fertigkeitsprüfung) sei er bereit, der Klägerin Übergangsgeld unter Anrechnung des gezahlten Arbeitslosengeldes zu gewähren, weil nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) zwischen zwei Abschnitten einer Berufshilfemaßnahme Übergangsgeld und nicht Verletztengeld zu zahlen sei (Schriftsatz vom 24. März 1987). Weil die Klägerin am 18. August 1987 ihre Ausbildung fortgesetzt hatte, hob das Arbeitsamt mit Wirkung von diesem Tage ab die Bewilligung von Arbeitslosenhilfe auf (Aufhebungsbescheid vom 27. August 1987).
In einem Teilvergleich vor dem SG vom 12. Oktober 1987 hat sich der Beklagte gegenüber der Klägerin verpflichtet, mit Ausnahme des streitbetroffenen Zeitraumes sein Anerkenntnis vom 24. März 1987 bis zum Tage der Bekanntgabe der Zulassung oder im Falle der Zulassung zur Fertigkeitsprüfung bis zum Tage der Bekanntgabe des Prüfungsergebnisses auszuführen.
Die restliche, den Gegenstand dieses Rechtsstreits bildende Klage mit dem Antrag, den Bescheid des Beklagten vom 18. März 1986 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24. Juli 1986 und des Teilvergleiches vom 12. Oktober 1987 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, der Klägerin für die Zeit vom 19. Januar 1986 bis zum 17. August 1987 den Differenzbetrag zwischen Übergangsgeld einschließlich der Leistungen nach § 3 BKVO und dem Verletztengeld nach § 560 RVO zu gewähren und diese Leistungen zu verzinsen, ist vor dem SG (Urteil vom 30. Januar 1989) und dem LSG (Urteil vom 15. November 1989) ohne Erfolg geblieben. In seinen Entscheidungsgründen hat das LSG ausgeführt, der Anspruch auf Verletztengeld scheitere bereits daran, daß die Klägerin während des streitbetroffenen Zeitraumes einen Anspruch auf Übergangsgeld gehabt habe, der einen solchen auf Verletztengeld grundsätzlich ausschließe (§ 560 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 2 RVO). Der Klägerin habe Übergangsgeld wegen der Teilnahme an der beruflichen Rehabilitationsmaßnahme zur Zahntechnikerin zugestanden. Diese Maßnahme habe am 3. Januar 1983 begonnen und sei erst am 27. Februar 1988 beendet worden. In dem streitbetroffenen Zeitraum sei die Rehabilitationsmaßnahme nur deswegen unterbrochen worden, weil die Klägerin auch die zweite Wiederholungsprüfung nicht bestanden habe und über ihren Einspruch gegen diese Entscheidung noch nicht entschieden gewesen sei. Als dem Einspruch stattgegeben und die Klägerin nochmals zu einer Wiederholungsprüfung zugelassen worden sei, habe der Prüfungsausschuß das Ergebnis der bereits früher bestandenen erfolgreichen Kenntnisprüfung berücksichtigt und nur die Fertigkeitsprüfung durchgeführt. Das bestätige den Zusammenhang aller Abschnitte innerhalb einer einheitlichen Rehabilitationsmaßnahme. Eine analoge Anwendung des § 568a Abs 1 RVO komme nicht in Betracht, weil es sich nicht um den Übergang von Heilbehandlung in Berufshilfe gehandelt habe, sondern nur um eine Unterbrechung einer einheitlichen Berufshilfemaßnahme.
