Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitslosenhilfe. Bedürftigkeit. Bundesschatzbriefe. Einkommen. Abfindung des Arbeitgebers. Schaden ohne Einkommensersatzfunktion. Vermögen. Verwertung, zumutbare. Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung, Zinsen, Zeitpunkt des Zuflusses
Leitsatz (amtlich)
Zur Frage der zumutbaren Verwertung von Vermögen (hier: Bundesschatzbriefe im Wert von 8.000.00 DM) im Rahmen der Bedürftigkeitsprüfung.
Normenkette
AFG § 134 Abs. 1 Nr. 3, § 137 Abs. 1, § 138 Abs. 2, 3 Nr. 6; AlhiV § 6 Abs. 3 S. 1; Alhiv § 6 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 (Fassung: 18.12.1992)
Verfahrensgang
Tenor
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 19. September 1995 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.
Tatbestand
I.
Der Kläger begehrt noch Arbeitslosenhilfe (Alhi) für die Zeit vom 1. bis 21. November 1993.
Er ist am 5. Januar 1940 geboren. Sein Beschäftigungsverhältnis wurde gegen eine Abfindung (von 13.877,30 DM) zum 31. Oktober 1990 beendet. Ab 1. November 1990 erhielt er antragsgemäß Arbeitslosengeld für 676 Wochentage. Nach Erschöpfung des Anspruchs gewährte die Beklagte ihm ab 29. Dezember 1992 (unter Zugrundelegung eines dynamisierten Bemessungsentgelts von 800,00 DM, einer Nettolohnersatzquote von 58 vH und der Leistungsgruppe A) Anschluß-Alhi in Höhe von wöchentlich 296,00 DM, und zwar zunächst bis 31. Oktober 1993. Am 11. Oktober 1993 stellte der Kläger Antrag auf Fortzahlung der Alhi ab 1. November 1993. Dabei gab er zu Fragen nach seinem Vermögen an, er verfüge über ein Girokonto in Höhe von 982,00 DM sowie ein Sparbuch in Höhe von 3.432,00 DM; ferner habe er (mit Hilfe der Abfindung) 6.000,00 DM (am 5. Februar 1991) und 2.000,00 DM (am 21. Oktober 1992) in Bundesschatzbriefen, Typ B, angelegt; schließlich flössen ihm Zinseinnahmen in Höhe von jährlich 160,00 DM zu. Die Beklagte bewilligte ab 29. November 1993 Alhi (unter Zugrundelegung eines dynamisierten Bemessungsentgelts von 1.000,00 DM, einer Nettolohnersatzquote von 58 vH und der Leistungsgruppe A) in Höhe von wöchentlich 352,74 DM, wobei sie die vom Kläger angegebenen Zinseinnahmen (160,00 DM aus dem Sparbuch) mit wöchentlich 3,07 DM auf die Alhi anrechnete (Bescheid vom 7. Januar 1994; Bescheid vom 12. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1994). Für die Zeit vom 1. bis 28. November 1993 lehnte sie die Gewährung von Alhi mit dem Hinweis ab, der Kläger verfüge über ein Vermögen von 12.414,00 DM; die Bundesschatzbriefe seien ab dem zweiten Jahr der Anlage verfügbar und deshalb voll verwertbar; unter Berücksichtigung der Freigrenze von 8.000,00 DM verblieben 4.414,00 DM (982,00 DM + 3.432,00 DM); bei Teilung dieses zu berücksichtigenden Betrages durch das Arbeitsentgelt, nach dem sich die Höhe der Alhi richte (1.000,00 DM), ergebe sich, daß ein Alhi-Anspruch für vier Wochen (1. bis 28. November 1993) mangels Bedürftigkeit nicht gegeben sei (Bescheid vom 14. Januar 1994; Widerspruchsbescheid vom 23. März 1994). Das Sozialgericht (SG) hat die Beklagte – unter Abänderung des angefochtenen Bescheides – verurteilt, dem Kläger auch für die Zeit vom 22. bis 27. November 1993 Alhi in gesetzlicher Höhe zu gewähren, und dies damit begründet, die auf dem Girokonto befindliche Gutschrift sei zur Deckung der laufenden Kosten bestimmt und könne deshalb nicht als Vermögen angesehen werden (Urteil vom 21. Dezember 1994). Das Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung gegen dieses Urteil, die allein vom Kläger eingelegt wurde, zurückgewiesen (Urteil vom 19. September 1995).