Mit der – vom BSG zugelassenen – Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts. Entsprechend der Regelung des § 568a Abs 1 RVO stehe ihr auch in der streitbetroffenen Zeit zwischen zwei Maßnahmen der Berufshilfe Verletztengeld zu. Denn das BSG habe zu der Parallelvorschrift des § 1241e Abs 1 RVO entschieden, daß die Maßnahme der Berufshilfe zunächst beendet sei, wenn eine Abschlußprüfung nicht bestanden werde (SozR 2200 § 1241e Nr 5). Wenn das BSG in diesem Falle zur wirtschaftlichen Überbrückung § 1241e Abs 1 RVO entsprechend anwende, müsse das auch für den gleichartigen § 568a Abs 1 RVO gelten, der allerdings als Besonderheit der Unfallversicherung das höhere Verletztengeld vorsehe. Auch der Hauptverband der gewerblichen Berufsgenossenschaften vertrete die Auffassung, daß sich für arbeitsunfallbedingte Arbeitsunfähige die Ansprüche auf Verletztengeld (§ 560 RVO) und Übergangsgeld (§§ 568, 568a RVO) abwechseln könnten, wenn zwischen Maßnahmen der Berufshilfe Wartezeiten entstünden (HVGBG RdSchr VB 130/83).
Die Klägerin beantragt,
die angefochtenen Urteile aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung der angefochtenen Bescheide zu verurteilen, ihr den Differenzbetrag zwischen dem erhaltenen Übergangsgeld einschließlich der Leistungen nach § 3 BKVO und dem Verletztengeld für die Zeit vom 19. Januar 1986 bis zum 17. August 1987 zu gewähren.
Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Er hält das angefochtene Urteil für zutreffend.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch Urteil ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II
Die Revision ist unbegründet.
Der geltend gemachte Anspruch auf Verletztengeld steht der Klägerin in der streitbetroffenen Zeit nicht zu, weil sie währenddessen einen Anspruch auf Übergangsgeld nach den §§ 568a, 568 RVO gehabt hat (§ 560 Abs 1 Satz 1 Teilsatz 2 RVO).
Zu Recht hat der Beklagte der Klägerin nur Übergangsgeld nach § 568 RVO in entsprechender Anwendung des § 568a Abs 1 RVO als sogenanntes Zwischenübergangsgeld gewährt. Nach dieser Vorschrift in der – für den vorliegenden Rechtsstreit maßgebenden – bis heute unveränderten Fassung des Arbeitsförderungs-Konsolidierungsgesetzes (AFKG) vom 22. Dezember 1981 (BGBl I 1497) ist dann, wenn sich die Berufshilfe aus Gründen, die der Verletzte nicht zu vertreten hat, nicht gleich an die Heilbehandlung anschließt, das Verletztengeld bis zur Berufshilfe weiterzugewähren, wenn der Verletzte seine bisherige Tätigkeit nicht wieder ausüben und ihm eine andere zumutbare Tätigkeit nicht vermittelt werden kann.
§ 568a Abs 1 RVO erfaßt alle Rehabilitanden, die während der Heilbehandlung Verletztengeld erhalten haben und deren Heilbehandlung beendet ist. Ihnen allen sollen die bisherigen wirtschaftlichen Sicherungsmittel weitergewährt werden, wenn sie die Verzögerung der Berufshilfe nicht zu vertreten haben und – wie die Klägerin – ihre bisherige Tätigkeit nicht wieder ausüben können, also auch die deswegen Arbeitsunfähigen iS der gesetzlichen Krankenversicherung, und ihnen eine andere zumutbare Tätigkeit nicht vermittelt werden kann.
§ 568a Abs 1 RVO setzt indessen ausdrücklich nur eine Pause zwischen beendeter Heilbehandlung und der Berufshilfe voraus. Sie ist aber für die hier umstrittene Zeit einer Pause innerhalb der Berufshilfe entsprechend anzuwenden. Das folgt aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift, ihrem rechtssystematischen Zusammenhang unter den Vorschriften über die Rehabilitation und der Entstehungsgeschichte seit ihrer Einführung durch das Gesetz über die Angleichung der Leistungen zur Rehabilitation (RehaAnglG) vom 7. August 1974 (BGBl I 1881).