Zur Begründung seiner Entscheidung hat das LSG ausgeführt, das verwertbare Vermögen des Klägers belaufe sich aufgrund des insoweit rechtskräftig gewordenen erstinstanzlichen Urteils auf 11.432,00 DM (Sparbuch: 3.432,00 DM; Bundesschatzbriefe, Typ B, fällig 1998: 6.000,00 DM; Bundesschatzbriefe, Typ B, fällig 1999: 2.000,00 DM). Die Bundesschatzbriefe, angelegt 1991 bzw 1992 und nach einem Jahr Laufzeit kündbar, seien neben dem Sparguthaben voll verwertbar. Sie seien nicht zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt; der Kläger habe keine möglichst langfristige und vor Eintritt des Ruhestandes nur unter erschwerten Bedingungen und mit Verlusten kündbare Anlageform gewählt. Auch sei die Verwertung der Bundesschatzbriefe weder offensichtlich unwirtschaftlich noch erscheine sie aus besonderen Gründen unbillig. Der Kläger erhalte bei vorzeitiger Kündigung – anders als etwa bei einer Lebensversicherung – den vollen Kapitaleinsatz (8.000,00 DM); die bis zur Kündigung anfallenden Zinsen würden ihm gutgeschrieben. Schließlich stammten die wertpapiermäßig angelegten 8.000,00 DM aus der vom ehemaligen Arbeitgeber für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährten Abfindung. Damit verbleibe nach Abzug des Freibetrages von 8.000,00 DM ein anrechenbarer Betrag von 3.432,00 DM, der zu einem Wegfall der Bedürftigkeit für drei Wochen führe.
Der Kläger rügt mit der Revision eine Verletzung von § 137 Arbeitsförderungsgesetz (AFG) iVm §§ 6 und 7 der Arbeitslosenhilfe-Verordnung (AlhiV). Die Verwertung der Bundesschatzbriefe sei nicht zumutbar. Diese dienten, zumal er, der Kläger, neben der gesetzlichen Altersrente über keine anderweitige Absicherung verfüge, zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung. Die Verwertung sei zudem unzumutbar, weil sie einen erheblichen Zinsverlust mit sich bringe; die Verzinsung betrage je nach Anlagejahr zwischen 7,5 und 9,5 vH. Er, der Kläger, sei nicht mehr in der Lage, sich eine anderweitige Vorsorge aufzubauen. Überdies sei die Sichtweise des LSG nicht mit Art. 3 Grundgesetz (GG) vereinbar.
Es gehe nicht an, daß sein Vermögen als verwertbar angesehen werde, während ein Vermögen, das aus prämienbegünstigter Anlage herrühre, gesetzlich privilegiert sei. Dies laufe auf eine Art Kontrahierungszwang zugunsten bestimmter Wirtschaftsbranchen hinaus. Es müsse dem mündigen Bürger freigestellt sein, wie er für sein Alter zusätzlich Vorsorge treffe. Im übrigen seien die Bundesschatzbriefe, die mit Hilfe der Arbeitgeber-Abfindung angeschafft worden seien, als einmalige Sozialleistung iS des § 7 AlhiV zu bewerten, so daß sie einer Anrechnung für die Dauer von fünf Jahren entzogen seien. Nach alldem könne bei der Prüfung des anrechenbaren Vermögens lediglich das Sparguthaben in Höhe von 3.442,00 DM Berücksichtigung finden, das jedoch nicht den Freibetrag von 8.000,00 DM überschreite.