Nach § 1 Abs 1 RehaAnglG ist die Rehabilitation ein einheitlicher Vorgang, der mit seinen medizinischen, berufsfördernden und ergänzenden Maßnahmen darauf ausgerichtet ist, körperlich, geistig oder seelisch Behinderte möglichst auf Dauer in Arbeit, Beruf und Gesellschaft einzugliedern (s die amtliche Begründung zum Regierungsentwurf eines RehaAnglG – Begründung RehaAnglG – BT-Drucks 7/1237 S 54 zu § 1 Abs 1). Nach § 13 Abs 1 RehaAnglG idF bis zum Inkrafttreten des AFKG (aF) war während einer medizinischen oder berufsfördernden Maßnahme zur Rehabilitation einheitlich Übergangsgeld zu gewähren. Damit gewährleistete diese Vorschrift zugleich die wirtschaftliche Sicherung zweier verschiedener Gruppen von Rehabilitanden gleichermaßen, sowohl die der arbeitsunfähigen iS der gesetzlichen Krankenversicherung als auch die der arbeitsfähigen, die nur wegen der Teilnahme an der Rehabilitationsmaßnahme keine ganztägige Erwerbstätigkeit ausüben konnten. Mit der Bezeichnung Übergangsgeld sollte der Übergangscharakter der Barleistungen herausgestellt werden. Das Übergangsgeld war dazu bestimmt, während des gesamten Rehabilitationsgeschehens die wirtschaftliche Sicherung des Behinderten und seiner Familienangehörigen zu gewährleisten. Da die Rehabilitation eine Einheit bildet, sollte das Übergangsgeld grundsätzlich während medizinischer und berufsfördernder Maßnahmen in gleicher Weise berechnet werden (s Begründung RehaAnglG aaO S 58 zu § 13 Abs 1).
Dementsprechend änderte das RehaAnglG aF in der gesetzlichen Unfallversicherung die §§ 560 und 568 RVO und fügte den § 568a RVO neu in das Gesetz ein. Das Verletztengeld nach § 560 RVO wurde in Übergangsgeld umbenannt, und in § 568 Abs 1 RVO wurde bestimmt, daß während einer Maßnahme der Berufshilfe nicht nur der Arbeitsunfähige aufgrund des § 560 RVO, sondern auch derjenige Verletzte Übergangsgeld nach den §§ 560, 561 RVO erhält, der nur wegen der Teilnahme an der Maßnahme gehindert ist, eine ganztägige Erwerbstätigkeit auszuüben. Dazu, also auf der Gesetzesgrundlage gleichhohen Übergangsgeldes während einer Maßnahme der medizinischen und einer der berufsfördernden Rehabilitation, schrieb § 568a RVO idF des RehaAnglG vor, daß das wegen einer medizinischen Maßnahme zur Rehabilitation (Heilbehandlung) bereits gewährte Übergangsgeld vom zuständigen Rehabilitationsträger bis zum Beginn der Berufshilfe weiterzugewähren war, wenn sich die Berufshilfe aus Gründen, die der Verletzte nicht zu vertreten hatte, nicht gleich an die Heilbehandlung anschloß. Das galt auch für den arbeitsfähigen Verletzten ohne unmittelbaren Anspruch aus § 560 RVO, der seine bisherige Tätigkeit nicht wieder ausüben und dem eine andere zumutbare Tätigkeit nicht vermittelt werden konnte (s Begründung RehaAnglG aaO S 60 zu § 17 Abs 1).
Für die vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich geregelten Fälle einer vom Verletzten nicht zu vertretenden Pause zwischen zwei berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation wurde schon § 568a Abs 1 RVO idF des RehaAnglG entsprechend angewandt, wie im folgenden ausgeführt ist. Das galt für diese Vorschrift ebenso wie für § 1241e Abs 1 RVO, die beide durch das RehaAnglG in die RVO eingefügt sind (§ 21 Nr 51 und Nr 71 RehaAnglG) und die dem § 17 Abs 1 RehaAnglG entsprechen.
Zutreffend weist die Revision auf die Entscheidung des 5. Senats des BSG vom 12. September 1978 zu § 1241e Abs 1 RVO idF des RehaAnglG hin, daß diese Vorschrift nach Sinn und Zweck des Gesetzes entsprechend anzuwenden ist, wenn nach Beendigung einer berufsfördernden Maßnahme zur Erreichung des Rehabilitationszieles eine weitere berufsfördernde Maßnahme erforderlich ist (BSGE 47, 51, 53 f). Der Gesetzgeber habe nur den relativ häufigen Fall gesehen und geregelt, daß verschiedenartige Rehabilitationsmaßnahmen aufeinander folgten, nicht aber an den seltenen Fall gedacht, daß zur Zweckerreichung mehrere gleichartige Rehabilitationsmaßnahmen erforderlich seien. Die Vorschrift des § 1241e RVO idF des RehaAnglG habe den Sinn, daß derjenige Versicherte, der sich während einer Pause zwischen der medizinischen und der berufsfördernden Rehabilitationsmaßnahme zur Verfügung des Rentenversicherungsträgers halten müsse und nicht als Arbeitsunfähiger durch Krankengeld oder als Arbeitsfähiger durch Arbeitsentgelt in seiner wirtschaftlichen Existenz gesichert sei, vom Rentenversicherungsträger unterhalten werden müsse, da dieser durch die Anordnung der Rehabilitationsmaßnahme den Betreuten an anderen Dispositionen hindere. Das gelte ebenso für eine vom Betreuten nicht zu vertretende Pause zwischen zwei berufsfördernden Maßnahmen, so daß anzunehmen sei, daß der Gesetzgeber nach seiner Gesamtkonzeption diesen Fall iS des § 1241e Abs 1 RVO idF des RehaAnglG geregelt hätte, wenn er ihn in seinem Blickfeld gehabt hätte. Dies wird nunmehr in der Rentenversicherung durch § 25 Abs 3 Nr 4 Sozialgesetzbuch, Sechstes Buch, Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) bestätigt, der „dem bisher geltenden Recht unter Berücksichtigung dazu ergangener Rechtsprechung” entspricht (amtliche Begründung zum Rentenreformgesetz 1992, BT-Drucks 11/4124 S 159).
Diese Gründe für eine entsprechende Anwendung der Regelung des Anspruchs auf „Zwischen- oder Überbrückungsübergangsgeld” (s BSG SozR 2200 § 1241e Nr 7 und Nr 9) hält der erkennende Senat für zutreffend und auch auf § 568a Abs 1 RVO übertragbar.
Im vorliegenden Rechtsstreit finden die maßgebenden Vorschriften der RVO idF Anwendung, die sie mit Wirkung vom 1. Januar 1984 durch das Haushaltsbegleitgesetz 1984 vom 22. Dezember 1983 (BGBl I 1532) erhalten haben, wobei allerdings die entscheidenden Änderungen schon durch das AFKG vorgenommen worden sind; das gilt nicht nur für die §§ 560, 568 und 568a RVO, sondern auch für die §§ 13 und 17 RehaAnglG idF des AFKG. Diese Änderungen berühren allerdings nicht die eine entsprechende Anwendung des § 568a Abs 1 RVO auch auf Zeiten innerhalb der Berufshilfe rechtfertigenden und vorstehend dargelegten, tragenden Grundgedanken (ebenso Lauterbach/ Watermann, Gesetzliche Unfallversicherung, 3. Aufl, Bann II, Anm 2 zu § 568a).