Der Kläger beantragt sinngemäß,
das Urteil des LSG aufzuheben, das Urteil des SG abzuändern und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 14. Januar 1994 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23. März 1994 zu verurteilen, ihm Arbeitslosenhilfe ohne Anrechnung von Vermögen für die Zeit vom 1. bis 21. November 1993 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Sie hält das zweitinstanzliche Urteil für zutreffend und erwidert, die Auffassung des Klägers führe dazu, daß jedes Vermögen von der Bedürftigkeitsprüfung auszunehmen sei, von dem behauptet werde, es diene der Alterssicherung. Es verstoße nicht gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz, wenn unterschiedliche Anlageformen hinsichtlich der Zumutbarkeit ihrer Verwertung unterschiedlich bewertet würden.
Entscheidungsgründe
II.
Die Revision des Klägers ist iS der Zurückverweisung begründet (§ 170 Abs. 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz ≪SGG≫).
Zu entscheiden ist allein noch über die Frage, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. bis 21. November 1993 ein Anspruch auf Alhi zusteht. Denn aufgrund des erstinstanzlichen Urteils, gegen das der Kläger, nicht aber die Beklagte Berufung eingelegt hat, steht rechtskräftig fest, daß die Beklagte dem Kläger bereits ab 22. November 1993 Alhi (in gesetzlicher Höhe) zu gewähren hat.
Die grundsätzlich statthafte Berufung (§ 143 SGG) war nicht gemäß § 144 SGG in der ab 1. März 1993 geltenden Fassung (vgl Art. 8 Nr. 5, 14 Abs. 1 und 15 Abs. 1 des Gesetzes zur Entlastung der Rechtspflege vom 11. Januar 1993 – BGBl I 50) ausgeschlossen; sie betraf, weil der Kläger Alhi für drei Wochen (1. bis 21. November 1993) erstrebte und der wöchentliche Leistungssatz mindestens 352,74 DM ausgemacht hätte, eine Geldleistung von mehr als 1.000,00 DM (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG nF).
In der Sache vermag der Senat mangels hinreichender Tatsachenfeststellungen nicht zu beurteilen, ob dem Kläger für die Zeit vom 1. bis 21. November 1993 ein Anspruch auf Alhi zusteht.
Zu Unrecht hat das LSG entschieden, die Beklagte habe ihren ablehnenden Bescheid für die Zeit vom 1. bis 21. November 1993 auf fehlende Bedürftigkeit (§ 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG) stützen dürfen. Denn die Bundesschatzbriefe, die sich wertmäßig auf 6.000,00 DM (angelegt am 5. Februar 1991) und 2.000,00 DM (angelegt am 21. Oktober 1992) belaufen und (bei einer Zinsstaffel von 7,5 bis 9,5 bzw 6,5 bis 8,25 vH) 1998 bzw 1999 ihren höchsten wirtschaftlichen Wert abwerfen (5.650,00 DM Zinsen), durften im umstrittenen Zeitraum weder als Einkommen noch als Vermögen angerechnet werden.
Eine Anrechnung als Einkommen scheitert an § 137 Abs. 1 AFG. Danach ist der Arbeitslose bedürftig iS des § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG, soweit er seinen Lebensunterhalt nicht auf andere Weise als durch Alhi bestreitet oder bestreiten kann und das Einkommen, das nach § 138 AFG zu berücksichtigen ist, die Alhi nach § 136 AFG nicht erreicht. Einkommen iS der Vorschriften über die Alhi sind gemäß § 138 Abs. 2 Satz 1 AFG alle Einnahmen in Geld oder Geldeswert. Das bedeutet indes nicht, daß jeder Geldbetrag, der an den Arbeitslosen gezahlt wird, Einkommen in diesem Sinne ist. Vielmehr sind lediglich solche Beträge als Einkommen zu berücksichtigen, die im Alhi-Bewilligungszeitraum zufließen; hinsichtlich vorher zugeflossener und nicht verbrauchter Einnahmen kommt allenfalls eine Berücksichtigung als Vermögen in Betracht (BSGE 41, 187, 189 = SozR 4100 § 137 Nr. 1; BSGE 45, 60, 66 = SozR 4100 § 138 Nr. 2; BSG SozR 4100 § 134 Nr. 16; BSGE 68, 148, 150 = SozR 3-4100 § 138 Nr. 5; BSGE 72, 248, 249 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 4). Hier sind dem Kläger in der Zeit vom 1. bis 21. November 1993 – abgesehen von evtl. Zinseinnahmen – keine Einnahmen zugeflossen.
Entgegen der Ansicht der Beklagten scheidet vorliegend auch eine Berücksichtigung von Vermögen aus.
Gemäß § 137 Abs. 2 AFG ist der Arbeitslose ua nicht bedürftig iS des § 134 Abs. 1 Nr. 3 AFG, solange mit Rücksicht auf sein Vermögen die Gewährung von Alhi offenbar nicht gerechtfertigt ist. Unter welchen Voraussetzungen dies der Fall ist, ergibt sich des näheren aus §§ 6 ff AlhiV (vom 7. August 1974 ≪BGBl I 1929≫ idF des Gesetzes vom 18. Dezember 1992 – BGBl I 2044). Danach kommt es entscheidend darauf an, ob das Vermögen, das als ein Bestand von Sachen und Rechten anzusehen ist (BSGE 41, 187, 188 = SozR 4100 § 137 Nr. 1), verwertbar und die Verwertung zumutbar ist (§ 6 Abs. 1 AlhiV). Vorliegend waren die vom Kläger im Gesamtwert von 8.000,00 DM angeschafften Bundesschatzbriefe bei Antragstellung (1. November 1993), dem für die Bewertung maßgebenden Zeitpunkt (§ 8 Satz 2 AlhiV), verwertbar; denn sie konnten nach Ablauf eines Jahres nach der Anschaffung (also ab Februar 1992 bzw Oktober 1993) ohne Zinsverlust verwertet werden; dies räumt auch der Kläger ein. Indessen war die Verwertung dem Kläger nicht zumutbar. Das folgt aus § 6 Abs. 3 AlhiV.
Nach Satz 1 dieser Bestimmung ist die Verwertung von Vermögen zumutbar, wenn sie nicht offensichtlich unwirtschaftlich ist und wenn sie unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung des Inhabers des Vermögens billigerweise erwartet werden kann. Satz 2 derselben Vorschrift zählt mehrere Beispiele auf, bei deren Vorliegen von Unzumutbarkeit der Vermögensverwertung auszugehen ist. Dazu gehört ua die Verwertung von Vermögen, das zur Sicherung einer angemessenen Lebensgrundlage oder zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt ist (Nr. 3). Möglicherweise unterfallen die vom Kläger erworbenen Bundesschatzbriefe bereits der vorerwähnten Ausnahmeklausel. Sie könnten insbesondere „zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt” gewesen sein; denn ihr Freiwerden bei vollem Zinsertrag (5.650,00 DM) war von Anfang an auf die Jahre 1998/1999 angelegt, also auf einen Zeitpunkt, in dessen unmittelbarer Nähe der Kläger wegen Vollendung des 60. Lebensjahres (5. Januar 2000) aller Voraussicht nach Anspruch auf Altersrente wegen Arbeitslosigkeit haben wird (§ 38 Satz 1 Nr. 2 Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Rentenversicherung –). Ob dem in diesem Zusammenhang vorgebrachten Argument des LSG zu folgen ist, das Merkmal „zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt” verlange eine besondere vor Eintritt des Ruhestandes nur unter erschwerten Voraussetzungen und mit Verlusten kündbare Anlageform, erscheint nicht zweifelsfrei; denn es läßt mit seiner Anknüpfung an rein formale Aspekte so gut wie keinen Raum für die Berücksichtigung von Zumutbarkeitsgesichtspunkten. Doch kann die Frage letztlich offenbleiben. Denn eine Vermögensanrechnung scheitert allemal an der Generalklausel des § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV. Das ergibt sich aus der bisherigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) iVm den Besonderheiten des vorliegenden Falles.