Ziel des AFKG ist es, die Kosten der Rehabilitationsmaßnahmen zu begrenzen (s die Begründung zum Entwurf eines AFKG – Begründung AFKG – BT-Drucks 9/846, S 33 I C 1). Die Höhe der Lohnersatzleistungen, die bei medizinischen Maßnahmen zur Rehabilitation nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung, der Unfallversicherung oder der sozialen Entschädigung erbracht wurden, blieb unverändert. Dagegen wurde das Übergangsgeld, das Teilnehmern an berufsfördernden Maßnahmen zur Rehabilitation zu zahlen war, in geringerer Höhe neu festgelegt (Begründung AFKG aaO S 33 I C 2). In der Unfallversicherung wurde dementsprechend der Anwendungsbereich des § 560 Abs 1 RVO beschränkt auf die während der Heilbehandlung zu erbringenden Leistungen, die statt Übergangsgeld wieder Verletztengeld benannt wurden, während § 568 Abs 1 RVO erweitert wurde auf alle Fälle des während der Berufshilfe zu zahlenden (geringeren) Übergangsgeldes (Begründung AFKG aaO S 53 IV zu Nr 8).
Nach § 568 Abs 1 RVO idF des AFKG, die das Haushaltsbegleitgesetz 1984 nicht geändert hat, erhält der Verletzte während einer Maßnahme der Berufshilfe Übergangsgeld, wenn er entweder zu der Gruppe der Arbeitsunfähigen iS der gesetzlichen Krankenversicherung gehört oder zu der Gruppe derjenigen Arbeitsfähigen, die wegen der Teilnahme an der Maßnahme gehindert sind, eine ganztägige Erwerbstätigkeit auszuüben.
Wie sich an dieser Vorschrift deutlich zeigt, geht der Gesetzgeber aber insoweit nicht von der bisherigen Grundkonzeption ab, während der Berufshilfe alle Verletzten in der finanziellen Absicherung gleich zu behandeln, unabhängig davon, ob sie arbeitsunfähig iS der Krankenversicherung oder wegen der Teilnahme an der Maßnahme gehindert sind, eine ganztägige Erwerbstätigkeit auszuüben. Er nimmt lediglich zur Senkung der Maßnahmekosten eine Zweiteilung der wirtschaftlichen Sicherung vor. Er unterscheidet während des einheitlichen Rehabilitationsprozesses zwischen den medizinischen Maßnahmen zur Rehabilitation und den berufsfördernden. Im ersteren Abschnitt sichert er alle Rehabilitanden mit dem höheren Verletztengeld, während er im zweiten bei allem, was zur Berufshilfe gehört, alle Rehabilitanden mit dem geringeren Übergangsgeld wirtschaftlich absichert. Dem entspricht – wie bereits aufgezeigt – § 25 Abs 3 Nr 4 SGB VI.
Somit ist auch nach den Änderungen durch das AFKG § 568a Abs 1 RVO auf den Fall der Klägerin für die streitbetroffene Zeit entsprechend anzuwenden. Denn nach Beendigung einer Maßnahme zur beruflichen Rehabilitation, während der der Klägerin Mittel zur wirtschaftlichen Sicherung gewährt wurden, schloß sich die weitere Berufshilfe aus Gründen, welche die Klägerin nicht zu vertreten hatte, nicht gleich an die vorangegangene an; die Klägerin konnte auch nicht ihre bisherige Tätigkeit wieder ausüben und ihr konnte auch keine andere zumutbare Tätigkeit vermittelt werden.
Entgegen der Meinung des LSG schließt sich der erkennende Senat der Rechtsprechung des 5. Senats des BSG an (BSGE 47,
51, 52). Danach ist zwar die gesamte Umschulung bis zur bestandenen Prüfung als einheitliche Ausbildung anzusehen. Das bedeutet aber nicht, daß es sich im vorliegenden Fall iS der §§ 567, 568 RVO um eine einheitliche berufsfördernde Maßnahme handelte. Mit dem Nichtbestehen der Prüfung war die von dem Beklagten gewährte berufsfördernde Maßnahme zunächst beendet. Es bedurfte einer erneuten Entschließung des Beklagten, die Teilnahme der Klägerin an den letzten Prüfungsvorbereitungen für die Fertigkeitsprüfung zu bewilligen, so daß darin die Gewährung einer weiteren berufsfördernden Maßnahme – wenn auch mit dem gleichen Ziel – liegt.