Schon in seinem Urteil vom 11. Februar 1976 – 7 RAr 159/74 – hat der erkennende Senat darauf hingewiesen, daß der Verbrauch von Vermögen (dort: 70.000,00 DM), das auf einer Schenkung durch nahe Angehörige beruht, unter Berücksichtigung einer angemessenen Lebenshaltung im Einzelfall unzumutbar sein kann, jedenfalls dann, wenn der Arbeitslose seit mehreren Jahren arbeitslos ist und mit zunehmendem Alter und zunehmender Dauer der Arbeitslosigkeit immer geringere Chancen auf eine seiner Ausbildung entsprechende Erwerbstätigkeit hat (BSGE 41, 187, 190 f = SozR 4100 § 137 Nr. 1).
Der 11. Senat des BSG hat in einem Urteil vom 20. Februar 1991 – 11 RAr 109/89 – ausgeführt, die Gesamtabfindung für eine bei einem Verkehrsunfall erlittene Querschnittslähmung (220.000,00 DM) sei (wie die entsprechenden Zinseinnahmen) nicht als anrechenbares Einkommen anzusehen (§ 138 Abs. 3 Nr. 6 Halbs 1 AFG; § 11 Nr. 4 AlhiV aF = § 11 Nr. 2 AlhiV nF). Ebensowenig könne eine Verwertung der Abfindung unter dem Gesichtspunkt der Vermögensverwertung billigerweise erwartet werden (§ 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV). Denn die (aus einer Haftpflichtversicherung resultierende) Unfallrente sei, soweit sie die für die gleiche Schädigung zu zahlende Grundrente nicht übersteige, zum Ausgleich des nicht im Verdienstausfall liegenden Schadens notwendig (BSGE 68, 148, 154, 157 = SozR 3-4100 § 138 Nr. 5).
Schließlich hat der erkennende Senat in einem Urteil vom 12. Mai 1993 – 7 RAr 56/92 – entschieden, daß die Verwertung von Bundesschatzbriefen im Wert von 30.000,00 DM, deren Kauf auf Zahlungen zweier privater Unfallversicherungen beruhte, unter Berücksichtigung weiterer Besonderheiten (gesundheitliche Einschränkungen mit der Folge einer Anwendung des § 136 Abs. 2b AFG durch die Beklagte) gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV als unzumutbar anzusehen sein kann (BSGE 72, 248, 251 = SozR 3-4100 § 137 Nr. 4).
Unter Berücksichtigung der in den vorerwähnten Entscheidungen zum Ausdruck gekommenen Zumutbarkeitsüberlegungen (Alter, Dauer der Arbeitslosigkeit, Chancen auf dem Arbeitsmarkt, Ausgleich eines nicht im Verdienstausfall liegenden Schadens) und der Besonderheiten des vorliegenden Falles war auch dem Kläger die Verwertung der Bundesschatzbriefe iS des § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV nicht zumutbar, wobei die Besonderheiten des vorliegenden Falles in folgendem bestehen:
Der Kläger war im maßgebenden Zeitpunkt der Antragstellung fast 54 Jahre alt. Seine Arbeitslosigkeit bestand seit drei Jahren. Eine Aussicht, in seinem Alter nach so langer Arbeitslosigkeit eine neue Arbeitsstelle zu finden, war so gut wie nicht gegeben. Die dem Kauf der Bundesschatzbriefe zugrundeliegenden 8.000,00 DM stammten nach den für den Senat bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) aus der dem Kläger von seinem ehemaligen Arbeitgeber für den Verlust des Arbeitsplatzes gewährten Abfindung. Eine solche Abfindung gilt gemäß § 138 Abs. 3 Nr. 6 Halbs 1 AFG, wie der erkennende Senat bereits entschieden hat, nicht als Einkommen (BSG SozR 4100 § 138 Nr. 18). Dies kann, obgleich die Vorschriften über die Berücksichtigung von Vermögen grundsätzlich unberührt bleiben (§ 138 Abs. 3 Nr. 6 Halbs 2 AFG), im Rahmen der gemäß § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV vorzunehmenden Zumutbarkeitsabwägung mitzuberücksichtigen sein (BSGE 68, 148, 157 = SozR 3-4100 § 138 Nr. 5). Vor allem aber war die Anlage der Bundesschatzbriefe von Anfang an zeitlich so konzipiert, daß der wirtschaftlich höchste Nutzen (5.650,00 DM Zinsen) in etwa mit dem voraussichtlichen Eintritt des Klägers in den Ruhestand zusammenfallen sollte. Damit mag dem Erfordernis „zur Aufrechterhaltung einer angemessenen Alterssicherung bestimmt” (§ 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiV) aufgrund der Anlageform (Kündbarkeit nach Ablauf eines Jahres) nicht voll genügt worden sein. Doch kommt das fast gleichzeitige Zusammentreffen von wirtschaftlichem Maximaleffekt und voraussichtlichem Eintritt in den Ruhestand der vom Verordnungsgeber in § 6 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 AlhiV verfolgten Zielsetzung zumindest sehr nahe. Nicht zu übersehen ist schließlich, daß die Freibetragsgrenze von 8.000,00 DM seit Inkrafttreten der AlhiV vom 7. August 1974 (a.a.O.) am 1. September 1974 (§ 15 AlhiV) – trotz zwischenzeitlich erheblich gestiegener Lebenshaltungskosten – nicht erhöht worden ist und Vermögen aus einmaligen Sozialleistungen, dem die hier in Rede stehende Abfindung – jedenfalls nach Ansicht eines Teils der Literatur – nahekommt (vgl dazu etwa Schmidt in GemeinschaftsKomm zum AFG, Stand März 1996, § 137 Rz 49), für die Dauer von fünf Jahren als nicht verwertbar gilt, soweit es 10.000,00 DM nicht übersteigt (§ 7 Abs. 1 AlhiV). Die Gesamtheit der Umstände des vorliegenden Falles führt deshalb – unter Beachtung insbesondere auch der vom Verordnungsgeber gesetzten Vergleichsmaßstäbe – zu dem Ergebnis, daß dem Kläger die Verwertung der Bundesschatzbriefe iS des § 6 Abs. 3 Satz 1 AlhiV billigerweise nicht abverlangt werden kann.
Gleichwohl konnte der Senat keine abschließende Entscheidung treffen. Das LSG hat nämlich – aus seiner Sicht zu Recht – nicht festgestellt, ob – abgesehen von der Frage der Bedürftigkeit – die übrigen Voraussetzungen für einen Alhi-Anspruch im umstrittenen Zeitraum gegeben waren. Dies ist nicht selbstverständlich. Denn vor jeder erneuten Alhi-Bewilligung sind die Anspruchsvoraussetzungen von Rechts wegen zu prüfen (§ 139a Abs. 2 AFG). Hier erfolgte die Leistungsbewilligung erst für die Zeit ab 29. November 1993 (Bescheid vom 12. Januar 1994; Widerspruchsbescheid vom 23. März 1994). Diese Leistungsbewilligung gestattet keine Rückschlüsse auf das Vorliegen der Anspruchsvoraussetzungen für den vorangehenden Zeitraum. Das LSG wird daher die erforderlichen Tatsachenfeststellungen, insbesondere die zur durchgehenden Verfügbarkeit des Klägers, nachzuholen haben. Erst dann steht fest, ob der Klageanspruch begründet ist oder nicht.
Sollten dem Kläger im umstrittenen Zeitraum Zinsen zugeflossen sein, wird das LSG ua darauf zu achten haben, daß es nicht zu einer doppelten Zinsanrechnung kommt; denn die vom Kläger angegebenen Zinsen (160,00 DM) sind bereits in Höhe von wöchentlich 3,07 DM (ab 29. November 1993) auf die Alhi angerechnet worden (Bescheid vom 7. Januar 1994).
Schließlich wird das LSG über die Kosten des Revisionsverfahrens zu befinden haben.
Fundstellen