Nach § 568a Abs 1 RVO idF des AFKG ist allerdings Verletztengeld zu gewähren. Dies gilt jedoch nicht für die entsprechende Anwendung der Vorschrift auf Zeiten der Unterbrechung der Berufshilfe. Wird § 568a Abs 1 RVO – unter den in dieser Vorschrift aufgeführten Voraussetzungen – auf Unterbrechungen innerhalb der Berufshilfe entsprechend angewandt, weil sich der Rehabilitand nach der Entscheidung des Unfallversicherungsträgers während der Berufshilfepause zu dessen Verfügung halten muß, so ist entsprechend der vorausgehenden Zahlung von Übergangsgeld auch nur dieses und nicht Verletztengeld zu zahlen. Weitergewährung der bisherigen wirtschaftlichen Sicherung bedeutet hier die Weitergewährung des Übergangsgeldes nach § 568 RVO, das die Klägerin zuvor erhalten hatte (vgl hierzu BSG SozR 2200 § 1241e Nrn 12 und 16 mwN). Dieses Übergangsgeld schließt den Verletztengeldanspruch nach § 560 Abs 1 RVO aus, auch wenn die Klägerin arbeitsunfähig iS der gesetzlichen Krankenversicherung ist, weil sie selbst nach beendeter Heilbehandlung wegen ihrer BK die bisherige Tätigkeit als Chemielaborantin nicht wieder ausüben kann. Solange die Klägerin von dem Beklagten Berufshilfe annimmt, gehört sie auch während der durch Verzögerungen entstehenden Pausen zwischen zwei dem Ausbildungszweck nach zusammenhängenden Berufshilfemaßnahmen zu den Berufshilferehabilitanden, die nach der Grundentscheidung des AFKG durch Übergangsgeld statt Verletztengeld wirtschaftlich gesichert werden sollen. Sinn und Zweck des AFKG und seiner systematischen Änderungen der §§ 560 ff RVO zur Senkung der Kosten berufsfördernder Maßnahmen zur Rehabilitation bestätigen diese Auslegung von § 568a Abs 1, § 568 Abs 1 und § 560 Abs 1 RVO. Die entscheidenden Auslegungskriterien werden weder vom Rundschreiben des Hauptverbandes der gewerblichen Berufsgenossenschaften vom 13. Oktober 1983 (VB 130/83, 1.2) noch von Lauterbach/Watermann (aaO Anm 2 und 3 zu § 568a) ausreichend berücksichtigt.
Der Senat weicht nicht von der zu § 1241e RVO ergangenen Entscheidung des 5. Senats des BSG vom 6. September 1989 (5/4a RJ 61/87 in SozR 2200 § 1241e Nr 20) ab, da diese Entscheidung nicht nur zur gesetzlichen Rentenversicherung, sondern auch zu einer vom vorliegenden Fall abweichenden Fallgestaltung ergangen ist, in der die maßgebende Pause durch die medizinische Rehabilitation geprägt war, woran die Zwischenschaltung einer nur 14 Tage dauernden Berufsfindungsmaßnahme nichts ändern konnte. Der 5. Senat des BSG hat die Pause ausdrücklich der medizinischen Rehabilitation gleichgestellt, was im Falle der Klägerin nach einer mehr als dreijährigen Berufshilfe nicht nur zeitlich nicht gerechtfertigt ist. Der 5. Senat des BSG hat es außerdem auf die Weiterzahlung der vorausgehenden Geldleistung abgestellt, die im vorliegenden Fall bei der Klägerin aber das Übergangsgeld und nicht das Verletztengeld war (s auch BSG SozR 2200 § 1241e Nr 12). Eine Anrufung des Großen Senats des BSG nach § 42 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) war deshalb nicht geboten.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Fundstellen
Haufe-Index 1173587 |
BSGE, 211 |